Protokoll der Sitzung vom 07.07.2016

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da Sie Ihren Antrag unter den Titel „Mehr Akzeptanz für erneuerbare Energien durch stärkere Beteiligung der

Standortgemeinden“ gestellt haben, möchte ich mir aber erlauben, auch noch auf einige weitere Punkte einzugehen, von denen wir glauben, dass die Landesregierung schon aktiv ist, um die Verbesserung der Akzeptanz zu erreichen.

2014 haben wir ganz bewusst die Internetpräsenz weiterentwickelt. Wir haben nämlich Antworten auf die nach unserem Eindruck am häufigsten gestellten Fragen oder Sorgen zum Thema Windkraft auf die Homepage gestellt. Basis dafür waren öffentliche Diskussionen – die wir im Übrigen per Video live ins Internet übertragen haben –, mit Vorträgen, ebenfalls zu diesen zentralen Fragestellungen.

Wir glauben an die bedarfsgerechte Befeuerung von Windenergieanlagen, zu gut Deutsch, die Dinger blinken nachts nur rot, wenn wirklich ein Flugzeug kommt, was bei uns im Bundesland jetzt keine jede Nacht geschehenden Umstände sind. Wir wollen also die bedarfsgerechte Befeuerung. Mecklenburg-Vorpommern war im Übrigen das erste Bundesland, welches sich solch eine Regelung in die Landesbauordnung mit Wirkung ab dem 01.01.2017 geschrieben hat, angeregt aus dem Kreise der beiden in der Mitte sitzenden Fraktionen im Rahmen der letzten Diskussion über die Landesbauordnung.

Die Kommunikation zu den energiepolitischen Fragen wird nach meiner Überzeugung – auch das ist eine Form von Akzeptanzförderung – durch die kürzlich gegründete Landesenergie- und Klimaschutzagentur weiter verbessert und thematisch verbreitert werden können. Wir haben auch zu der schon wiederholt im Energieausschuss gesprochen und berichtet. Aufgabe wird sein: Koordinierung, Beratung, Information, Motivation, aber vor allen Dingen auch Kommunikation.

Wir werden auch weiterhin den Ansprechpartner ANE haben, der nicht verdrängt wird durch die Energieagentur, sondern danebensteht, auch das ist ein wichtiger energiepolitischer Kommunikator hier im Lande, die ANE, vor al- len Dingen im ländlichen Raum im Rahmen des Bioenergiedorfcoachings. Auch das führt zur Akzeptanz, weil die konkret vor Ort mit den Kommunen rechnen und prüfen, wenn ihr euch umstellt, was schafft das an regionaler Wertschöpfung, bei Biomasse beispielsweise, weil gerade die zusätzlich zur Gewerbesteuereinnahme eine Rolle spielt.

Und last, but not least – vorhin angesprochen: Das Bürgerbeteiligungsgesetz ist gleichermaßen ein Beitrag zur Akzeptanzsteigerung, und zwar, weil beim Thema Gewerbesteuer keine dem Land selbst zustehende Gesetzgebungskompetenz besteht und wir deshalb auf die Mitwirkung vieler anderer – der Bundesregierung, des Bundestages und 15 anderer Bundesländer – angewiesen sind, auf die wir allesamt keinen Einfluss haben, wenn wir nämlich an den Verteilungsmaßstäben im Gewerbesteuergesetz drehen wollen. Genau deshalb haben wir einen Weg gewählt, bei dem die Gesetzgebungskompetenz ausschließlich in diesem Land liegt und wo wir selber steuern und bestimmen können, was wir wollen, für den wir also zu gut Deutsch keinen anderen brauchen, der mitwirkt oder zustimmt, keine Bundesregierung und kein Nachbarbundesland.

Mit diesem neuen Bürger- und Kommunalbeteiligungsgesetz haben wir Neuland beschritten, sind aber überzeugt, bei allen Diskussionen, die man führen kann – die haben wir ja geführt vor einigen Wochen, ob man alle Gemeinden drumherum beteiligt oder nur eine –, ich glaube

weiterhin, dass wir die Akzeptanz nicht nur in der Standortgemeinde der Windkraft brauchen,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die Nachbargemeinden.)

sondern auch in den Nachbargemeinden, die draufschauen. Das juristisch Spannende ist, wie grenze ich die Nachbargemeinden ab. Wir glauben, dass wir einen rechtssicheren Weg gewählt haben.

Wir sind auch überzeugt, dass damit mehr vom wirtschaftlichen Erfolg der Windkraftanlagen bei den Menschen vor Ort bleibt, nämlich an all den Stellen, wo das bisher nicht der Fall ist, und dass wir damit in den Kommunen durchaus einen Beitrag leisten, Akzeptanz zu fördern. Es ist leider nichts, was von null auf hundert in drei Sekunden hochschnellt, sondern das sind jetzt Dinge, die Stück für Stück mit jeder neu gebauten Anlage überhaupt erst Platz greifen können.

Ich will deutlich sagen, es gab auch vorher freiwillige Modelle – Sie stellen ja wiederholt auch auf Freiwilligkeit ab –, mit denen Unternehmen ganz bewusst die Menschen vor Ort und die Kommune beteiligt haben. Dies waren aber, wenn wir ehrlich sind, eher sehr erfreuliche, ganz zweifelsfrei erfreuliche Einzelfälle. Mit dem Gesetz haben wir das in einer Weise verallgemeinert und zur Pflicht gemacht, sodass künftig bei jeder neu entstehenden Anlage in diesem Land Kommunen und Bürger vor Ort profitieren.

Meine Damen und Herren, ich hoffe sehr, es ist deutlich geworden, dass bei allen weiteren Möglichkeiten, die immer bleiben, die Landesregierung bereits vielfältig für die Schaffung von Akzeptanz für erneuerbare Energien Einsatz zeigt. Für Ihre Unterstützung auch weiterhin meinen herzlichen Dank.

Beim Thema Gewerbesteuer noch mal die Bitte, wir sind seit Längerem dran, haben ein dickes Brett zu bohren, aber da wird der Beschluss dieses Landtages allein eben nicht ausreichen und ich lade deshalb noch mal herzlich ein, in den jeweiligen Parteien und in den Landtagen anderer Länder für Beschlussfassungen der gleichen Art mitzuwirken, denn deren Landesregierungen sind bisher nicht immer überzeugt, dass sie mit uns gemeinsam diesen Weg gehen wollen. Damit würden wir tatsächlich dann auch einen Schritt in die Entwicklung schaffen, die wir brauchen, nämlich eine gesetzliche Regelung, die bundesweit greift.

Die freiwillige bleibt uns, keine Frage, die bleibt auch jeder Gemeinde, aber ich warne davor, sich darauf stützen zu wollen. Eine andere Gemeinde muss eben nicht und wenn sie sagt, ich mache keinen anderen Aufteilungsmaßstab mit euch, dann ist die Nummer durch. Ein ausgewiesenes Windeignungsgebiet darf trotzdem bebaut werden, da gibt es nämlich entsprechende Rechtsansprüche derjenigen, die dort Anträge stellen,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber da unterschätzen Sie die Möglichkeiten.)

sodass wir also beim Freiwilligkeitsmaßstab ein sehr stumpfes Schwert haben, und deswegen macht nur Sinn, dass das Gewerbesteuergesetz selbst eine Änderung erfährt.

Ich freue mich auf die weitere Debatte. Ich merke, sie wird munter. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Pegel.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Seidel von der CDUFraktion? Nee, das ist dann Herr Eifler, der jetzt redet. Herr Eifler, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzter Johann-Georg Jaeger!

(Udo Pastörs, NPD: Sehr!)

Das Anliegen ist durchaus verständlich und nachvollziehbar. Es sind dem ja auch schon Aktionen vorgeschaltet gewesen. Ich glaube, wenn Sie etwas tiefgründiger recherchiert hätten und sich damit weiter befasst hätten, wäre der Antrag heute hier nicht auf den Tisch gekommen, weil er einfach überholt ist, ganz einfach überholt, nämlich aus folgendem Grund: Die Landesregierung – das haben wir gerade noch mal bestätigt bekommen vom Minister – ist in dieser Frage sehr aktiv gewesen, gerade in Bezug auf die stärkere Beteiligung der Standortgemeinden bei der Gewerbesteuer.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber nicht sehr erfolgreich.)

Das ist abgelehnt worden im Bundesrat, das ist abgelehnt worden, Johann,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Richtig.)

und zwar durch Baden-Württemberg.

(Rudolf Borchert, SPD: Aber nicht nur. – Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das wollen wir ändern.)

Der Ministerpräsident ist ein grüner Ministerpräsident. Also da liegt Ihre Aktivität, soll Ihre Aktivität liegen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Deine Aktivität ist hier im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, hier bist du Abgeordneter.)

dort zu werben bei den Bundesländern, wo Sie in der Regierung mitverantwortlich sind,

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und hier nicht so einen Antrag herauszuzaubern und zu sagen, machen wir mal eben schnell. Das wird nichts.

(Zurufe von Peter Ritter, DIE LINKE, und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Zweiten haben wir vor wenigen Wochen das Bürgerbeteiligungsgesetz hier beschlossen.

Und zum Dritten: Im September 2014 ist hier im Haus der Antrag von CDU und SPD genau zu dem Thema, zu der Gewerbesteueraufteilung, behandelt worden.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Welcher Aufteilungsschlüssel stand da drin?)

Wie problematisch der Erhalt der Akzeptanz für die Energiewende in der Bevölkerung und in der Wirtschaft ist, wird durch die zahlreichen Aktivitäten der Landesregierung, aber auch die zahlreichen Anträge hier im Parlament deutlich.

Und ich will auch noch mal auf die Kostenentwicklung eingehen. Das ist ja die Frage der Akzeptanz, denn bei Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Wir reden heute darüber, dass wir im Jahr 2000 noch 13,94 Cent je Kilowattstunde bezahlt haben, heute sind es 28,84 Cent pro Kilowattstunde, Tendenz steigend. Das dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren und wir dürfen hier nicht ein Wolkenkuckucksheim zaubern und sagen, wir machen mal eben, wir teilen das auf, wie wir wollen, so aus dem Bauchgefühl. Das wird nichts. Gewerbesteuerrecht ist Bundesrecht und muss im Bund geregelt werden. Da kann man nicht irgendwelche Dinge hier herzaubern, weil es einfach irgendwelchen Vorstellungen entspricht, man könnte das ja so machen. Da machen wir einfach nicht mit!

(Heiterkeit bei Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das läuft bereits. Es geht nur darum, dass es bekannter wird.)

Diese Verdoppelung des Strompreises, was ich gesagt habe, vollzog sich gerade auch, weil der Strom in Leipzig an der Strombörse mit 2 Cent je Kilowattstunde gehandelt wird. Also auch an dem Punkt trägt Ihr Antrag zur Akzeptanz überhaupt nicht bei.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann also nur bei Ihnen werben, Sie haben für die Initiative im Bund geworben,

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

nutzen Sie die Gelegenheit da, wo Sie in der Regierungsverantwortung sind, wo Sie in den Landesparlamenten sind, nutzen Sie das, dort für Ihren Gedanken zu werben, aber kommen Sie nicht mit diesem Einzelantrag hier im Land Mecklenburg-Vorpommern, wo wir parlamentarisch und auch seitens der Landesregierung an dem Punkt schon sehr, sehr aktiv waren!

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und gerade angesichts der Belastung der Kommunen und der Bürger durch die unmittelbare Nähe von ErneuerbareEnergie-Anlagen, aber auch durch die mit der Errichtung von Erneuerbare-Energie-Anlagen einhergehende Vergütung ist eine Entlastung vor Ort betroffener Bürger und Kommunen zwingend erforderlich. Deshalb plädiere ich für eine vernünftige, nachhaltige rechtliche Regelung auf Bundesebene und nicht irgendetwas Dahergezaubertes.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das kommt doch nicht von alleine, Herr Eifler, also!)