Die sind doch schon mit drin. Das ist doch in der Mittelfristigen Finanzplanung alles mit abgebildet. Und in der letzten Finanzausschusssitzung haben wir, auch weil wir den Landesfinanzbericht des Rechnungshofes behandelt haben, eine Langfristschau vorgenommen. Es ging darum, wie richtet sich das Land auf die Schuldenbremse ein. Und es war interessant, aus dem Finanzministerium zu erfahren, dass gesagt wurde, wenn die Mittelfristige Finanzplanung weiterprojiziert über das Jahr 2020 hinaus bedacht wird, kommen wir – Herr Renz, Sie können sich sicherlich noch daran erinnern –
auf eine Summe von einem Plus von 300 Millionen Euro. Und das, was hier jetzt in Rede steht, mit einer angemessenen Finanzausstattung und Sicherung der Theater und Orchester, benötigt doch nur einen Bruchteil. Das wird doch nicht alles verfrühstückt! Wir verfrühstücken doch nicht unser Saatgut, aber wir sichern die Strukturen und entwickeln sie weiter und würden also nur einen Bruchteil benötigen. Also ist die Deckelung einer Theaterförderung auch finanzpolitisch gesehen unsinnig.
Dritter Punkt: Die jetzige Theaterlandschaft ist ein touristisches Highlight. Das spricht doch dafür. Wer sich mit den Veröffentlichungen des Landestourismusverbandes beschäftigt hat und wer auch die Gespräche geführt hat – einige sind ja da aktiv, auch an prominenter Stelle –, weiß, dass 24 Prozent aller Touristinnen und Touristen, die unser Land besuchen, angeben, sie kommen wegen der Kultur in diesem Land, nicht allein wegen der landschaftlichen Schönheit. Also fast ein Viertel von 27 Millionen Besucherinnen und Besuchern kommen wegen der Kultur. Und bedenkt man, dass Theater und Orchester in der kulturellen Infrastruktur des Landes eine Schlüsselfunktion erfüllen, sägen Sie genau den Ast ab, auf dem wir sitzen.
Ein weiterer Aspekt, den ich ansprechen möchte, ist: Die Theater- und Orchesterlandschaft hat eine unmittelbare Wechselwirkung mit einer gut gehenden Wirtschaftsentwicklung. Vor einiger Zeit haben die Wissenschaftler/-in Frau Professor Hummel und Herr Professor Brodek belegt, dass in Kommunen mit einem Theater beziehungsweise einem Orchester die Potenziale einer wirtschaftli
chen Entwicklung deutlich besser und ausgeprägter sind als dort, wo dies nicht der Fall ist. Mehr noch, sie haben also gerade im bayerischen Raum und im thüringischen Raum an der historischen Entwicklung nachgewiesen, dass erst die Kultureinrichtungen da waren, erst die Theater und Orchester, und dann die Wirtschaft sich prosperierend entwickelte. Das muss man doch mal durchholen, wenn man die Situation sachlich analysieren will.
Ein fünfter Punkt: Das von der Landesregierung in Aussicht gestellte Konzept, das ist hier gerade eben benannt worden, kann keine kurzfristige Wirkung entfalten, auch wenn Sie das wünschen oder wir das wünschen können. Hingegen wird es, wenn der Volksinitiative nicht stattgegeben wird, bereits kurzfristig wieder akute Existenznöte geben. In seiner Stellungnahme zur Anhörung hat der Chefdramaturg des Mecklenburgischen Staatstheaters Ralph Reichel über Erfahrungen in Leipzig
mit dem Gutachten der Beraterfirma actori geschrieben. Wörtlich heißt es bei ihm: „Actori hat für Leipzig beschrieben, dass Strukturänderungen erst ab einem Zeitraum von drei bis sechs Jahren spürbare finanzielle Auswirkungen haben werden.“
Ihr Konzept soll nunmehr bis zum 20. Dezember 2012 vorliegen. Wir hatten ja eine ganz absurde, sonderbare Debatte im Bildungsausschuss darüber, wann der Herbst endet und wann dann sozusagen Jahresende ist und so weiter.
Nee, den lass ich nicht weg! Wissen Sie, warum? Das ist so wichtig. Frau Ministerin hat eben in Vertretung mitgeteilt, dass in den nächsten Tagen also der Zuschlag für – wenn ich sie richtig verstanden habe – dieses ausgeschriebene Konzept erteilt wird. Interessanterweise ist ja, wenn es noch drauf ist, auf der Homepage des Bildungsministeriums diese Ausschreibung gewesen, und da sind auch Fristen angegeben worden. Und nach diesen Fristen hätte der Zuschlag eigentlich schon mit dem 15. Juni erteilt werden sollen. De facto sind Sie auch in dieser Sache, wenn auch nur um wenige Tage, aber immerhin schon aus dem Zeitraster raus.
Na ja, es kommt Ihnen vielleicht vor wie Haarspalterei, aber wir sind da hochsensibel, weil so viele Zusagen, so
viele Dinge nicht eingehalten wurden. Also im Grunde genommen haben wir hier schon wieder eine Fristverstreichung zu konstatieren.
Also zumindest ist es hier schriftlich nachweisbar, dass zum 15. die Bindefrist eigentlich geklärt sein sollte.
So, nun nehmen wir mal an, das Konzept liegt Ende des Jahres vor. Dann kann nach dieser Einschätzung und den Leipziger Erfahrungen also frühestens 2016, eher erst 2019 das Konzept seine Wirkung entfalten. Was passiert dann aber bis dahin, wenn der Deckel weiterhin draufbleibt?
Einige haben sich aufgeregt – das hat mich schon getroffen, wir hatten eine kurze Debatte, Frau Dr. Seemann –, dass ich in Reaktion auf die Entschließung im Bildungsausschuss von Heuchelei gesprochen habe. Ich wollte Sie nicht verletzen. Ich schätze Sie sehr, ich will aber schon sagen, dass ich unterscheide in einer politischen Auseinandersetzung, ob ich jemanden persönlich schätze und sympathisch finde
dann ist es Synonym für Irreführen, Vortäuschen, Täuschen, Fingieren, Vormachen. Und ich kann es drehen oder wenden, wie ich will:
(Dr. Margret Seemann, SPD: Genau deshalb finde ich es ja so schlimm, dass Sie uns das unterstellen, Herr Koplin.)
Das alles geschieht! Entweder machen Sie sich selbst was vor oder Sie machen anderen was vor. Oder – was am schlimmsten wäre – es ist beides der Fall, Sie machen sich selbst und anderen was vor.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich will noch auf die Frage eingehen, warum sich die Landesregierung und die Koalition mit der Ablehnung des Antrages der Volksinitiative selbst Lügen strafen. In der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom 14. Dezember haben Sie wichtige Arbeitsschwerpunkte Ihrer Politik benannt. Sie nannten wörtlich: „vernünftige Wirtschaftspolitik für gute Arbeit“. Mit Ihrer Entschließung schicken Sie sich an, sechs Unternehmen mit über 1.400 Arbeitsplätzen, also vergleichbar in etwa mit dem Arbeitskräftevolumen der P+S-Werften, zu gefährden, mindestens jedoch 200 Künstlerinnen und Künstler in die Wüste zu schicken. Vernünftige Wirtschaftspolitik für gute Arbeit geht anders!
Sie nannten weiterhin: „Einstellen auf demografischen Wandel“. Demografischer Wandel ist aber kein Naturereignis, auch wenn er viel mit Natürlichem zu tun hat. Demografischer Wandel verlangt aktivierende, eingreifende Politik, verlangt, dass wir im Land unsere Stärken ausspielen und das, was uns attraktiv macht. Wo andere Naturrohstoffe haben, haben wir eben Kultur.
Und Sie nannten des Weiteren: „Unterstützung für Familien und Kinder“. Was ist das für eine familienfreundliche Politik, frage ich, die den Jüngsten die Orte zerstört, an denen sie kulturelle Bildung,
Wenn Sie ausdrücklich dezidiert einen Bestand der Strukturen ablehnen, dann geben Sie diese Strukturen preis.