Protokoll der Sitzung vom 30.01.2014

Und sind Sie sich bewusst, was Sie hier anrichten? Sie wirtschaften die Traditionsbranche des Landes herunter!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach ja!)

Ich will als Zeugen Herrn Reinhard Lüken, den Chef des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik, zitieren, der am 21. Januar in der „Schweriner Volkszeitung“ erklärte: „Man hat den Eindruck, dass in MV die Politik die Lust auf Schiffbau verloren hat. Die Menschen haben die Lust auf Schiffbau nicht verloren.“ Ende des Zitats.

Ich teile diese Einschätzung.

(Vincent Kokert, CDU: Das überrascht mich.)

Die Regierung handelt gar nicht oder nur zaghaft, ängstlich, man könnte sich ja verbrennen.

(Vincent Kokert, CDU: Ach so!)

Und nicht zuletzt mit dem Werftenförderungsgesetz – Sie, Herr Glawe, haben das gerade angesprochen – ist die Landesregierung zum Sorgenkind der Branche geworden.

(Vincent Kokert, CDU: Die Landesregierung? Was erzählen Sie nur für einen Unsinn?!)

Denn mit diesem Gesetz, was ja eigentlich „Werftenzerstörungsgesetz“ heißen müsste, haben Sie bereits gezeigt, wohin die Reise gehen soll. Unterstützung für eine strukturbestimmende Branche sieht anders aus. Ich habe hier von diesem Pult aus mehrfach darauf hingewiesen, dass der Bürgschaftsrahmen allenfalls für einen Werft- standort reichen würde,

(Vincent Kokert, CDU: Bisher reicht er ja erstaunlicherweise.)

nicht für zwei oder drei, nein, genau für einen, Herr Kokert,

(Vincent Kokert, CDU: Bisher reicht er.)

und das wissen Sie auch.

Was machen Sie denn – es ist ja schon deutlich geworden in der Rede vom Minister –, wenn der neue Eigner, gehen wir mal davon aus, einen entsprechenden Antrag stellt,

(Vincent Kokert, CDU: Jetzt erzählen Sie wieder Märchen. Jetzt erzählen Sie wieder Märchen.)

Bürgschaften bereitzustellen? Herr Glawe hat ja eben gesagt, alles ist offen. Und da wollen Sie, dass der Finanzausschuss diese offene Frage entscheidet?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Bloß keine Verantwortung übernehmen, ne? Bloß nicht, oh!)

Da bin ich mal gespannt, wie das hier ablaufen wird. 100 Millionen müssen beispielsweise abgesichert werden, wenn die ehemaligen Scandlines-Fähren umgebaut und fertiggestellt werden sollen, was natürlich notwendig ist, denn der Bürgschaftsrahmen ist ausgeschöpft. Wie soll es denn weitergehen mit den Werften hier in Mecklenburg-Vorpommern?

Ich habe ja darauf aufmerksam gemacht, dass Werften und Politik eng miteinander verbunden sind. Vor Jahren schauten noch die anderen Küstenländer neidisch nach Mecklenburg-Vorpommern und sahen beste, gute Bedingungen, sehr gute Bedingungen für den Schiffbau. Heute schaffen Sie es, Herr Ministerpräsident, das Land zu einem Gebiet, einer Region mit den schlechtesten Bedingungen für den Schiffbau in Deutschland zu machen, vielleicht sogar in Europa.

(Vincent Kokert, CDU: Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?)

Und auch, Herr Kokert,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist unter der Gürtellinie, Herr Holter. – Vincent Kokert, CDU: Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?)

die Kanzlerin hat dort ihren Wahlkreis. Haben Sie in den letzten Wochen und Monaten ein Wort der Kanzlerin gehört? Hat sie irgendein Interesse gezeigt an dem Standort in Stralsund,

(Vincent Kokert, CDU: Ohne die Kanzlerin gäbe es den Standort schon lange nicht mehr.)

haben wir irgendeine Aktivität erleben dürfen? Das ist doch bedauerlich, es ist unverantwortlich und es ist skandalös.

(Vincent Kokert, CDU: Fragen Sie mal Ihre Kollegen der LINKEN im Bundestag, was die da ständig für Anfragen stellen ob der Werften- finanzierung des Bundes! Die sind nur negativ.)

Das ist doch gut so, dass meine Kollegen oder meine Genossinnen und Genossen entsprechende Anfragen an die Bundesregierung stellen.

Aber nun kommen wir mal zu der Frage: Wie soll es weitergehen? Sie haben es, Herr Glawe, eben noch mal deutlich gemacht, dass der Insolvenzverwalter im Auftrag des Gläubigerausschusses, wiederum im Auftrag der Landesregierung, so muss man es ja verstehen, noch mal gesagt hat, was den Verkauf der Fähren betrifft, sollen jetzt entsprechende Angebote und Mitfinanzierungsnachweise geprüft und vorgelegt werden. Ich frage mich, nachdem wir jetzt diese Nichtentscheidung hatten und die Situation, dass wir Zeit gewonnen haben bis Ende Mai,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist gut so.)

warum jetzt dringend und zwingend die beiden Fähren am Ende des Monats – sprich morgen – verkauft werden sollen. Dass das zwei verschiedene Vorgänge sind, Fähren- und Werftverkauf, ich glaube, das ist inzwischen jedem in Mecklenburg-Vorpommern klar, und trotzdem gibt es einen Zusammenhang.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jaja. – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Den Zusammenhang hat Herr Glawe noch mal deutlich gemacht, beispielsweise am Verhalten von Nordic oder ob die beiden Fähren denn nun in Mecklenburg-Vor- pommern zu Ende gebaut werden oder anderswo. Deswegen ist es formalrechtlich getrennt, aber im Interesse des Standortes gibt es einen zumindest politischen Zusammenhang.

(Zuruf aus dem Plenum: Richtig.)

Und deswegen ist es eine Frage, ob es nach dem Mai auf den Werften wieder Arbeit geben wird oder eben nicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Auf welchen Werften?)

Sie wissen doch ganz genau, dass die DFDS-Fähren Ende Mai oder irgendwann im Mai fertiggestellt werden –

ich will mich gar nicht auf einen Tag festlegen –, und alle, alle haben doch die Sorge, dass die Arbeit ausgeht und die Werft kalt wird. Das, glaube ich, eint uns doch.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Ja, deswegen muss man jetzt diese Monate nutzen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das tun wir doch! Das tun wir doch!)

um ein entsprechendes Paket zu schnüren. Und deswegen, Herr Nieszery, stellt sich doch die Frage: Muss morgen die Entscheidung getroffen werden,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

dass die Fähren verkauft werden? Warum? Ist es nicht so, dass Scandlines hier am kürzeren Hebel sitzt? Die brauchen dringend die Fähren, um die Linie zu bedienen, so, wie Herr Glawe das ausgeführt hat. Das ist ja auch hinreichend bekannt.

(Zurufe von Wolfgang Waldmüller, CDU, und Udo Pastörs, NPD)

Wir haben doch Marktwirtschaft und Scandlines und auch Nordic haben nachgebessert im Kaufpreis. Warum will man denn jetzt im Eilverfahren am morgigen Tage diese Entscheidung treffen?

(Vincent Kokert, CDU: Weil der Insolvenzverwalter an Fristen gebunden ist, Herr Holter. Das wissen Sie ja.)

Herr Kokert, den Schrottpreis,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

den Schrottpreis für die beiden Fähren werden Sie immer bekommen.

(Vincent Kokert, CDU: Das sagen Sie! Als Wirtschaftsweiser aus Schwerin wissen Sie das. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)