Protokoll der Sitzung vom 05.09.2013

werden die Zuschüsse an das Theater Vorpommern/ Greifswald um 600.000 Euro gekürzt. Was für ein Zufall!

(Vincent Kokert, CDU: So ein Quatsch!)

Beim ersten METRUM-Gutachten hat Herr Brodkorb allen Ernstes noch erklärt, wenn aus vier Theatern im Land zwei werden, dann wäre das ein künstlerischer Fortschritt. Schon allein diese Argumentationslinie ist fragwürdig und respektlos gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern im Land. Man mag überhaupt nicht glauben, dass so etwas aus dem Munde eines Kultusministers kommt.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Chaosminister.)

Die Expertinnen und Experten in den Anhörungen und auch die bundesdeutsche Realität haben bislang eines deutlich gemacht: Fusionen über so weite Strecken, wie hier vom Minister vorgeschlagen, können nicht funktionieren. Jedenfalls gibt es bisher kein einziges funktionierendes Beispiel in Deutschland.

(Vincent Kokert, CDU: Jetzt kommen wir zum Konzept der GRÜNEN.)

Trotzdem haben wir als Bündnisgrüne gesagt, Herr Kokert, genau dazu kommen wir jetzt,

(Vincent Kokert, CDU: Wir stopfen mehr Geld rein, kann nicht die Grundlage sein.)

es kann nicht falsch sein, die Machbarkeit von Fusionen als eine von mehreren Optionen zu prüfen, und zwar ergebnisoffen.

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

Eine solche Prüfung wurde immer als zweiter Schritt angekündigt, ist aber tatsächlich bisher nicht erfolgt, und wir haben große Zweifel, dass das jemals geschehen wird. Stattdessen hat die METRUM Management GmbH ein Konzept für den, Zitat, „westlichen Landesteil“ vorgelegt, das die künstlerischen Auswirkungen für Schwerin, Rostock, Parchim, Wismar und Güstrow überhaupt nicht prüft, selbst die finanziellen Folgen nicht, denn für den Minister besteht der westliche Landesteil anscheinend lediglich aus Schwerin und Parchim. So richtig überzeugt ist die Landesregierung wohl von ihrem Gutachten selbst nicht, denn es wurde der Öffentlichkeit bislang vorent- halten.

Wie ist das Beratungsunternehmen überhaupt vorgegangen? Ich stelle mir das so vor: Die Berater haben gesagt, wir suchen uns zwölf deutsche Theater, egal wo, irgendwelche Theater, die weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als das Mecklenburgische Staatstheater haben, dann nehmen wir davon den Durchschnitt und weisen

damit nach, dass Schwerin mit circa 30 Mitarbeitern weniger auskommen muss.

(Tilo Gundlack, SPD: Sie erzählen einen Blödsinn da vorne!)

Sie merken, das Mecklenburgische Staatstheater selbst wurde dabei gar nicht angesehen, es wurde nur gerechnet. METRUM hat vier Kriterien benannt, nach denen die zwölf Vergleichstheater eigentlich hätten ausgewählt werden sollen, woran sich die METRUM GmbH aber selbst nicht gehalten hat, denn das Erstaunliche ist, die ausgewählten Theater entsprechen den von METRUM selbst aufgestellten Kriterien in keiner Weise. Ich will Ihnen einige Beispiele nennen.

Die erste Bedingung war, die Theater sollen in ähnlich großen Städten liegen. Verglichen wird Schwerin mit dem Theater in Meiningen. Meiningen ist eine Stadt mit 20.000 Einwohnern.

Zweites Beispiel: Das Mecklenburgische Staatstheater sollte mit Vierspartentheatern verglichen werden, tatsächlich wird es aber verglichen mit Dreispartentheatern in Aachen und Münster.

Die dritte Bedingung war, die Theater sollen ähnlich strukturiert sein wie das Mecklenburgische Staatstheater, jedoch wird das Mecklenburgische Staatstheater verglichen mit dem Landestheater Detmold sowie mit Altenburg und Gera, die jedoch anders funktionieren, weil sie nämlich mehrere Städte bespielen.

Die vierte Bedingung war, die Theater sollen wie Schwerin nicht in der Nähe von Metropolen liegen. Verglichen wird Schwerin hier aber mit dem Theater Hildesheim, das in unmittelbarer Nähe vom Staatstheater Hannover liegt, im Übrigen ein Theater mit 900 Mitarbeitern. Die Entfernung zwischen Hannover und Hildesheim ist übrigens geringer als die zwischen Schwerin und Parchim.

Meine Damen und Herren, das sind keine Ausnahmen. Tatsächlich gibt es von den zwölf Vergleichstheatern nicht ein einziges, nicht ein einziges, das auch nur im Entferntesten den Kriterien entspricht, die die METRUM Management GmbH sich selbst auf die Fahnen geschrieben hat.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: So ein Schwachsinn wird mit öffentlichem Geld finanziert.)

Aus unserer Sicht sprechen die Zahlen der Theaterstatistik, wenn man sie seriös anschaut, nämlich eine ganz andere Sprache.

(Tilo Gundlack, SPD: Aus Ihrer Sicht, das stimmt, ja.)

Wenn man von den Bedingungen von METRUM Managementberatung ausgeht, haben alle wirklich vergleichbaren Theater mehr Personal als das in Schwerin. Schwerin liegt exakt im Durchschnitt aller deutschen Vierspartentheater und es gibt bundesweit kein einziges Staatstheater, das weniger Personal hat als das in Schwerin. Jedoch – auf Basis einer völlig unseriösen Datengrundlage trifft diese Landesregierung ihre Entscheidungen und dafür gibt sie noch sehr viel Geld aus, denn das Gutachten hat 60.000 Euro gekostet.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Durch den Schornstein.)

Und wieder ist die Botschaft: Mit 30 Personen weniger kann locker die gleiche künstlerische Leistung erbracht werden.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Inzwischen wissen wir, dass die vorgeschlagenen Stelleneinsparungen zum Teil schon alleine rechtlich gar nicht möglich sind. Aber die Auswirkungen hat die Beratungsfirma selbst überhaupt gar nicht geprüft.

Meine Damen und Herren, auf diese Weise kann man keinen Dialog führen. Das ist einfach respektlos gegenüber allen Beteiligten.

(Torsten Renz, CDU: Dazu machen wir ja jetzt eine Anhörung.)

Respektlos ist auch, ständig von der Sanierung der Theater zu sprechen. Theater und Orchester müssen natürlich wirtschaftlich arbeiten, aber sie sind keine Werft und kein Supermarkt. Die Kostensteigerungen können niemals durch zusätzliche Eintrittseinnahmen generiert werden. Der Begriff „Sanierung“ unterstellt Misswirtschaft. Die Misswirtschaft aber liegt hier nicht aufseiten der Theater, sondern allein aufseiten des Landes, denn das hat seit 1994 seine Förderung nicht erhöht, und der Zuschuss ist durch die Inflation 9 Millionen Euro weniger wert als noch vor 20 Jahren. Im gleichen Zeitraum – nur mal zum Vergleich – haben sich die Ausgaben der Staatskanzlei im Übrigen verdoppelt. Selbst die Kosten des Landesrechnungshofes, der ja ein Wächter über die Finanzen ist, stiegen immerhin noch um 50 Prozent.

(Torsten Renz, CDU: Was sind die, Wächter? Das Finanzministerium ist doch der Wächter.)

Also erwecken Sie nicht den Eindruck, die Theater und Orchester hätten Schuld an dieser Situation! Seit 1991 hat ausnahmslos jeder Standort fast die Hälfte seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren, aber die Einwohnerzahl unseres Landes hat sich zum Glück in dieser Zeit nicht halbiert.

Wenn jetzt die Landesregierung zu dem Entschluss kommen würde, wir können uns Kultur nicht mehr leisten, dann soll sie es sagen, aber sie soll nicht so tun, als würde am Ende dieses ganzen unsäglichen Prozesses auch noch ein besseres kulturelles Angebot herauskommen!

Und, Herr Minister Caffier, wenn Sie sagen, dass …

(Zuruf aus dem Plenum: Nee, nee, Herr Brodkorb war das.)

Nein, Herr Minister Caffier hat in seiner Rede eben gesagt, auch wörtlich als Innenminister, dass er im Sinne der Interessen der Kulturschaffenden handelt, dann muss ich konstatieren: Sie haben anscheinend schon lange mit keinem Kulturschaffenden mehr geredet.

(Minister Harry Glawe: Das ist einfach nur eine Unterstellung, mehr ist das nicht.)

Wir meinen, es ist ein guter Vorschlag, an dieser Stelle den Reset-Knopf zu drücken, von vorne anzufangen und

noch einmal mit allen Beteiligten das Gespräch zu suchen, und zwar ohne Druck und ohne Erpressung – ohne Machtdemonstration.

(allgemeine Unruhe)

Das ist zweifellos ein schwieriger Prozess. Schon die Frage, was in diesem Zusammenhang eigentlich Gleichberechtigung heißt, ist zu klären. Aber wir denken, die Theater und Orchester des Landes sind dieser Mühe wert, und stimmen daher dem Antrag der Linksfraktion gerne zu.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich fange gleich mal mit Ihnen an, Frau Berger.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Huh, ich zittere.)

Wir haben nun 15 oder 10 Minuten lang gehört, was alles nicht geht. Das haben Sie in vielen, vielen Punkten aufgeführt. Was mir leider auffällt ist, Sie haben nicht gesagt, was geht. Ganz zum Schluss kam noch was: Wir können den Reset-Knopf drücken.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist schon mal gut.)

Ich weiß zwar nicht, wie das irgendwem weiterhilft, wenn wir jetzt anfangen, einen Reset-Knopf zu drücken und die Diskussion auf Anfang stellen. Ich weiß auch nicht, auf welchen Anfang, vielleicht auf den von 1994, von 2002 oder wann auch immer. Vielleicht drücken Sie mal bei sich den Reset-Knopf. Wir können ja noch mal dahin zurückgehen. Ich kann das alles zusammenfassen, was Sie gesagt haben, Frau Berger, und dann führt das am Ende nur dahin, dass wir deutlich mehr Geld geben sollen als Land.