Protokoll der Sitzung vom 06.07.2016

wo sich Jugendliche einbringen können, oder sei es eben bei „Jugend im Landtag“ oder den Folgeveranstaltungen zu „Jugend fragt nach“.

(Andreas Butzki, SPD: Das ist das Sächsische, das hab ich jetzt nicht verstanden.)

Ja, das ist das Sächsische.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Ich habe „Seitensprünge“ verstanden.)

Was bei „Jugend im Landtag“ oder bei Folgeveranstaltungen immer wieder hochkommt, ist die Frage der Verbindlichkeit. Jugendliche stellen bei beiden Veranstaltungen ihre Forderungen auf, berichten uns über ihre Herausforderungen und Nöte im Aufwachsen in Mecklenburg-Vor- pommern und kommen mit uns ins Gespräch.

Was geschieht aber dann mit ihren Forderungen, sehr geehrte Damen und Herren? Meist nicht viel. Die Jugendlichen fühlen sich nicht ernst genommen,

(Andreas Butzki, SPD: Das stimmt nicht.)

sie fühlen sich überflüssig. So kam gerade im letzten Jahr die Frage nach mehr Verbindlichkeit der Forderungen auf. Daraus entstand dann auch im Nachgang zu „Jugend fragt nach“ im letzten Jahr ein generationsübergreifendes Treffen von Jung und Alt, von Politikern und dem Landesjugendring. Infolgedessen entstand die Idee zum ersten Kaminabend, der im März 2016 mit der Unterstützung aller demokratischen Fraktionen, der Landtagsverwaltung, namentlich Frau Richter, mit dem Landesjugendring und dem Landesseniorenbeirat organisiert wurde. Ein gutes Projekt, wie wir meinen, aber die Frage der Verbindlichkeit, des Gespräches mit den Jugendlichen über ihre Forderungen blieb.

In Vorbereitung zum diesjährigen „Jugend im Landtag“ entstand die Idee, den Forderungen mehr Verbindlichkeit zu geben, indem sich der Landtag in seinen Ausschüssen mit den Forderungen der Jugendlichen beschäftigen soll. Diese Empfehlungen möchten wir, möchte die Linksfraktion

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und warum nicht alle zusammen?)

im Ergebnis der vergangenen Legislaturperiode dem neuen Landtag aussprechen. Zum einen würde das so von vornherein neue Abgeordnete mit den Forderungen der Jugendlichen und mit den Projekten vertraut machen

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

und zum anderen gibt es bei dem uns vorliegenden Regierungsprogramm, was uns die Jugendlichen vor zwei Wochen vorgelegt haben, einige offene Fragen, die wir hier im Landtag beziehungsweise die Abgeordneten des nächsten Landtages klären müssen.

Bei dem Punkt „Politische Jugendbeteiligung“ im Regierungsprogramm finden Sie beispielsweise die Forderung nach einem Jugendparlament, wie also Jugendliche in die Beratung von Gesetzen, die sie betreffen, einbezogen werden können. Ein erster Schritt in die richtige Richtung, wie man die Interessen von Jugendlichen stärker einbeziehen könnte, wäre beispielsweise, dass der Landesjugendhilfeausschuss oder der Landesjugendring als Interessenvertreter automatisch bei der Anhörung von Gesetzen im Landtag als Sachverständiger gesetzt wäre, ebenso, wie es der Landkreistag oder der Städte- und Gemeindetag ist,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber bei der letzten Anhörung war es leider nicht so, Silke. Die Beteiligung der Jugendlichen wäre so noch nicht direkt gegeben. Wie könnte also eine legitimierte Vertretung von Jugendlichen in das Gesetzgebungsverfahren im Landtag einbezogen werden? Diese Frage, finde ich, müssen wir doch hier im Landtag klären. Wer, wenn nicht wir, kann sagen, wer für die Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern aus unserer Sicht legitimiert wäre, ohne dass sie dann im Nachgang angezweifelt werden, oder die Frage nach der Einsetzung einer Enquetekommission „Jung sein in Mecklenburg-Vorpommern“ unter Beteiligung von Jugendlichen beantworten.

Dies kann nach Paragraf 2 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Enquetekommissionen

nur der Landtag, also der nächste Landtag, die nächsten Abgeordneten. Auch diese Frage gilt es aufzugreifen und sich dazu fraktionsübergreifend zu verständigen. Oder wenn die Jugendlichen fordern, den ÖPNV flächendeckend auszubauen, dann ist auch hier eine Information des betreffenden Ausschusses ratsam, der auf die Zuständigkeiten und Planungen aufmerksam macht. Nur so können die Jugendlichen wissen, was in Arbeit ist und was sich alles schon auf Landesebene getan hat.

Sie sehen, es gibt genug Diskussionspotenzial in dem Regierungsprogramm der Jugendlichen und offene Fragen, denen es lohnt, vor allen Dingen im nächsten Landtag vertieft nachzugehen. Nicht nur das Regierungsprogramm wäre eine Diskussion wert, auch über „Jugend im Landtag“ an sich könnten wir diskutieren.

Wir stehen zu diesen Projekten. Das finden Sie auch in unserem Feststellungsteil des Antrages. „Jugend im Landtag“ hat sich seit 2010 als regelmäßige Veranstaltung bewährt. Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe von Jugendlichen. Allerdings hatte uns der Landesjugendring – also dem Sozialausschuss, der dieses Projekt ja durchführt – mitgeteilt, dass „Jugend im Landtag“ nicht in allen Schulen gefördert wird. Diese Rückinformation hatten wir auch von den Jugendlichen. Im Regierungsprogramm der Jugendlichen finden Sie das Problem angesprochen. Deshalb wäre die Frage, wie die Jugendlichen an staatlichen oder privaten Schulen über Veranstaltungen wie „Jugend im Landtag“ besser informiert werden können. Wir hatten, wie gesagt, das Thema im Sozialausschuss angeschnitten und es schien seitens des Bildungsministeriums sichergestellt zu sein, dass alle Schulen diese Information erhalten und auch weiterleiten an die Schüler. Wenn bei „Jugend im Landtag“ aber mehrere Schüler berichten, dass es eher Zufall sei, dass sie die Information zu „Jugend im Landtag“ erhalten haben, dann scheint es doch noch Irritationen zu geben, denen es sich lohnt weiter nachzugehen.

Das wäre ein Beitrag, um „Jugend im Landtag“, um die Beteiligung von Jugendlichen auf Landesebene insgesamt voranzutreiben. Vielleicht gingen so auch Impulse auf die kreislichen oder gemeindlichen Ebenen aus. Deshalb bitte ich Sie im Interesse der Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern: Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Hesse.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt bin ich aber gespannt! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wenn die Forderung umgesetzt werden würde, dann wäre ich auch nicht hier, insofern …

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU: Dann wären Sie Alterspräsidentin. – Andreas Butzki, SPD: Seniorenparlament. – Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Frau Bernhardt, Sie haben hier ein Bild gezeichnet, das ich so nicht teilen kann. Sie haben eingeleitet, Mecklenburg-Vorpommern wird immer älter und das macht Ihnen Sorge und, und, und.

(Andreas Butzki, SPD: Ist doch schön. – Vincent Kokert, CDU: Ich freu mich darüber. – Zurufe von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe ein Bild gezeigt bekommen von der Reihe „Jugend im Landtag“, die mir etwas ganz anderes gezeigt hat, nämlich welches Potenzial, auch politisches Potenzial in unseren Schülerinnen und Schülern steckt, und das...

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Dann lesen Sie sich bitte das Regierungsprogramm durch!)

Warten Sie doch ab, Frau Bernhardt, was ich Ihnen noch erzähle!

Und wenn wir dieses Potenzial sehen, sollte uns das doch Mut machen, und dann sollten wir mit diesem Potenzial auch umgehen. Wenn ich sehe, wie interessiert und engagiert und auch gut informiert unsere Schülerinnen und Schüler sind, dann ist das für mich schon eine fast logische Konsequenz, dass sie sich einbringen wollen, dass sie mitreden wollen und wir selbstverständlich mit ihnen reden werden.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Und was können Sie zum nächsten Landtag sagen?)

Wie dieses Mitreden aussehen könnte, das war ja gerade Themenschwerpunkt in diesem Jahr, und das war auch das bestimmende Thema, als sich eine Gruppe der „Jugend-im-Landtag“-Teilnehmer in der vergangenen Woche mit mir getroffen hat. Sie sehen also, ich habe mit diesen Menschen schon geredet. Wir haben auch die Forderungen der Schülerinnen und Schüler gemeinsam diskutiert, wie Mitwirkungsmöglichkeiten aussehen können.

Was ich total spannend fand, was von den Schülerinnen und Schülern selbst gekommen ist, ist, dass sie gesagt haben, wir wollen gar nicht in Konkurrenz zu Älteren treten, wir wollen gemeinsam mit Älteren etwas entwickeln. Und wenn Sie sich unsere Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ ansehen, da sind viele Themenfelder, die junge Menschen genauso bewegen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deswegen wollten wir es ja gern erweitern. – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Stichwort Mobilität – insofern ist es doch erstaunlich, auch zu sehen, dass junge Menschen ein ganz anderes Bild haben als das, was Sie gerade gezeichnet haben. Und ich bin froh und dankbar, dass diese jungen Menschen sich letzte Woche mit mir getroffen haben und mir genau das erzählt haben.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Haben Sie das Regierungsprogramm gelesen, Frau Hesse? Dann haben Sie doch sicher auch das Vorwort gelesen.)

Selbstverständlich habe ich das gelesen. Lassen Sie mich doch ausreden!

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja.)

Lassen Sie mich doch einfach ausreden, dann könnte ich Ihnen noch mehr erzählen!

Parallel dazu stehen nämlich gerade in diesem Programm solche Punkte, wie Jugendbeteiligungsgesetz, wie auch eine Enquetekommission und Teilhabe junger Menschen an Entscheidungsprozessen voranzutreiben und sie verbindlich zu machen. Und ich fand es total beachtlich, als ich mit diesen jungen Menschen diskutiert habe,

(Udo Pastörs, NPD: Total beachtlich!)

dass sie gesagt haben, es geht ihnen gerade nicht darum, starr etwas festzuzurren, es geht ihnen eigentlich gerade nicht darum, an großen Gesetzgebungsverfahren beteiligt zu sein, sondern sie wollen viel lieber auf kommunaler Ebene in die Mitbeteiligung, in die Mitwirkung kommen, denn ihnen geht es um ihre Lebenswelt vor Ort. Insofern, finde ich, lohnt es sich mal, mit den Jugendlichen darüber zu diskutieren. Sie haben auch eingeräumt, dass eine Enquetekommission vielleicht ein Weg sein kann, aber sie wollen eben nicht in starre Korsette gepresst werden.

(Andreas Butzki, SPD: So ist es. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, das müssen wir doch einfach mal zur Kenntnis nehmen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, was die Menschen wollen, und wir können nicht hier vom Landtag aus sagen, so müsst ihr das jetzt aber machen. Das ist keine Mitbestimmung und auch keine echte Beteiligung.

Ich fand es total spannend, als ich die Ideen gehört habe, die diese jungen Menschen haben,

(Udo Pastörs, NPD: Total spannend!)

und gerade das sollten wir für uns nutzen, junge Menschen für Politik zu gewinnen, und natürlich auch mit Jugendlichen darüber zu diskutieren, wie wir unser Land für sie attraktiver machen.

Ich habe mich mit den jungen Menschen unterhalten. Sie haben mir in erster Linie gesagt: Wir wollen gern einmal rausgehen, wir wollen studieren, aber wollen dann auch gern zurück nach Mecklenburg-Vorpommern. Und wir sind gern bereit, etwas dazu beizutragen, MecklenburgVorpommern attraktiver zu machen. Das ist doch der richtige Weg und den sollten wir auch weitergehen.