Protokoll der Sitzung vom 02.07.2014

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Einschätzung, was das angeht, sind wir uns, denke ich, weitestgehend einig in der Frage, wie wir mit dem neuen EEG jetzt umgehen müssen. Das ist schon klar, aber …

(Andreas Butzki, SPD: Aber, Herr Jaeger, zum Parlament sprechen!)

Ich spreche auch zu Ihnen, Herr Butzki.

(Andreas Butzki, SPD: Gut.)

Alles klar! Aber weil ich höflich bin und mich der Regierung zuwende,

(Torsten Renz, CDU: Der Minister hat gar keine Stimme.)

wenn ich mit ihr rede, deswegen kommt das vor.

Wo wir natürlich einen völligen Dissens sehen, das ist die Position von Herrn Eifler. Das tut mir auch sehr leid, sagt aber ein bisschen was über das Agieren der Bundesregierung aus.

(Torsten Renz, CDU: Aber da sitzt der Herr Gabriel auch mit drin.)

Was Sie hier richtig angesprochen hatten, das ist das Thema Emissionshandel. Wenn wir darüber reden – das ist auch ein Projekt von Herrn Gabriel, er möchte den Emissionshandel wieder reformieren –, dann ist das an sich ein löbliches Vorhaben, aber er wird, so wie bei uns im Landtag zu sehen, auch an seinem Koalitionspartner auf Bundesebene scheitern. Es gibt überhaupt kein Interesse daran, den Emissionshandel zum Laufen zu bringen, nämlich genau mit der Begründung, unsere Wirtschaft würde deswegen massiv zusätzlich belastet. Deswegen wird alles abgewürgt. Es ist …

(Zuruf von Torsten Renz, CDU – Andreas Butzki, SPD: Er kann doch nicht für die SPD sprechen.)

Ich spreche für die GRÜNEN, das ist schon klar.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Aber es ist einfach so, dass ich durchaus sehe, was da für Projekte geplant sind, und leider sehe ich, es gibt keine Chance, den Emissionshandel nach vorne zu bringen,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

weil es am Koalitionspartner CDU mit Sicherheit scheitern wird.

Warum ist das so? Das kann man vielleicht auch noch mal kurz erklären. Es ist so, dass CO2 im Emissionshandel momentan so zwischen 5 und 7 Euro pro Tonne kostet und alle Fachleute sagen, ab 30/40 Euro würde das Ganze anfangen, richtig zu wirken. Dann würde es in der Industrie ein Umdenken geben, dann würde anders investiert als momentan, dann würden Gaskraftwerke nach vorne kommen und Braunkohlekraftwerke nach hinten rutschen. Aber das muss man erst mal erreichen: diese 30/40 Euro und die Reduzierung der CO2-Zertifikate, die dafür notwendig wäre. Das ist politisch sicherlich im Land, aber mit der CDU im Bund und auf europäischer Ebene mit den konservativen Parteien nicht durchzusetzen. Deswegen gibt es keine Chance für den CO2-Handel, der eine interessante Alternative sein könnte.

Warum ist das für die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger wichtig, Anlagen zwischen 10 und 100 kW vom Eigenstromverbrauch zu entlasten? Das müsste man vielleicht noch beantworten. Zu den 10-kW-Anlagen, das ist richtig: Die Einfamilienhäuser, Einfamilienhausbesitzer da draußen können davon profitieren, dass sie ihren Eigenstromverbrauch gegenrechnen können. Dadurch wird ihre Fotovoltaikanlage etwas wirtschaftlicher. Überhaupt ist das auch ein Marksegment, wo nicht ganz so genau nach der Wirtschaftlichkeit geguckt wird, da spielt sehr stark die Freude an der Energiewende eine Rolle. Aber bei den gewerblichen Anlagen zwischen 10, 100 und größer wird wirklich geguckt, rechnet sich das Ganze oder rechnet sich das nicht. Selbst da gibt es einen Aspekt, den ich nicht so stark gesehen habe. Das sind nämlich die Energiegenossenschaften. Die Energiegenossenschaften investieren nicht in Anlagen, die kleiner als 10 kW sind, weil das vom Verwaltungsaufwand her Quatsch ist. Da geht es ab 10 kW los …

(Dietmar Eifler, CDU: Aber das müssen doch alle bezahlen. – Torsten Renz, CDU: Was sagen denn die Stadtwerke dazu?)

Ja, dazu komme ich gleich. Dazu komme ich gleich.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Das sind nämlich genau die Mieter und Mieterinnen zum Beispiel der WIRO, die keine Möglichkeiten haben, sich eine 10-kW-Anlage irgendwohin zu bauen, weil sie kein Einfamilienhaus besitzen, und die sich deswegen an einer Energiegenossenschaft beteiligen, wo die WIRO gesagt hat, hier ist eine 30-kW-Anlage möglich.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber die WEMAG auch.)

Genau die Leute schließen Sie gerade von den Möglichkeiten aus, von der Energiewende zu profitieren, nicht die Einfamilienhausbesitzer.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich glaube, dass allein diese Möglichkeit zur Akzeptanz der Energiewende beitragen könnte, wenn sich auch

diese Menschen mit kleinem Einkommen, die kein eigenes Haus haben, an solchen Anlagen beteiligen können.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Die schließen wir zurzeit aus.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Und tatsächlich noch ein interessanter Aspekt: Ich lasse mir ja von Fotovoltaiklobbyisten durchaus beratend mal ein paar Sachen erzählen und die sagen mir, wenn die Fotovoltaikanlagen gebaut werden, aber sozusagen keinen Eigenstromverbrauch mehr rausziehen, steigt insgesamt die EEG-Umlage,

(Rudolf Borchert, SPD: Ja. – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Genau.)

weil sie nämlich dann den kompletten Strom ins Netz einspeisen und dafür EEG-Vergütung bekommen. Das ist ein bisschen „Linke Tasche, rechte Tasche“, was insgesamt den Strompreis volkswirtschaftlich angeht. Aber wenn man sich allein auf die EEG-Umlage konzentriert und sagt, wenn die steigt, ist es eine absolute Katastrophe, wenn die fällt, ist es absolut phantastisch, wenn Sie nur daran denken, dann ist es sogar so: Je mehr die Leute komplett auf den Eigenstromverbrauch verzichten, je mehr sie sich das zu 100 Prozent vom Stromversorger vergüten lassen, umso stärker steigt die EEG-Umlage. Das ist ein verrückter Vorgang, aber es ist tatsächlich so.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Wenn es von Abgeordneten Anmerkungen gibt, dann bin ich dankbar, auf Fragen zu antworten.

Auf zwei Punkte möchte ich noch eingehen. Der eine ist die CO2-Steuer. Vielleicht haben Sie es nicht gelesen, Herr Eifler, aber weil wir genau das Problem sehen – wir wollen die Bürgerinnen und Bürger nicht mit einer neuen Steuer weiter belasten –, haben wir reingeschrieben, über den Bundeshaushalt die Einnahmen der CO2-Steuer im Strombereich dem EEG-Ausgleichstopf zufließen zu lassen, um die Lenkungswirkung der Steuer zu nutzen und die Stromkunden nicht zusätzlich zu belasten. Genau das ist die Idee.

Das hat nichts mit Wunschdenken zu tun. Diese CO2Steuer wird zurzeit in Großbritannien erhoben, das ist also europarechtskonform. Mit genau diesen 15 Euro und – wie auch Sie, Herr Eifler, wissen – mit einer Steuereinnahme im Bundeshaushalt kann ich natürlich alles Mögliche finanzieren. Ich könnte zum Beispiel die Off- shoreumlage von 0,25 Cent problemlos über den Bundeshaushalt finanzieren, wenn ich dafür eine geeignete Deckungsquelle habe. Ich nenne Ihnen gerade eine, nämlich die CO2-Steuer. Auch das Problem haben wir also bedacht und hätten damit gut arbeiten können.

(allgemeine Unruhe)

Vielleicht noch zur Information: Wir vom Energieausschuss waren in Brüssel und haben uns die EU angehört zum Thema: Wie sieht es denn mit der Entlastung der energieintensiven Industrie aus?

(Glocke der Vizepräsidentin)

Da haben die ganz dicke Backen gemacht und gesagt, wir werden die in Deutschland zwingen, auf die Regelung von vor 2012 zurückzufallen. Und alles, was die in den Jahren kassiert haben, werden die wieder schön zurückzahlen, zum Beispiel die Rostocker Straßenbahn AG: 600.000 Euro. Das hätten die dann plötzlich wieder zahlen müssen. Da haben wir uns schon Sorgen gemacht, was die Rostocker Straßenbahn AG angeht.

Die EU ist an diesem Punkt, wo ich wirklich ein bisschen auf sie gesetzt habe, ganz, ganz flach gelandet. Es hat Gespräche gegeben, es ist nichts mehr gefordert worden, was die energieintensive Industrie angeht. Es ist exakt genauso geblieben, wie es sein sollte, es ist so gut wie nichts geändert worden. Im Gegenteil, es gibt sogar ein paar Ausnahmen, die noch zusätzlich geschaffen wurden.

Vielleicht noch zu einem interessanten Urteil, das will ich noch abschließend erwähnen: Sie hatten es erwähnt, es gab die Klage – soweit ich weiß – eines finnischen Windkraftanlagenbetreibers, der eine direkte Stromleitung ins schwedische Stromnetz hatte. Das ist ein Sonderfall, aber egal, es hätte grundsätzliche Bedeutung gehabt. Der hat gesagt, wenn ich jetzt eine direkte Stromleitung habe, auch wenn ich auf finnischem Staatsgebiet stehe, hätte ich doch gern die EEG-Vergütung oder etwas Vergleichbares aus Schweden.

Wenn dieses Urteil durchgekommen wäre, wäre das tatsächlich eine erhebliche Bedrohung gewesen, weil man dann auch spanischen Solarstrom – wie das physikalisch funktionieren soll, weiß ich nicht – letztendlich nach Deutschland hätte verkaufen und die EEG-Umlage für spanischen Solarstrom fordern können. Das hätte das EEG insgesamt tatsächlich zum Einsturz gebracht. Zum Glück hat der Europäische Gerichtshof anders entschieden. An dieser Stelle haben wir jetzt auch Rechtssicherheit. – So, ich danke Ihnen für die Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Jaeger.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3122 abstimmen.

(allgemeine Unruhe)

Ich bitte jetzt um die notwendige Ruhe. Das ist der letzte Tagesordnungspunkt.