Protokoll der Sitzung vom 04.09.2013

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig, Egbert.)

um die kaputte Infrastruktur, die kaputte Wirtschaft damals wieder in Gang zu bringen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das haben die anderen nämlich alle vergessen. – Jeannine Rösler, DIE LINKE: Welche Botschaft!)

Also es war absolut richtig, damals diese Schulden aufzunehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Jeannine Rösler, DIE LINKE)

Spätestens 2004, als die CDU in der Opposition war und den Landeshaushalt beklagt hat, gab es ein Umdenken in diesem Landtag,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Dank der CDU.)

dass wir solide Finanzpolitik brauchen.

(Rudolf Borchert, SPD: Egbert, 1996 gab es schon das Umdenken.)

Trotzdem wurde 2004 endgültig darauf umgestellt und seitdem, ab 2009, gibt es keine neuen Schulden. Ich glaube, dieser Weg, den wir hier beschreiten, ist ein richtiger und ein wichtiger –

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das bewegt die Menschen da draußen überhaupt nicht.)

keine neuen Schulden, trotzdem richtige Akzente setzen. Und ich glaube, dass dieser Haushalt erstmals mit wenig Luft schon richtige Ansätze hat. Wir werden an der einen oder anderen Stelle nachsteuern müssen, davon bin ich überzeugt, das haben wir immer so gemacht als Parlament, aber das kann man nicht vom grünen Tisch aus diktieren, sondern es muss in den Haushaltsberatungen erarbeitet werden.

(Beifall Tilo Gundlack, SPD: Sehr richtig.)

Da haben wir uns immer als Koalition an der richtigen Stelle bewegt und das werden wir auch in Zukunft machen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Fassade, Kulisse, mehr Schein als Sein –

(Udo Pastörs, NPD: Für Sie.)

für all diese Begriffe gibt es seit 200 Jahren ein Synonym: Potemkinsche Dörfer.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Nun möchte ich Ihnen nicht nachsagen – hören Sie einfach zu –,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

dass „Wie der Stahl gehärtet wurde“…

Einen Moment, Frau Oldenburg.

Herr Renz, es mag ja sein, dass Sie das Thema besonders interessiert, aber trotzdem beschränken Sie bitte Ihre Zwischenrufe auf möglichst kurze Statements.

Dass „Wie der Stahl gehärtet wurde“ und ein Potemkinsches Dorf nichts miteinander zu tun haben, das sollten Sie wissen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Nun möchte ich Ihnen nicht nachsagen, dass das 50Millionen-Paket nur Fassade ist. Es ist nicht ausschließlich eine bunt bemalte Kulisse, es ist wirklich nicht von Pappe. Allerdings fehlt diesem Paket ein wesentlicher Teil des Fundaments. Es mangelt Ihnen nämlich am Willen, eine zielgerichtete und beständige Bildungspolitik zu entwickeln. Es fehlt der Teil des Fundaments, auf dem erfolgreiche Schulen, erfolgreiches Lernen aufgebaut werden können. Es fehlt ein Konzept, das für die Schülerinnen und Schüler, die Eltern sowie die Lehrkräfte eine klare und definierte Richtung weist, der sie vertrauen können.

Mit dem 50-Millionen-Euro-Paket soll versucht werden, über die immensen Herausforderungen und Ungerechtigkeiten im Bildungssystem unseres Landes hinwegzutäuschen, sie schönzureden und hinter einer Kulisse die gravierenden Einschnitte an den Schulen sowie bei den Lehrkräften, die in den vergangenen Jahren erfolgten, zu verbergen. Ein Blick hinter die Fassade lässt erkennen, dass mit dem Schuljahr 2005/2006 die Arbeitszeit der Lehrkräfte an Gymnasien und beruflichen Schulen um zwei Stunden und bei Grundschullehrkräften um eine halbe Stunde wöchentlich bei gleichbleibendem Gehalt erhöht wurde.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Deswegen stehe ich hier, Herr Renz, weil es auch unter Rot-Rot eingeführt worden ist und es die Protokollnotiz gibt, „wenn es dem Land besser geht, wird diese Regelung sofort zurückgenommen“. Dem Land geht es besser und diese Regelung ist seitdem trotzdem nicht zurückgenommen worden.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Mit dieser,

(Tilo Gundlack, SPD: Guck an, jetzt geht es dem Land wieder besser.)

mit dieser einen Maßnahme kürzte die Landesregierung jährlich den Bildungshaushalt um mindestens 40 Millionen Euro. Und das 50-Millionen-Euro-Wunder beinhaltet für diesen Bereich keine einzige Änderung. Die Unterrichtsverpflichtung bleibt erhöht und damit spart das Land weiterhin 40 Millionen Euro jährlich.

Aber das ist noch längst nicht das Ende Ihrer Kreativität beim Sparen auf dem Rücken der Schulen. Der Putz bröckelt gewaltig, wenn man bedenkt, dass durch die Einführung der schülerbezogenen Stundenzuweisung

und deren nachträglicher Reduzierung sowie durch den Einsatz der Kontingentstundentafel die Förder- und Teilungsstunden erheblich reduziert wurden, und das mit der Regierungsbeteiligung der CDU, Herr Kokert. Und auch hier enthält das schick zurechtgemachte Päckchen keine Wiedergutmachung, sondern verringert sich um mindestens weitere 2 Millionen jährlich. Zusätzlich zu diesen Einsparungen kassiert die Landesregierung seit 2006 – Herr Kokert, mit Beginn Ihrer Regierungsbeteiligung – jährlich 15 Millionen an den beruflichen Schulen durch enorme Stundenreduzierungen, Anhebung der Klassengrößen und durch die Kürzungen in den Vollzeitbildungsgängen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Nicht hinnehmbar.)

Der Schein der Wohltaten trügt auch in diesem Bereich, denn die 50 Millionen sehen keine Änderung der Stundenzuweisung oder eine Erhöhung der Vollzeitbildungsgänge vor.

Der wahre Zustand des Bildungswesens wird ebenfalls verborgen. So negiert die Landesregierung die gravierenden Einschnitte für die Förderung von Kindern mit Teilleistungsschwächen und Förderbedarfen im gemeinsamen Unterricht. Hier sank die Zuweisung für den reinen Unterricht, die individuelle Förderung um mindestens zwei Drittel der Stunden. Momentan erhalten die Kinder, die im gemeinsamen Unterricht lernen, durchschnittlich 0,6 Stunden. Das sind 27 Minuten wöchentlich oder, wie in vielen Fällen geschehen, keine einzige Minute.

Um die minimalste mögliche Förderung von einer Stun- de wöchentlich pro Kind zu gewährleisten, befinden sich 7 Millionen im Päckchen. Zur Erinnerung: Vor vier Jahren betrug die Förderung bereits eine Stunde wöchentlich. Erst wurde gnadenlos auf Kosten des Bildungserfolgs der Mädchen und Jungen gekürzt, jetzt erreicht man lediglich den viel zu geringen Fördersatz von vor der Kürzung und feiert, was das Zeug hält. Das ist nichts weiter als eine notdürftige Reparatur innerhalb der Kürzung.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Regine Lück, DIE LINKE: Unredlich.)

Die Reduzierung im Bereich der Förderung von Schü- lerinnen und Schülern mit einer Lese-RechtschreibSchwäche erreicht in diesem Jahr ihren traurigen Höhepunkt und der knallbunte Anstrich des ehemaligen 50Millionen-Paketes verliert nochmals gewaltig an Farbe, denn zeitgleich zu seiner Verkündung, verweigert die oberste Schulbehörde mit diesem Schuljahr den Schülerinnen und Schülern ab der Jahrgangsstufe 7 gänzlich die LRS- und Dyskalkulieförderung. Wie viele Unterrichtsstunden und Lehrerstellen sparen Sie dadurch, Frau Polzin?

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren, eigentlich hätten Sie an dieser Stelle schon keinen Grund mehr, sich über Gebühr zu loben. Aber dass selbst die Fassade auf tönernen Füßen steht, beweist der Umstand, dass sich in Ihrer Gabe kein einziger Cent wiederfindet, der für den Ausbau von weiteren Schulen zu Ganztagsschulen gedacht ist, und das, obwohl es das erklärte Ziel der Koalition ist, möglichst viele Schulen zu Ganztagsschulen zu entwickeln.

Untreu werden Sie Ihren eigenen Versprechen, sehr geehrte Abgeordnete von CDU und SPD, in einem weiteren Bereich. Ich zitiere aus Ihrer Koalitionsvereinbarung, Ziffer 194: „Die Koalitionspartner wollen die Zahl von Schülerinnen und Schülern, die nicht mindestens die Berufsreife erwerben, deutlich reduzieren. Hierzu werden sowohl geeignete Maßnahmen im Schulsystem ergriffen als auch eine ‚Kultur der Zweiten Chance‘ entwickelt. Sie werden … dafür sorgen, dass alle Schulabschlüsse grundsätzlich kostenfrei nachgeholt werden...“ Ende des Zitats.

„Eine ‚Kultur der Zweiten Chance‘ entwickeln“ – es ist eine Farce, gerade vor diesem Hintergrund ein Schulab- brecherprogramm beerdigt zu haben!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Land finanziert keine Fortführung, sondern erhöht durch Ihr Handeln die Zahl jener Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, um mindestens 150 jährlich.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Durchstarten in Mecklenburg-Vorpommern!)