Protokoll der Sitzung vom 28.09.2012

paket von 152 Millionen Euro zu entscheiden, also unter welchen Voraussetzungen und welchen Begründungen und auf Grundlage welcher Daten die Landesregierung eine so weitreichende Entscheidung getroffen hat.

Und, Herr Schulte, es hat sich in der Tat richtig identifiziert,

(Egbert Liskow, CDU: Mit eurer Zustimmung.)

das ist aus unserer Sicht ein zentraler Punkt, der im Untersuchungsausschuss geklärt werden muss.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah, das ist aber einfach.)

In diesem Zusammenhang …

Das mag, Herr Nieszery, vielleicht für die SPD-Fraktion ganz einfach sein. Ich weiß nicht, über welche Erkenntnisse Sie verfügen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das können wir ganz einfach belegen. Sie haben doch alles gewusst. Wir haben Sie doch regelmäßig auf dem Laufenden gehalten. Sie kennen doch die Entscheidungsprozesse.)

Für uns ist es offensichtlich ein sehr, sehr komplexer Vorgang.

In diesem Zusammenhang ist die Aussage des Wirtschaftsstaatssekretärs der Bundesregierung im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages durchaus von Bedeutung, denn Herr Otto hat dort offensichtlich festgestellt – ich zitiere jetzt aus den Medien –, dass die Beratungsgesellschaft PwC „nicht ausreichend über die wahre wirtschaftliche Situation“ der Werften informiert habe. Und er hat sich sogar zu der Einschätzung durchgerungen, Zitat, dass es „das staatliche Rettungspaket von 152 Millionen Euro gar nicht mehr gegeben (hätte)“, wenn Bundes- wie auch Landesregierung Ende Mai über die wahre wirtschaftliche Situation der Werften umfassend informiert gewesen wären.

(Vincent Kokert, CDU: Wie passt das mit der Haltung von Herrn Holter zusammen, Herr Suhr?)

Dies ist ein massiver Vorwurf gegenüber der Beratungsgesellschaft

(Vincent Kokert, CDU: Brauchen wir zwei Untersuchungsausschüsse?!)

und gegenüber der damaligen Geschäftsführung der Werften. Alleine an dieser Aussage wird deutlich, wie berechtigt das Ansinnen der Oppositionsfraktionen ist, diese Vorgänge einer Untersuchung zu unterziehen. Nicht nur die Aussagen des Wirtschaftsstaatssekretärs, sondern auch die Erkenntnisse aus den letzten Wochen lassen vermuten, dass die Daten, auf deren Grundlage die Entscheidungen von Landes- und Bundesregierung zur Rettungsbeihilfe erfolgten, offensichtlich nicht das ganze Ausmaß der Probleme der Werften beschrieben haben.

Die Konsequenz, meine Damen und Herren, aus dieser Vermutung heraus ist auch, das Agieren und die Bera

tungsleistungen der Beratungsgesellschaft oder der -gesellschaften möglicherweise kritisch zu hinterfragen – ein wichtiger Punkt im Fragenkatalog unseres Antrages.

Übrigens, explizit dies, das sage ich mit großem Ernst hier, muss, finde ich, auch im Interesse der Landesregierung und der die Regierung tragenden demokratischen Fraktionen sein.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Keine Hoffnung.)

Und, meine Damen und Herren, Herr Schulte, ich halte es für völlig falsch, an dieser Stelle in Abwehrreflexe zu verfallen, wo ich glaube, dass es im gemeinsamen Interesse des Hauses sein muss, auch aufzuklären, welche Fehler von außen, nicht vonseiten der Landesregierung, welche Fehler von außen gemacht worden sind, die möglicherweise dann zu Entscheidungen der Landesregierung beigetragen haben, die anders ausgefallen wären, wenn die gesamte Erkenntnislage auf dem Tisch gewesen wäre.

Die Erkenntnisse aus den letzten Wochen drängen auch kritische Fragestellungen zur Rolle der Geschäftsführung der Werften auf. Es ist aus unserer Sicht durchaus berechtigt zu hinterfragen, ob und inwieweit die Geschäftsführung Landes- wie auch Bundesregierung in ausreichendem Maße über die tatsächliche Lage der Werften informiert hat. Angesichts der Größenordnung des Engagements der Landesregierung hätte dies zwingend und umfassend erfolgen müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es deutet sich zumindest an, dass dies nicht erfolgt ist, denn allerspätestens im August 2012 – und das sind Fakten – lagen durch die alte Geschäftsführung einerseits und durch die neue Geschäftsführung andererseits sehr unterschiedliche Einschätzungen zu elementaren Prozessen und zur Liquidität der P+S Werften vor, übrigens auch unterschiedliche Einschätzungen von P und W. Und in diesem Zusammenhang ist auch …

(Vincent Kokert, CDU: PwC. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

PwC, Entschuldigung, PwC. Danke schön.

Und in diesem Zusammenhang ist auch, meine Damen und Herren, zu prüfen, wie eine Beratungsgesellschaft in einer so kurzen Zeit zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann. Es ist auch zu hinterfragen, welche Rolle und welche Verantwortung Aufsichtsrat und Beirat hatten, denn immerhin war die Landesregierung zumindest mittelbar in diesen Gremien vertreten, und auch der Werftenbeauftragte der Landesregierung hätte nach unserer Einschätzung umfassend einbezogen werden müssen.

Und ich gebe an dieser Stelle Herrn Holter ausdrücklich recht:

(Vincent Kokert, CDU: Das ist nichts Neues.)

Auch ich nehme wahr, dass es bisher diesbezüglich eine sehr begrenzte Informationsbereitschaft der Landesregierung gab. Ganz offensichtlich haben weder die Aufsichtsgremien noch die einbezogenen Sachverständigen, noch die Expertisen der beauftragten Beratungsunternehmen in ausreichendem Maße dazu beigetragen, die

Situation der Werften realistisch einzuschätzen. Am Ende steht eine durch die Landesregierung ausgereichte Rettungsbeihilfe in Höhe von dann 70 Millionen Euro, die bereits zweieinhalb Monate später verloren scheint.

Und, sehr geehrte Damen und Herren, dies alles wirft viele, viele Fragen auf. Wir haben das im Antrag dokumentiert. Wir haben Ihnen gemeinsam mit der Fraktion DIE LINKE einen umfassenden Fragenkatalog vorgelegt. Angesichts dieser vielen offenen Fragen und angesichts der Dimension öffentlicher Mittel, die nun verloren scheinen, ist es mehr als berechtigt, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten.

Ich stelle mir mal vor, wir hätten diesen Antrag seinerzeit nicht eingereicht und es hätte gestern die Aussagen aus dem Bundeswirtschaftsministerium gegeben, außen wäre nicht verstanden worden, dass wir einen derartigen Prozess einfach so laufen lassen wollen. Es ist zwingend erforderlich, dass ein Prozess mit derartigen Dimensionen und finanziellen Konsequenzen untersucht wird, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Jetzt sprechen Sie sich selber Mut zu, Herr Suhr.)

Es war, und ich will das gerne noch mal wiederholen, uns dabei ein großes Anliegen, die Aufgaben des Untersuchungsausschusses nicht nur rückwärtsgewandt und auf die Vergangenheit orientiert auszurichten, sondern in konstruktiver Form auch nach vorne auszurichten und Schlüsse für zukünftiges Handeln zu ziehen. Und ich kann Ihnen, Herr Schulte, als möglichen zukünftigen Ausschussvorsitzenden an dieser Stelle nur versichern, wir werden da sehr konstruktiv, aber auch sehr detailliert nachfragen und wir werden unseren Beitrag an dieser Stelle dazu leisten. Wir haben nicht vor, so, wie Sie das behaupten und in den Raum stellen, diesen Ausschuss als wahltaktisches Manöver oder Kampfinstrument, oder wie auch immer Sie das bezeichnet haben, nutzen zu wollen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, nein! – Vincent Kokert, CDU: Nein, niemals!)

Lassen Sie sich davon überzeugen! Gehen Sie mit in den Untersuchungsausschuss! Ich erwarte aber auch von Ihnen, dass Sie Ihre konstruktive Rolle in diesem Zusammenhang wahrnehmen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da können Sie sicher sein. Da können Sie ganz sicher sein. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

und dort nicht nur in Abwehrmechanismen verfallen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Ringguth, Ihre Reaktionen lassen mich vorsichtig daran zweifeln, aber ich lasse mich natürlich sehr gerne davon überzeugen, dass genau dies geschieht.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Seien Sie sich sicher!)

Ich komme dann noch mal auf diesen Punkt zurück.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie können unseren Ausführungen auch entnehmen, dass wir einer Vorverurteilung der Landesregierung derzeit, wenn Sie meine Rede verfolgt haben, nicht das Wort reden. Das wäre in der Tat vorweggenommen und das wollen wir an dieser Stelle nicht tun. Aber wir erwarten Aufklärung, wir erwarten, dass unsere Fragen umfassend beantwortet werden.

Und, Herr Schulte, ich habe einen kleinen Moment gedacht, Sie haben den Antrag gar nicht gelesen, denn dann hätten Sie 78 Fragen entnehmen können, von denen ich glaube, dass selbst Sie sie nicht alle für unsinnig halten können. Würden Sie dies tun, dann wären Sie in der Tat als Vorsitzender falsch platziert. Aber ich habe die gute Hoffnung, dass das nicht der Fall ist.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen, dass auch öffentlich transparent wird,

(Vincent Kokert, CDU: Das ist klar.)

auf welcher Grundlage weitreichende Entscheidungen der Landesregierung getroffen werden. Dieser Ausschuss ist öffentlich und wir wollen damit verantwortlich umgehen.

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

Wir wollen die Rolle der Beratungsgesellschaften und der Aufsichtsgremien kritisch beleuchten und wir wollen aus all diesen Erkenntnissen Schlüsse für die Zukunft ziehen. Deshalb ist es richtig, dass wir uns heute für die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses verwenden. Ich appelliere an Ihre konstruktive Mitarbeit.

Ich sage von unserer Seite: Zu einer schnellen und umfassenden Arbeit werden wir unseren Beitrag leisten. Das ist ausdrücklich in unserem Interesse. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)