Also die Akzeptanz für den Ausbau der Erneuerbaren wird sowohl im Wahlkampf eine Rolle spielen als auch danach im Parlament in der neuen Legislatur. Wir stimmen dem Antrag zu, es sind ja auch zum Teil unsere Forderungen. Auch dem Prüfauftrag in Punkt II zum Finanzausgleichsgesetz stimmen wir zu. Der Novellierungsbedarf ist ohnehin offensichtlich, dann ist auch das sinnvoll, und es betrifft auch die Möglichkeiten zur Versteuerung von Veräußerungsgewinnen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Für eine bessere Akzeptanz der Windenergie braucht man die Unterstützung der Menschen vor Ort und dazu können natürlich auch die Gewerbesteuereinnahmen einen wichtigen Beitrag leisten. Dieses Thema greift der vorliegende Antrag auf, der von der Thematik her allerdings nicht neu ist. Ich verweise auch auf die Beratung im Energieausschuss am 18. Juni 2014, auf die Beratung im Landtag im Zusammenhang mit dem Antrag der LINKEN am 29.05.2013, und wir als Koalitionsfraktion hatten am 19.09.2014 einen Antrag eingebracht zur Unterstützung der Landesregierung, um auf Bundesebene zu einem anderen Zerlegungsmaßstab zugunsten der Standortgemeinden bei der Gewerbesteuer zu kommen,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sieht es in der Praxis aus? Die jetzt geltende Gewerbesteuerzerlegung für Erneuerbare-Energien-Anlagen – nicht nur Windenergie, sondern auch PV-Freiflächenanlagen – führt in der Praxis leider eben nicht dazu, dass die Standortkommunen erwartungsgemäß oder angemessen an der Gewerbesteuereinnahme beteiligt werden. Es kommt deutlich weniger an als erwartet, manchmal kommt auch gar nichts an.
Meine Damen und Herren, konkret heißt das zum Beispiel, Kollege Jaeger hatte auf die Untersuchung in Brandenburg verwiesen, dass dort die Untersuchung ergeben hat, dass pro Windkraftanlage durchschnittlich 1.100 Euro bei der Standortgemeinde bleiben.
1.100 Euro, das bedeutet in Brandenburg bei 3.775 Windkraftanlagen 2014 ein Gewerbesteueraufkommen von 3,7 Millionen. In Mecklenburg-Vorpommern – wenn ich mal den gleichen Maßstab annehme, durchschnittlich 1.100 Euro pro Windkraftanlage – wären das dann bei aktuell 2.884 Anlagen 3,2 Millionen. Das heißt, mit 3,2 Millionen Euro ist das bei 320 Millionen Euro insgesamt an Gewerbesteuereinnahmen in Mecklenburg-Vorpommern lediglich ein Prozent. Nur ein Prozent der Gewerbesteuereinnahmen in Mecklenburg-Vorpommern generieren wir durch Windkraftanlagen. Das ist deutlich zu wenig und deswegen ist es wichtig, die Frage auch heute wieder zu diskutieren: Wo liegen einerseits die Ursachen dafür, dass diese Einnahmen so niedrig sind, und was kann man tun, um sie zu erhöhen beziehungsweise diese Einnahmen zugunsten der Standortgemeinden zu verbessern?
Als Erstes zur Ursache. Man muss sich das in der Praxis folgendermaßen vorstellen: Unmittelbar nach Errichtung der Anlagen, das heißt zu Beginn des steuerlichen Abschreibungszeitraums, gibt es einen hohen Buchwert des Sachanlagevermögens, der ist theoretisch für die Zerlegung dann vorhanden. Noch in dieser Phase werden die steuerlichen Verluste erzielt und auch geltend gemacht und es wird in der Regel keine Gewerbesteuer gezahlt, sondern frühestens am Ende der Abschreibungsphase, das heißt nach 16 Jahren. Und aufgrund des abgeschriebenen Sachanlagevermögens geht dann der besondere Zerlegungsmaßstab in der Praxis oftmals in die Leere. Das heißt, der hier diskutierte Zerlegungsmaßstab ist in der Praxis oftmals gar nicht mehr wirksam, zumindest nicht in vollem Umfang. Hier spielen also mehrere Faktoren eine Rolle und deswegen ist insbesondere Zielstellung der Fragen, ob das abgeschriebene Sachanlagevermögen oder ob überhaupt der Buchwert des Sachanlagevermögens sachgerecht ist, um zu vernünftigen Gewerbesteuereinnahmen zu kommen bei Windkraftanlagen.
Was kann man nun tun, um das Gewerbesteueraufkommen für die Standortgemeinden für die vorhandenen Windkraftanlagen zu verbessern? Als Erstes der Königsweg, der spielte bisher noch keine Rolle: Im günstigsten Fall sind der Betreiber und damit die Betriebsstätte des Windparkbetreibers und die Standortgemeinde identisch. Solche Beispiele gibt es, wenn es eine kommunale GmbH ist, die einen Windpark betreibt. Dann ist logischerweise auch der Sitz des Windparkbetreibers in dieser Gemeinde und dann greift natürlich nicht der Zerlegungsmaßstab, sondern es verbleiben 100 Prozent in der Standortgemeinde. Das ist der Königsweg.
Zweitens gibt es die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis von der gesetzlichen Regelung abweichend zugunsten der Standortgemeinden nicht 30 : 70 zu machen, sondern 10 : 90.
Freiwillig, ja. Diese Lösung setzt aber Partner voraus – Partner: die Standortgemeinde, die Gemeinde, die die Betriebsstätte hat – und der Windparkbetreiber muss das natürlich dann zwischen den Stühlen sitzend auch noch ein Stück managen. Insofern gibt es freiwillige Lösungen, aber das ist viel zu selten der Fall und schon gar nicht die Regel.
Dritte Möglichkeit, die es gibt – und da bin ich dann auch beim Antragsteller –, man muss auch in MecklenburgVorpommern noch viel besser informieren bezüglich der Möglichkeiten, diese freiwillige Option zu wählen. Ich weiß nicht, ob den Kommunen so richtig bekannt ist, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt, sich freiwillig auf 90 : 10 zu verständigen.
(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Der Herr Eifler weiß das. – Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)
Wir brauchen diese positiven Beispiele hier in Mecklenburg-Vorpommern, die müssen kommuniziert werden, auch über den Städte- und Gemeindetag, um Hilfestellung zu geben, um mehr die Zerlegung 90 : 10 zugunsten der Standortgemeinde überhaupt erst mal bekannt zu machen. Da muss man Unterstützung geben, Beratung et cetera. Das kann man mit einem Leitfaden machen, das kann man auch auf andere Art und Weise machen, aber das ist sicherlich eine wichtige Möglichkeit. Allerdings bleibt man dann immer noch im Bereich der Freiwilligkeit. In dem Zusammenhang brauchen wir eine bessere Datenerfassung in Mecklenburg-Vorpommern, denn oftmals ist gar nicht den Gemeinden bekannt, über welche Windkraftanlagen sie überhaupt verfügen in ihrer Gemarkung und, und, und. Da gibt es viele Dinge, die leider nicht datenmäßig erfasst sind.
Dann möchte ich zum Punkt FAG kommen. Das ist allerdings ein Vorschlag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Da habe ich bereits in meiner Rede am 19.09.2014 klargemacht, dass wir das als SPD anders sehen als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Normalerweise würde jetzt hier auch mein geschätzter Kollege Heinz Müller stehen, der dann für die Innenpolitiker zum Vorschlag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Stellung bezogen hätte, ausgerechnet das FAG in Mecklenburg-Vorpommern als gut gemeinte Methode oder Instrument zu nutzen, um zugunsten der Standortgemeinde hier zu einer Besserstellung zu kommen gegenüber anderen.
(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Grundsätzlich die Gewerbesteuer besser voranzubringen, ja.)
Wir als SPD-Landtagsfraktion, da spreche ich ausdrücklich im Namen unserer Innenpolitiker, lehnen diesen Weg ab. Wir betrachten das FAG – unter anderem natürlich auch in der Prüfungsphase zur Reform – als ein sehr schwieriges Instrument, um hier auch noch die Frage der Interessen der Standortgemeinden von Windkraftanlagen mit zu berücksichtigen. Ich selbst war ja relativ lange Finanzpolitiker und weiß, wie kompliziert das FAG ist. Insofern wollen wir das nicht auch noch mit dieser Frage überfrachten und hoffen generell darauf, dass es in der nächsten Legislaturperiode gelingt, zu einer vernünftigen Reform des FAG zugunsten natürlich auch der Interessen der Kommunen zu kommen, aber unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Landes.
Dann möchte ich auf den Vorschlag des Antragstellers von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingehen, sich auf Bun
desebene dafür einzusetzen, zu anderen, besseren Zerlegungsmaßstäben auf Bundesebene zu kommen. Da gibt es im Antrag zwei Ansätze: einmal, die freiwillige Regelung 90 : 10 gesetzlich auf Bundesebene zu regeln als gesetzliche Pflicht, oder eben auch den Zerlegungsmaßstab generell praktisch zu verändern, weg vom Sachvermögen der Betriebsstätte und der Arbeitsplätze hin zur installierten Leistung. Die Landesregierung – der Minister hat darauf verwiesen – hat sich für den zweiten Weg entschieden und hat eine Antragsinitiative eingebracht in den Bundesrat, über den Finanzausschuss dann direkt in den Bundesrat, beraten und entschieden am 07.11.2014, in dem beantragt wurde, anstelle des Buchwertes des Anlagevermögens die Wirkleistung der Anlage, das heißt die installierte Leistung in MW, zu setzen. Dieser Zerlegungsmodus hätte den großen Vorteil, dass man die Abschreibungszyklen des Sachanlagevermögens an der Stelle umgehen könnte, um zu einer höheren Gewerbesteuereinnahme für die Standortgemeinden zu kommen.
Dieser Antrag von Mecklenburg-Vorpommern – an dieser Stelle noch mal vielen Dank auch an die Finanzministerin Heike Polzin, die sich sehr persönlich eingesetzt hat für diesen Antrag – hat dann im Bundesrat am 07.11.2014 eine Mehrheit gefunden, allerdings denkbar knapp. Es war die Initiative von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, SachsenAnhalt, unterstützt von drei weiteren Ländern. Und jetzt die Gegenstimmen: Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bremen, Berlin, Bayern. Wen wundert es!
Stimmenthaltung: Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland. Das heißt, es gab zwar eine Mehrheit, aber die unterschiedlichen Interessen wurden schon deutlich. In der Neuverteilung von Gewerbesteuereinnahmen zeigt sich dann natürlich auch, wo die entsprechenden Betriebsstätten der meisten Windparkbetreiber in der Regel sind.
Nichtsdestotrotz war das ein großer Erfolg für die Antragsteller und auch in der Sache. Allerdings – und jetzt bin ich bei der Verantwortung der CDU – waren es dann letztendlich nicht die Länder, die das zu entscheiden haben, sondern es ist natürlich der Bundesgesetzgeber, und den Bundesgesetzgeber, sprich den Bundestag, hat das gar nicht erreicht, weil der CDU-Bundesfinanzminister Herr Schäuble überhaupt gar nicht bereit war, diesen Mehrheitsbeschluss aus dem Bundesrat zu einer Gesetzesinitiative der Bundesregierung zu machen. Das heißt, die Bremser sitzen ganz offensichtlich nicht nur in den Ländern – in einigen –, sondern die sitzen auch im Bundesfinanzministerium,
weil denen der jetzige Zerlegungsmaßstab viel, ich sage jetzt mal, näher ist und sie das einfach viel stärker favorisieren und sie eigentlich, unterstelle ich mal, vielleicht nicht so ein Interesse haben an der Akzeptanz der Windenergie vor Ort wie wir und demzufolge den neuen Zerlegungsmaßstab, den wir fordern, nämlich nach installierter Leistung, glattweg ablehnen. Dazu sind die nicht bereit. Das heißt, es gibt nicht nur unterschiedliche Interessen in den Ländern, sondern da gibt es offensichtlich auch im Bundesfinanzministerium eine ganz andere Denke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern bleibt noch für die Zukunft viel zu tun, auch in der nächsten
Legislaturperiode, damit wir die Gewerbesteuereinnahmemöglichkeiten für die Standortgemeinden verbessern können im Land. Vielleicht gelingt es dann ja auch auf Bundesebene – in Politik ist ja immer Bewegung –, zukünftig vielleicht noch erfolgreicher diese Initiativen durchzusetzen, als es bisher der Fall war.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, es war unschwer zu entnehmen, dass wir als SPD-Fraktion den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus den genannten Gründen ablehnen. Insofern bin ich dann am Ende meiner heutigen Rede, und da es meine letzte Rede ist im Landtag, sei es mir gestattet, wie auch einigen meiner Vorredner, hier doch noch eine kurze persönliche Erklärung abzugeben.
Ja, es war meine letzte Rede heute im Landtag, und das nach immerhin 18 Jahren. Ich habe meine Reden hier im Landtag nicht gezählt beziehungsweise noch nicht gezählt, dafür hatte ich bisher noch keine Zeit. Aber jeder kann sich vorstellen, dass 18 Jahre schon eine lange Zeit ist, seit 1998. Und 13 Jahre Finanzpolitik haben mich natürlich auch geprägt, aber sicherlich auch die letzten 5 Jahre als Energiepolitiker.
Und wenn man mich heute nach meinen Gefühlen fragt – das passiert ab und an mal die letzten Tage –, dann sage ich vor allen Dingen eins: Ich bin sehr, sehr dankbar, dass ich diese Zeit hier im Landtag erleben durfte. Es war für mich eine große Ehre und ich war auch immer stolz, dass ich hier mitarbeiten durfte, um für das Land etwas zu bewegen. Ich habe auch immer eingestanden für meine Überzeugungen, für meine Standpunkte.
Das war sicherlich für den einen oder anderen, für Kolleginnen und Kollegen manchmal auch nicht ganz einfach, aber so bin ich nun mal und so werde ich auch bleiben. Und bei der Frage, wenn man den Blick nach vorne richtet, was dann bleibt, sage ich jetzt erst mal nichts zu meinen Plänen, da kann man sich überraschen lassen.
Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, um vielleicht doch noch zwei Wünsche zu äußern. Ich würde zuerst wünschen, dass wir als Demokraten Schulter an Schulter gemeinsam den Kampf fortsetzen für die Stärkung der Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern, für ein weltoffenes, für ein tolerantes, für ein humanistisches Mecklenburg-Vorpommern gegen den Rechtsextremismus der NPD, aber auch gegen den Rechtspopulismus der AfD.