Protokoll der Sitzung vom 26.10.2012

Aber „wir“ ist ja auch noch mehr und ich komme jetzt darauf, wer „wir“ alles noch ist.

Eine weitere Quelle ist der Fraktionsbeschluss der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.09.2012,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Auwei!)

was sich beispielsweise unter der Begründung zur Ziffer 4 Ihres Antrages ebenfalls wörtlich nachlesen lässt.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist ja ein Skandal!)

Eine dritte Quelle ist der Gesetzentwurf der Landesregierung Nordrhein-Westfalen zum Verbandsklagerecht und den Mitwirkungsrechten für Tierschutzvereine, Drucksache 15/2380. Wörtlich nachlesen kann man Formulierungen aus diesem Gesetzentwurf unter Punkt 5 des Antrages sowie in der entsprechenden Begründung.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für eine weitere Quellensuche war mir meine Zeit dann zu schade, aber natürlich will ich mich auch mit Ihrem Antrag in der Sache auseinandersetzen.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das freut uns.)

Da das Thema Tierhaltung als eines der Leitthemen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht nur hier im Land das Thema Kernenergie offensichtlich ersetzen soll,

(Tilo Gundlack, SPD: Genau.)

lohnt es sich aus meiner Sicht, eine grundsätzliche Auseinandersetzung zu führen.

Unbestritten ist, dass es wohl kaum jemanden geben wird, der nicht bejaht, dass Tiere schützenswert sind, dass ihnen unnötiges Leid erspart werden muss

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

und Tierschutz ein wichtiges gesellschaftliches Thema ist. Auf dieser abstrakten Ebene ist sicherlich schnell Konsens zu erzielen. Problematisch, auch moralisch problematisch wird die Debatte, wenn dieser theoretische Anspruch auf soziale Wirklichkeit trifft. Neben der Forderung nach Tierschutz gibt es beispielsweise die Forderung nach hochwertigen, aber trotzdem preiswerten Lebensmitteln für alle Menschen und nicht nur in Deutsch

land oder die berechtigte Forderung der Bauern, von ihrer Arbeit auch leben zu können.

Und hier will ich auch mal abschweifen. Selbst die Situationsbeschreibung ist von Diskutant zu Diskutant sehr unterschiedlich. Der Minister ist ja schon eingegangen auf die Debatte im Kreistag von Vorpommern-Greifswald. Und auch ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe dort ein Erlebnis der dritten Art gehabt. Frau Gerkan hat ja schon versucht zu erklären, dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen der Welternährung und den Produktionsquoten, die es ja auch durch ökologische Tierhaltung bei der wachsenden Weltbevölkerung, schlüssig konnte sie das zwar nicht erläutern, aber die es da ja nicht geben soll. Aber im Kreistag von Vorpommern-Greifswald, und es sind hier einige anwesend, die können ja da vielleicht ein bisschen Unterstützung leisten, hat eine Kollegin erklärt, ich glaube, sie war von der Fraktion DIE LINKE, dass …

(Manfred Dachner, SPD: Glauben Sie das oder wissen Sie das?)

Ja, ich kannte sie nicht. Aber das ist das erste Mal, dass sie sich geäußert hat, und ich will mal wiedergeben, wie sie sich geäußert hat. Sie erklärte, es gäbe ja gar kein Problem mit der Welternährung, denn es gibt zwar viele Millionen hungernde Menschen, aber auf der anderen Seite stehen dem ja auch in den entwickelten Industrieländern eine riesengroße Zahl an Übergewichtigen gegenüber. Das ist so ungefähr die Debatte aus …

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das war niemand von uns, das war Frau Lüder von der Fraktion „Kompetenz für Vorpommern“.)

Gut, dann war es diejenige. Ich sage ja, ich habe die …

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Für das Protokoll: Es war nicht von den LINKEN.

Aber wo Frau Schwenke mich gerade anspricht, Frau Schwenke hat ja danach das Wort ergriffen und hätte die Möglichkeit gehabt, das vielleicht ein bisschen geradezurücken

(Peter Ritter, DIE LINKE: Warum? Ist doch nicht unsere Fraktion.)

und vielleicht doch etwas ernsthafter

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ich hatte zwei Minuten, Frau Schlupp.)

auf die Problematik der Welternährung …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist doch nicht unsere Fraktion.)

Ich dachte, es ist eine Debatte, Herr Ritter,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was hat das mit „Kompetenz für Vorpommern“ zu tun?)

ich dachte es ist eine Debatte, aber möglicherweise ist es das ja auch nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hat Ihre Fraktion die Kollegin dort berichtigt?)

Es ist jetzt, wie es ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kein Widerspruch bei der CDU.)

Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass es schon alleine bei der Situationsbeschreibung, wie irgendjemand an das Problem herangeht, offensichtlich erheblichen Klärungsbedarf gibt. Und von daher ist es eben nicht so einseitig und nicht so linear, wenn wir das Thema Tierschutz diskutieren.

Ich will, weil ich jetzt vom Abstrakten ins Konkrete gekommen bin, auch noch mal ein völlig unverdächtiges Beispiel wählen. Stellen wir uns eine willkürlich gewählte Gruppe von Menschen vor und fragen wir sie, wie sie zum Tierschutz steht. Da würde sicherlich 100 Prozent der Gruppe sagen, Tierschutz ist wichtig. Wenn wir dieselbe Gruppe fragen, sind Sie bereit, für den Tierschutz auch höhere Preise für Lebensmittel in Kauf zu nehmen, prognostiziere ich mal, die Gruppe würde sich verringern.

(Torsten Renz, CDU: Sehr richtig.)

Wenn wir dann die Gruppe herausgreifen, die dazu bereit ist, und dann mal gucken würden, wie denn der Wochenendeinkauf gestaltet wird, dann würde sich sicherlich eine Gruppe herauskristallisieren, die zwar gerne theoretisch mehr bezahlen würde, aber bei ihren Wochenendeinkäufen würde sich das sicherlich noch nicht widerspiegeln.

Nun kann man ja auch immer sagen, die haben vielleicht auch nicht darüber nachgedacht. Dann stellen wir uns doch mal vor, auf diese Gruppe kommt dann die Tatsache hinzu, dass die Lebensmittel teurer werden. Wir hatten ja ein solches Beispiel, als die Milchpreise auf einmal gestiegen sind. Dann entbrannte plötzlich eine öffentliche Debatte darüber, dass wir bezahlbare Lebensmittel brauchen. Und jetzt prognostiziere ich mal, wer sich an die Spitze dieser Bewegung stellen würde.

(Karen Stramm, DIE LINKE: Brauchen wir ja auch.)

Wir müssen also zur Kenntnis nehmen, dass das, was auf abstrakter Ebene relativ konfliktfrei diskutiert werden kann, in der Realität in verschiedenen Richtungen und Dimensionen Konflikte birgt. An ihnen kann nur durch eine Gesamtbetrachtung unter Abwägung aller Faktoren und auch dann nicht für alle Seiten vollbefriedigend gearbeitet werden.

Und wenn ich nun an Ihren Antrag diesen Maßstab anlege, muss ich Ihren Vorschlägen attestieren, dass im Ergebnis der moralische Nutzen vergesellschaftet, die Kosten aber privatisiert werden sollen. Dass dies nicht Ergebnis eines verantwortungsvollen Abwägungsprozesses sein kann, versteht sich von selbst.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Bei Ihren konkreten Forderungen möchte ich, um nicht Gefahr zu laufen, die Ausführungen des Ministers zu

wiederholen, nur auf einige ausgewählte Punkte Ihres Forderungskatalogs eingehen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sehr interessant.)

Ich habe hier Punkt 1, aber ich denke mal, da kann ich den Ausführungen des Ministers nichts hinzufügen, von daher gehe ich gleich weiter zu Punkt 4 Ihres Antrages.

Unter Punkt 4 fordern Sie unter anderem, dass sich die Landesregierung für ein einheitlich verpflichtendes Tierschutzlabel einsetzen soll. Da passt es ja gut, dass der Deutsche Tierschutzbund gerade kürzlich ein Tierschutzlabel auf den Weg gebracht hat, das er natürlich völlig selbstlos und sicherlich auch kostenfrei entsprechend den Betrieben wird zur Verfügung stellen und sie dann zertifizieren.

Unter Punkt 5, und da erlaube ich mir mal vorzulesen …

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finden Sie die Idee jetzt doof oder gut mit dem Label?)