Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Das ist die Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Große Vermögen stärker besteuern, die Drucksache 6/3738.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Große Vermögen stärker besteuern – Drucksache 6/3738 –

Das Wort zur Einbringung …

(Der Abgeordnete Peter Ritter tritt an das Präsidium heran.)

Na, Herr Ritter?

… hat die Abgeordnete Frau Rösler von der Fraktion DIE LINKE. Frau Rösler, bitte.

(Jochen Schulte, SPD: Lassen Sie sich nicht von Herrn Ritter stören, Frau Rösler!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von 1893 bis 1997, also mehr als 100 Jahre, gab es in Deutschland eine allgemeine Vermögensteuer. Seitdem wird sie nicht mehr erhoben. Formal existiert sie sogar noch. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die unterschiedliche Bewertung von Geldvermögen und Grundvermögen nicht zulässig sei. Dieser Fehler sollte behoben werden. Jedoch in der Folge wurde er nicht behoben. Und so ließ die Bundesregierung die Vermögensteuer 1996 aus- laufen. Seitdem tritt DIE LINKE für eine Wiederbelebung ein.

(Heiterkeit und Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Mal mehr, mal weniger wird sie auch von den GRÜNEN und von der SPD eingefordert.

Für die Vermögensteuer ist auch die Mehrheit der Deutschen. Es gibt dazu eine Reihe von Umfragen und auch die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern

steht dem positiv gegenüber, wie ich aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage erfuhr. Darin heißt es, ich zitiere: „Im internationalen Vergleich erhebt Deutschland nur sehr geringe vermögensbezogene Steuern. Insoweit wären grundsätzlich Spielräume für eine stärkere Besteuerung großer Vermögen denkbar.“ Zitatende.

(Torsten Renz, CDU: Das heißt aber noch nicht eindeutig Ja.)

Eine solche Aussage der Landesregierung ist nur zu bekräftigen und zu begrüßen, und das wollen wir mit diesem Antrag auch gern tun. Der Landtag sollte heute den Anstoß dazu geben, dass sich die Landesregierung eine Entscheidung etwas leichter macht und sich ganz aktiv für eine bundesweite Vermögensabgabe oder eine Vermögensteuer einsetzt.

Meine Damen und Herren, es gibt viele gute Gründe, die dafür sprechen. Die Erhebung einer Vermögensteuer ist in Artikel 106 des Grundgesetzes ausdrücklich vorgesehen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung in Deutschland über das absolute Gros des privaten Vermögens verfügt.

(Torsten Renz, CDU: Ist denn schon wieder Wahlkampf?)

Zudem wachsen die Vermögensbestände stetig, sie wachsen sekundenschnell.

(Heiterkeit und Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Der Staat aber nimmt aus den sogenannten vermögensbezogenen Steuern, wie etwa der Erbschafts- und Schenkungssteuer, nur sehr wenig ein. Schätzungen gehen davon aus, dass eine Steuer auf das Vermögen natürlicher Personen auch bei hohen Freibeträgen zu einem beträchtlichen Steueraufkommen führen kann.

So, und jetzt sollte die CDU besonders gut zuhören, denn renommierte Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gehen in einer Studie davon aus, dass Mecklenburg-Vorpommern durch eine bundesweite Vermögensteuer etwa 220 Millionen Euro zusätzlich einnehmen könnte, denn es handelt sich, wie wir wissen, um eine Ländersteuer. Das Geld würden wir über den Länderfinanzausgleich erhalten und be

kanntlich leben besonders viele Vermögende in den reichen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern oder Hessen.

(Unruhe bei Tilo Gundlack, SPD, und Egbert Liskow, CDU)

Aber selbst wenn es – in Anführungsstrichen – nur 100 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen bedeutet, wir sind als finanz- und strukturschwaches Land auf Mehreinnahmen dringend angewiesen

(Udo Pastörs, NPD: Wie viel sind das denn in M-V?)

im Sinne langfristig tragfähiger Haushalte,

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

die eine gute Entwicklung im Land ermöglichen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, die Freibeträge und die Ausgestaltung einer Vermögensteuer müssen selbstverständlich so sein, dass es dafür eine möglichst breite Akzeptanz gibt.

(Torsten Renz, CDU: Die Mehrheit ist dafür, haben Sie gesagt.)

Das heißt zuerst, selbstgenutzte Immobilien sollen nicht betroffen sein.

(Torsten Renz, CDU: Egal, wie groß die Immobilie ist? – Udo Pastörs, NPD: Oh, das ist aber gnädig!)

Vermögensteuersätze etwa von einem Prozent auf das Nettovermögen und Freibeträge von 2 Millionen Euro, wie sie zum Beispiel diskutiert werden, sind aus dem Ertrag des Vermögens finanzierbar, ohne diesen vollständig wegzusteuern und die Vermögenssubstanz in irgendeiner Form zu mindern.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Eine solche Steuer würde nur die absolut Reichsten treffen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, ein weiteres Aber heißt oft Steuerflucht. Leute würden mit ihrem Vermögen ins Ausland gehen.

(Egbert Liskow, CDU: Gucken Sie sich doch die Griechen an!)

Wenn das so ist, was wir nicht glauben, gibt es Wege und Möglichkeiten, Steuerflucht zu verhindern, zum Beispiel, wenn die Steuerpflicht an die Staatsbürgerschaft gekoppelt wäre.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Dann kann ein Deutscher oder eine Deutsche etwa in Liechtenstein oder auf den Seychellen wohnen oder wo

auch immer, muss aber hier beim Finanzamt angeben, was er oder sie verdient, welches Vermögen er oder sie hat

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Glocke der Vizepräsidentin)

und was er oder sie dafür an Steuern im Wohnsitzland bezahlt hat. Wenn er oder sie in Deutschland mehr zu bezahlen hätte, dann bekommt er oder sie hinsichtlich der Differenz einen Steuerbescheid.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Damit gibt es durchaus sehr gute Erfahrungen, etwa in den USA.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja goldig. Das ist ja goldig.)

Unfug ist auch die Behauptung, eine Vermögensteuer würde die wirtschaftliche Entwicklung gefährden. Können Sie sich vielleicht daran erinnern, dass die Wirtschaft vor 1997 völlig am Boden lag, weil es die Vermögen- steuer gab? Also ich nicht. Auch wir wissen, dass eine Steuer, auch eine Vermögensteuer, die Ungleichverteilung in Deutschland nicht gänzlich beseitigen kann. Aber der Begriff „Steuerpolitik“ muss endlich wörtlich genommen werden. Wir brauchen eine Politik, die tatsächlich steuert – hin zu mehr Verteilungsgerechtigkeit und hin zu nachhaltigen Mehreinnahmen für die öffentlichen Haushalte, auf die wir im Interesse der Allgemeinheit nicht verzichten dürfen. Wir bitten somit um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Toll!)

Danke, Frau Rösler.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.