Protokoll der Sitzung vom 05.07.2016

Ich hoffe, das bestreitet niemand, dass diese Entwicklung in 20 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern von der Planwirtschaft – und ich weiß, wovon ich rede, in meiner Heimatstadt gab es ein ganz kleines privates Hotel mit 20 Betten –, dass diese Entwicklung in 20 Jahren gelaufen ist und wir heute, wie ich finde, mit Fug und Recht sagen können, ja, Mecklenburg-Vorpommern ist das – und „das“ unterstrichen – deutsche Urlaubsland.

Wie war das möglich? Sicherlich haben die äußeren Bedingungen einen großen Anteil oder das Ganze überhaupt erst möglich gemacht: 350 Kilometer Ostseeküste, 2.028 Seen, übrigens auch, das wissen viele gar nicht, 26.000 Kilometer Flüsse, Kanäle in Mecklenburg-Vor- pommern, 3 Nationalparks, 3 Biosphärenreservate und eine sehr hohe Luft- und Wasserqualität. Wenn man das etwas spaßig macht, kann man einem Rheinländer immer sagen: Wenn du zu uns kommst, einmal Luft holst, fällst du um und wir müssen dich medizinisch behandeln, weil du zu viel Sauerstoff aufgenommen hast.

Es gab eine sehr große Investitionsbereitschaft, das muss man an dieser Stelle erwähnen, die gibt es übrigens heute immer noch. Wir haben auch – das darf, glaube ich, der Staat, also auch das Land, sicherlich in Anspruch nehmen – eine sehr gute Investitionsförderung über die Jahre gehabt und wir haben sie heute noch. Ich rede gar nicht davon, wie viele Hoteliers oder Unternehmen hier überhaupt eine 50-prozentige Förderung erhalten haben. Ich habe es mal überschlagen, ich weiß es nicht, Herr Harry Glawe wird es vielleicht besser wissen als ich, aber so ungefähr 2 Milliarden Euro sind in die Förderung des Tourismus ab 1990 geflossen – eine gewaltige Summe, wie ich finde. Man kann das Ergebnis sehen. Der Vollständigkeit halber müsste man sagen, dass auch noch die 50-prozentige Sonderabschreibung dabei war. Was man am Ende unterstreichen muss, ist, dass das Wichtigste sicherlich überhaupt war und ist, dass die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch von außerhalb, die Chance wahrgenommen haben, sich in diesem Bereich zu betätigen.

Meine Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt ist vom letzten Punkt 103 auf Punkt 3 vorgerutscht, das finde ich sehr richtig.

(Udo Pastörs, NPD: Sie wollten keine Nachtschicht machen.)

Auch das, ja.

Das finde ich aber sehr richtig angesichts der Bedeutung dieses Punktes. Und worin besteht diese Bedeutung? Sie besteht natürlich einmal im Arbeitsmarkt, keine Frage. Wir haben allein ungefähr 45.000 Arbeitsplätze in der Hotellerie und Gastronomie. Aber wir wissen natürlich, dass die Freude nicht so gewaltig ist, weil die Einkommen nicht die sind, die man sich schlichtweg wünscht. Wir hatten gerade das Thema „gute Arbeit“. Die Einkommen sind aber deutschlandweit auch nicht so furchtbar hoch, das muss man immer dazusagen. Deshalb hat das verarbeitende Gewerbe auch eine solche Bedeutung. Aber Tourismus hat eine überregionale Wertschöpfung, das heißt, er bringt von außen Geld in das Land hinein.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist wichtig.)

Und wenn wir beide ein Geschäft machen – Burkhard nickt mit dem Kopf, ich mache vielleicht ein Paar Schuhe und Burkhard würde Haare schneiden, er ist also kompetent, glaube ich –,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Burkhard Lenz, CDU: Danke. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dann gebe ich ihm etwas weniger Geld, er gibt mir mehr Geld, aber im Durchschnitt ist im Land nichts passiert, gar nichts. Das ist die Bedeutung von überregionaler Wertschöpfung. Es kommt von außen mehr Geld in dieses Land hinein, was letztendlich arbeiten kann, wieder zu Aufträgen führt, Einkommen erzielt und so weiter und so fort. Das muss man, finde ich, immer deutlich machen. Und ich werde auch nicht müde, auf die sogenannte Katalysatorenwirkung, die der Tourismus hat, hinzuweisen. Stellen Sie sich nur die Bereiche vor! Ich nehme mal die Kultur, Herr Minister Brodkorb: Wenn die zwölf Millionen Touristen in diesem Lande nicht wären, wie sähe es mit der Kultur in diesem Lande aus?! Ich glaube, das muss man nicht weiter erläutern.

Meine Damen und Herren, zum Wassertourismus: Zunächst will ich Herrn Kollegen Butzki sehr herzlich danken. Er war der Initiator, der diesen Antrag begonnen hat. Der soll er auch bleiben, er war ein paar Minuten schneller als ich, das gebe ich zu.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD – Manfred Dachner, SPD: Er ist auch jünger. – Peter Ritter, DIE LINKE: Oh!)

Aber das, glaube ich, ist jetzt nicht so wichtig, sondern es geht um ein gemeinsames Anliegen. Der Wassersporttourismus ist für Mecklenburg-Vorpommern besonders wichtig, weil wir in der Tat gemeinsam mit Brandenburg bei uns das größte europäische Wassersportrevier vorfinden. Das ist so.

Und, meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, der eigentliche Geheimtipp des Tourismus ist der Wassersporttourismus. Das ist besonders die Chance, eine Seenplatte mit dem Boot zu durchwandern, und zwar von Berlin bis Hamburg oder umgekehrt, wie auch immer. Das ist etwas ganz Tolles. Wenn ich das den Menschen erzähle, gucken sie erst mal ungläubig. Und

wenn man dann noch sagt, dass man dafür nicht mal eine Fahrerlaubnis braucht, um nicht das Wort „Führerschein“ zu benutzen, dann gucken sie natürlich noch mehr. Aber genau das, finde ich, ist tatsächlich das besondere Etwas am Tourismus Mecklenburg-Vorpom- merns. Und dass Wassertourismus auch eine Chance, insbesondere im ländlichen Raum, ist, das kann man sich, glaube ich, sehr leicht vorstellen.

Was ist das Problem?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn wir die Maut eingeführt haben, wird es noch besser.)

Ja, dazu sage ich gleich was.

Das Problem ist, dass der Bund – seit Jahren übrigens, das ist nicht neu – versucht, sich bei der Bewirtschaftung der Wasserwege Luft zu machen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

Luft zu machen heißt, Kosten zu sparen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig.)

Der Bund hat die Wasserwege kategorisiert in A, B und C. C sind die sogenannten sonstigen Wasserwege. Er versucht seit Jahren, diese den Ländern zu übertragen, um aus der Verantwortung herauszukommen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja.)

Jetzt muss man, glaube ich, einen kurzen Moment ein bisschen fair sein.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich bin sogar dazu bereit, dieses Anliegen zunächst auch zu verstehen. Denn es sind natürlich in den großen Flüssen, in den Wasserstraßen, wo Frachten unterwegs sind, gewaltige Aufwendungen notwendig. Das Thema Fracht – das kann man jetzt beklagen – ist bei uns leider Gottes nicht mehr das. Hier geht es um Wassertourismus. Trotzdem müssen wir natürlich darauf bestehen, dass auch der Wassertourismus eine große wirtschaftliche Bedeutung hat. Deswegen habe ich versucht, das deutlich zu machen.

Nun gibt es eine Aktivität, die besonders spannend ist: „Blaues Band Deutschland“. Das hört sich wunderbar an. Man will auf 2.800 Kilometern im Wasserstraßennetz mit Renaturierungsmaßnahmen der Fließgewässer zu deren ökologischer Qualität und zur Erhöhung des Freizeit- und Erholungswertes beitragen.

(Blitzeinschlag)

Na ja, das wurde ja jetzt bestätigt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Herr Seidel, das war jetzt bekräftigend.)

Die Berliner und Brandenburger würden sagen: Nachtigall, ick hör dir trapsen. Die Botschaft ist ja durchaus gut, an der ist auch gar nichts auszusetzen, aber wenn sie Wirklichkeit werden soll, dann muss das BMVI in dem Fall Transparenz herstellen und auch fair mit den Län

dern zusammenarbeiten. Auf keinen Fall dürfen wir zulassen, dass der Bund sich aus seiner Eigentümerverantwortung herausstiehlt.

(Beifall Andreas Butzki, SPD)

Hierzu sollte auch Mecklenburg-Vorpommern eng mit Brandenburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen sowie mit den Wassersportverbänden zusammenarbeiten.

Übrigens, Herr Ritter, die Maut – das Thema ist ja nun neu. Ich finde, man kann noch gar nicht viel dazu sagen. Ich habe gerade gelesen, die Elbe ist ausgenommen, die Peene ist ausgenommen. Na ja, da muss man erst mal horchen, was das überhaupt ist.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich will klar sagen – ich bin selbst Bootsfahrer –, pauschal würde ich es ablehnen. Aber wenn mir jemand sagt, welche Leistung ich dafür bekomme und welches Modell, sozialverträgliche Modell, man denn beabsichtigt zu gehen – da gab es ja schon mal vor Jahren eine Regelung, 10 Euro, glaube ich, pro Bootsmeter oder so was –, dann, finde ich, kann man sehr wohl darüber reden. Das ist eine ganz persönliche Meinung von mir, die ist nicht abgestimmt im Verband, um das klar zu sagen.

Meine Damen und Herren, zum Antrag selbst: Die acht genannten Forderungen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sollen das eigenständige Handeln der Landesregierung einerseits und die Position gegenüber dem Bund andererseits weiterqualifizieren. Dabei ist es sehr entscheidend, wie ich finde, dass das Verkehrs- und Wirtschaftsministerium sich eng verzahnen und die Zusammenarbeit mit den anderen Ländern suchen. Denn alleine werden wir da nichts werden, wir müssen hier gemeinschaftlich vorgehen.

Ich verweise auf den Punkt 2 unseres Antrages: die Erhalt- und die Schiffbarkeit. Das ist, glaube ich, das ganz Entscheidende. Ich glaube, wir reden jetzt nicht über große Erweiterungsmaßnahmen oder so. Nee, nee, es geht um den Erhalt und die Schiffbarkeit der Gewässer.

(Am Rednerpult leuchtet die rote Lampe.)

Ich bin gleich fertig.

Besonders hellhörig muss man allerdings werden, wenn von drohenden Angelverboten in der Ostsee, Bootsfahrverboten auf Flüssen und Sorgen von Umweltschützern bezüglich des Ausbaus der Infrastruktur die Rede ist. Ich will ganz klar sagen...

Herr Seidel, Sie müssen jetzt wirklich zum Ende kommen.

Ich komme zum Schluss.

Ich will ganz klar sagen, ich bin selbst kein Freund von Jetskis auf unseren Seen und Flüssen. Übrigens ist es auch eine Frage, ob ein Angler 20 Dorsche angeln muss. Wo geht das?

So, jetzt mache ich aus.

(Der Abgeordnete Jürgen Seidel spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)

Herr Seidel, ich habe das Mikro jetzt ausgeschaltet. Sie können gerne nachher noch mal reden.