(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Und was ist mit der Müritz Sail?)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich brauche ich nicht mehr viel zu sagen, weil die Finanzministerin schon alles Wichtige erwähnt hat.
Das hätte ich mir auch nicht vorstellen können, aber es ist ja fast so. Jetzt nur noch einige Ergänzungen.
Also bei allem Respekt, aber der vorliegende Antrag der Koalition ist wieder einmal von der ganz kuriosen Art.
Ich habe mal überschlagartig ausgerechnet, welche fiskalpolitische Relevanz dieser Antrag überhaupt hat,
Unter dem Strich geht es hier insgesamt um etwa 20.000 Euro tatsächliche Steuererleichterung für insgesamt etwa 20 Unternehmen pro Jahr.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Respekt, da haben Sie sich ja mal wieder ein ganz großes Problem an Land geangelt und einem ganz großen Problem gewidmet.
Dass 20.000 Schüler noch nicht mal ihre Kosten für die Schülerbeförderung bekommen, das scheint Ihnen nicht ganz so wichtig zu sein, aber darüber wollen wir nicht diskutieren.
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Torsten Koplin, DIE LINKE)
Der vorliegende Antrag ist jedoch nicht nur kurios, sondern leider auch absurd. Es ist nämlich einfach Unfug, wenn die CDU hier behauptet, Oktoberfest und Hanse Sail würden ungleich behandelt. Nein, sie werden überhaupt nicht ungleich behandelt. Wenn ein Unternehmer mit seinen Geschäftspartnern oder Mitarbeitern auf der Hanse Sail in ein Bierzelt oder in eines der vielen Lokale im Stadthafen oder in Warnemünde einkehrt,
dann kann er diese Kosten selbstverständlich von der Steuer absetzen, und das machen auch sehr viele.
Das ist aber bei der Hanse Sail genauso wie auf dem Oktoberfest. Und wenn auf dem Oktoberfest dagegen ein
Unternehmer mit seinen Geschäftspartnern in ein Luftschiff steigen würde, also zum Beispiel in einen Zeppelin oder einen Heißluftballon, um das Oktoberfest von oben beobachten zu können, dann kann er diese Kosten ebenso wenig in seiner Steuererklärung geltend machen, wie wenn ein Unternehmer bei der Hanse Sail auf ein Schiff steigt.
Es ist also absoluter Unfug, wenn hier behauptet wird, dass Oktoberfest und Hanse Sail steuerrechtlich ungleich behandelt würden.
Und der Gesetzgeber hat sich dabei auch etwas gedacht. Das kann man gut in dem sehr schlüssigen Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem August 2012 nachlesen. Ich zitiere: „Das Abzugsverbot wurde geschaffen, weil der Gesetzgeber die genannten Ausgaben ,ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation‘ ansah und ,im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens‘ den Aufwand ,nicht länger durch den Ab- zug … vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt‘ wissen wollte“. Zitatende.
Und genauso sollten wir es in Zukunft auch weiterhin halten. Unverhältnismäßig hohe Repräsentationskosten von Unternehmen dürfen auch weiterhin nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. An diesen ordnungspolitischen Leitsatz sollten wir uns alle halten. Im Übrigen würde die Abgrenzung zwischen abzugsfähigen Leistungen und nicht abzugsfähigen Leistungen immer mehr verwässert. Irgendwann wollen wir alle alles absetzen können, ich glaube, das ist nicht die richtige Richtung.
Der normale Bürger kann seine Fahrkarte für den Schiffsausflug mit seiner Familie auf der Hanse Sail auch nicht von der Steuer absetzen,
aber der gleiche einfache Bürger soll in Zukunft nach dem vorliegenden Antrag von CDU und SPD die feuchtfröhliche Ausfahrt mitbezahlen, und im Übrigen könnten sich die meisten Unternehmen in Mecklenburg-Vorpom- mern trotz steuerlicher Vergünstigungen eine solche opulente Ausfahrt gar nicht leisten. Also wen unterstützen Sie hier eigentlich? Doch nur eine kleine Anzahl sehr reicher Firmen, und da sage ich Ihnen, eine solche unverhältnismäßige Bevorteilung reicher Unternehmen auf Kosten der Steuerzahler ist mit uns nicht zu machen.
Als fadenscheiniges Argument für die Förderung einiger weniger reicher Unternehmen schiebt die Koalition auch noch allen Ernstes die Förderung von Traditionsschiffen vor.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Es geht doch gar nicht um die Unternehmen, es geht um die Traditionssegler.)
Wenn Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, etwas für die Traditionsschiffe machen wollen, dann fördern Sie diese doch bitte direkt
und nicht über den sehr ineffizienten Weg der steuerlichen Begünstigung von Geschäftsessen während der einmal jährlich stattfindenden Hanse Sail.
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)
Oder setzen Sie sich doch bitte beim Bund für die Vereinfachung der Betriebsgenehmigungen von Traditionsschiffen ein. Das Greifswalder Traditionsschiff „Lovis“ konnte wegen der erschwerten Genehmigung der Betriebserlaubnis ein halbes Jahr lang überhaupt keine Ausfahrten mehr unternehmen.
Hier hätte ich mir die Unterstützung von SPD und CDU für die Traditionsschiffe wirklich gewünscht, aber wir haben nichts erfahren.
Es ist zudem absurd, wenn sich die CDU auf den sogenannten VIP-Logen-Erlass des Bundesfinanzministeriums beruft. Hier kann man ebenfalls im Urteil des Bundesfinanzhofes – und Frau Rösler hat es schon erklärt – vom 2. August unmissverständlich nachlesen, warum dieser Erlass nicht auf die Kieler Woche und nicht auf die Hanse Sail anwendbar ist. Demnach erhält ein Unternehmer bei Anmietung einer VIP-Lounge vom Veranstalter des sportlichen Ereignisses ein ganzes Leistungspaket,
das neben dem eigentlichen Besuch zusätzliche Bestandteile wie Werbung und Bewirtung enthält. Beim VIPLogen-Erlass im Fußball geht es also um Sponsoring aus einer Hand und nicht etwa um moderne Gastronomieschiffe, die davon profitieren wollen,
dass unabhängig von ihrem eigenen Zutun hübsch anzusehende Traditionsschiffe im Hafen liegen. Verstehen Sie das?
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Stefanie Drese, SPD: Ja, ja, verstehen wir. – Dietmar Eifler, CDU: Traditionssegler!)