Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Mann, Mann, Mann!)

für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viel hilft viel, ja offensichtlich auch bei den Anträgen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der ist gut.)

Der Antrag ist nicht nur,

(Heinz Müller, SPD: Na, na, na!)

er ist nicht so falsch und somit unschädlich.

(Heinz Müller, SPD: Aha!)

Und Herr Barlen hat ja...

(allgemeine Unruhe – Torsten Renz, CDU: Bis jetzt war alles richtig. – Glocke der Vizepräsidentin)

Herr Barlen hat wegweisende Projekte angekündigt und von daher würde ich jetzt gerne meinen Redebeitrag unterbrechen, der Ministerin erst mal zuhören und dann noch mal hier vorne das Podium aufsuchen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(allgemeine Unruhe – Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Renz, CDU: Sie wollten nur das Wasser haben.)

Ums Wort gebeten hat nun die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin den Regierungsfraktionen dankbar für diesen Antrag und insbesondere dem Abgeordneten Julian Barlen, der dieses Thema schon vor langer Zeit aufgegriffen hat und auch Initiator dieses Antrags ist. Er hat ja schon etwas auf konkrete Projekte hingewiesen, ich will aber gerne noch mal darauf eingehen und will sagen, dass ich das ganz positiv finde von der Abgeordneten Silke Gajek, dass sie sagt, okay, bevor wir uns überlegen, dafür oder dagegen zu stimmen, wollen wir vielleicht auch noch mal ein paar Argumente hören. Ich kann mich jedenfalls erinnern, dass das schon oft auch gutgegangen ist bei einigen Themen, und was ich sagen will, das ist auch...

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Steht schon fest? Also brauche ich mir gar keine Mühe mehr mit Argumenten zu geben.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na das erwarte ich aber.)

Ach so, na das enttäuscht mich jetzt. Ich war gerade bei einer Lobesrede, Sie haben es gemerkt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ich möchte jetzt gerne die Patientenrolle hören.)

Ich habe nämlich schon manchmal mitbekommen, dass bei den GRÜNEN es wirklich so ist, dass sozusagen Argumente noch mal, ich erinnere an Häusliche Krankenpflege,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Patientenbeteiligung.)

dazu führen können, dass die GRÜNEN sozusagen in ihrem Votum frei sind und sich auch noch mal unterstützend entscheiden.

(Andreas Butzki, SPD: Das fällt aber nicht in den Bildungsbereich.)

Ich kann es nur für meine Bereiche sagen, ich glaube, bei Häusliche Krankenpflege waren die GRÜNEN damals froh, sonst hätten sie sich auch in die Nesseln gesetzt,

wenn sie dagegen gestimmt hätten, wie man ja später an den Diskussionen sehen konnte.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will aber noch mal sagen, warum dieser Antrag wichtig ist. Zunächst: Ja, Herr Koplin, Sie haben recht, bei dem ganzen Thema Medikamente, Pharmaindustrie et cetera könnte man viel, viel breiter diskutieren. Das können wir auch gerne tun, aber dieser Antrag sagt ja, dass es hier konkret um dieses spezielle Problem geht Mehrfachmedikation, aus zwei Blickrichtungen, erstens die wirklich gesundheitsschädlichen Wirkungen von unabgestimmter Mehrfachmedikation und natürlich auch der hohe Kostendruck.

Der Antrag beschränkt sich konkret auf dieses Problem, und das finde ich auch gut und richtig, denn ich denke, im Bereich Vielfachmedikation haben wir ein ganz konkretes Problem in M-V. Und deshalb ist es wichtig, dass der Landtag heute den Antrag verabschiedet. Es ist nämlich so, dass wir schnell von den Kassen auch unter Druck gesetzt werden in Mecklenburg-Vorpommern, insbesondere die Ärzte. Es wird gesagt, da werden viel zu viele Arzneimittel verschrieben, da kann doch irgendwas nicht stimmen und da wird so ein Pauschaldruck gemacht. Das finde ich nicht gut, denn es gibt natürlich Gründe, warum hier mehr Medikamente verschrieben werden, es wurde schon angesprochen, demografische Entwicklung. Aber gerade Praktiker, Hausärzte sagen, wir haben ein Problem damit, dass wir oft wirklich Patienten haben, 14 Medikamente bekommen die, 7 würden es auch tun und das würde helfen.

Und deshalb haben wir uns am Runden Tisch zur medizinischen Versorgung im Land darauf verständigt, dass wir dieses Thema konkret angehen wollen, weil die Ärzte sich nicht immer so eine Pauschalvorhaltung machen lassen wollen, so ungefähr, das würde hier alles sehr übertrieben verschrieben werden, und weil wir auch sagen, ja, es ist im Sinne der Patienten, hier etwas zu tun, und es ist natürlich auch im Sinne der Kosten. Ich sage auch ganz klar, lieber soll die medizinische Versorgung für die konkrete Leistung und gute Bezahlung derjenigen, die Leistungen erbringen, erfolgen als vielleicht für unnötige Medikamente. Und Sie haben auch recht, Herr Koplin, dass die Geriatrie dabei eine große Rolle spielt. Auch das haben wir ja vorangebracht mit dem Geriatrieplan.

Ich will kurz was sagen zur Unterversorgung. Wie gesagt, das soll heute nicht das Thema sein und ich finde, wir würden uns auch überheben, wenn wir alles auf einmal in einen Antrag nehmen. Wir können auch darüber gerne sprechen. Ich habe die herzliche Bitte: Sollten Ihnen ganz konkrete Fälle bekannt werden, wo Patienten ihr Medikament nicht rechtzeitig bekommen, insbesondere Kinder, so, wie Sie es beschrieben haben, kann ich nur bitten, dass dieser Fall uns gemeldet wird. Es ist bisher nicht ein Fall, auch nicht von den Krankenhäusern an das Gesundheitsministerium gemeldet worden, wo es tatsächlich den Fall gab, dass das Medikament nicht zeitig genug da war oder zeitig genug ausgereicht worden ist. Das ist mein ganz praktikables Angebot und es darf natürlich nicht passieren, dass insbesondere Kinder nicht an ihre Medikamente kommen. Es ist natürlich eine Frage, ob das dann nicht am nächsten Tag lieferbar war. Darüber können wir gerne reden, da gibt es auch Gespräche.

Welche konkreten Projekte machen wir? Es gibt mehr als die Gesprächsrunden,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das will ich auch hoffen.)

wobei ich hier ganz klar sagen will, der Runde Tisch ist ein Erfolgsprojekt, weil wir es endlich geschafft haben, viele Jahre nach der Wende, dass all die, die im Gesundheitswesen Verantwortung tragen – Kassen, Krankenhausgesellschaft, Ärztekammer, Kassenärztliche

Vereinigung –, dass die sozusagen an einem Tisch sitzen und wir uns um mehrere Themen kümmern, sei es AGnES, seien es Lücken in der medizinischen Versorgung, und eben, Sie haben es auch gesagt, dieses Thema müssen wir aufrufen.

Und deswegen haben wir auf Initiative dieses Runden Tisches 2011 zwei miteinander abgestimmte Projekte initiiert, die auch durch mein Haus gefördert wurden. Professor Altiner, Lehrstuhlinhaber am Institut für Allgemeinmedizin der Uni Rostock, sowie Dr. Stahlhacke von der Apothekerkammer M-V, die ist also auch mit im Boot, untersuchten Möglichkeiten zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung sowie zur Verminderung von Polypharmazie bei multimorbiden Patienten mit chronischen Erkrankungen, also älteren Patienten, die viele Erkrankungen haben.

In einem gemeinsamen Abschlussbericht stellten sie zum einen fest, dass ein Medikationscheck sowohl in der Apotheke als auch während des stationären Aufenthalts zwar zeitaufwendig, aber durchaus sinnvoll und lohnenswert ist. Zum anderen betonten sie die aktive Einbeziehung von Pharmazeut und Patient als erfolgversprechenden Ansatz bei der Verbesserung der Arzneimittelversorgung.

Ein Folgeprojekt im Jahr 2012 widmete sich der Schnittstelle Pharmazeut/Hausarzt. Die voraussichtlich bis Mitte dieses Jahres vorliegenden Ergebnisse des Abschlussberichtes werden von mir und allen Partnern des Runden Tisches und ja dann offensichtlich auch vom Landtag, wenn wir das heute so beschließen, bereits mit großem Interesse erwartet. Und auch bei der konzertierten Aktion zur Gesundheitsversorgung, also beim Treff dieses Runden Tisches, der jetzt wieder im Februar stattfinden wird, ist diese Frage ein Thema.

Es ist so, das wurde hier schon mehrfach gesagt, dass es viele Schnittstellen gibt im Gesundheitswesen, und deswegen ist diese Problematik Arzneimittelversorgung, auch Überversorgung, ein komplexes Thema, wo es auch nicht die eine Antwort gibt. Und deshalb ist es gut, dass wir diese einzelnen Initiativen und konkreten Modellprojekte haben.

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich den Hausärzten danken, die ja tagtäglich vor die Herausforderung gestellt sind mit steigenden Fallzahlen und steigenden Bürokratieanforderungen. Und dass auch sie ihr Augenmerk verstärkt auf die Verordnungen richten, zeigt sich daran, dass die Ausgaben für Arzneimittel in M-V in der letzten Zeit unterdurchschnittlich gewachsen sind. Sie sind weiter gewachsen, aber eben nicht so massiv, wie das in der Vergangenheit war. So ergibt sich zum Beispiel aus den Zahlen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände für Januar bis November 2012, dass die Ausgaben der GKV für Arz

neimittel in ‚M-V deutlich geringer gestiegen sind als im Bundesdurchschnitt. Ob dies natürlich ein dauerhafter Trend sein wird, werden wir sehen bei weiteren Statis- tiken.

Diese Übermedikation zu verhindern, ist also ein langwieriger, komplexer Prozess. Auch die Wissenschaft hat manche Themen wie zum Beispiel die speziellen Anforderungen an Medikamente für ältere Menschen erst in der jüngeren Zeit aufgegriffen. Wichtig ist, dass der Diskussionsprozess in Gang gekommen ist. Und ich finde das sehr gut, dass wir uns so einem speziellen, komplexen Thema, was nicht so pauschal ist, nicht so populistisch sein kann, wo man auch nicht einfach sagt, einfach mehr Geld und dann geht es gut – wir wissen ja, hier geht es gar nicht mit mehr Geld gut –, dass wir uns dieses Themas annehmen.

Und wenn der Landtag heute den Antrag beschließt, hat das eine sehr positive Wirkung, und zwar eine positive Wirkung für die Akteure, die sich da jetzt zusammengesetzt haben, dass wir diese Sachen unterstützen, und eine positive Wirkung gegenüber den Kassen, dass die nicht sagen können, in M-V wird einfach so verschrieben und da explodiert alles, sondern dass die Kassen sehen, die Akteure nehmen dieses Thema in M-V ernst und die Politik richtet auch ihren Blick darauf und interessiert sich für dieses Thema. Deshalb finde ich, dass es ein wichtiges gesundheitspolitisches Thema ist, was heute der Zustimmung sehr würdig ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gajek.

(Heinz Müller, SPD: Ganz überraschend. Jetzt aber!)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht noch mal auf den Antrag eingehen. Herr Koplin hat dazu was gesagt und auch wir haben hier heute mehrfach gehört, dass Anträge der Opposition überflüssig sind. Ich denke, dass dieser Antrag...

(Vincent Kokert, CDU: Nicht jeder.)

Na ja.

(Vincent Kokert, CDU: Nicht jeder.)