(Der Abgeordnete Peter Ritter spricht bei abgeschaltetem Mikrofon. – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Mikro! Mikro!)
Auf der letzten Sitzung des Landtages, als wir uns in einer Aussprache mit dem Thema befassten, habe ich schon deutlich gemacht, dass allein diese Aussprache für meine Fraktion nicht ausreichend sein kann, dass wir bei einer einmaligen Debatte nicht stehenbleiben dürfen, sondern über diese Frage weiter diskutieren müssen, dass wir aufklären müssen und vor allen Dingen die Öffentlichkeit informieren müssen, um die notwendigen Schlussfolgerungen für die künftige Politik ziehen zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor etwa einem Monat wurde aufgedeckt, was niemand in dieser Form bislang für möglich gehalten hatte. Die rechtsextremistischterroristische Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“
ist über viele Jahre hinweg mordend durch das Land gezogen und hat eine blutige Spur der Menschenverachtung und unfassbares Leid von Nürnberg bis Rostock hinterlassen. Mitmenschen ausländischer Herkunft wurden systematisch ermordet, auch eine Polizistin fiel der Terrorgruppe zum Opfer.
Und es gibt noch immer viele Fragen. Auch der Innenminister unseres Landes stellt solche Fragen, zum Beispiel, ich zitiere ihn: „Warum die Verdächtigen und die jetzt erkennbaren Tatzusammenhänge nicht früher festgestellt
Ja, es stellt sich die Frage: Wie konnten die Serienmorde und die Täterin und Täter mehr als ein Jahrzehnt unentdeckt bleiben? Wie kann es sein, dass eine Reihe von Morden, die gezielt auf ausländische Mitmenschen ausgeübt wurden, nicht genauer auf den Verdacht einer rechtsextremistisch motivierten Straftat hin untersucht worden sind? Warum wurden die Straftaten nicht bis zum Ende verfolgt, obwohl teilweise konkrete Hinweise vorlagen? Warum ist das alles erst jetzt an das Licht der Öffentlichkeit gekommen und welche Rolle spielt in dieser Tragödie der Verfassungsschutz, der die ganzen Jahre über seine V-Leute in der Szene hatte?
Heute ist im Pressespiegel zu lesen, ich zitiere: „Der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, hat in ungewöhnlich deutlichen Worten das Versagen der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit den Morden des ‚Nationalsozialistischen Untergrunds‘ … eingeräumt.“ Fromm wörtlich: „,Wir haben die Dimension ihres Hasses ebenso unterschätzt wie ihren Willen zur Tat … Dabei hätte man es durchaus besser wissen können.‘“ Er verweist auf die rechtsextremistischen Gewalt- taten Anfang der 90er-Jahre. „Als Beispiele“, heißt es weiter, „nannte Fromm die pogromartigen Übergriffe in Hoyerswerda und Rostock sowie die Morde von Mölln und Solingen, aber auch die Öffnung der NPD für Neonazis von der Straße...“ Soweit der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anzahl der Opfer rechtsextremer Gewalt steigt seit Jahren. Wir beklagen seit der Wiedervereinigung 1990 über 139 Opfer. Mit dem Aufdecken des Terrornetzwerkes vor wenigen Wochen
dürfte nun jedem klar sein, außer den Herren von der NPD, welche unmittelbare Bedrohung durch den Rechtsextremismus für unsere demokratische Gesellschaft besteht. Es wird nun allzu deutlich, welche Folgen das jahrelange Verharmlosen des Rechtsextremismus hat.
Die Ausmaße zeigen, wohin es führt, wenn die Präventionsarbeit vernachlässigt wird, wenn der Rotstift angesetzt wird in Bereichen wie Bildung und Kultur sowie Kinder- und Jugendarbeit. Der Preis, der am Ende für das Wiederherstellen des gesellschaftlichen Gleichgewichts zu zahlen ist, übersteigt die anfänglichen Investitionskosten um ein Vielfaches. Der Rechtsextremismus wurde vor allem bundespolitisch, nicht so sehr hier bei uns im Land, viel zu lange unterschätzt und kleingeredet.
Deshalb ist es höchste Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, Konsequenzen zu ziehen. Wir müssen alles dafür tun, um die Morde und weitere Straftaten des Terrornetzwerkes lückenlos aufzuklären, und zwar öffentlich
Auch Generalbundesanwalt Range bittet öffentlich um Mithilfe. „Range setzt weiter“, heißt es auch heute im Pressespiegel, „auf die Hilfe der Bevölkerung. Bislang seien 569 Hinweise eingegangen.“ Wie aber soll die Bevölkerung in diesen Prozess einbezogen werden, wenn sie über die Aufklärungsergebnisse der Behörden nicht umfassend unterrichtet wird? Also zwingend notwendig ist öffentliche Aufklärung.
Wir fordern die Landesregierung daher auf, die Aktivitäten der mit dem Terrornetzwerk „Nationalsozialistischer Untergrund“ in Zusammenhang zu bringenden Vereine, Organisationen und Strukturen in Mecklenburg-Vor- pommern zu ermitteln und den Landtag und damit das Land Mecklenburg-Vorpommern öffentlich zu informieren. Auch die Zusammenhänge hinsichtlich möglicher Versäumnisse des Verfassungsschutzes in Verbindung mit den Straftaten des Terrornetzwerkes müssen aufgeklärt werden. Wir brauchen alle Fakten, und zwar öffentlich, um aufklären und erfolgreich agieren zu können und vor allen Dingen, um Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Die Bundestagsfraktionen haben am 22. November 2011 einstimmig eine Entschließung zur Debatte über die Mordserie der Neonazibande und die Arbeit der Sicherheitsbehörden verabschiedet. Drei Tage später folgte die Entschließung des Bundesrates zur Verurteilung der Mordserie und zur Arbeit der Sicherheitsbehörden. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern möge heute erklären, die Resolution zu unterstützen.
Wir trauern um die Opfer und fühlen mit den Angehörigen. Unter den Opfern des Terrornetzwerkes ist auch Yunus Turgut, der in Rostock lebte und dort kaltblütig ermordet wurde. Es ist eine Schande, dass Nationalsozialisten in Deutschland wieder ihr Unwesen treiben und solch eine unfassbare Mordserie jahrelang unentdeckt bleiben konnte.
Was sich aber in aller Deutlichkeit zeigt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, dass die NPD, der bereits Verbindungen zum Terrornetzwerk nachgewiesen werden konnten, verboten werden muss.
Und wenn die NPD hier in diesem Landtag auch versucht, den Nachweis zu erbringen, dass sie mit dem Terrornetzwerk nichts zu tun hat, dann ist sie deutlich auf dem Holzweg, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der jetzige Bundesvorsitzende Holger Apfel demonstrierte schon als Vorsitzender der JN gemeinsam mit den Terroristen durch bundesdeutsche Städte,
und wer sich jetzt hinstellt und sagt, wir haben mit denen nichts zu tun, der lügt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
Der ehemalige NPD-Landesvorsitzende Eisenecker hat die mutmaßliche Terroristin Zschäpe juristisch vertreten,
Was sich in aller Deutlichkeit zeigt, ist, dass die NPD, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung agiert und die Demokratie offenkundig abschaffen will, verboten werden muss,
Die Demokratie darf nicht dulden, dass die NPD versucht, die Demokratie abzuschaffen, meine Damen und Herren.
Auf der Innenministerkonferenz vergangene Woche in Wiesbaden sprach sich daher richtigerweise die Mehrheit der Minister und Senatoren für ein neues NPD-Ver- botsverfahren aus, darunter auch federführend der Innenminister aus unserem Bundesland. Damit setzt die Landesregierung konsequent ihre Forderung nach einem NPD-Verbot fort. Das ist der einzig richtige Weg,