Und ich habe dann, auch das ist mir wichtig, am 23.01.2003 und am 31.10.2003 den Agrarausschuss in dieser komplizierten Materie in Gänze über das Thema informiert. Im Übrigen habe ich Ihnen ausdrücklich auch diese Antworten und die Diskussionen, die wir im Agrarausschuss geführt haben, an die Hand gegeben mit der dringenden Bitte, sich des Themas anzunehmen, sich das durchzulesen.
Ich glaube, es ging Ihnen tatsächlich eher darum, im ländlichen Raum eine Stimmung zu verbreiten, die so das Motto „Hier ist doch noch mehr zu holen“ zum Ausdruck bringt,
Wie kompliziert das alles war, will ich nur mit ein paar Stichworten erinnern. Wenn Sie hier gewesen wären damals, dann hätten Sie zur Kenntnis genommen, wie es um die Bodenfrage bestellt war. Die juristischen Personen, das muss man ja auch sagen, wollte man nicht. Die CDU/CSU auf Bundesebene wollte die Bodenreform zurückdrehen. Die CDU/CSU wollte auch, dass durch eine juristische Person die langfristige Verpachtung von landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht vorgenommen wird. Wenn wir da nicht Druck gemacht hätten, dann hätte es das alles nicht gegeben.
Auch das nehmen Sie bitte zur Kenntnis! Ich glaube, dass Sie damit eigentlich nur Stimmungsmache entwickeln wollen, und das ist Ihr eigentliches Ziel. Ich glaube, dass man auch festhalten muss, dass die GRÜNEN solche Landwirtschaftsbetriebe, die wir heute haben, vom Grundsatz her ablehnen,
damit diese Art der Arbeitsorganisation pauschal als agrarindustriell abgestempelt wird. Wenn Sie denn solche Betriebe mal in Ruhe besucht hätten– Herr Professor Tack hat das ja als Agrarausschussvorsitzender mehrfach mit Ihnen versucht – und wenn Sie das dann aufnehmen würden, dann würden Sie das auch verstehen, dass solche Mehrfamilienbetriebe eben heute noch eine hohe Verantwortung für den sozialen Frieden im ländlichen Raum tatsächlich tragen. Ich bin froh, dass das Genossenschaftsmodell ein Modell der Zukunft nach wie vor ist, im Übrigen ein zutiefst sozialdemokratisches Element.
Und ich bin froh, dass wir fast 500 Genossenschaften in Mecklenburg-Vorpommern haben, die auch von denen gemeinschaftlich in einer Art bäuerlicher Struktur be- wirtschaftet werden. Auch das ist mir außerordentlich wichtig.
Sie als GRÜNE, so kommt es mir jedenfalls vor, wollen diesen, ich sage mal, geringen Anteil von fehlgeschlagenen Umwandlungen aber als willkommenen Ansatzpunkt wählen, das ist ein ganz anderes Thema. Es geht Ihnen nämlich gar nicht um die sogenannten fehlgeschlagenen Umwandlungen. Ob das denn wirklich stimmt, wissen wir nicht. Es geht Ihnen nicht darum, die fehlgeschlagenen Umwandlungen zu nutzen, sondern Sie wollen das ganz andere Thema aufwerfen, nämlich die Vermögensauseinandersetzung. Das haben Sie doch angesprochen.
Nun stellen Sie sich doch bitte mal vor, ich nehme mal den Betrieb, aus dem ich komme und der im Übrigen ordnungsgemäß und sauber umgewandelt worden ist, Lübtheen, die Agrargenossenschaft Lübtheen.
Ich hatte in meiner Abteilung in Spitzenzeiten bis zu 220, 225 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nun stellen Sie sich mal vor, wir nehmen den Betrieb, 5.684 Hektar waren das, glaube ich, das waren zwei Abteilungen, und dann sind das 460 Leute. Nun versuchen Sie die mal heute wieder zusammenzukriegen. Ein Großteil, Entschuldigung, lebt leider nicht mehr, 25 Jahre danach,
und ein anderer großer Teil wird sich überhaupt nicht mehr für das Thema interessieren, weil es völlig neue Entwicklungen gegeben hat.
Lassen Sie das nach, den Unfrieden in den ländlichen Raum hier reinzutragen! Das hilft Ihnen nicht und hilft dieser gesamten gesellschaftlichen Entwicklung nicht. Und es diskreditiert all diejenigen, die ehrlichen Herzens nach der Wende einen neuen Weg gefunden haben, Landwirtschaft zu betreiben. Die Landwirtschaft ist der am erfolgreichsten umstrukturierte Bereich der Volkswirtschaft, den wir in Mecklenburg-Vorpommern haben. Ich bin stolz darauf, dass die Landwirtschaftsbetriebe – egal, ob als Familienbetrieb oder als Betrieb der juristischen Personen – das so erfolgreich hinbekommen haben.
Aber dennoch, eins ist auch richtig, ich habe das ja schon angedeutet: Liegen tatsächlich die nach der Rechtsprechung festgestellten schweren Umwandlungsfehler vor, besteht die daraus resultierende Folge für den Rechtsformwechsel bis heute fort. Solche schweren Umwandlungsfehler liegen insbesondere vor, wenn erstens vom Gesetzgeber – und das war ich, ich persönlich habe das eingebracht und habe das Gesetz nächtelang bearbeitet, nämlich, weil ich davon ausgegangen war, dass wir zunächst erst mal ordnungsgemäß eine Genossenschaft, in Klammern LPG, in eine eingetragene Genossenschaft des bürgerlichen deutschen Rechtes überführen. Und das gab es in der DDR nicht. Das heißt, wir wollten das erst mal auf eine solide Rechtsgrundlage stellen. Wer sich daran vielleicht noch erinnert, und zwar war das 1990, der wird das noch wissen. Das heißt, es gibt nur einzig und allein Umwandlungsfehler. Und da haben auch viele Anwälte oder Rechtsberater, die aus
den älteren Bundesländern gekommen sind, grobe Fehler gemacht, weil sie die Betriebe gleich in GmbHs und Co KGs oder in reine GmbHs oder in Aktiengesellschaften umgewandelt haben. Das heißt, das ist schon ein schwerwiegender Fehler.
Ein zweiter schwerwiegender Fehler war, dass keine Mitgliederidentität der Mitglieder der Genossenschaften vorhanden war und damit tatsächlich auch diese Beschlüsse in der Form nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden sind. Die sind zum großen Teil danach geheilt worden, Frau Dr. Karlowski.
Deswegen zweifle ich hier offen dieses Gutachten und diese wissenschaftliche Studie an. Das haben auch andere getan. Das hätten Sie auch lesen müssen.
Ich glaube, dass es darum gehen muss, dass die Umwandlungswirkung – das habe ich hier heute schon gesagt – im Zusammenhang mit dem Zeitablauf nicht geheilt ist. Das heißt, wenn die Betriebe nicht ordnungs- gemäß umgewandelt sind, sind sie heute nach wie vor in einer stillen Liquidation. Und damit ist das Problem eigentlich auch geheilt und gelöst, weil die müssen ihren Weg entweder gefunden haben oder sie sind liquidiert.
Betriebe, denen solche Fehler unterlaufen sind, bleiben erpressbar. Und Sie haben ja diese Liste jetzt irgendwoher bekommen. Ich sage noch mal, ich nehme diese Liste nicht an, weil ich kein Denunziant bin. Ich war es nie und werde es nie sein.
Für mich ist das wirklich Denunziantentum, was Sie hier veranstalten. Auch da haben wir bessere Erfahrungen, die hier großgeworden sind, als Sie alle zusammen von den GRÜNEN.
Betriebe, ich betone das noch mal, denen solche Fehler unterliefen, bleiben erpressbar, egal wie sorgfältig sie die Vermögensauseinandersetzung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz gemacht haben. Sie unterliegen dem Risiko, dass die LPG nach den Registereintragungen der neuen Rechtsform unerkannt in Liquidation fortbestehen. Auch das habe ich jetzt schon dreimal gesagt. Der Verlust der Kreditfähigkeit bei Banken, beim Landhandel oder bei anderen Gläubigern liegt damit auf der Hand.
Von Anfang an lag das Hauptaugenmerk der Landesregierung darin, den Betrieben zu helfen, mit dieser problematischen Situation fertigzuwerden. Und genau das habe ich hier, denke ich, erläutert. Alles andere habe ich in der Sache damals nicht auf sich beruhen lassen. Und wenn Sie mir den Vorwurf machen, ich hätte hier nicht reagiert, dann sagen Sie wissentlich die Unwahrheit, denn auch der Landtag und der Agrarausschuss haben sich hiermit beschäftigt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, man kann insofern festhalten, dass auch hier noch mal ein Blick in das Gesetz hilft, nämlich das Landwirtschaftsanpassungsgesetz. Die Auseinandersetzung der LPG-Mitglieder mit den ehemaligen LPG ist ein zivilrecht
liches Verfahren. Und wenn Sie hier das Signal senden wollen, und das mache ich auch persönlich hier und heute, wer sich ungerecht behandelt fühlt, der hat heute noch die Möglichkeit, ein zivilrechtliches Verfahren anzustrengen. Dazu leben wir in einem Rechtsstaat, ein Glück.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig, jederzeit, in einem Rechtsstaat. – Thomas Krüger, SPD: Rechtsstaat, genau.)
Ich habe ja auch heute Morgen und in den letzten Wochen immer wieder Rücksprache gehalten mit unseren Juristen und mit dem Justizministerium. Und ich sage ganz deutlich, es ist ein privates Recht, ein Segen, dass wir das heute haben, dass man heute zum Gericht gehen kann und sein Recht einklagen kann. Wir leben nun mal in einem Rechtsstaat und nicht in einer Diktatur.
Lassen Sie mich auf die anderen Sachverhalte kurz eingehen. Die Studie der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist seit dem Jahr 2002 – das habe ich ja auch schon gesagt – bekannt und wurde damals in der Öffentlichkeit diskutiert. Schon damals hat sich der Agrarausschuss wiederholt damit auseinandergesetzt und die rechtlichen Konsequenzen dargestellt. Ich habe Ihnen die Antworten gegeben und insofern, glaube ich, ist es auch so, aus meiner Sicht wäre es unredlich, seitens der Landesregierung eine flächendeckende Informationskampagne durchzuführen, um ehemalige Mitglieder, ich sage es so deutlich, aufzuhetzen. Eine solche Kampagne würde nämlich eine neue Welle der Verunsicherung im ländlichen Raum auslösen. Es wäre seitens des Staates verantwortungslos, ehemalige LPG und deren Mitglieder in eine erneut zivilrechtliche Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang zu treiben, an deren Ende wahrscheinlich nur und ausschließlich Verlierer stehen.
Die Vorgänge zu Beginn der 90er-Jahre sind heute wegen des Zeitablaufes kaum mehr rekonstruierbar, auch das habe ich bereits angedeutet.
(Udo Pastörs, NPD: Nein, damit meine ich ja nicht Sie. Aber Sie wissen ja vielleicht, wen ich damit meine.)
Aber wenn Sie damals hier gewesen wären und hätten das erlebt, was wir hier für einen Niedergang an Werten gehabt haben, dass die Ernte nichts wert war, die Milch nichts mehr wert war, ein ZT 300 nichts mehr wert war, die Maschinen nichts mehr wert waren, dann muss man das einfach zur Kenntnis nehmen.
Und auch darauf haben wir großen Wert gelegt, was die D-Mark-Eröffnungsbilanzen und was die Bilanzen anbetrifft, dass hier saubere Bilanzen in der Landwirtschaft vorgelegt werden. Gucken Sie sich mal den Niedergang der sonstigen industriellen Wirtschaft der ehemaligen DDR an!