Protokoll der Sitzung vom 05.12.2012

Wenn alle fachlichen Voraussetzungen für eine Berufs- anerkennung gegeben sind und nur Sprachkenntnisse eine Hürde darstellen, dann gilt es, diese Hürde möglichst klein zu halten oder zu beseitigen. Mit einer berufsbegleitenden sprachlichen Nachqualifizierung können Fachkräfte früher auf dem Arbeitsmarkt eingesetzt werden und erhalten zudem praxisnah die Fachsprache des jeweiligen Berufes vermittelt.

Sehr verehrte Damen und Herren, wenn Sie jetzt meinen, man müsse sich doch im Beruf über die Arbeitsabläufe und -inhalte von Anfang an verständigen können, dann möchte ich Ihnen hier kurz erläutern, was das Sprachniveau B1 bedeutet. Was es im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen bedeutet, sage ich Ihnen.

Das Sprachniveau B1 bescheinigt eine fortgeschrittene Sprachverwendung, mit der sich Personen einfach und zusammenhängend über alltagsrelevante Themen – unter anderem den Beruf und die Freizeit – verständigen können. Als Grundlage für den Berufseinstieg in Deutschland ist dies zumindest in einigen Berufen durchaus möglich und realisierbar.

Zudem muss gesagt werden, dass Migrantinnen und Migranten mit gesichertem Aufenthaltsstatus, die an den obligatorischen Sprachkursen des Bundes teilnehmen, mit dem Sprachniveau B1 abschließen. Zusammen mit dem bestehenden Orientierungskurs erhalten die Migrantinnen und Migranten dann das „Zertifikat Integrationskurs“ und haben damit die Maßnahme erfolgreich abgeschlossen. Es wäre sinnvoll, hier eine praktikable Lösung im Anerkennungsverfahren zu ermöglichen. Die sprachliche Nachqualifizierung könnte über das bereits bestehende ESF-geförderte BAMF-Programm „Deutsch für den Beruf“ gewährleistet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Vorschlag wurde leider nicht angenommen, das hat Frau Berger auch genannt, der Antrag wurde im Bildungsausschuss abgelehnt und es gab hierzu auch keinen alternativen Vorschlag.

Ebenso verhielt es sich mit unserem Antrag zur Nachqualifizierung. Wie auch schon mit unserem Antrag vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes aus dem Jahr 2011 haben wir ein weiteres Mal gefordert, in MecklenburgVorpommern ein System von koordinierten und aufeinander abgestimmten Maßnahmen für Zusatz- und Ergänzungsqualifizierungen sicherzustellen und hierfür ein entsprechendes Konzept für unser Bundesland vorzulegen. Die noch bestehenden Hürden müssen beseitigt werden und das Anerkennungsverfahren muss weiter vereinfacht werden.

Fakt ist, durch einen unmittelbaren Zugang zum Arbeitsmarkt wird die gesellschaftliche Integration von Migrantinnen und Migranten maßgeblich gefördert. Das hat auch unsere Bundesbildungsministerin Frau Dr. Annette Schavan in ihrer Presseerklärung gesagt.

Bei allen noch möglichen Verbesserungen und Verein- fachungen des Anerkennungsverfahrens kann ich nur sagen, der vorliegende Gesetzentwurf ist schon ein Schritt nach vorne und ein Schritt in die richtige Richtung. Die IntegrationsFachDienste Migration in MecklenburgVorpommern haben in ihrer Stellungnahme keine Einwände zum Gesetzentwurf vorgetragen.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu,

(Torsten Renz, CDU: Sehr gut.)

auch wenn es einige Hürden in ihm gibt, und wir freuen uns auf Richtigkeit

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

und auf die Erfolge der Umsetzung dieses Gesetzes. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Dr. Seemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die zügige Beratung dieses Gesetzentwurfes, Herr Al-Sabty hat das eben etwas bedauert, aber ich denke, die zügige Beratung hat auch gezeigt, dass das Ziel des Gesetzes von allen demokratischen Parteien – vom Grundsatz her zumindest – mitgetragen wird, und das haben Sie ja am Ende Ihrer Rede auch gesagt.

Und natürlich gab und gibt es in einzelnen Punkten bezüglich der Umsetzung unterschiedliche Ansätze. Frau Berger hat als Ausschussvorsitzende einige Diskussionsschwerpunkte genannt. Ich habe noch mal kurz ins Protokoll geguckt, ich hatte mir andere Diskussionsschwerpunkte herausgesucht. Die Frage der einheitlichen Gebühren, in der Tat, die haben wir diskutiert, aber ich denke, die muss man auch kontrovers diskutieren, weil der Aufwand für das einzelne Anerkennungsverfah

ren auch sehr unterschiedlich ist, und ich weiß nicht, ob wir mit einheitlichen Gebührensätzen wirklich den Anforderungen oder den Notwendigkeiten gerecht werden. Das ist übrigens ein Grund gewesen, weshalb die Koalitionsfraktionen dann ja auch gesagt haben, nein, das möchten wir nicht.

Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen haben sich bei der Umsetzung der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen für das Zuständigkeitsprinzip des jeweiligen Fachressorts entschieden. Das heißt, es ist immer das Ministerium zuständig, das auch bei der Berufsausbildung inhaltlich, sage ich jetzt mal etwas salopp, das Sagen hat.

NRW, auch das haben wir diskutiert, geht einen etwas anderen Weg als Mecklenburg-Vorpommern. Ich denke, das ist auch ganz einfach zu erklären, denn aufgrund der höheren Fallzahlen haben die Mitarbeiter einer zentralen Stelle auch in allen Berufen ausreichend Kenntnisse über die Anforderungen der deutschen Berufsbildung in den jeweiligen betroffenen Berufen. Wenn sich also Nordrhein-Westfalen für eine zentrale Lösung entscheidet und Mecklenburg-Vorpommern nicht, dann kann beides bezogen auf die konkrete Situation jeweils richtig sein, aber die Lösung des anderen, also von NRW zum Beispiel, würde nicht auf unser Bundesland passen.

Eine zentrale Lösung ist meines Erachtens dann verkehrt, wenn aufgrund der zu geringen Fallzahl Mitarbeiter diese notwendigen Kenntnisse, von denen ich eben gesprochen habe, nicht erlangen können oder sich immer wieder aufwendig neu einarbeiten müssen. Das wäre ineffektiv und würde meines Erachtens auch zu längeren Bearbeitungszeiten führen.

Das Fachressort kennt die Ausbildungsanforderungen in dem jeweiligen Beruf sehr genau und kann daher, wenn alle Unterlagen vorliegen, zügig entscheiden, ob die berufliche Qualifikation anerkannt wird, oder kann auch zielführend Hinweise geben, welche Nachqualifizierungen erfolgen müssen, damit eben dann doch eine Anerkennung – vielleicht über eine vorherige Teilanerkennung hinaus – erfolgt.

Wenn sich also Nordrhein-Westfalen für eine zentrale Lösung entscheidet und Mecklenburg-Vorpommern nicht, dann haben beide Landesregierungen und die sie tragenden Koalitionen offensichtlich die konkrete Situation in ihrem jeweiligen Bundesland beachtet. Das übrigens, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeichnet auch verantwortungsvolles Regierungshandeln aus. Mehr als 20 Jahre nach der Wende sollten wir von dem Prinzip „einfach kopieren, vor allem aus den alten Bundesländern“ weg sein und die wirklichen Gegebenheiten und Notwendigkeiten in unserem Bundesland auch in den Mittelpunkt stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den Ausschussberatungen wurde ferner kritisiert, dass das Wirtschaftsministerium als zuständiges Ressort sich gegen die Einbeziehung der Architekt(inn)en und Bauingenieure entschieden hat. Die Koalitionsfraktionen haben im Bildungsausschuss einen hierzu gestellten Änderungsantrag abgelehnt, also das war einer von den fünf, und das aus derzeit meines Erachtens gutem Grund.

In den Berufen der Architekten und Bauingenieure hat die Arbeit im Ausland und von ausländischen Fachkräf

ten hier in Deutschland schon seit Jahrhunderten Tradition, eine Tradition, die ist sogar älter als die SPD. Und die Arbeit von Architekten und Bauingenieuren im Ausland hat schließlich zur Verbreitung des romanischen oder auch gotischen Baustils in Europa geführt, wenn man noch mal in die Kulturgeschichte geht.

Aber, Frau Berger, Sie hatten das ja so sehr favorisiert, vielleicht sollten Sie auf Seite 43 in die Begründung zu Artikel 3 des Gesetzentwurfes noch einmal reinsehen. Dort steht, ich zitiere:

„Für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bestehen Son- derregelungen, da die Berufe Architektin … und … Beratender Ingenieur reglementierte Berufe sind, die dem Anwendungsbereich der Berufsqualifikationsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG … unterfallen. Die Vorgaben dieser Richtlinie, die vorrangig ist, wurden im ArchIngG M-V vollständig umgesetzt. Auch für sonstige Staatsangehörige regelt das ArchIngG M-V bereits die Anerkennung von ausländischen Studienabschlüssen.“ Zitatende.

Und wenn Sie, liebe Kollegin Berger, dann auch noch aufmerksam den Paragrafen 8 Absatz 3 des vorgenannten Gesetzes gelesen und vor allem verstanden hätten,

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

dann hätten Sie uns Ihren Antrag auch im Bildungsausschuss erspart. Das Festhalten an der Gegenseitigkeit ist nur logisch, denn Sie können doch nicht ernsthaft wollen, dass hier in Mecklenburg-Vorpommern jeder Berufsabschluss einer Architektin oder eines Bauingenieurs ohne Wenn und Aber anerkannt wird, während unseren Architekten und Ingenieuren eine Anerkennung ihrer Qualifikation in dem Land, dessen Berufsabschlüsse wir anerkennen, unter Umständen verwehrt wird.

(Zurufe von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und David Petereit, NPD)

Das Kurzprotokoll zur 19. Ausschusssitzung …

(Heinz Müller, SPD: Mach weiter!)

Das kann man sagen, weil wir möchten,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

dass die Abschlüsse unserer Menschen ja auch im Ausland Anerkennung finden.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber irgendeiner muss den ersten Schritt machen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Absprache zwischen den Ländern war, dass die Architekt(inn)en und Ingenieure nicht in die allgemeinen Regelungen einbezogen werden sollen. Nordrhein-Westfalen mag dafür gute Gründe haben, dass es von dieser Absprache abweicht, unser Land hält sich an die Absprache.

Im Übrigen handelt es sich bei der entsprechenden Regelung im Architekten- und Ingenieurgesetz um eine

Kannbestimmung, sodass eine Architektin oder ein Bauingenieur sehr wohl den Abschluss anerkannt bekommen kann, wenn besondere Umstände vorliegen, weil beispielsweise in dem Herkunftsland wie Somalia keine staatlichen Einrichtungen mehr vorhanden sind, die eine entsprechende Anerkennung ihrerseits aussprechen könnten.

Ein weiterer Kritikpunkt war, dass das Gesetz die Deutschkenntnisse als Voraussetzung nicht gesetzlich regelt. Das ist richtig, das hat aber auch seinen Grund. Die Anforderungen an die Deutschkenntnisse können sich, das hat Herr Al-Sabty auch gesagt, von Beruf zu Beruf deutlich unterscheiden.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass eine Lehrkraft ohne ausreichende Sprachkenntnisse an den Schulen unterrichtet, nicht mal, wenn Französischunterricht, sage ich jetzt mal, von einer Französin gegeben wird, denn zu der Tätigkeit einer Lehrkraft gehört nicht nur der entsprechende Fachunterricht, sondern zum Beispiel auch die Kommunikation unter Kolleginnen und Kollegen oder auch mit den Eltern. Und ich kann mir schwer vorstellen, wenn da nicht die entsprechenden Deutschkenntnisse vorliegen, dass das möglich ist.

Es wurde auch vereinzelt der Gedanke geäußert, dass man bei Erzieherinnen und Erziehern gegebenenfalls niedrigere Standards anwenden könnte, aber für mich sind die Kitas und Horte Bildungseinrichtungen, und ich möchte deshalb auch hier keine Abstriche erleben.

Natürlich fallen mir auch Berufe ein, bei denen geringere Sprachkenntnisse ausreichend sind, aber genau diese Entscheidung sollten wir den zuständigen Stellen überlassen, statt nach einer generellen gesetzlichen Regelung zu rufen. Transparenz, denke ich, wird sich durch die Verwaltungspraxis einstellen, denn die Verwaltung kann nicht Gleiches ungleich behandeln, sondern muss in gleich gelagerten Fällen nach Artikel 3 Grundgesetz immer gleich entscheiden. Und für mich gehört da unter anderem auch dazu, dass man natürlich über Nachqualifizierung ermöglicht, Deutschkenntnisse zu erwerben, damit dann die Abschlüsse anerkannt werden. Für mich ist bloß die Frage, ob wir das ganz konkret hier gesetzlich so regeln müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, auch wenn wir in einigen Punkten unterschiedliche Auffassungen haben, so hoffe ich doch, dass wir gemeinsam der vorliegenden Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen können. Das Gesetz bietet eine gute Grundlage, damit Migrantinnen und Migranten in ihrem erlernten Beruf in Mecklenburg-Vorpommern tätig werden und sich auch ihren Lebensunterhalt verdienen können. Viele ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger kommen nach Deutschland mit hohen Qualifikationen.

(Stefan Köster, NPD: Mit hohen Erwartungen.)

Sie möchten sich in die Entwicklung unserer Gesellschaft einbringen. Das können sie nur, wenn wir ihnen dazu auch die Chance geben.

(Michael Andrejewski, NPD: Drogenhandel.)

Und dazu gehört in erster Linie,