Ich werde zum 1. Januar mein neues Amt als Bürgermeisterin der Stadt Wittenburg antreten und habe folglich bis zum Dezember hin die Möglichkeit, zu Anträgen hier im Parlament zu reden.
Und auch wenn Sie Vizepräsidentin des Landtages sind, die Entscheidung, wann ich rede, treffe ich mit meiner Fraktion gemeinsam.
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das können Sie auch gerne. – Heinz Müller, SPD: Wir danken für die Güte, dass Sie das erlauben, Frau Gajek.)
Doch zum Antrag zurück: Zunächst möchte ich mich im Namen der SPD-Landtagsfraktion bei allen in der Pflege Beschäftigten bedanken für ihren Dienst, den sie 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr für die Pflegebedürftigen leisten.
Ich weiß nicht nur als Betreuerin meines schwerkranken Vaters, sondern auch aus meinen vielen Besuchen in Senioreneinrichtungen sowie Pflege- und Fördereinrichtungen, mit welchem Engagement die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit leisten.
Und unbestritten – das hat auch der Minister gesagt – haben wir heute schon in der Pflege einen Fachkräftemangel.
Dieser Mangel betrifft Pflege- und Fördereinrichtungen ebenso – darauf ist nämlich vorhin gar keiner eingegangen – wie die im Antrag thematisierten Senioreneinrichtungen.
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wissen Sie, wie oft wir dazu schon gesprochen haben, Frau Dr. Seemann?)
Aber der vorliegende Antrag greift das Grundproblem des Fachkräftemangels nicht auf. Deswegen haben wir hier genau auch eine Enquetekommission. Und deswegen kann man nämlich auch nicht mit einem Einzelantrag Ihrem Grundproblem nachkommen.
Das Grundproblem ist nämlich nicht der Mangel an Ausbildungskapazitäten – darauf komme ich gleich noch einmal –,
Dass nicht genügend Schülerinnen und Schüler eine Ausbildung in diesen Bereichen beginnen, hängt nicht davon ab, wie viele der Ausbildungskapazitäten an beruflichen Schulen in freier Trägerschaft oder an öffentlichen Schulen in unserem Land angeboten werden,
sondern liegt vor allem daran, dass die Entlohnung in keinem Verhältnis zur Belastung und Verantwortung der Pflegefachkräfte steht.
Der Arbeitsalltag der Pflegefachkräfte ist durch Schicht-, Wochenend- und Feiertagsdienste geprägt. Die Erhöhung der Anforderungen an die Dokumentation
führte in den vergangenen Jahren zu einer derartigen Arbeitsverdichtung, dass nicht selten mehr Pflege an den Menschen
Fachkräfte im Pflegedienst machen vielfach den Spagat zwischen der zur Verfügung stehenden Zeit und ihrem Verständnis von Pflege. Für menschliche Zuwendung bleibt häufig keine Zeit. An diesen Problemen muss auf Bundesebene mit einer wirklichen Pflegereform, wie wir sie seit Langem fordern, gearbeitet werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Punkt I des Antrages wird die Feststellung getroffen, dass, ich zitiere, „es in Mecklenburg-Vorpommern einen Mangel an kostenfreien Ausbildungsplätzen für die Erstausbildung zur Pflegefachkraft für Altenpflege gibt“, Zitatende. Diese pauschale Feststellung für Mecklenburg-Vorpommern ist, wie Minister Brodkorb dargestellt hat, Frau Gajek, bei Betrachtung der konkreten Zahlen falsch.
Wir brauchen bundesweit zwar mehr Fachkräfte, dennoch haben wir keinen Mangel an kostenlosen Ausbildungsplätzen an öffentlichen beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern. Das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Das scheinen Sie nicht zu verstehen.
Denn vermutlich aufgrund der unattraktiven Arbeits- und Entlohnungsbedingungen gibt es offensichtlich auch zu wenige Bewerberinnen und Bewerber, die für die Altenpflegeausbildung geeignet und an ihr interessiert sind.
Und dafür spricht, Frau Gajek, dass derzeit von den 120 Plätzen an öffentlichen beruflichen Schulen nur 104 Plätze besetzt sind.
Dass dies so ist, kann natürlich regionale und persönliche Gründe haben. Aber wenn 16 von 120 Plätzen nicht besetzt sind, dann liegt die Auslastung nur bei unter 90 Prozent.
Im Übrigen sind die dort festgelegten Kapazitäten nur Planungsgrößen, denn nach Paragraf 3 Berufsschulverordnung Mecklenburg-Vorpommern hat jeder Auszubildende mit Ausbildungsvertrag auch einen Aufnahmeanspruch in die örtlich zuständige Berufsschule in öffentlicher Trägerschaft.
Das heißt, wenn mehr Ausbildungsverträge geschlossen werden, können auch mehr Schüler an die beruflichen Schulen gehen. Das ist ein Automatismus.