Protokoll der Sitzung vom 11.10.2013

Liebe Frau Kollegin Gajek, wann ich meine letzte Rede hier im Parlament halte, das entscheide ich.

(Beifall Martina Tegtmeier, SPD – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ist gut.)

Ich werde zum 1. Januar mein neues Amt als Bürgermeisterin der Stadt Wittenburg antreten und habe folglich bis zum Dezember hin die Möglichkeit, zu Anträgen hier im Parlament zu reden.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und auch wenn Sie Vizepräsidentin des Landtages sind, die Entscheidung, wann ich rede, treffe ich mit meiner Fraktion gemeinsam.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das können Sie auch gerne. – Heinz Müller, SPD: Wir danken für die Güte, dass Sie das erlauben, Frau Gajek.)

Doch zum Antrag zurück: Zunächst möchte ich mich im Namen der SPD-Landtagsfraktion bei allen in der Pflege Beschäftigten bedanken für ihren Dienst, den sie 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr für die Pflegebedürftigen leisten.

(Stefan Köster, NPD: Das ist heuchlerisch, was Sie hier sagen.)

Ich weiß nicht nur als Betreuerin meines schwerkranken Vaters, sondern auch aus meinen vielen Besuchen in Senioreneinrichtungen sowie Pflege- und Fördereinrichtungen, mit welchem Engagement die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit leisten.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das bezweifelt doch gar keiner.)

Und unbestritten – das hat auch der Minister gesagt – haben wir heute schon in der Pflege einen Fachkräftemangel.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Dieser Mangel betrifft Pflege- und Fördereinrichtungen ebenso – darauf ist nämlich vorhin gar keiner eingegangen – wie die im Antrag thematisierten Senioreneinrichtungen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wissen Sie, wie oft wir dazu schon gesprochen haben, Frau Dr. Seemann?)

Aber der vorliegende Antrag greift das Grundproblem des Fachkräftemangels nicht auf. Deswegen haben wir hier genau auch eine Enquetekommission. Und deswegen kann man nämlich auch nicht mit einem Einzelantrag Ihrem Grundproblem nachkommen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch nicht der erste Antrag, der gestellt wird.)

Das Grundproblem ist nämlich nicht der Mangel an Ausbildungskapazitäten – darauf komme ich gleich noch einmal –,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, das ist auch die Bezahlung.)

sondern es sind von der Krankenpflege bis zur Altenpflege in erste Linie die Arbeitsbedingungen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, die Attraktivität dieses Berufes.)

Dass nicht genügend Schülerinnen und Schüler eine Ausbildung in diesen Bereichen beginnen, hängt nicht davon ab, wie viele der Ausbildungskapazitäten an beruflichen Schulen in freier Trägerschaft oder an öffentlichen Schulen in unserem Land angeboten werden,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es fehlt doch die Transparenz und die Akzeptanz.)

sondern liegt vor allem daran, dass die Entlohnung in keinem Verhältnis zur Belastung und Verantwortung der Pflegefachkräfte steht.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, na dann tun Sie doch was!)

Der Arbeitsalltag der Pflegefachkräfte ist durch Schicht-, Wochenend- und Feiertagsdienste geprägt. Die Erhöhung der Anforderungen an die Dokumentation

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist immer nur Gerede.)

führte in den vergangenen Jahren zu einer derartigen Arbeitsverdichtung, dass nicht selten mehr Pflege an den Menschen

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Mann, Mann, Mann!)

als eine Pflege mit den pflegebedürftigen Menschen erfolgen kann.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und was tun Sie dagegen? – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Fachkräfte im Pflegedienst machen vielfach den Spagat zwischen der zur Verfügung stehenden Zeit und ihrem Verständnis von Pflege. Für menschliche Zuwendung bleibt häufig keine Zeit. An diesen Problemen muss auf Bundesebene mit einer wirklichen Pflegereform, wie wir sie seit Langem fordern, gearbeitet werden.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Punkt I des Antrages wird die Feststellung getroffen, dass, ich zitiere, „es in Mecklenburg-Vorpommern einen Mangel an kostenfreien Ausbildungsplätzen für die Erstausbildung zur Pflegefachkraft für Altenpflege gibt“, Zitatende. Diese pauschale Feststellung für Mecklenburg-Vorpommern ist, wie Minister Brodkorb dargestellt hat, Frau Gajek, bei Betrachtung der konkreten Zahlen falsch.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nein!)

Wir brauchen bundesweit zwar mehr Fachkräfte, dennoch haben wir keinen Mangel an kostenlosen Ausbildungsplätzen an öffentlichen beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern. Das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Das scheinen Sie nicht zu verstehen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach ja? Ach doch, wir verstehen das schon.)

Das hört sich vielleicht widersprüchlich an, ist es aber nicht.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ach nein?!)

Denn vermutlich aufgrund der unattraktiven Arbeits- und Entlohnungsbedingungen gibt es offensichtlich auch zu wenige Bewerberinnen und Bewerber, die für die Altenpflegeausbildung geeignet und an ihr interessiert sind.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Warum kommen denn jedes Mal die Anträge wieder?)

Und dafür spricht, Frau Gajek, dass derzeit von den 120 Plätzen an öffentlichen beruflichen Schulen nur 104 Plätze besetzt sind.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass dies so ist, kann natürlich regionale und persönliche Gründe haben. Aber wenn 16 von 120 Plätzen nicht besetzt sind, dann liegt die Auslastung nur bei unter 90 Prozent.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da muss man mal fragen, warum das so ist.)

Es wären also noch Plätze vorhanden, um entsprechende Nachfrage abzudecken.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es sind da noch Plätze vorhanden.)

Die Nachfrage ist aber derzeit leider nicht da. Und die Gründe habe ich Ihnen vorhin benannt.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen sind die dort festgelegten Kapazitäten nur Planungsgrößen, denn nach Paragraf 3 Berufsschulverordnung Mecklenburg-Vorpommern hat jeder Auszubildende mit Ausbildungsvertrag auch einen Aufnahmeanspruch in die örtlich zuständige Berufsschule in öffentlicher Trägerschaft.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um Regionalität.)

Das heißt, wenn mehr Ausbildungsverträge geschlossen werden, können auch mehr Schüler an die beruflichen Schulen gehen. Das ist ein Automatismus.