Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Wenn Sie ausdrücklich dezidiert einen Bestand der Strukturen ablehnen, dann geben Sie diese Strukturen preis.

(allgemeine Unruhe – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Helmut Holter, DIE LINKE)

Ja, genau, genau.

Also Sie nannten, und damit schließe ich die Aufzählung ab, Herr Kokert,

(Vincent Kokert, CDU: Ja. – Marc Reinhardt, CDU: Hervorragend.)

solide Finanzen“. Wer die Theater- und Orchesterlandschaft finanziell austrocknet, muss wissen, dass auf

Umwegrentabilität in Form von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen für Fachkräfte, von Aufträgen für Dienstleister und von zusätzlichen Steuereinnahmen im Einzelhandel, in der Gastronomie und im Verkehrsbereich verzichtet wird. All das zeugt von mangelnder Weitsicht.

Und noch etwas: Der Ministerpräsident wird nicht müde zu erklären, dass er den Dialog mit den Menschen für wichtig hält.

(Marc Reinhardt, CDU: Ja.)

Schwester Bührle, die Beauftragte der Katholischen Kirche, gab unserer Fraktion dieser Tage eine Schrift von Kardinal Lehmann an die Hand, aus der hervorgeht, was einen, …

(Vincent Kokert, CDU: Was Sie alles lesen!)

Ja, mit Interesse.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Da können Sie mal sehen, Herr Kokert!)

… was einen Dialog ausmacht. Demnach ist ein Dialog nicht mit einem freundlichen, eloquenten, unverbindlichen Gespräch zu verwechseln. Ein Dialog ist niemals eine harmlose Form des Sich-Öffnens. Ein Dialog ist, sehr geehrte Damen und Herren, zielgerichtet und auf einen herzustellenden Konsens bezogen.

(Vincent Kokert, CDU: Ich glaube, das wäre Kardinal Lehmann nicht recht, wenn Sie ihn in dem Zusammenhang zitieren.)

Das alles zeichnet die von Ihnen praktizierte Form der politischen Kommunikation, Dialog möchte ich das nicht nennen, eben nicht aus.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Gesagte zeugt davon, dass dieses Land allenfalls suboptimal,

(Vincent Kokert, CDU: Was?! – Udo Pastörs, NPD: Oh, suboptimal!)

eher schlecht regiert wird.

(allgemeine Unruhe)

Damit sich jeder Interessierte und jede Interessierte ein Bild von der Positionierung der Politikerinnen und Politiker im Landtag machen kann, verlangen wir eine namentliche Abstimmung für den Punkt II der Beschlussempfehlung auf Drucksache 6/841 und für unseren Änderungsantrag auf Drucksache 6/880. Also hierzu jeweils namentliche Abstimmung, denn wenn Sie den Antrag – also bezogen zum Beispiel auf die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses – der Volksinitiative wie vorgesehen ablehnen wollen, dann würden Sie mit Ja stimmen. Wir wollen das nicht und werden dementsprechend anders stimmen. Und wir wollen auch, was die Alternativen zu dem gegenwärtigen Kurs betrifft, die sind enthalten in unserem Änderungsantrag, die wollen wir gern auch namentlich abgestimmt wissen. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Das Wort hat jetzt von der Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Donig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kokert, mal was zu Volksinitiativen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wo ist denn Ihr Bildungsminister eigentlich? – Zuruf aus dem Plenum: Entschuldigt. – Helmut Holter, DIE LINKE: Nein, er ist für morgen und übermorgen entschuldigt, nicht für heute.)

Darf ich weitermachen?

Volksinitiative...

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das interessiert ihn ja nicht, was hier geredet wird. Da kann er nicht einfach gehen. Die offizielle Entschuldigung liegt für morgen und übermorgen vor.)

Als es um die Kreisgebietsreform ging, gab es eine Initiative …

(allgemeine Unruhe)

Machen Sie mal einen Ordnungsruf, oder was ist hier?

Als es um die Kreisgebietsreform ging, gab es eine Initiative auf Rügen. Da ging es eigentlich um die Verwaltung. Zum Schluss, nach frenetischem Feinschliff, kam bei der Bevölkerung an: Soll Rügen Rügen bleiben? Niemand wollte jemals Rügen versenken. Aber wenn ich jetzt zu den Leuten hingehe und sage, euer Theater wird zugeschlossen, dann unterschreibt doch jeder so eine Volksinitiative, ja? Gut.

Also der Antrag der Volksinitiative fordert den Landtag auf, „unverzüglich die Rahmenbedingungen für den Erhalt der bestehenden Theater- und Orchesterstrukturen in ihrer Vielfalt in Mecklenburg-Vorpommern zu schaffen. Dazu gehört insbesondere eine auskömmliche finanzielle Unterstützung durch das Land“, so der Text.

Wenn man etwas unverzüglich fordert, also sofort, und dann auf das „Insbesondere“ einer auskömmlichen Finanzierung hinweist, dann fordert man ausschließlich Geld als Lösung für alle Probleme. Mehr Geld kann nicht die Lösung sein, denn das Land Mecklenburg-Vorpommern stellt 37,3 Millionen den Trägern der vier großen Theater und Orchester zur Verfügung. Damit gibt Mecklenburg-Vorpommern 2012 mehr Geld in diesem Bereich aus, als es Schwarz-Gelb in Schleswig-Holstein getan hat.

Im Ergebnis der öffentlichen Anhörung zur Volksinitiative im Bildungsausschuss sind unter anderem Fragen erörtert worden wie: Inwiefern kann ein hochwertiges Kulturangebot dazu beitragen, rechtsextremistischen Entwicklungen zu begegnen? Gedanken wurden dazu geäußert:

Eine Kunst- und Kulturlandschaft ist ein wesentlicher Bestandteil humanistischer Bildung.

(Udo Pastörs, NPD: Das kommt immer darauf an, was gegeben wird in den Einrichtungen.)

Ein Abbau der Kultur ist gleichzeitig ein Abbau von Bildungsstrukturen. Ist die Kultur gezwungen, sich aus der Fläche zurückzuziehen, besteht die Gefahr, dass diese Leerräume von rechtsextremem Gedankengut befüllt werden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Zum Thema Kulturkooperationsräume – hier gibt es differenzierte Auffassungen: Einerseits mache es nur Sinn, wenn die Einbeziehung kommunaler Gebietskörperschaften in die Trägerschaft und die Finanzierung von Kultureinrichtungen verbunden sind. Andererseits besteht die Auffassung, die Bildung von Kulturkooperationsräumen sei Unsinn, denn jedes Theater hat sein spezifisches Profil, seine eigene kulturelle Tradition.

Hochwertiges Kulturangebot in der Tourismuswirtschaft: Man ist sich darüber einig, dass ein hochwertiges Kulturangebot einen enormen Teil der touristischen Attraktivität einer Region ausmacht. Hier sei ein koordiniertes Vorgehen erforderlich. Weiterhin wurden sinnvolles Zusammengehen von Sparten erörtert, kulturpolitische Angebote, Vor- und Nachteile von Fusionen sowie eine regelmäßige Dynamisierung der öffentlichen Förderung von Theatern und Orchestern.

Natürlich kann man von einer Dynamisierung immer leicht sprechen, wenn man diese Mehrausgaben nicht verantworten muss. Der Landesrechnungshof hat in der Anhörung hierzu ausgeführt, dass man mit 2 bis 3 Millionen jährlich, also 18 bis 27 Millionen Euro Mehrausgaben bis 2020 bei der Sache ist. Das entspricht etwa 300 bis 400 Lehrerstellen zum Beispiel, die Ausbildung.

Herr Koplin hat als Initiator zwar eine Idee, indem er von einer positiven Differenz in Millionenhöhe bis 2016 ausgeht. Sein Vorschlag war, dass dieser Betrag für die Dynamisierung zur Verfügung steht. Eine bequeme Lösung für die Theater und Orchester, aber eine kurzsichtige Lösung für das Land. Plädieren Sie, Herr Koplin, wirklich dafür, das Geld hier mehrmals auszugeben, und nicht für Inklusion zum Beispiel?

(Udo Pastörs, NPD: Das ist auch Blödsinn!)

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Dafür wirds ja auch nicht ausgegeben.)

Also eine Fülle von Fragen, die Antworten bedürfen, die einfach nicht unverzüglich gegeben werden können.

Aus gutem Grund hat das Ministerium nach erfolgter Ausschreibung eine Agentur beauftragt, alle Aspekte in entsprechende Szenarien einzubeziehen und Varianten einer zukünftigen Theater- und Orchesterlandschaft vorzulegen. Diesen Weg unterstützen wir, und ich kann Ihnen mitteilen, dass heute ein Vertrag unterzeichnet wurde zwischen dem Ministerium … Hab ich ihn da liegen? Ach so!

(Der Abgeordnete Ingulf Donig will Unterlagen von seinem Platz holen. – Vizepräsidentin Silke Gajek spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)