Ich meine, ja. Deswegen müssen wir Inklusion als etwas Größeres, als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen.
Ich möchte auf drei Punkte eingehen, wo wir meinen als Bündnisgrüne, dass es hier eben keine Wahlfreiheit gibt und dass die Frage der freien Schulwahl beispielsweise schon eine ist, die nicht jedem Kind zur Verfügung steht, weil der Geldbeutel nicht da ist.
Ich nenne zum einen die Schülerbeförderung. Hier wird immer wieder diskutiert. Herr Liskow meinte ja eben, ich diskutiere nur über Schwerin. Wahrlich nicht! Ich denke, das – soweit Sie mich kennen – werden Sie immer feststellen, dass ich für das Land denke
und insbesondere immer die ländlichen Räume mit in die Diskussion einbringe. Alles andere, würde ich sagen, da gibt es eine Wahrnehmungsverzerrung.
Wir haben vorgestern den Bereich der freien Schulen diskutiert. Auch dort gibt es die Ausgrenzung, dass nämlich die Eltern, die nicht über das Geld verfügen, möglicherweise nicht ihre Kinder da hinbringen. Und ich denke, auch dieses ist in einer Gesellschaft, wo wir sagen, Wahlfreiheit steht jedem und jeder zu, ein Punkt, den wir diskutieren müssen.
Und das Schulessen. Das Schulessen ist heute so organisiert, dass für Kinder mit einer sozialen Benachteiligung in der Kita, ich glaube, drei Anträge gestellt werden müssen. Da frage ich Sie, das sind Hürden, die sind doch irgendwann zu überwinden. Es ist doch zu fragen, ob wir nicht immer mehr Geld für die Verwaltung und für die Separierung von Leistungen ausgeben
oder ob es nicht eher darum geht, sich wirklich einzusetzen, dass jedes Kind ein kostenfreies Mittagessen bekommt,
Da bin ich mit dabei. Ich bin aber nicht dabei, wenn es wieder darum geht, für Einzelne etwas Gutes zu tun.
Wir werden dem ersten Teil des Antrages nicht zustimmen. Ich bitte um getrennte Abstimmung. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass uns Frau Bernhardt hier vorwirft, für dieses Thema nicht sensibilisiert zu sein, das weise ich erst mal energisch zurück.
Und dass uns hier vorgeworfen wird, dass wir das Ziel der Bekämpfung von Kinderarmut nicht in den Fokus nehmen, sondern Maßnahmen ergreifen, die zu dem Ziel führen, finde ich auch etwas merkwürdig. Aber ich finde Ihren Antrag darüber hinaus auch ein bisschen rückgratlos, muss ich sagen.
Sie sprechen hier im Punkt 2 unter b) und c) vom Regelsatz, der „bedarfsgerecht“ angepasst werden soll und dass das „langfristig“ zu einer „Grundsicherung“ führen soll. Das hört sich ja nicht schlecht an, aber Sie wissen ganz genau, was die Berechnung auf Bun- desebene für einen bedarfsgerechten Regelsatz erbracht hat.
Na selbstverständlich wollten wir das. Und Sie hatten auch damals Vorstellungen, die ganz anders aussahen, als das, was dabei herausgekommen ist.
schweben Hausnummern im Äther umher, 500 Euro lese ich an vielen Stellen. Der Regelsatz für Kinder liegt zurzeit bei der Hälfte ungefähr.
Aber ich will die ganze Angelegenheit noch mal von einer anderen Seite ein bisschen beleuchten. Frau Bernhardt, Sie haben aus der WSI-Studie berichtet. In ihr steht, dass im Jahr 2012 72.000 Kinder mit Armutsrisiko hier zu verzeichnen waren. Das bedeutet aber auch, dass das in absoluten Zahlen 15.000 weniger sind, als 2005 zu verzeichnen waren.
Ja, zu den Prozenten komme ich natürlich gleich. Prozentual, da haben Sie vollkommen recht. Mit 33,5 Prozent ist es der schlechteste Wert eines Flächenlandes in dieser Bundesrepublik. Aber dann müssen Sie natürlich auch mal gucken, wie kommt dieser Wert zustande.
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das müssen die Richtigen sagen! – Zuruf von Stefan Köster, NPD)
Diese Zahlen sind relativ, weil zur Berechnung das Nettoäquivalenzeinkommen im Bundesvergleich herangezogen wird. Und was besagt das? Wenn wir in Süddeutschland beispielsweise sehr gute Tarifabschlüsse haben und die Einkommen dort sehr steigen, dann können sie bei uns in Mecklenburg-Vorpommern auch steigen, bloß wenn sie das nicht in dem gleichen Maße tun, haben wir natürlich gleich prozentual hier ganz andere Werte. So wären über rein statistische Effekte allein mehr Kinder armutsgefährdet, die in der realen Situation überhaupt gar keine Unterschiede haben, vielleicht sogar in ihrem privaten Umfeld Verbesserungen verzeichnen konnten. Das darf man dabei auch nicht vergessen.
Wenn man sich anguckt, die Armutsrisikoschwelle ist von 873 Euro im Jahr 2005 auf 993 Euro in 2010 gestiegen. Und allein weil wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir uns in einem Niedriglohnland befinden – und das wird ja auch, glaube ich, von niemandem mehr abgestritten, dass hier die Nettodurchschnittslöhne oder auch die Bruttodurchschnittslöhne niedriger sind als in anderen Bundesländern der Bundesrepublik –, sind wir, statistisch betrachtet, hier dadurch immer im Nachteil.
Zum Vergleich: Die Armutsgefährdungsquote aller Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern beträgt im Vergleich mit dem Bund 22,2 Prozent, liegt also über dem Bundesdurchschnitt. Im Vergleich mit dem Einkommen auf Landesebene hingegen sind das nur 13,9 Prozent. Das ist wiederrum unter dem Bundesdurchschnitt. Das sind Zahlen von der Bundeszentrale für politische Bildung. Armut und Armutsrisiko sind also relativ, nicht nur im statistischen Sinne.
Kinderarmut im Land zu bekämpfen, bedeutet in erster Linie, die sozioökonomische Situation der Eltern zu stär
ken. Und das geschieht – Beispiele wurden genannt – zum Beispiel durch das Projekt „AQuA“. Das wollte ich noch mal nennen, weil das gezielt Alleinerziehende auf dem Arbeitsmarkt vermittelt, und wir alle wissen, dass dieser Personenkreis bekanntlich besonders benachteiligt ist. Da ist nicht nur die hohe Arbeitslosenquote, sondern auch die steuerliche Ungleichstellung zum Beispiel verheirateten Paaren mit Kindern gegenüber betrachtet.
Ich persönlich hoffe, dass Manuela Schwesig, sie ist ja schon genannt worden hier, auf Bundesebene ihre Gespräche erfolgreich abschließen kann in diesem Zusammenhang.
Auch die Orientierung beim Einsatz von ESF-Mitteln im Land zielt darauf ab, ergänzend zu den Maßnahmen der Bundesanstalt gezielte Förderung in diesen Bereichen zu ermöglichen.
Bezüglich der fairen Chancen für Kinder im Land wurde schon vieles angeführt, was im Laufe der letzten Jahre eingeleitet wurde. Und wenn hier unisono behauptet wird, dass da überhaupt keine Erfolge zu verzeichnen wären, sondern dass sich die Situation verschlechtert hätte, möchte ich Ihnen hier abschließend einige Zahlen der Bundesagentur für Arbeit nennen, die die Entwicklung von ALG-II-Bedarfsgemeinschaften mit Kindern aus den Jahren 2009 bis 2013 vergleicht. So sind nämlich die Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender in dem Zeitraum vom Oktober 2009 von 20.150 zu Oktober 2013 auf 19.005 zurückgegangen. Das bedeutet einen Rückgang von 5,68 Prozent.