Protokoll der Sitzung vom 30.08.2012

Die breit angelegte Initiative „Lichtenhagen bewegt sich – Gemeinsam füreinander“ und viele weitere Engagierte arbeiten seit über einem Jahr in Vorbereitung des 20. Gedenktages die traumatischen Ereignisse von 1992 gemeinsam mit den Einwohnern und Einwohnerinnen aus Lichtenhagen auf, schaffen Räume für demokratische Teilhabe und beziehen die Menschen der Stadt aktiv in diesen Prozess mit ein.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut. – Udo Pastörs, NPD: Jaja.)

So haben wir unter anderem folgende Veranstaltungen organisiert und durchgeführt: Fotoausstellungen, internationale Kochwochen,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der NPD)

Gespräche mit Migranten, internationale Fußballturniere,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der NPD)

Kinderfeste und Podiumsdiskussionen.

(Stefan Köster, NPD: Schwere Geschütze!)

Es wurde viel getan in meiner Heimatstadt, um das gemeinsame Zusammenleben von Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne Migrationshintergrund in Frieden und Wohlstand zu fördern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Udo Pastörs, NPD: Ha!)

Lichtenhagen ist ein Stadtteil, der sich seit 1992 sehr positiv entwickelt hat. Wir haben zurzeit wieder einen Zuwachs an Bevölkerung zu verzeichnen. Im Stadtteil leben heute fast 14.000 Menschen in voll sanierten Wohnungen.

Dennoch bleiben die Ereignisse von 1992 eine Warnung, immer wachsam zu bleiben.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Meine Damen und Herren, viele Rostocker,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

viele Rostocker Initiativen leisten eine vorbildliche Ar- beit auf diesem Gebiet. Dazu zählen unter anderem der Migrantenbeirat der Hansestadt Rostock, der vietnamesisch-deutsche Verein Diên Hồng, der sich nach den Ereignissen von 1992 gründete

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut.)

und bis heute ein Geschenk für die Stadt und die Zivilgesellschaft ist, die Bürgerinitiative „Bunt statt braun“, der Verein Migra oder das Aktionsbündnis „Endstation Rechts“.

(Udo Pastörs, NPD: Wunderbar.)

Von dieser Stelle aus möchte ich in meinem Namen allen an diesen und ähnlichen Projekten Beteiligten meinen besonderen Dank aussprechen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stefan Köster, NPD: Danke, dass ihr das Steuergeld verprasst.)

Die vor einem Jahr gestarteten Initiativen zeigen nach meiner festen Überzeugung sehr authentisch, dass es bei uns, bei diesem 20. Jahrestag nicht um Verdrängung geht, sondern um Aufarbeitung und Prävention.

(Stefan Köster, NPD: Und Buße.)

Ein Höhepunkt war neben der Gedenkveranstaltung der Hansestadt Rostock in der hmt die Gedenkveranstaltung in Lichtenhagen mit unserem Bundespräsidenten Joachim Gauck

(Udo Pastörs, NPD: Eine Eiche.)

und die Baumpflanzung, versehen mit einer Inschrift aus Artikel 1 der Menschenrechtskommission,

(Udo Pastörs, NPD: Was? Was war das für ein Ding?)

ich zitiere: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie … sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Nach meiner Überzeugung liegt der Wert dieses Mahnmals gerade auch darin,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

dass er als Teil eines Aufarbeitungsprozesses aus der Mitte der Bevölkerung vor Ort erwachsen ist.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Leider haben in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch linke Extremisten den Gedenkbaum abgesägt.

(Udo Pastörs, NPD: Oooh! – Stefan Köster, NPD: Pfui, pfui!)

Bäume haben keine Nationalität.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das Abholzen war kein Zeichen von Demokratie und Toleranz.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das Fremde, sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, gehört ebenso zu uns wie das Bekannte. Die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, voneinander lernen zu wollen, Gemeinsamkeiten zu suchen, aber auch Unterschiede in unserer Gesellschaft zu akzeptieren, ist der Garant für ein friedliches Zusammenleben in der Hansestadt Rostock, in Mecklenburg-Vorpommern, in Deutschland und darüber hinaus.

Mit der öffentlichen Entschuldigung der Rostocker Bürgerschaft am 22. August 2012 ist ein wichtiger und richtiger Schritt gemacht worden. Die lückenlose Aufklärung der damaligen Ereignisse und Verantwortlichkeiten ist hingegen noch immer nicht in ausreichendem Maße erfolgt. Hier besteht immer noch Nachholebedarf.

(Udo Pastörs, NPD: Nachholebedarf!)

So wird die Initiative „Lichtenhagen bewegt sich – Gemeinsam füreinander“ auch über den 20. Jahrestag hinaus bestehen bleiben

(Udo Pastörs, NPD: Ja, für ewig.)

und weiter an der Prävention und Aufarbeitung der Ereignisse arbeiten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Am Dienstag hat der Ortsbeirat von Lichtenhagen auf Anregung von ehemaligen Gastarbeitern einen Antrag zur Errichtung einer Gedenkstätte in der Hansestadt Rostock an den Oberbürgermeister und die Bürgerschaft gestellt.

(Zuruf von Ralf Mucha, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einem weltoffenen und toleranten Deutschland haben Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen zu uns kommen, ein Anrecht auf Unversehrtheit, darauf, dass wir ihr Leben und ihre Gesundheit schützen. Ich bin traurig darüber, dass wir und ich es 1992 nicht geschafft haben, ihnen zu diesem Recht zu verhelfen. Ich bin aber zugleich zuversichtlich, dass sich dieser Teil unserer Geschichte nicht wiederholen wird,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

denn wir Demokraten werden gemeinsam dafür sorgen, dass wir uns nie wieder bei den Opfern rassistischer Gewalt für solche Art Übergriffe entschuldigen müssen. Wir müssen immer im Auge behalten, dass Aufklärungsarbeit und Engagement für Menschenrechte und Menschenwürde, Toleranz und Zivilcourage sowie die Bekämpfung von Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus für uns alle eine Selbstverständlichkeit darstellen, damit meine Heimatstadt, die Hansestadt Rostock, das bleibt, was sie ist – eine weltoffene, tolerante Stadt.