Protokoll der Sitzung vom 08.07.2016

(Udo Pastörs, NPD: Ja.)

Außerdem wurde von uns im zweiten Zwischenbericht das Thema „Alter und Gesundheit“, ein sehr spannendes Thema, beraten. Ich will daran erinnern, dass gerade die Frage, wie man mit den Krankenhäusern bei uns in den ländlichen Regionen umgehen sollte, hier für kontroverse Debatten gesorgt hat. Aber auch da, muss man sagen, hat die Enquetekommission Handlungsempfehlungen hervorgebracht, die durchaus wegweisend sind, wenn man das Thema der Versorgung in den Segmenten Gesundheit und Pflege bei uns in Mecklenburg-Vorpom- mern perspektivisch sicherstellen will.

Im Abschlussbericht beschäftigten wir uns mit dem Thema „Bildung und Arbeit“, auch wesentliche Aspekte. Auf der einen Seite werden wir in unserer Gesellschaft zukünftig in wesentlich größerem Umfang auf ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angewiesen sein. Das heißt: Welche Qualifizierungsangebote brauchen diese Menschen? Wie müssen Arbeitsplätze ausgestattet sein? Und so weiter und so fort. Das waren die Punkte, mit denen wir uns beschäftigt haben.

Ein anderer Punkt war das Thema „bürgerschaftliches Engagement und gesellschaftliche Teilhabe“, was sich auch in alle Bereiche hineinträgt. Also egal, in welches Konzept man heute guckt, spätestens auf Seite 3 stößt man auf bürgerschaftliches Engagement, was einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung und Sicherstellung bestimmter Angebote bringen soll. Und da muss man natürlich die Fragen stellen: Wie kann das denn funktionieren? Wie kann es funktionieren, wenn bürgerschaftliches Engagement quasi überall nachgefragt wird? Wo kriegt man die Leute her? Welche Rahmenbedingungen und Strukturen braucht man für bürgerschaftliches Engagement? Nach unserer Vorstellung ist das Thema Ehrenamtsstiftung auch in dem Bereich ein wesentlicher Baustein, über den das Land letztendlich Möglichkeiten der Gestaltung haben wird und haben kann.

Abschließend war noch das Thema „Infrastruktur und Daseinsvorsorge“ zu behandeln. Hier geht es darum: Welche infrastrukturellen Angebote muss man vorhalten? Welche sind wichtig? Welche haben wir? Welche gilt es perspektivisch zu entwickeln? Das war dann Inhalt des Abschlussberichtes.

Wenn man sich die Frage stellt, was jetzt das Ergebnis dieser Enquetekommission ist – eine Enquetekommission hat ja keinen beschließenden Charakter –: Das, was wir machen, sind Empfehlungen, aber sehr qualifizierte Empfehlungen sind da erarbeitet worden und diese Empfehlungen werden genutzt. Sie werden genutzt von Par

teien, von den Fraktionen hier im Landtag, um sich politisch künftig aufzustellen. Sie werden aber auch genutzt von externen Organisationen, die natürlich mit dem Material, was die Enquetekommission erarbeitet hat, ihre eigene Argumentation unterfüttern können.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Material ist sehr umfassend, es ist auch leicht zugänglich. Alles, was wir getan haben, kann man über die Landtagsseite im Internet finden. Da steht alles drin. Wir werden uns jetzt noch darüber Gedanken machen, wie man diese Dinge besser zugänglich macht, denn wichtig ist, dass das, was wir sehr umfassend zusammengestellt haben, möglichst einer breiten Nutzung zugeführt wird, weil, wie gesagt, gute Sachen dabei sind.

(Udo Pastörs, NPD: Bla, bla, bla!)

Abschließend bleibt mir nur, mich bei allen zu bedanken für die sehr konstruktive Zusammenarbeit. Das gilt sowohl für die Landtagsmitglieder und die externen Mitglieder der demokratischen Fraktionen als auch explizit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fraktionen und natürlich besonders für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Enquetesekretariats, die uns über die Jahre gut und qualifiziert begleitet haben. Viele Dinge wären nicht so gelaufen, wenn diese Leute nicht da gewesen wären. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Heydorn.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Prä- sidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Viereinhalb Jahre nach Einsetzung der Enquetekommission liegt heute der komplette Bericht mit der Bearbeitung aller Themen des Einsetzungsbeschlusses vor. Ich danke an dieser Stelle allen an diesem arbeitsintensiven Bericht Beteiligten, vor allem dem Sekretariat der Enquetekommission und den Referenten in den Fraktionen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Beifall Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau. Ach ja, klatschen wir noch mal! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Genau, macht das noch mal.

Ich habe noch mal meine Rede zum Einsetzungsbericht hervorgeholt und damals fragte ich Sie, wollen Sie alt werden

(Jochen Schulte, SPD: Ja.)

beziehungsweise wie wollen Sie alt werden.

(Rainer Albrecht, SPD: Vor allen Dingen gesund.)

Ihre Reaktion darauf war damals sehr aufschlussreich

(Jochen Schulte, SPD: Ich möchte alt werden, aber nicht älter.)

Und nun haben wir Antworten zum Status quo und darauf, was dieses Land tun kann, dass man hier im Alter gut leben kann.

Aufgrund der Tatsache, dass es mich und uns alle früher oder später betrifft, war für mich eine möglichst realistische Sichtweise enorm wichtig. Es gab zahlreiche für die Enquetekommission angefertigte Expertisen. Sie wurden zum Teil auch in der Enquetekommission hitzig diskutiert. Denken Sie nur an das HGC-Gutachten und die Debatte zur Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft.

Trotz mitunter unterschiedlicher Meinungen ist es gelungen, alle Akteure an einen Tisch zu bringen. Darüber hinaus ist es gelungen, Handlungsempfehlungen zu konsentieren, Handlungsempfehlungen, die uns in die Lage versetzen könnten, bei knapper werdenden Ressourcen dennoch die Zukunft des Landes und der älteren Menschen zu gestalten, statt nur zu verwalten.

Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind offenkundig. Im Bereich „Wohnen im Alter“ wollen wir den längstmöglichen Verbleib in der eigenen Häuslichkeit. Dem stehen Barrieren entgegen. Deren Reduzierung darf sich jedoch nicht negativ auf die Miete auswirken.

Im Bereich „Mobilität im Alter“, aber auch bei Infrastrukturfragen und der Daseinsvorsorge haben wir einen Rückgang finanzieller Handlungsspielräume zu beklagen. Zudem erschwert die Bevölkerungsentwicklung wirtschaftlich effiziente und flächendeckende Lösungen. Das Ehrenamt gewinnt deswegen hier, aber auch in anderen Bereichen an Bedeutung.

Im Bereich „Pflege und Gesundheit“ schlägt die Alterung der Gesellschaft besonders zu Buche, nicht nur wegen der Fachkräfteproblematik. Dem Ausscheiden vieler Ärzte steht zudem ein wachsender Bedarf an medizinischen Leistungen in einer älter werdenden Bevölkerung gegenüber. Die Frage ist, wie wir Spezialisierungen in allen Krankenhäusern vorhalten können.

Im Bereich „Arbeit sowie Bildung im Alter“ wollen wir älter werdenden Arbeitnehmern möglichst unbürokratische Teilhabe ermöglichen.

In jedem Themenfeld ging es um die Frage, wie zukünftige Aufgaben effizient und durch Nutzung von Synergien und ohne Ausgrenzungen Älterer bewerkstelligt werden können. Während der Beschäftigung mit den Einzelthemen wurde auch deutlich, dass sich Unternehmen, Verbände und Institutionen gleich mit auf den Weg gemacht haben und nicht darauf warten, dass eine Wirkung eintritt, die ungewollt ist.

Meine verehrten Damen und Herren, trotz zum Teil gegensätzlicher politischer Auffassungen, ein solches Papier zum jetzigen Zeitpunkt auf dem Tisch zu haben, ist es ein Erfolg dieses Landesparlamentes und der beteiligten externen Mitglieder und Gutachter. Mit diesem Erfolg stellt sich aber zwingend die Frage, wie wir mit den Er

gebnissen in der kommenden Legislaturperiode umgehen wollen. Ich habe hierzu vor wenigen Wochen die Idee einer für die nächste Wahlperiode einzurichtenden interministeriellen Arbeitsgruppe ins Spiel gebracht.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die gabs ja nun schon.)

Denkbar wäre auch, den Landtag weiterhin in die Beratungsprozesse einzubeziehen, etwa durch ein auf Basis dieses Papiers weiterzuentwickelndes Konzept des Landes, das im Landtag als regelmäßig zu aktualisierender Bericht zu einem Beschluss gebracht wird. Eines darf aber nicht passieren: Dieses Papier darf nicht in der Schublade verschwinden.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

Auch diese Auffassung ist einhellig.

Gleichwohl muss ich an dieser Stelle auch ein wenig Wasser in den Wein gießen, denn wie wir es in der nächsten Legislatur auch immer gestalten, die Empfehlungen des Papiers müssen an die aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Neueste Erhebungen behaupten beispielsweise eine positivere Bevölkerungsentwicklung,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Genau.)

was die Empfehlungen gegebenenfalls in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung lässt sich schon jetzt eine Kategorisierung der Empfehlungen in erstens sinnvoll und kurzfristig umsetzbar – das betrifft einen Großteil der Handlungsempfehlungen –, zweitens perspektivisch umsetzbar oder drittens in geringem Umfang zwar wünschenswert, aber doch kurz- bis mittelfristig eher unrealistisch, erstellen.

Einige Forderungen lassen sich zweifelsohne schnell umsetzen. Mehr noch, sie wurden bereits umgesetzt. Hierzu gehört das Lift- und Aufzugsprogramm des Ministers für Wirtschaft, Bau und Tourismus. Herr Glawe hat das auch von der Enquetekommission eingeforderte Programm initiiert und mittlerweile schon verstetigt. Ähnlich ist es mit unseren Forderungen zur Novelle der Landesbauordnung. Sie orientieren sich an der Musterbauordnung. Auf dem Weg zur Barrierefreiheit, die im Laufe der Zeit erreicht werden soll, ist es ein Gewinn für den längeren Verbleib in der eigenen Häuslichkeit und zweifellos ein Gewinn für eine älter werdende Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben Wege gefunden, den längeren Verbleib in der eigenen Häuslichkeit zu ermöglichen, und zwar ohne steigende Mieten.

Sinnvoll ist ohne Frage zum Beispiel ein seniorenpolitisches Gesamtkonzept. Es werden alle Akteure an einen Tisch geholt. Hier erzielen wir mit vergleichsweise geringem Aufwand einen hohen Nutzen. Sinnvoll ist es, den Fokus auf die Beratung und auf Präventionsprogramme zu legen. Allerdings sollte hier darauf geachtet werden, dass dies eigentlich ein Bildungsansatz ist. Für beides ist der Vernetzungsgedanke wichtig. Präventionsarbeit fängt in der Familie an. Da sind wir bei Familienbildung, Kindereinrichtungen et cetera, also bei Ansätzen, die generationsübergreifend wirken.

Sinnvoll ist, dass sich diese Enquetekommission immer wieder gegen die Ausgrenzung Älterer ausgesprochen hat, zum Beispiel bei der Mobilität im Alter mit immer weniger Barrieren im ÖPNV und SPNV. Wichtig sind Rufbusse, feste Haltestellen und Bürgerbusse, insbesondere im ländlichen Raum. Sinnvoll ist es auch, dass keine zusätzlichen Barrieren bei der individuellen Mobilität, Stichwort „obligatorische Fahrtauglichkeitsuntersuchungen“, aufgebaut werden. Es ist wichtig, dass dies mit fraktionsübergreifendem Engagement auch Eingang in die Handlungsempfehlungen gefunden hat.

Sinnvoll sind die klaren Würdigungen des Ehrenamtes und das weitere Austarieren der Aufgaben der Ehrenamtsstiftung. Wir müssen die Anerkennungskultur ehrenamtlichen Engagements verbessern. Hier sind schnell umsetzbare Vorschläge gemacht worden. Denken Sie an die Öffnung dieses Landesparlamentes zum Beispiel zum Tag des offenen Landtages für die Würdigung von ehrenamtlich Engagierten, denken Sie an die Ehrenamtskarte, denken Sie an die stärkere Anerkennung ehrenamtlichen Engagements in Bewerbungsverfahren, was nach meiner Einschätzung gerade im öffentlichen Dienst berücksichtigt werden muss. Die Enquetekommission gibt hier gute und umsetzbare Empfehlungen, auch im Hinblick auf die Strukturen der Förderung, die Qualifizierung, die finanzielle Ausgestaltung und rechtliche Austarierung von Crowdfunding beispielsweise.

Sinnvoll ist im Infrastrukturbereich, dass wir für eine angemessene finanzielle Berücksichtigung der demografischen Belastungen werben. Hier geht es um Fragen von Verfassungsrang, Stichwort „möglichst gleichwertige Le- bensverhältnisse in beiden Landesteilen“.

Sinnvoll ist im Bereich „Arbeit im Alter“ die Würdigung der dualen Ausbildung und ihrer Aufbau- und Zusatzqualifikationen, gerade für die Unternehmensnachfolge. Der Wirtschaftsausschuss hat dies am 30. Juni noch einmal mit der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammer besprochen. Dieses Erfolgsmodell ist wichtig. Es muss gestärkt und ausgebaut werden. Ich denke, das Wirtschaftsministerium hat hier mit dem Programm „Meister-Extra“ die richtigen Anreize gesetzt. Dabei – auch das finden Sie in den Handlungsempfehlungen – dürfen ältere Beschäftigte nicht durch bürokratische Regulierungswut drangsaliert werden.

Die vielen guten Anregungen ließen sich fortsetzen, Sie haben den Bericht ja vor sich liegen. Mit Blick auf die Uhr verzichte ich darauf, aber ich freue mich, dass es uns gelungen ist, derart viele fraktionsübergreifende Auffassungen herauszuarbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sprach von einer zweiten Kategorie von Empfehlungen. Diese halte ich perspektivisch für umsetzbar, also vielleicht nicht heute oder im nächsten Monat, aber doch in der nächsten Legislaturperiode. Für wichtig halte ich in diesem Zusammenhang das begleitete Fahren mit 16. Ich denke, Modellprojekte in anderen Ländern zeigen, dass dieses Projekt perspektivisch umsetzbar wäre. Wir wollen die Mobilität im ländlichen Raum verbessern und die muss sich generationsübergreifend vollziehen.

Perspektivisch umsetzbar sind auch die Anforderungen an die Krankenhauslandschaft in Mecklenburg-Vorpom- mern. Lassen Sie mich dazu noch drei Sätze sagen. Zunächst danke ich unserem Koalitionspartner. Der radi