Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Regierungserklärung zur Kommunalpolitik, Drucksache 6/1653.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn eine Fraktion, die größte Oppositionsfraktion, von der Regierung, namentlich von dem Ministerpräsidenten fordert, eine Regierungserklärung zu einem Thema abzugeben, dann kommt das nicht von ungefähr, dann hat das gute Gründe. Und einen solchen Antrag stellt man ja nicht jeden Tag.
Wenn wir uns erinnern, heißt es im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU, „wesentliche Fragen im Verhältnis zwischen dem Land und seinen Kommunen“ werden die Koalitionspartner in einem Zukunftsvertrag mit den Kommunen vereinbaren. Bekanntlich ist diese Ziffer bis heute nicht realisiert, Sie haben ja noch ein paar Jahre Zeit, aber es ist einfach um den Zukunftsvertrag still geworden. Aber Sie haben eins geschafft, meine Damen und Herren der Koalition, dieses Projekt wird nur noch allseits müde belächelt.
so verhalten Sie sich auch zu dem Zukunftsvertrag. Aber das ist ja nicht der Gegenstand der heutigen Debatte. Sie haben eine Sünde begangen, nämlich die Sünde der Unterlassung.
Die praktischen Folgen dieser Unterlassungssünde sind unübersehbar und unüberhörbar. Und darauf ist unser vorliegender Antrag gerichtet,
Und das betrifft ausdrücklich nicht allein und wohl auch nicht in erster Linie den Kommunalminister. Nein, meine Damen und Herren, unsere Landesverfassung spricht im Artikel 46 Absatz 1 eine deutlich andere Sprache: „Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Regierungspolitik und trägt dafür die Verantwortung.“ Wir fordern den Ministerpräsidenten auf: Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr! Kommunalpolitisch lässt diese Regierung derzeit auch öffentlich sichtbar jegliche Linie vermissen, von Richtlinien ganz zu schweigen.
Meine Damen und Herren, wer Kommunalpolitik ernst nimmt, der kann von dem derzeitigen Dilemma nicht wirklich überrascht sein. Es kam, wie es kommen musste. Die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern werden in dieser Legislaturperiode nach unserer Überzeugung zu den Verlierern im Land gehören. Erinnern wir uns an die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom Dezember 2011. Kommunalpolitik? Kein Arbeitsschwerpunkt dieser Landesregierung. Nein, sie ist ein Unterthema der Finanzpolitik.
Im Spätsommer 2012 darf der Innenminister – vom Regierungschef unwidersprochen – die kommunale Ebene als Reformbremse beschimpfen. Und diejenigen, die am 14. Januar in Greifswald beim Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten dabei waren, haben vergeblich auf das Wort „Kommune“, auf das Wort „Kreisgebietsreform“ und auf das Wort „Dank“ gewartet.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund musste sich für die Kommunen im Land zwangsläufig folgendes Bild des Ministerpräsidenten abzeichnen: bei Jubiläen der lichtüberflutete Sonnenkönig, im Alltag der scheue Nachtfalter, der sich lieber am Rande des Scheinwerferkegels tummelt, wenn die Probleme sichtbar werden. Sonnenkönig und Nachtfalter,
dieses Bild hat auch Bestand, wenn man die Kommunalbrille absetzt. Wir haben ja gestern und heute schon einige Themen hier durchdekliniert.
oder einer zielorientierten Landesregierung ausgegangen sein, dann wurde diese Frohnatur in den vergangenen zehn Wochen eines Besseren belehrt. Die Landkreise und die Kreisfreien Städte haben eben an diesem 14. Januar 2013 an die Landesregierung appelliert, dass es so nicht weitergehen kann. Und ich fand es sehr gut, dass sich die Landräte der CDU und der SPD mit Angelika Gramkow und Bärbel Syrbe solidarisiert haben und deutlich gemacht haben, dass die kommunale Familie zusammensteht im Verhältnis zur Landesregierung.
Auf diesen Druck hin signalisiert der Ministerpräsident Gesprächsbereitschaft, aber stellt sofort klar, mehr Geld kann es nicht geben, das hätten die Kommunen ja zur Genüge. Die Kommunen fordern vorbehaltlose Gespräche, denn sie haben den Eindruck, dass das Land das sinkende Boot längst verlassen hat. Dann berät der Koalitionsausschuss. Auf einmal kommen 100 Millionen, 100 Millionen für die Kommunen ans Tageslicht, wohl als Gegengeschenk für das Bildungspaket, die 50 Millionen, wobei der kommunale Rettungsfonds in Wirklichkeit ein Rettungsring für die Koalition ist. Wir erleben dann, wie die CDU-Fraktion unabgestimmt und öffentlich den tatsächlichen Bedarf auf 155 Millionen hochrechnen und sich nach einer schallenden Ohrfeige über
100 Millionen Euro uneingeschränkt freuen kann. In der Zeitung „Nordkurier“ konnte man lesen: „Szenen einer Nichtehe“.
Meine Damen und Herren der Koalition, dieses Szenario werden wir im Rahmen der Aussprache noch ein wenig lüften, das sind wir der Öffentlichkeit, die Sie offensichtlich getäuscht haben, ganz einfach schuldig. Herr Ministerpräsident, Herr Innenminister, Land und Kommunen, Landes- und Kommunalinteressen, Landes- und Kommunalfinanzen sind doch keine Schacherware, die Sie beide wie auf einem Basar verhökern können. Hier muss auch der Landtag deutlich „Stopp!“ sagen und Erklärungen einfordern. Als verantwortliche Landespolitik lässt sich Ihr Spiel nicht mehr deuten.
Meine Damen und Herren, meiner Fraktion sind auch gerade aus der Opposition heraus kommunale Probleme alles andere als egal. Das haben unsere Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker und auch ich immer wieder deutlich gemacht. Wenn Sie aber, Herr Ministerpräsident und Herr Innenminister, linke Mahnungen als Panikmache abtun, linke Aufforderungen als störend empfinden und linke Forderungen als überflüssig einstufen – das ist ja sowieso Stil dieser Koalition –, dann spricht das eben Bände über diese Koalition. Wenn nun aber ein CDUBürgermeister die Landesregierung mit dem vergreisten DDR-Apparat vergleicht, der nicht mehr wisse, was an der Basis geschieht, dann sieht das ganz anders aus. Dann habe ich diese praktische Erfahrung hinter mir, aber Sie, Sie haben ein handfestes Problem vor sich.
Meine Damen und Herren, das ist kein Anlass zur Häme, das ist besorgniserregend. Schlimmer noch – selbst dort, wo die Koalition im Lande aktiv wird, läuft sie ganz offensichtlich an den tatsächlichen Problemen vorbei oder hält Augen und Ohren tapfer geschlossen. Ich will drei Beispiele nennen.
Erstens. Externe Kabinettssitzung in den neuen Landkreisen. Eine fand ja statt, und zwar am 11. Dezem- ber 2012. Ich frage Sie: Mit welchem Ergebnis?
Zweitens. Die CDU lässt an mehreren Orten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ihre Sorgen vortragen – vollkommen in Ordnung, nein, das unterstütze ich, vollkommen in Ordnung, machen wir ja auch. Ich frage Sie …
Kann ich Ihnen sagen, vergangenes Jahr das erste Parlamentariertreffen der linken Parlamentarier, der linken Mitglieder in Gemeinde- und Stadtvertretungen und in Kreistagen hier in Mecklenburg-Vorpommern.
… bereist seit geraumer Zeit die kommunalen Ämter des Landes, finde ich auch gut. Ich frage Sie, Sie und auch Sie, Herr Innenminister: Mit welchem Ergebnis?
„In der Landesregierung fehlt jemand mit einem kommunalen Herzen“, das sagt die Landrätin in NordwestMecklenburg, Birgit Hesse. Und ich möchte mit Roman Herzog ergänzen: Durch diese Landesregierung muss ein kommunalpolitischer Ruck gehen, und zwar zügig und kräftig.
Meine Damen und Herren, im Ergebnis des Finanzgipfels in der Staatskanzlei werden sich drei Arbeitsgruppen mit kommunalen Problemstellungen befassen. Ich dachte immer, es sei klar, welche Probleme in den Kommunen existieren. Im Übrigen wurde vor allem das Gesprächsklima gewürdigt und ich darf den Vorsitzenden des Landkreistages Landrat Christiansen zitieren, Zitat: „Ein so gutes Gespräch haben wir seit Langem nicht auf dieser Ebene führen können.“ Nach anderthalb Jahren Koalition!