Protokoll der Sitzung vom 06.07.2016

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Einstufung der Länder Algerien, Marokko und Tunesien als weitere sichere Herkunftsstaaten hat die Regierungskoalition in Berlin als Teil eines Gesamtkonzeptes zur Optimierung und Beschleunigung der Asylverfahren auf den Weg gebracht. Ziel ist es, schnellere Rechtssicherheit herzustellen. Menschen aus diesen Staaten warten gegenwärtig oft weit über ein Jahr, bis über ihren Asylantrag entschieden ist,

(Stefan Köster, NPD: Das muss schneller gehen.)

der dann meist abgelehnt wird.

In meiner Heimatstadt lebt, somit dezentral, zum Beispiel ein junger Mann aus einem sicheren Herkunftsland schon länger als zwölf Monate.

(David Petereit, NPD: Einer allein genügt nicht.)

Er hat in diesem Jahr Freundschaften geschlossen, ist hilfsbereit und aktiv im Sportverein und dort als sehr guter Fußballer aus der aktiven Mannschaft nicht mehr wegzudenken.

(Udo Pastörs, NPD: Aha! Voll integriert. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Mehr als ein Jahr lang hatte er Hoffnung auf eine Zukunft in Deutschland. Er konnte keine Arbeit aufnehmen, auch wenn es einen Arbeitgeber gibt, der ihn beschäftigen würde. Er konnte keinen Integrationskurs besuchen,

(Michael Andrejewski, NPD: Weil er sowieso abgeschoben werden muss.)

der Grundlage für Spracherwerb und Berufsausbildung wäre. Nun hat er den Bescheid erhalten, dass er ausreisepflichtig ist.

(Beifall Udo Pastörs, NPD – Michael Andrejewski, NPD: Natürlich.)

Er selbst, aber auch die, die mit ihm über ein Jahr gemeinsam gelebt haben, verstehen die Entscheidung nicht.

(Michael Andrejewski, NPD: Ich weiß jetzt schon, er wird krank und dann kann er aus gesund- heitlichen Gründen nicht abgeschoben werden.)

Mehrfach wurde ich in den letzten Wochen gefragt, warum wir die abschieben, die sich schon so gut integriert haben. Ich ernte manchmal viel Unverständnis, wenn ich antworte, dass solche Entscheidungen auf der Grundlage des geltenden Asylrechts getroffen werden. Wenn es, wie in seinem Fall, kein Recht auf Asyl gibt und er nicht aus humanitären Gründen verfolgt ist, muss er Deutschland verlassen. Für ihn fehlen legale Wege nach Deutschland, fehlt ein echtes Einwanderungsgesetz, wenn er hier leben und arbeiten möchte.

(Michael Andrejewski, NPD: Wer Fußball spielt, darf bleiben.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der SPD ist das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten nicht unumstritten. Auch auf Bundesebene wurde intensiv diskutiert. Wie wir der Presse entnehmen konnten, ist das Thema im Bundesrat wieder vertagt worden. Eine Einigung zum Sachverhalt zeichnet sich noch nicht ganz ab.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Eine klare Position aus M-V!)

Uns ist bewusst, dass wir uns gegenwärtig in einer großen Verantwortungsgemeinschaft in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern der Aufnahme und Integration von Menschen, die in ihren Ländern vor Krieg und Verfolgung fliehen, stellen. Gegenwärtig erleben wir die großen Anstrengungen, die im Rahmen der Integration vor uns stehenden Aufgaben zu bewältigen. Gelingt es uns dabei, Entscheidungen schneller zu treffen, ist es möglich, dass geflüchtete Menschen, die bei uns bleiben, schneller Zugang zu notwendigen Integrationsmaßnahmen erhalten. Gleichzeitig wird es möglich, dass diejenigen Personen, die keinen Bleibegrund haben, schneller wissen, dass sie Deutschland wieder verlassen müssen. Für die SPD-Fraktion steht dabei der Aspekt der zeitnahen rechtssicheren Verfahren im Mittelpunkt.

Gegenwärtig erfolgt die Einwanderung aus der Demokratischen Volkrepublik Algerien, dem Königreich Marokko und der Tunesischen Republik gerade nicht überwiegend als Flucht vor Krieg und politischer Verfolgung. Wie bereits gesagt, bei weit über 90 Prozent der Menschen, die aus diesen Staaten kommen, ist die Motivlage eine andere, zum Beispiel der Wunsch nach einem besseren Leben.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja.)

Das ist menschlich verständlich, aber es ist eben kein Asylgrund.

Für alle betroffenen Menschen aus den Ländern, die als sichere Herkunftsstaaten eingestuft sind, ist eine Aussage besonders wichtig: Selbst durch die vorgenommene Einstufung und bei einer Beschleunigung der Entschei

dung wird das Recht auf eine individuelle Prüfung im Asylverfahren nicht berührt. Auch nach Inkrafttreten eines solchen Gesetzentwurfes können in jedem Einzelfall weiterhin Gründe für Verfolgung oder Diskriminierung vorgebracht werden, durch die nach Prüfung und Anerkennung Schutzgewährung erreicht wird. Wer tatsächlich von drohenden Menschenrechtsverletzungen betroffen ist, wird als schutzwürdig anerkannt. An der durchschnittlichen Anzahl der positiv beschiedenen Anträge für Menschen aus Algerien, Marokko und Tunesien wird sich auch nach der Einstufung dieser Länder als sichere Herkunftsstaaten nicht wirklich etwas ändern, stattdessen verlaufen die Verfahren zügiger.

Sehr geehrte Damen und Herren, zu Recht werden hohe Anforderungen mit dem Prinzip der sicheren Herkunftsstaaten verbunden. Die entsprechende Einstufung wurde bisher bereits intensiv diskutiert und Gründe für die Entscheidung wurden genau geprüft. Die zu dem Gesetzentwurf durchgeführte Anhörung hat verdeutlicht, welche konkreten Gründe zu den häufigen Ablehnungen der Asylanträge führen und wie niedrig die Schutzquote ist, die als ein wichtiges Indiz gilt. Ebenso sind die tatsächlichen Verhältnisse in den Staaten entscheidend. Der Gesetzgeber hat sich anhand von Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen ein Gesamturteil darüber zu bilden, wie die Menschenrechtslage in den jeweiligen Staaten aussieht. Beurteilt werden muss, ob beziehungsweise wie es zu politischer Verfolgung, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung kommen kann. Dabei kommt unter anderem der Lage von ethnischen Minderheiten, von Homosexuellen, dem Handeln staatlicher Stellen, der Gewährleistung der Pressefreiheit und rechtsstaatlichen Verfahren besondere Bedeutung zu. Zudem hat eine intensive Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Gegenargumenten auch in der Stellungnahme des Bundesrates stattgefunden.

Unser Asylrecht soll all diejenigen schützen, die in ihren Heimatländern politisch verfolgt werden oder vor Krieg und Terror fliehen. In den Ländern Tunesien, Marokko und Algerien ist das in der Regel nicht der Fall. Im vergangenen Jahr betrug dort die Gesamtschutzquote 2,1 Prozent und sie ist, wie der Minister schon gesagt hat, im ersten Quartal 2016 auf 0,7 Prozent gefallen. Es gibt aber durchaus Fälle, in denen Asyl gewährt wird.

An dieser Stelle möchte ich darauf verweisen, dass die Einstufung eines Landes als sicherer Herkunftsstaat eine Einstufung auf Widerruf ist. Für die betroffenen Staaten gibt es ein engeres Monitoring der Menschenrechtslage. Die jeweilige Entscheidung muss in den Folgejahren einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden. Die Bundesregierung ist verpflichtet, dem Bundestag alle zwei Jahre zu berichten, ob die entsprechenden Voraussetzungen in den betroffenen Ländern weiterhin vorliegen.

Bei der Bearbeitung jedes Einzelfalles und in Bezug auf die Beobachtung der Entwicklung in den bisher als sichere Herkunftsstaaten eingestuften Ländern erwarte ich persönliches und politisches Engagement jedes am Verfahren Beteiligten im Interesse der Betroffenen. Ich wünsche an dieser Stelle besonders denen Erfolg bei der bevorstehenden Landtagswahl, die sich in unserem Bundesland für Migration und Integration engagieren. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Köster von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Typisch Bundesrepublik Deutschland:

(Udo Pastörs, NPD: Tja!)

Wochenlang wird ein Thema künstlich verzerrt durch die Medien transportiert. Es geht um die Einstufung der Maghreb-Staaten, also von Algerien, Marokko und Tunesien zu sogenannten sicheren Herkunftsländern. Mal wieder soll das Asylrecht verschärft werden, so jedenfalls wird es der Öffentlichkeit durch einen medialen Trommelwirbel suggeriert. Sehr deutlich zu erkennen sind die Parallelen zum sogenannten Asylkompromiss, als der Bundesrat im September 2014 mithilfe des grün-rot regierten Baden-Württembergs das Asylrecht änderte und Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien als sichere Herkunftsstaaten einstufte. Die sogenannte Residenzpflicht wurde mit demselben Beschluss des Bundesrates weiter aufgeweicht und Erleichterungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt wurden festgelegt. Die bekannte Vorrangprüfung, also ob in erster Linie ein Deutscher für den jeweiligen Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wurde zum Auslaufmodell erklärt. Bei der Versorgung der Flüchtlinge gab es die Umkehr vom Sach- zum Geldleistungsprinzip. Nüchtern betrachtet handelte es sich also nicht um einen Asylkompromiss, wie es allgemein von den GRÜNEN bis zur AfD dargestellt wurde, es handelte sich vielmehr um eine von langer Hand geplante weitere Unterhöhlung, also Aufweichung des Asylrechts.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Doch selbst, wenn die Mehrheit im Bundesrat die geplante Änderung zur Einstufung der Maghreb-Staaten ohne faule Kompromisse beschließen würde, hätte das in der Praxis so gut wie keine Auswirkungen auf die Zuwanderung aus Nordafrika. Nach wie vor muss jeder Asylantrag individuell geprüft werden. Gemäß Artikel 16a Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz wird nur so lange vermutet, dass ein Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat nicht verfolgt wird, bis er Tatsachen vorträgt, die seine Aufnahme dennoch begründen. Es ist davon auszugehen, dass eine Person, die politischer Verfolgung oder unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung ausgesetzt und deshalb sogar bereit ist, ihre Heimat zu verlassen, dazu imstande ist, umfangreich darzulegen, warum die Sicherheitsvermutung in dem persönlichen Fall nicht zutrifft. Und selbst, wenn es nicht zutreffen sollte, die werden immer Erklärungen finden, warum sie angeblich in der Heimat verfolgt sind.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, Homosexualität.)

Wenn die Gedanken allerdings mehr um den bevorstehenden Wohlstand als um das angeblich zurückgelassene Leid kreisen, wird das zu Recht schwierig. Aber selbst dann gibt es leider noch genügend andere Instrumente, die einen längeren Aufenthalt in Deutschland garantieren, zum Beispiel die Klage gegen den Ablehnungsbescheid und die damit verbundene Ausreisepflicht. Bei gut unterrichteten Asylanten wird zusätzlich Eilrechtsschutz gegen die drohende Aufenthaltsbeendigung beantragt. Bis zur tatsächlichen Abschiebung vergehen dann noch mehrere Monate beziehungsweise eineinhalb Jahre. Die Antwort der Landesregierung auf Drucksache 6/3160 gibt einen entsprechenden Überblick.

Welche Möglichkeiten es darüber hinaus noch gibt, verrät die gleiche Drucksache: Man taucht unter, man täuscht eine Reiseunfähigkeit vor wegen einer angeblichen Erkrankung. Es liegt angeblich, Zitat, „keine Reisefähigkeit wegen Erkrankung der Frau“ vor, es liegt angeblich „keine Reisefähigkeit wegen Erkrankung der Mutter“ vor, es liegt angeblich „keine Reisefähigkeit wegen Erkrankung des Vaters“ vor. „Renitenz“, also Aufsässigkeit, ist ein Grund, nicht abgeschoben zu werden. „Kirchenasyl“, auch rechtswidrig, wird aber trotzdem geduldet. „Anwesenheit im Bundesgebiet für eine Zeugenaussage erforderlich“, ein „Verwaltungsgericht untersagt“ die „Abschiebung bis zur Gerichtsentscheidung“, „Asylfolgeantrag“ beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist gestellt, oder „keine Aufnahmezusage“. Zitatende.

Also auch das gibt es, die Herkunftsländer lehnen die Wiederaufnahme ihrer eigenen Landsleute ab, und das bestimmt nicht, weil es sich hier um unverzichtbare Fachkräfte, wie Sie es immer behaupten, handelt. Setzt man dazu noch die Duldungen ins Verhältnis, erscheint Ihr heute gewähltes Thema der Aussprache gänzlich lächerlich, lächerlich auch, weil in der SPD/CDU niemand von Konsequenz und Verantwortung reden sollte, wenn es um die Asylpolitik hier in unserer Heimat geht. Sie alle huldigen Ihrer Bundeskanzlerin Merkel und Ihrem Vizekanzler Gabriel, den beiden Hauptschuldigen für das derzeitige Asylchaos.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Und in Ihrem Asylchaos, Abgeordnete Breetschneider, regieren Lug und Betrug.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Ich heiße Bretschneider.)

Ich zitiere „Die Welt“ vom 24. Juni 2016, Überschrift „Die Lügen der Flüchtlinge“: „Nun schließt sich das Fenster, und Frontex hat erstmals glaubhafte Zahlen veröffentlicht. Sie besagen, dass 14,5 Prozent der vermeintlichen Syrer aus anderen Ländern stammen und besonders 40 Prozent der Marokkaner sich in Griechenland als Syrer ausgaben. Wundert das? Man denkt sofort an den Flüchtlingshelfer Rupert Neudeck, der kurz vor seinem Tod in einem Interview mit dieser Zeitung sagte: ‚Man kommt an der Feststellung nicht vorbei, dass unser Asylrecht zu Betrug verführt... Flüchtlinge dürfen nicht die Wahrheit sagen, wenn sie hierbleiben wollen‘“, Zitatende.

Eine konsequente Flüchtlingspolitik, wie sie von SPD und CDU gefordert wird, bedingt zunächst einmal die vollständige Kontrolle über die eigenen Grenzen, über unsere Grenzen. Diese Kontrolle existiert allerdings seit Jahren nicht mehr. Die deutschen Grenzen sind so löchrig wie ein Schweizer Käse, weshalb Bundespolizisten davon sprechen, dass niemand genau beziffern kann, wie viele Fremde illegal und somit rechtswidrig deutsches Staatsgebiet betreten.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Interne Dokumente der Bundespolizei warnen mittlerweile vor dem Ausmaß der illegalen Einreise nach Deutschland. Ursache hierfür ist auch die schlechte Personalausstattung der Bundespolizei.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir haben es mit einem politisch verordneten und politisch gewollten Kontrollverlust zu tun. Nach einem Artikel der „Welt“ gehen Beamte von 1.000 illegalen Übertritten am Tag aus.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Schuld an dieser Situation sind die Parteien CDU, SPD, GRÜNE und LINKE.

(Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD)

Sie alle sind Vertreter der Parteien des Asylchaos.