Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/5444. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Und die Stimmenthaltungen? – Zugestimmt hat die Fraktion der NPD, dagegen stimmten die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und es enthielt sich niemand. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/5444 abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Die Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Früherkennung und Prävention von Diabetes weiter vorantreiben, Drucksache 6/5430.
Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Früherkennung und Prävention von Diabetes weiter vorantreiben – Drucksache 6/5430 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Antrag werden Sie sicherlich gelesen haben. Es sind zwar nur drei Punkte, aber ich gehe in der Einbringungsrede mehr auf die Fakten ein.
Wir gewinnen die Energie für Organe und Muskeln aus dem Abbau von Zucker in den Körperzellen. Kohlenhydrate werden dazu im Verdauungstrakt in Zuckermoleküle gespalten, die dann mithilfe des Stoffwechselhormons Insulin weitergeleitet werden. Doch bei einer Vielzahl von Menschen funktioniert dieser Prozess – ein lebenswichtiger Prozess – nicht. Ihr Körper kann kein beziehungsweise nur zu wenig Insulin produzieren und damit eigenständig keine Energie entwickeln. Doch Energie ist le
bensnotwendig. Ohne Energie können wir nicht leben. Eine Vielzahl von Menschen in Deutschland kann kaum bis gar kein Insulin produzieren und leidet an Diabetes.
Diabetes – im Volksmund auch „Zuckerkrankheit“ genannt – hat sich zu einer Volkskrankheit entwickelt und verbreitet sich in Deutschland in einem rasanten Tempo. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen. 350 Millionen Menschen sind weltweit erkrankt, davon allein 60 Millionen in Europa. In Deutschland leben aktuell circa 7,2 Millionen Menschen mit dieser Erkrankung. Auch in Mecklenburg-Vorpommern gab es eine deutliche Zunahme an Diabetes-Erkrankten.
Ich gehe auf die Zahlen der AOK Nordost ein: 13,8 Prozent der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern leiden an Diabetes. Das sind circa 210.000 Erkrankte. Wenn man sich den Bundesdurchschnitt von 12 Prozent ansieht, in Mecklenburg-Vorpommern laut Zahlen der AOK Nord 13,53 Prozent, Brandenburg 13,19 und Berlin 10,22. In einer Mitteilung der Barmer GEK stand, dass es vor fünf Jahren 35 Prozent weniger Diabetes-Erkrankte gegeben hat. 2014 war es nach Zahlen der GEK eine Steigerung um 26.700 bei Männern und 20.000 bei Frauen.
Im Bereich Diabetes wird zwischen Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes unterschieden. 95 Prozent der Erkrankten leiden unter Typ 2, etwa 5 Prozent haben den Diabetes Typ 1, der durch einen absoluten Insulinmangel charakterisiert ist und vor allem im Kindes- und Jugendalter auftritt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zahlen machen deutlich, wie erschreckend die Situation ist. Diabetes hat weitreichende Folgen. Die Erkrankung führt jährlich zu circa 20.000 Amputationen, 2.000 Erblindungen, 2.300 Fällen von Nierenversagen, 120.000 Herzinfarkten, 50.000 Schlaganfällen und alle 20 Minuten erliegt sogar ein Mensch in Deutschland dieser Erkrankung. Es wird davon ausgegangen, dass Diabetes bis zum Jahre 2030 zu den sieben weltweit führenden Todesursachen zählt.
Diabetes darf nicht unterschätzt werden, denn aufgrund der Häufigkeit stellt Diabetes unser Gesundheitssystem vor eine große Herausforderung. Die Gesundheit ist unser höchstes Gut. Früherkennung und Prävention, gerade im Bereich Diabetes, müssen vorangetrieben werden. Durch entsprechende Behandlungsangebote, Prävention und Aufklärung können die Krankheit und die damit verbundenen Folgeerkrankungen vermieden beziehungsweise eingedämmt werden. Wie verheerend die Erkrankung ist, zeigte auch der Weltgesundheitstag, denn dieser rückte die Erkrankung am 7. April 2016 in den Mittelpunkt.
Diabetes hat aber auch enorme Auswirkungen auf die Gesundheitskosten. Allein die direkten medizinischen Maßnahmen kosten den Staat 48 Milliarden Euro. Da zählen noch keine Folgen wie Frühverrentung und Arbeitsausfälle, die Diabetes mit sich bringt, dazu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen gemeinsam gesundheitsbewusstes Verhalten stärken. Insbesondere körperliche Aktivitäten, aber auch eine ausgewogene gesunde Ernährung tragen dazu bei, das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, zu mindern. Schon ein aktiver Lebensstil mit ausreichend Bewegung und einer gesunden und ausgewogenen Ernährung kann das DiabetesRisiko senken.
Genau das fängt im Kindes- und Jugendalter an. Ungesunde Ernährung in Kindheit und Jugend haben negative Folgen für das weitere Leben. Es muss vor allem den Jüngsten klargemacht werden, dass Schokolade, Fast Food und Gummibärchen nicht zum täglichen Speiseplan gehören. Das sollte sowohl in den Kitas und Schulen als auch im Zuhause der Kinder eine große Rolle spielen und thematisiert werden.
Übergewicht ist unter anderem ein Risikofaktor für Diabetes, dem dringend entgegengewirkt werden muss. Des Weiteren führt ein regelmäßiges Training – idealerweise eine Kombination aus Kräftigung und Ausdauer – zu einer gesunden Lebensweise. Unter anderem wird dadurch der Blutzuckerspiegel langfristig gesenkt, die Insulinempfindlichkeit des Gewebes und die Glukosetoleranz verbessert. Das sind wichtige medizinische Werte, die bei der Erkrankung an Diabetes eine entscheidende Rolle spielen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in Deutschland ein Gesundheitssystem auf einem guten Niveau und mit hohen medizinischen Standards, doch die Entwicklung im Bereich Diabetes stellt Politik und Gesellschaft vor eine große Herausforderung. Es muss dringend etwas getan werden,
Prävention und Aufklärung sind da die ersten und aus meiner Sicht wichtigsten Schlüssel zur Vermeidung der Erkrankung. Genau deshalb haben wir, die Regierungskoalition, diesen Antrag gestellt. Damit musste ich mich natürlich auch selbst befassen. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung für die Erkrankung sensibilisiert und mehr Aufklärung in dieser Richtung betrieben wird.
Aufklärung über die Erkrankung selbst und ihre weitreichenden Folgen ist enorm wichtig. Durch Öffentlichkeitsarbeit und Zusammenarbeit mit entsprechenden Verbünden und Partnern kann eine gute Aufklärung erfolgen.
Unser Bundesland hat sich Prävention und Gesundheitsförderung längst auf die Fahne geschrieben. Bereits 2008 haben wir den Landesaktionsplan zur Gesundheitsförderung und Prävention herausgegeben. Aber auch hier muss Diabetes noch mehr Berücksichtigung finden. Die Politik darf die Problematik, die Diabetes mit sich bringt, nicht unterschätzen.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Dann gründe doch ’ne Laufgruppe jetzt! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)
Wie verheerend die Situation ist, zeigen meine Ausführungen. Genau deshalb muss auch in unserem Land aktiv gehandelt werden. Die schlimme Krankheit muss eingedämmt werden. Wir wollen mit dem Antrag die Prävention und Früherkennung von Diabetes weiter vorantreiben, Aufklärung leisten und Versorgungsverbünde unterstützen. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.
Aber bevor ihr anfangt zu klatschen: Stress gehört auch dazu, da steigt nämlich auch der Insulinspiegel!
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wohl unter dem Eindruck der Wetterlage in der vergangenen Woche hat Herr Schubert die steigende Zahl der Diabetes-Erkrankungen mit einem Tsunami verglichen.
Auch wenn ich denke, dass dieses Bild vielleicht etwas schief ist, gibt es – und da gebe ich ihm durchaus recht – die besorgniserregende Entwicklung, dass Diabetes eine der Volkskrankheiten in Deutschland ist, dass auch schon Kinder an sogenanntem Altersdiabetes erkranken und dass besonders viele Menschen in MecklenburgVorpommern zuckerkrank werden, Tendenz steigend.
Diabetes mellitus 2, der häufigste Typ der Zuckerkrankheit, ist eine chronische Erkrankung, deren Begleit- und Folgesymptome die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken. Auch die Angehörigen leiden mit, auch und gerade wenn die Betroffenen noch Kinder sind. Zudem kommt Diabetes unserem Gesundheitssystem teuer zu stehen, denn die entsprechenden Patienten müssen öfter ihren Arzt konsultieren und werden im Schnitt auch häufiger und länger stationär behandelt. Mit der Diagnose Diabetes steigt zudem das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die mit Ausprägungen wie Herzinsuffizienz und -infarkten zu den häufigsten Todesursachen zählen.
Nun ist die Neigung zu einer Diabetes-Erkrankung zwar auch genetisch bedingt, aber gerade eine Typ-2
Erkrankung hängt vor allem am Lebensstil – wir hörten es. Ungesunde Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel, das sind die Hauptursachen für Altersdiabetes. Laut des Portals http://www.diabetes-deutschland.de könnten die prognostizierten Zuwächse von DiabetesFällen durch eine gesunde Lebensweise erheblich reduziert werden, und zwar um 21 Prozent bei den Männern und 31 Prozent bei den Frauen.
Hier also muss Prävention ansetzen und hier setzt sie auch an. Wir müssen es schaffen, mehr Menschen einen gesunden Lebenswandel zu vermitteln. Diesen Kurs stützt der Umstand, dass die Bekämpfung von Diabetes mellitus Typ 2 das erste der acht nationalen Gesundheitsziele ist. Auch durch die Handlungsfelder im Landesaktionsplan für Gesundheitsförderung und Prävention sind so zahlreiche Projekte entstanden, die das Wort „Diabetes“ zwar nicht im Titel tragen, sich aber genau den entscheidenden Feldern Bewegung und Ernährung widmen wie etwa die Vernetzungsstellen Kita und Schulverpflegung oder auch die Aktion „Sport pro Gesundheit“ des Landessportbundes.
Aus meiner Sicht ist es entscheidend, dass Prävention die Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit erreicht. Daran arbeitet das Aktionsbündnis für Gesundheit seit Jahren. In dieses Horn stößt nun das Präventionsgesetz des Bundes. Danach soll Gesundheitsförderung möglichst nah bei den Menschen stattfinden, also in Kitas, in der Schule, im Betrieb, im Stadtteil oder auch im Pflegeheim. Um das zu erreichen, stellt der Bund nun jährlich knapp 500 Millionen Euro zur Verfügung. Ich bin mir sicher, dieser Ansatz wird auch die Arbeit unseres Aktionsbündnisses weiter beflügeln.
Meine Damen und Herren, Sinn und Zweck von Prävention enden nicht mit der Diagnose Diabetes, denn es gilt, auch eventuellen Folgeerkrankungen und Begleiterscheinungen vorzubeugen. Deshalb ist das Herz- und Diabeteszentrum am Klinikum Karlsburg ein echter Leuchtturm für unser Land, erst recht mit dem neuen DiabetesInnovationszentrum, das Forschung und Therapie unter einem Dach vereint. Auch der Verein der Diabetologen M-V hat in diesem Jahr zum ersten Mal einen Präventionspreis ausgeschrieben. Diabetes vorzubeugen, ist also erkanntes als auch bekanntes Ziel in Mecklenburg-Vor- pommern. Ich denke, es gibt hier viele gute Projekte, Aktionen und Initiativen. Was wir nun schaffen müssen, ist, diese Angebote besser miteinander zu vernetzen, sodass wir zum Beispiel nicht nur entweder die Kinder oder die Eltern erwischen, sondern beide.
Ich freue mich sehr über diesen Antrag, weil er uns in der Arbeit und Förderung in dem so wichtigen Bereich Prävention bestärkt und ermutigt. Ich freue mich auch, dass Herr Schubert selber etwas dazu beitragen möchte, und biete an, mit ihm die nächsten fünf Kilometer zu laufen.