Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Die Förderung der Theater- und Orchesterlandschaft hat aber einen so hohen Stellenwert, dass trotz sinkender Einwohnerzahlen die Summe in Mecklenburg-Vorpom- mern konstant gehalten wird.

(Vincent Kokert, CDU: Richtig.)

Zusätzlich übernimmt das Land regelmäßig Einmalzahlungen zur Sicherung der Liquidität in Form von Sofort- hilfen an die Theater und Orchester im Land und hat damit seine Zahlungen an die Theater und Orchester

schon seit Jahren dynamisiert. Zum Vergleich erinnere ich Sie im Namen des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur auch gerne noch einmal daran, dass für die freie Kulturszene im Land in allen Genres rund 9 Millionen Euro zur Verfügung stehen, ein Bruchteil der Summe, die den Theatern und Orchestern zur Verfügung gestellt wird.

Vor diesem Hintergrund wird die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Theatern mit großem Respekt zur Kenntnis genommen, durch erneuten massiven Gehaltsverzicht zum Erhalt der Häuser beizutragen. In Zeiten des gesetzlichen Mindestlohnes ist dies aber der falsche Weg. Lohneinbußen können ein probates Instrument zur Überbrückung mittelfristiger Engpässe, aber keine adäquate Antwort auf die hier im Land zu lösenden Strukturprobleme sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie wissen, hat die Firma METRUM im Auftrag des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und in Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Trägern und Intendanten einen Vorschlag für die Umsetzung des Modells 7 im östlichen Landesteil detaillierter zugearbeitet. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die Träger der Theater im Ostteil des Landes vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen, da sich das jährliche strukturelle Defizit beider Theaterverbünde bis 2020 auf voraussichtlich insgesamt 5,8 Millionen Euro erhöht. Aus diesem Grund sind die zuständigen kommunalen Träger spätestens jetzt gezwungen, dringend weitere Strukturreformen einzuleiten.

Gemäß Auftrag des Aufsichtsrates legte der Intendant und Geschäftsführer des Theaters Vorpommern ein Eigenständigkeitskonzept vor. Dabei sollten alle Möglichkeiten, wie weitere Haustarifverträge, Stellenabbau, Spartenaufgabe, Mehrzuschüsse oder erhöhte Gastspieltätigkeit, in die Überlegungen mit einbezogen werden. Dieses Konzept kommt zu dem Ergebnis, dass es zwar prüfbare alternative Wege, aber nur wenige realisierbare Optionen für den Weiterbestand eines eigenständigen Theaters gibt. Selbst wenn auf den Einstieg in den Flächentarifvertrag nach 2017 verzichtet würde, wären die langfristigen Folgen aus der Tarifentwicklung nur durch Stellenabbau oder Spartenschließung abzufangen. Einzig der Abbau der Orchestersparte ließe Spielräume entstehen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Schlussendlich wird empfohlen, Fusionsoptionen und Mitteldynamisierung ernsthaft zu prüfen.

Weitere Stellungnahmen, Vorschläge und Modelle wurden sowohl im Rahmen der Steuerungsgruppe als auch darüber hinaus vorgelegt, diskutiert, abgewogen und einbezogen. Es wurde dabei stets darauf hingewiesen, dass sich die Landesregierung im Dezember 2014 abschließend verständigen und den Trägern ein Angebot vorlegen wird. Dieses zeitliche Tableau wurde sehr frühzeitig kommuniziert, beispielsweise in der Steuerungsgruppe, in den diversen Diskussionsrunden der kommunalen Vertretungen in Greifswald, Neubrandenburg oder Neustrelitz, in Pressegesprächen sowie in Gesprächen mit dem Förderverein.

Möglicherweise hat niemand erwartet, dass es tatsächlich so weit kommt. Der Ministerpräsident hat den Trägern der Theater im Ostteil des Landes am 12. Dezember 2014 ein entsprechendes und, wie ich finde, gutes Angebot unterbreitet. Dieses greift sehr wohl Kritikpunkte und Anregungen auf. Der Vorwurf, das Land habe seine

Zusagen auf Prüfung von Alternativen nicht eingehalten, kann also nicht stehenbleiben. Es ist umgekehrt so, dass viele Wünsche von vor Ort berücksichtigt wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Angebot des Landes zu einem Fusionsmodell „Staatstheater Nordost“ ist Ihnen seit Monaten bekannt. Ich verzichte daher an dieser Stelle auf eine nähere Vorstellung. Auf Grundlage dieses Papiers sind nun ein sogenanntes Solidarmodell und ein Städtetheatermodell entwickelt worden, deren Prüfung und gleichberechtigte Diskussion die Opposition fordert, und selbstverständlich ist die Landesregierung auch ohne Aufforderung hierzu bereit, wie sie das seit Beginn der Legislaturperiode ununterbrochen mit allen Vorschlägen tut. Allerdings muss jeder Alternativvorschlag drei Kriterien genügen: Erstens, er muss finanziell funktionieren, zweitens, er muss künstlerisch vertretbar sein, und drittens, er muss organisatorisch umsetzbar sein. Bevor ich mich im Detail äußere, möchte ich im Namen des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur betonen, dass dies nur eine vorläufige Einschätzung ist.

Wie Sie wissen, hat die Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz einen Wirtschaftsprüfer mit der Prüfung des Solidarmodells beauftragt und diese Ergebnisse gilt es abzuwarten. Aber auch ohne diese Prüfung wird das Solidarmodell für die Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz als proble- matisch angesehen. Das beginnt schon beim Namen. Warum heißt es „Solidarmodell“? Weil alle Künstlerinnen und Künstler einer schrittweisen und annähernden Rückkehr zum Flächentarifvertrag zustimmen und die Lohnsteigerung auf 2,5 Prozent pro Jahr begrenzt werden soll. Was aber unverständlich bleibt, ist, dass ausgerechnet Sie, Herr Koplin, als Unterstützer des Papiers gelten, denn es verdient den Namen „Solidarmodell“ nicht. Ausgeschlossen von Lohnerhöhungen sollen nämlich alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben, die keine Künstlerinnen und Künstler sind, und zwar vollständig. Ist das ernsthaft Ihre Vorstellung von Solidarität? Allein wenn man den nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst bezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieselben Rechte zugesteht wie den Künstlerinnen und Künstlern, also zum Beispiel den Bühnentechnikerinnen und Bühnentechnikern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Werkstätten, braucht man im Jahr 2020 mehrere Hunderttausend Euro mehr, als das Solidarmodell ausweist.

Apropos 2020. Warum hört die Rechnung des Solidarmodells im Jahr 2019 auf und nicht im Jahr 2020? Das kann ich Ihnen sagen. Hätten die Autoren bis zum Jahr 2020 gerechnet, hätten sie öffentlich zugeben müssen, dass der Vorschlag nicht aufgeht und die Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz in 2020 mit einem satten laufenden Defizit von etwa 0,8 Millionen Euro dasteht. Wenn Sie nun beide Zahlen addieren, steht eines fest: Die Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz würde in einem echten Solidarmodell im Jahr 2020 mindestens ein Defizit von 1 Million Euro ausweisen, mindestens. Wie haben die Autoren des Solidarmodells diesen Effekt aber nun, ich sage es mit den Worten des Ministers, „verschleiert“? Indem sie in ihrem Konzeptpapier nie das Betriebsergebnis ausgewiesen haben. Es wurden schlicht die Defizite mit früheren Überschüssen verrechnet und dadurch so getan, als wäre alles in Butter.

Rechnen Sie doch einfach nach, Herr Koplin! In der Tabelle für das Jahr 2019 wird mit Einnahmen von 14,77 Millio

nen Euro gerechnet und mit Ausgaben von 15,19 Millio- nen Euro. Das macht ein laufendes Defizit von 0,4 Millionen Euro. Im Jahr 2020 sind das dann schon 0,8 Millio- nen Euro, und wenn für alle Beschäftigten die Löhne steigen sollen, nur das wäre ein echtes Solidarmodell, steigt das Defizit auf über 1 Million Euro.

Sehr geehrte Damen und Herren der LINKEN, wenn die Landesregierung Ihnen eine solche Rechnung vorgelegt hätte, hätten Sie uns – übrigens mit Recht – mit großer moralischer Empörung des Betrugs und der Täuschung bezichtigt. So etwas hätten Sie uns nie durchgehen lassen. Dass Sie sich nun aber zum Anwalt einer solchen Rechnung machen, lässt tief blicken. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich im Namen des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur darauf verzichte, die anderen beiden Kriterien auch noch durchzugehen. Egal zu welchem Ergebnis man da kommt, ein Theater mit einem jährlichen strukturellen Defizit von mindestens 1 Million Euro ist pleite!

Kommen wir nun zum Städtetheatermodell. Da hier keine Verrechnung von Gewinnvorträgen mit laufenden Defiziten möglich ist, mussten die Autoren zu einer anderen Lösung greifen. Sie besteht aus zwei Bestandteilen: Erstens bleiben die Beschäftigten bis 2025 nach eigenen Angaben in Höhe von 8 Prozent vom Flächentarif abgekoppelt, zweitens müssen die Zuschüsse der Gesellschafter ab 2017 um jährlich 2,5 Prozent angehoben werden. Dieser Vorschlag verdient schon eher, als „Solidarmodell“ bezeichnet zu werden, aber er stellt zwei wesentliche Prämissen infrage, auf die sich die Landesregierung festgelegt hat: erstens die grundsätzliche Rückkehr zum Flächentarifvertrag bis 2020 und zweitens die Dynamisierung der Gesellschafterzuschüsse frühestens 2021.

Trotz dieser Maßnahmen würde das Theater im Jahr 2025 nach den der Landesregierung vorliegenden Zahlen ein laufendes Defizit erwirtschaften, wäre in seiner wirtschaftlichen Situation also erneut nicht stabil. Allerdings, eine Dynamisierung der laufenden Mittel vor 2020 wird es nicht geben. Sowohl die Städte Greifswald und Stralsund haben erklärt, das nicht leisten zu können – und auch der Minister für Inneres und Sport wird dem wohl beipflichten –, als auch das Land. Damit fehlt in der Rechnung eine wesentliche Größe. Das dadurch entstehende Defizit hätte trotz Lohnverzicht unweigerlich die Insolvenz des Theaters Vorpommern zur Folge. Es entstünde damit eine ähnliche Situation wie bei dem Solidarmodell. Beide Modelle sind für das Land keine realistische Option und verschieben die Reformnotwendigkeit weiter in die Zukunft. Wir bleiben daher bei unserem Angebot, im Osten zu einer Fusion der Theater unter Landesbeteiligung zu kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei nüchterner Betrachtung sind die Befunde der vorliegenden Alternativmodelle eindeutig: Sie führen zur Insolvenz der Theater. Genau das aber will die Landesregierung gemeinsam mit den Trägern verhindern, gerade weil die Theater zu unserem wertvollsten kulturellen Erbe gehören und wir diese bewahren wollen. Der vorliegende Antrag ist abzulehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Reinhardt von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mal wieder das Thema Theater, es begleitet uns ja bald auf jeder Landtagssitzung dank des Finanzausschussvorsitzenden Torsten Koplin.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wundert Sie das?)

Ein wenig schon,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Mich nicht.)

ich bin mir nur nicht ganz sicher, aber dazu komme ich dann zum Schluss meiner Rede, ob uns das hier wirklich weiterhilft, jedes Mal die gleichen Argumente auszutauschen.

DIE LINKE fordert dieses Mal, dass wir alternative Modelle besser berücksichtigen sollen und dass – das sind wohl die zwei Kernpunkte des Antrages – das Land sich nicht dazu herablassen soll, so will ich es mal sagen, mit finanzieller Erpressung zu drohen. Ich will zu den beiden Punkten mal sagen, die Ministerin hat es ja ausgeführt, das mit den alternativen Modellen, das hört sich natürlich zunächst immer schön an und das kann man ja von außen fordern, Sie müssen dann am Ende aber auch die Prämissen erfüllen und das Konzept, das wir als Land aufgestellt und zur Diskussion gestellt haben, natürlich nachher auch einhalten. Und bei der finanziellen Erpressung darf es natürlich auch nicht umgekehrt sein, Herr Koplin, dass das Land zwar das ganze Geld geben darf, aber sich bitte aus allen Entscheidungen raushalten soll. Das, denke ich, ist dann auch der verkehrte Weg.

Wir sollten uns vielleicht jetzt noch mal daran erinnern, was eigentlich der Grund für diese Reform war. Das hat, nicht nur am Anfang, ganz besonders etwas mit den zurückgehenden Einnahmen zu tun, die sowohl beim Land als auch – und da vor allem – bei den Kommunen vorhanden sind.

Herr Ritter wird das wissen, auch der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte steckt in einem ziemlich schwierigen Haushaltssicherungsverfahren. Wir geben dort als Landkreis jährlich in die Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz noch 1,5 Millionen Euro rein. Ich glaube, so viel gibt kein anderer Kreis im Land, wenn ich das mal so überschlagen darf. Wir mussten dafür, weil Kultur beinhaltet ja nicht nur unsere Theater und Orchester – wir haben ziemlich viel mehr an Kultur, ob das die Jugendkunstschulen sind, ob das die Musikschulen sind, ob das die freie Kulturförderung ist et cetera –, ziemlich viel kürzen bei uns im Kreis. Der Theaterzuschuss ist mit Abstand das Größte an freiwilliger Leistung, was der Landkreis aufbringt. Das ist auch in Neubrandenburg, in Neustrelitz, in Greifswald und in Stralsund nicht anders.

Wir wissen alle, dass wir uns das auf Dauer höchstwahrscheinlich nicht werden leisten können. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass wir sagen, wir brauchen hier eine Strukturreform. Und eine Strukturreform, so ehrlich muss man dann sein, hat am Ende damit zu tun, dass natürlich auch Stellen verloren gehen. Aber wenn ich erkannt habe, dass ich mir das so, wie ich es zurzeit habe, in Zukunft nicht werde leisten können, weil am Ende auch nur 6 bis 10 Prozent unserer Bevölkerung diese Einrichtungen nutzen, diese aber natürlich, das will ich zugeben,

ein wichtiger Beitrag zum Tourismus und vor allem zum Kulturtourismus sind, muss man trotzdem, wenn man sich dieser Wahrheit stellt – und das, denke ich, sollten wir tun –, ganz klar zu der Auffassung kommen, dass hier Veränderungen notwendig sind.

Das Land hat nun auch für den Osten ein Modell vorgelegt, das ja sehr heftig diskutiert wird in den einzelnen Vertretungen, ob das nun in den Kreistagen oder in den Stadtvertretungen ist. Die Kommunen sind jetzt am Ball, sich sozusagen dazu zu verhalten, das zu bewerten. Das sind spannende Diskussionen, wir werden sie, glaube ich, am 30. auch bei uns im Kreistag haben, und dann müssen wir uns entscheiden. Natürlich kann es auch dazu kommen, dass am Ende einzelne Vertretungen sagen, wir lehnen dieses Modell ab, weil uns das aus unterschiedlichen Gründen nicht gefällt, aber dann stehen wir vor einem neuen Problem.

Ich kann sagen – es ist nicht die Meinung meiner Fraktion –, aber wenn man dann zu keiner Verständigung zwischen Land und Kommunen kommt, kann es aus meiner Sicht am Ende nur so sein, wir als Land sagen, es gibt die 35,7 Millionen, die werden mit eineinhalb, mit zwei Prozent dynamisiert und dann wird das nach Fläche und Einwohner verteilt auf die Theater tragenden Kommunen aufgeteilt. Dann müssen die Theater tragenden Kommunen mit dem Geld, was sie vom Land kriegen und was sie selbst dazulegen, auch klarkommen, weil das Land jetzt Angebote macht und sagt, wir geben auch noch Umstrukturierungshilfe, wir steigen vielleicht sogar mit bis zu 50 Prozent in die neue Gesellschaft ein. Natürlich ist das alles, wenn dabei zwischen 60 und 70 Stellen verloren gehen, auch mit Einschnitten für das künstlerische Personal verbunden, aber ich sehe hier wirklich die Alternative nicht. Die Alternativen, die auf dem Tisch liegen, scheinen mir nicht dazu geeignet zu sein, dieses Konzept so umzusetzen, dass die Theater auch über 2020 hinaus sicher finanzierbar sind.

Eines darf nicht passieren: Wir machen jetzt ein Konzept und in zwei Jahren diskutieren wir hier schon wieder, weil das Geld nicht reicht, weil die ersten Theater und Orchester vor der Insolvenz stehen. Da sage ich mal, mir wird das Thema jetzt langsam hier im Landtag auch zu viel zerredet. Vielleicht sollten wir als Politiker uns das mal auf die Fahne schreiben: Manchmal ist ja Reden auch Silber und Schweigen ist Gold.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Manchmal ist es auch Pest oder Cholera.)

Insofern hoffe ich, dass die Kommunen sich jetzt zu diesem Thema verhalten und wir auch langsam in diesem Jahr zu einer abschließenden Regelung kommen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Berger von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Reinhardt, es rauscht ein ICE durchs Land und Sie scheinen davon nichts mitzubekommen. Machen Sie doch einfach mal die Augen und Ohren auf, dann merken Sie, welche Entwicklungen gerade in den einzelnen Kommunen vonstattengehen!

Im Dezember 2014 hat die UNESCO die Gesamtheit aller Theater und Orchester in Deutschland auf die Liste des immateriellen Weltkulturerbes gesetzt, und zwar deshalb, weil die Theater- und Orchesterlandschaft – also die historisch gewachsenen Strukturen – mit künstlerischer Aktivität ausgefüllt wird, weil Kinder und Jugendliche an unseren Theatern und Orchestern ein- gebunden werden und weil dort eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Gegenwart und den Problemen der Gegenwart stattfindet.

Das Land ist aufgrund der Zuordnung für den Bereich Kultur zuständig. Aus dieser Kulturhoheit erwächst aber auch eine Verpflichtung für das Land. Diese Verpflichtung bedeutet nicht, dass mit Autorität irgendwie gehandelt werden muss, sondern aus dieser Verpflichtung erwächst, dass es ein Benehmen mit den Kommunen, die die Träger der Theater sind, geben muss.

Henry Tesch hat bereits in der letzten Legislaturperiode ein Eckpunktepapier vorgelegt und hat versucht, es durchzusetzen. Allerdings war klar, dass es ein Misserfolg werden muss, weil sowohl die Theater als auch die Kommunen in diesen Prozess nicht einbezogen wurden. Der jetzige Kulturminister hat leider nicht aus den Fehlern seines Vorgängers gelernt und versucht es erneut mit Autorität.

Im Jahr 2012 wurden neun verschiedene Modelle vorgestellt und es wurde den Kommunen sage und schreibe sechs Wochen gegeben, um sich für ein Konzept zu entscheiden. Schon damals wurde deutlich, dass der Minister entweder nicht Bescheid weiß, wie die Entscheidungsprozesse in den Kommunen ablaufen, oder dass er nicht an einer einvernehmlichen Lösung interessiert ist. Ich tendiere zu Letzterem, denn das, was seit 2012 bis jetzt passiert ist, lässt mich eher zu diesem Schluss kommen.

In diese Reihe „autoritäres Verhalten“ fällt beispielsweise auch der Theatererlass für die Jahre 2014/2015, wo den Kommunen, die sich nicht kooperationsfreudig, sprich fusionsfreudig zeigen, mit einem Abzug von zehn Prozent der Theaterfördermittel gedroht wurde. Dazu gehört auch, dass den Oberbürgermeistern und den Landräten in der letzten Zeit vermehrt Briefe des Bildungsministers zugegangen sind, die noch einmal auf genau diese Kürzungen eingehen, was dann auch meinen Kollegen Herrn Koplin zu der Äußerung „Erpressung“ hinreißen ließ.

Die Theaterreform ist aber nicht nur autoritär, diese Theaterreform ist auch konzeptlos. Im Jahr 2013 wurde ein Modell für den westlichen Landesteil vorgelegt. Wir haben lange darum gekämpft, dass es öffentlich gemacht wurde. Ich glaube, es liegt bis heute noch irgendwo in der Schublade – zu Recht, denn umgesetzt wurde es auch nicht. Zwar mussten 30 Stellen am Mecklenburgischen Staatstheater abgebaut werden, unter anderem im Übrigen die Stelle der Puppenspielerin – ich möchte noch mal an die Begründung der UNESCO und an die Einbindung von Kindern und Jugendlichen erinnern – so sieht es nämlich in Mecklenburg-Vorpommern aus.

Im Jahr 2014 kam das Modell für den östlichen Landesteil hinzu. Auch hier haben wir lange um die Veröffentlichung gekämpft. Ob uns inzwischen alle Seiten des Papiers vorliegen – zwischendrin war mal die Rede von 500 Seiten –, wissen wir immer noch nicht. Aber allein von den 80 Seiten, die uns vorliegen, sind auf 10 Seiten

deutliche Fehler zu erkennen, Rechenfehler der METRUM Management GmbH, die sich teilweise auf Millionenbeträge belaufen. Diese Modelle der METRUM Management GmbH beruhen aber nicht nur auf Rechenfehlern, sondern beruhen auch auf unrealistische Annahmen oder münden in die Behauptung, dass durch eine Fusion ein Mehr an künstlerischer Qualität und ein besseres Angebot erwachsen würden. Diese Behauptung ist, glaube ich, inzwischen deutlich widerlegt.

Die Konzeptlosigkeit lässt sich aber beispielsweise auch an den Prämissen ablesen, die die Sozialministerin im Namen des Bildungsministers eben vortrug, nämlich der Prämisse, dass bis zum Jahr 2020 alle Mitarbeiter an dem Theaterflächentarif angekommen sein sollen. Gerade hier in Schwerin am Mecklenburgischen Staatstheater, wo der Minister selbst Verhandlungspartner war, wurde festgeschrieben, dass der Haustarifvertrag auf Dauer bei 16 Prozent unter dem Flächentarifvertrag liegen soll.

Und bitte schön, meine Damen und Herren, das, was für Schwerin gilt, sollte auch für die anderen Theater im Land gelten. Aber wenn die Gewerkschaft mit der Theaterleitung in Rostock ein ähnliches Modell aushandelt, wird vonseiten des Bildungsministers von Lohndumping gesprochen. Auch Frau Hesse hat eben mit der Begründung, dass das Solidarmodell wieder bei einem Haustarif bei acht Prozent unter dem Flächentarif landet, darauf hingewiesen, dass das nicht mit den Prämissen des Landes in Einklang zu bringen ist.

Die Alternativvorschläge wurden niemals ernsthaft geprüft, stattdessen wird mit Erpressungsmethoden gearbeitet und ständig schwebt über den Kommunen, die jetzt bald entscheiden müssen, das Damoklesschwert. Sprechen sie sich für ihre Theater aus, müssen sie mit Kürzungen leben. Aber das erschwert sozusagen die Bewertung von alternativen Modellen.

Die Theaterreform ist aber auch intransparent. Wir sehen großes Schweigen nach der Entscheidung der Bürgerschaft in Rostock, wir sehen oder hören großes Schweigen vom Bildungsminister, was es jetzt tatsächlich für konkrete Auswirkungen hat. Die einzelnen Fraktionen gehen von unterschiedlichen Vorstellungen aus. Der Bildungsminister trifft keine Aussagen, was diese Rostocker Entscheidung für Konsequenzen für das Mecklenburgische Staatstheater hat. Es werden im östlichen Landesteil keine Aussagen dazu getroffen, wie teuer eine Fusion tatsächlich wird. Zwar spricht der Bildungsminister in seinem Eckwertepapier von einer Finanzlücke von 1,4 Millionen Euro, die schon jetzt bei einer Fusion auftreten wird, aber dort sind nicht alle Kosten einkalkuliert.