Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich zumindest für das Protokoll dann richtigstellen, dass die letzte Bildungsministerin der DDR, sie war es ja über Jahrzehnte, niemals die 6-Tage-Woche abgeschafft hat,

(Michael Andrejewski, NPD: Margot?)

sondern erst die Übergangsregierung im Dezember. Und das wurde dann offiziell,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ich wusste das ja auch nicht mehr genau, aber das war vor der Wiedervereinigung.)

das wurde dann offiziell am 2. Februar 1990.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Also vor der Wiedervereinigung.)

Da erinnern sich die wenigsten dran, aber es war einfach so. Am 2. Februar 1990 wurde diese „Verordnung über die 5-Tage-Unterrichtswoche an den allgemeinbildenden … Schulen“ und so weiter erst veröffentlicht und kam damit zur Umsetzung.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Mir war ja wichtig, deutlich zu machen: vor der Wiedervereinigung.)

Ich möchte auch zu Beginn meiner Ausführungen dem Minister danken, dass er hier sehr deutlich gemacht hat, und zwar anhand seines fachlichen Vortrages, warum dieser Antrag an dieser Stelle abzulehnen ist.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Nein, er hat deutlich gemacht, dass er in den Ausschuss überwiesen werden soll.)

Insofern gibt es dem im Prinzip nicht so viel hinzuzu- fügen.

Da die SPD nun dreimal betont hat, dass der Koalitionspartner CDU dafür verantwortlich ist, dass es nicht zur Überweisung gekommen ist, will ich zumindest einmal für die CDU hier sagen, dass wir uns auch im Vorfeld mit dem Ministerium abgestimmt haben. Und wenn ein Minis

terium empfiehlt, einen Antrag abzulehnen, dann folgen wir dem sehr gerne.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Renz, das stimmt nicht! Wir haben uns auch abgestimmt.)

Insofern gehört das dann zur Wahrheit mit dazu.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Renz, warum erzählen Sie hier die Unwahrheit? – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das könnt ihr auch später klären.)

Nun aber zum Antrag an sich oder zu den Anträgen, die uns hier vorliegen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Unverschämtheit!)

Für uns ist ganz klar, in der Bildungspolitik brauchen wir Ruhe und Verlässlichkeit. Ich will es an dieser Stelle deutlich sagen, insbesondere der Antrag der GRÜNEN trägt zu diesem Grundsatz nicht bei. Und wenn es so ist, dass das halbe Land Mecklenburg-Vorpommern oder vielleicht noch mehr so aufgebracht ist und die Situation sich so schwierig und so schlecht darstellt, dann frage ich mich schon, wo sind denn die öffentlichen Bekundungen dazu. Ich habe auch mal interessenhalber im Bericht des Bürgerbeauftragten nachgeschaut, der gestern hier zur Diskussion stand. Dieses Thema, was wir heute hier diskutieren, ist bei den Bürgern kein Thema.

Ich könnte die Frage an Herrn Dachner stellen, ob er mir Zuarbeiten leisten könnte, ob sie im Petitionsausschuss überhäuft werden von Petenten, sodass das ein Thema darstellt. Auch das ist mir nicht bekannt, und insofern kann man natürlich ein Thema zum Thema machen.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Was ich interessant fand in der Debatte beim Vortrag des Bildungsministers,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist immer komisch, ne?)

der hat den Luxus hier genossen,

(Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

er ist gar nicht auf den Antrag der GRÜNEN eingegangen. Das ist natürlich auch eine geschickte Variante. Kann man so machen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass man dann einen Haufen Lebenszeit spart.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Ich will es hier nicht ganz so handhaben, Frau Berger. Ich will Ihnen doch schon zwei, drei Dinge zu Ihrem Antrag sagen, auch wenn ich ihn für mehr als überflüssig halte.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Verschwende jetzt nicht unsere Zeit!)

Ich will Sie aber auch erinnern: Warum wurde in Deutschland das G 8 überhaupt eingeführt? Dafür gab es einen Grund. Ich glaube, Sie haben ihn vorhin sogar selbst gesagt. Oder war es Frau Seemann? Das weiß ich jetzt

nicht mehr genau. Es hing eben damit zusammen, dass wir im Vergleich in Europa mit unseren Studenten sehr spät in das Berufsleben einsteigen. Da war man sich länderübergreifend einig in Deutschland und hat gesagt, wir müssen was tun.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Das dreizehnjährige Abitur wurde insofern reformiert auf zwölf Jahre, auf das sogenannte G 8. Das war einfach der Einstieg. Und für mich ist es dann nachvollziehbar und auch menschlich, wenn in den alten Ländern oder in der alten Bundesrepublik – ich denke, das wissen Sie – von 1949 bis 1989, also 40 Jahre, das dreizehnjährige Abitur durchlaufen wurde. In der DDR war es nicht so.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ja, aber da hatten wir andere Bedingungen, Herr Renz. Da hatten wir die 6-Tage-Schulwoche.)

Bleiben Sie ganz ruhig, Frau Seemann! Bleiben Sie ganz ruhig!

Und wenn Sie sich dann hineinversetzen in die Psyche der Menschen dort in den alten Ländern … In den neuen Ländern war es ja immer relativ einfach, zu fordern, bestimmte Prozesse auch neu anzugehen, sich auf Veränderungen einzustellen. Jetzt haben wir dieses Problem eben auch mal in den alten Ländern. Inzwischen ist es nämlich so, es waren nicht nur 40 Jahre, sondern fast 50 Jahre hatten die sich an G 9 gewöhnt. So, und jetzt ist eine Umstellung auf G 8 vollzogen worden in allen Ländern, bis auf Rheinland-Pfalz. Nun haben natürlich Schüler Probleme, die transportieren sie möglicherweise in das Elternhaus. Und jetzt haben Sie die Elterngeneration, die nie etwas anderes gekannt hat. Die kämpfen jetzt plötzlich für eine Rückkehr, zumindest in großen Teilen, zum dreizehnjährigen Abitur.

Und was macht Politik in dem Moment in den alten Bundesländern? Die Politiker kriegen weiche Knie, weil sie Wahlen gewinnen wollen. Gerade in Hessen war das ein wesentlicher Punkt, warum Roland Koch damals dort einen riesigen Stimmenverlust erlitten hat, weil diese Generation wahlberechtigt ist und man Stimmung erzeugen kann, möglicherweise am Inhalt vorbei.

(allgemeine Unruhe)

Dieses Problem haben wir jetzt auch wieder in den alten Bundesländern. Es stehen Landtagswahlen zum Beispiel in Bayern an. Und Sie verfolgen sicherlich auch die Politik und bekommen mit, dass dort Wählergruppierungen auch Volksinitiativen starten. Und warum? Weil sie sich Stimmen an Land ziehen wollen, nichts anderes ist es. Und insofern dann umzukippen in der Politik, das muss jeder mit sich ausmachen. Wir werden in MecklenburgVorpommern hier nicht umkippen, wir werden ganz klar beim G 8 bleiben.

Und wenn wir dann solche Feldversuche empfohlen bekommen … In Nordrhein-Westfalen läuft übrigens auch einer. Die haben einen Untersuchungszeitraum von 2011 bis 2024, also dazu fällt mir nicht viel ein. Aber wenn die so viel Zeit haben, jetzt dreizehn Jahre lang alles zu untersuchen, dann sollen sie das halt dort machen. Und wenn Sie dann einen Wechsel von zwölf auf dreizehn Jahre haben, dann wieder auf zwölf und jetzt Versuche mit dreizehn fahren wollen, Frau Berger, bitte

schön – aber nicht in Mecklenburg-Vorpommern, das will ich ganz deutlich sagen.

Und auch noch eine spezielle Sache zu Ihrem Antrag. Wenn Sie konkret vorschlagen, die letzten zwei Jahre, diese 70 Stunden, die wir jetzt im Moment haben, auf drei Jahre zu verteilen, dann dividieren wir einfach mal 70 durch 3, dann kommen da 23,3 Stunden heraus, das durch die 5-Tage-Woche geteilt, haben wir ungefähr viereinhalb Stunden am Tag. Dann sind wir ungefähr bei dem Thema, was der Minister hier auch angesprochen hat: Wollen wir hier alles weichspülen? Soll Leistung überhaupt nicht mehr zählen? Und da sagen wir ganz klar: Klar, das Leistungsprinzip muss auch gelten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und wenn Sie die Studenten oder in diesem Fall die Abiturienten mit einer Viereinhalbtagewoche oder mit viereinhalb Stunden vorbereiten wollen auf das Berufsleben, auf eine spätere 40- oder 50-Stunden-Woche, dann, glaube ich, ist das der falsche Weg. Das ist nicht die Vorbereitung, die wir für unsere zukünftigen Fachkader dort benötigen.

(Udo Pastörs, NPD: Fachkader.)

Das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen.

Und ich will auch als Letztes zu Ihrem Antrag sagen, schauen Sie einfach nach Sachsen und Thüringen, wenn Sie unbedingt Vergleiche machen wollen. Sachsen und Thüringen waren die beiden Bundesländer, die nicht den Weg von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder Sachsen-Anhalt gegangen sind, dass sie zwischendurch gewechselt haben auf dreizehn Jahre. Nein, die haben von Anfang an, von 1990 bis heute, ein zwölfjähriges Abitur. Sie haben daran festgehalten. Dann schauen Sie sich die PISA-Ergebnisse an, da werden Sie Thüringen und Sachsen immer in der Spitzengruppe finden. Und wenn das da geklappt hat nach zwölf Jahren, warum soll es hier nicht klappen?

Insofern, denke ich, habe ich ausreichend Zeit auf- gebracht, um mich mit Ihrem Antrag auseinanderzu- setzen.

Wenn wir uns jetzt den Antrag der Fraktion DIE LINKE anschauen, dann gilt, ähnlich wie ich es eben bei den GRÜNEN gesagt habe, natürlich für mich auch das Prinzip „Ruhe und Verlässlichkeit im Bereich der Bildungspolitik“. Und, Frau Oldenburg, insbesondere, weil Sie diesen bildlichen Vergleich gefahren haben von einem Getriebe und von den einzelnen Zahnrädern, denke ich, Sie selbst machen es deutlich durch Ihr Agieren, durch Ihre Beispiele, die Sie aufbringen, dass Sie sich auch tatsächlich immer nur einzelne Zahnräder herauspicken. Das ist so.

Wenn Sie einfach mal sagen, wir wollen jetzt eine Sozialkundestunde zum Beispiel vorziehen in Klasse 7, dann müssen Sie auch im Zusammenhang, finde ich, erklären, wenn wir zurzeit in Klasse 8, 9 und 10 jeweils eine Sozialkundestunde haben,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Zwei. Da sind Sie falsch informiert, Herr Renz.)