Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Finanzministerin Frau Polzin. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Rösler, ich habe eine Menge Fantasie entwickelt, als ich mir vorgestellt habe, mit welcher Freude Sie diesen Antrag zu Papier gebracht haben.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Genauso war das. – Heiterkeit bei Helmut Holter, DIE LINKE: Der hat mir Spaß gemacht.)

Da kann man doch mal wunderbar die Regierung loben und dann schauen, wie sich die Koalitionsfraktionen jetzt verbal rumrudernd aus der Affäre ziehen.

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD, und Helmut Holter, DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

Also ich habe auch Spaß daran, das sage ich Ihnen ganz offen, werde aber, so ist es zumindest meine Absicht, in

meiner Argumentation tatsächlich ein paar Gründe bringen, weshalb man bei manchen Themen manchmal einfach sagen muss, warten wir mal ab. Ich werde das differenziert darstellen.

Für Ihren Einakter, den Sie hier mit diesem Antrag inszeniert haben, hat die Regierung auch noch große Teile des Drehbuchs geschrieben, nämlich in Form der Beantwortung der Kleinen Anfrage. Da steht in der Tat drin, dass wir gemessen im OECD-Maßstab einen sehr geringen Anteil haben an vermögensbezogenen Steuern und dass daraus natürlich auch objektiv zu schlussfolgern ist, hier gibt es noch Spielraum. So weit, so richtig.

Wann man welchen Spielraum nutzt und mit welchen Gründen und Mehrheiten, ist dann allerdings der zweite Teil der Debatte. Ich hoffe, das gelingt mir bei all den Unterthemen, die ich jetzt zu vermögensbezogenen Steuern nennen möchte, denn das ist bei Weitem nicht nur die Vermögensteuer. Wir haben im Moment zwei viel wichtigere Themen am Start, die natürlich auch spannend und in der Veränderung sind und die das gleiche Problem, das Sie hier aufgezeigt haben, genauso gut erwidern und dem entgegentreten können. Ich will sagen, in Ihrer Überzeugung gibt es, glaube ich, fundamentale Unterschiede in der Auffassung nicht, aber im Gegensatz zu Ihnen versuche ich immer, einen Leitsatz zu beherzigen. Der geht in etwa folgendermaßen: Herr, gibt mir die Kraft, Dinge zum Besseren zu wenden, die ich verändern kann, die zu ertragen, die ich nicht verändern kann, und gibt mir auch die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr gut. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Und das ist, glaube ich, genau der Kurs, mit dem ich jetzt reagieren muss.

(Beifall Egbert Liskow, CDU)

Beginnen wir ruhig mit der Vermögensteuer.

(Torsten Renz, CDU: Aber dann ist doch die Frage, warum muss man die Diskussion so anfeuern vorher.)

Falls Sie jetzt noch mit mir diskutieren wollen, können wir nachher gerne mal auf den Gang gehen.

(Beifall, Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin gut drauf.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das weiß Herr Renz seit Jahren, dass er das Echo dann abkönnen muss.

Lassen Sie mich bitte jetzt zu meiner Rede kommen, die ist mir eigentlich wichtiger als ein Scharmützel mit Ihnen. Das will ich mal so bewerten.

(Heinz Müller, SPD: Wahrscheinlich dauert die Rede auch länger als das Scharmützel. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Ja, ich werde schnell machen. Das geht in Ordnung. Herr Müller, jetzt ist es gut. Jetzt gehts zum Thema hier, sonst kriege ich noch einen Ordnungsruf von der Präsidentin, und zwar zu Recht.

(Stefanie Drese, SPD: Die guckt schon! – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Beginnen wir mit dem Thema Vermögensteuer, Vermögensabgabe. Das wäre noch eine Variante, die dann aber nur dem Bund zusteht und insofern für uns auch nicht so sehr attraktiv wäre. Bei der Vermögensteuer wissen Sie seit Jahren, dass es da unterschiedliche Positionierungen gibt, gab und wahrscheinlich in der Zukunft immer noch geben wird. Die SPD hatte sich mit sehr viel Vehemenz im Grunde vorbereitet, Vermögensteuer neu auf den Weg zu bringen, nachdem durch ein Verfassungsgerichtsurteil die jetzige auf null gestellt wurde. Wir haben uns der Überlegung, die Sie hier zum Teil auch differenziert vorgetragen haben, mit etlichen Rechenmodellen und Varianten gestellt, um wirklich mit Augenmaß hier umzugehen. Es ging niemandem darum, mit der Vermögensteuer die Insolvenz anzutragen, sondern nur so viel, wie jemand auch tragen konnte.

Der zweite Teil der ganzen Überlegung war natürlich, sind das Dinge, die man sehr leicht administrieren kann, denn es gibt hier einen ungeheuren Erhebungsaufwand, der für Verwaltung wieder sehr große Konsequenzen hat. Das Ganze mit Augenmaß zu gestalten, das verrate ich Ihnen mal aus dem Nähkästchen, ist auch innerhalb der Länder sehr unterschiedlich gesehen worden. Wir haben rot-grün-geführte Länder, nein, grün-rot wie in Baden-Württemberg. Glauben Sie mir, da ist das Thema Vermögensteuer mit einer etwas anderen Brille bewertet worden,

(Torsten Renz, CDU: Weil sie die nächste Wahl nicht verlieren wollen. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

sodass man sich teilweise auch fragen musste, hätte man das überhaupt hinbekommen.

(Torsten Renz, CDU: Weil die Angst haben, die Wahl zu verlieren, und weil da so viele Reiche sind, ist doch logisch! – Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Nichtsdestotrotz gab es mehrere Modelle und danach, wie Sie wissen, gab es eine Wahl mit einem Wahlergebnis, mit einer Koalition und einem Koalitionsvertrag. Dort steht die Vermögensteuer nicht drin. Da sage ich, das ist Teil 2 des Spruches, das sind Dinge, die kann ich zurzeit nicht ändern, also ertrage ich sie. Es kommen vielleicht wieder andere Situationen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Vielleicht verändert sich die Welt auch so, dass wir plötzlich alle der Meinung sind, man muss das unbedingt tun. Denken Sie nur an den letzten Tagesordnungspunkt zur Atomkraft, da haben manche auch einen weiten Weg überwunden. Auch hier, denke ich, werden wir irgendwann bestimmt zu dem Punkt kommen. Im Moment als Land Mecklenburg-Vorpommern drei Meter hoch zu springen und eine Bundesratsinitiative anzu…

(Heiterkeit bei Egbert Liskow, CDU: …zetteln.)

…kurbeln oder aber auch die Bundesregierung von hier aus aufzufordern, das geht für mich in die Kategorie „verschwendete Kraft“. Da sage ich ganz deutlich, das gucke ich mir an anderer Stelle wieder an, das wird wieder aufgerufen.

Der zweite Punkt, bei dem wir natürlich vermögensbasiert genau hinschauen müssen, ist das jetzige Verfassungsurteil zur Erbschafts- und Schenkungssteuer. Hier hat uns das Verfassungsgericht – aus meiner Sicht auch völlig zu Recht – aufgeschrieben, dass das Thema „Verschonung von besonderen Bereichen“ exorbitant überzogen wurde. Sie erinnern sich vielleicht, dass das vor Jahren noch ein politischer Kompromiss war, um überhaupt diese Steuer auf den Weg zu bringen. Insofern sind nun die Bundesregierung und auch die Länder im Geleitzug gehalten, eine verfassungskonforme Gesetzesnovellierung zu machen.

Mit Verlaub, ich habe mich sehr gefreut, als ich die Äußerungen des Bundesfinanzministers Schäuble dazu gesehen habe. Das war ein kühner Schritt. Ich fürchte nur, der wird kassiert von einigen Länderfürsten. Ich habe da schon einiges gehört. Aber ich glaube, wenn man noch mal darüber redet, wie die Administrierbarkeit Bestand der Fakten ist, dann wird dabei eine vernünftige Lösung rauskommen. Wir als Land mischen uns da enorm ein. Wir haben vor allem ein übergeordnetes Ziel, dass wir schnellstmöglich wieder auf die rechtliche Grundlage kommen, ansonsten droht nämlich das Schicksal der Vermögensteuer, ja, dass wir nie wieder was Vernünftiges hinkriegen und dann zum Schluss überhaupt nichts kommt. Das wäre, glaube ich, der GAU dabei. Darum sind wir sehr konstruktiv an dem Thema.

Wenn ich morgen entschuldigt im Landtag fehle, habe ich unter anderem auch dieses Thema. Direkt mit Herrn Schäuble sitzen alle Länder zusammen, um hier zu einer konstruktiven Lösung zu kommen. Das ist natürlich stark auf Vermögen ausgerichtet und man wird auch immer im Blick behalten müssen, dass gerade beim Übergang von Firmen, von Wirtschaftsgütern hier Arbeitsplätze erhalten werden. Insofern sage ich immer, Verschonungsregeln sind nicht nur sinnvoll, sondern auch vom Verfassungsgericht durchaus gewollt. Aber das Ganze muss eben mit Augenmaß geschehen und nicht zu dem Ergebnis führen, das wir ja nun zurzeit als Gesetz vorliegen haben. Wenn wir es auch nicht ausdrücklich erwähnen, ist natürlich davon auszugehen, dass man bei dem Rückzug von Verschonung ein höheres Aufkommen hat als jetzt, das liegt auf der Hand. Das wird aber keiner als zusätzliche Motivation vermutlich ins Gesetz schreiben, das ist selbstredend dann so.

Drittes Thema – Grundsteuer, das ist ja die einzige Steuer, die noch nicht konsequent verkehrswertorientiert erhoben wird.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Uns allen muss klar sein, dass hierbei nicht nur große Vermögen angepackt werden, denn gerade mit der Bemessungsgrundlage auf einer Basis von 1964 beziehungsweise bei uns von 1935 weiß jeder, dass es da völlige Verzerrungen gibt und dass es immer noch möglich ist, die Villa am Starnberger See von großen Grundsteuern fernzuhalten. Die ist so schreiend ungerecht, dass ich eigentlich mein ganzes Hauptengagement da reinsetze. Ich sehe mich dabei gemeinsam mit den neu

en Ländern ganz vorn an der Spitze und will Ihnen auch mal erklären, was wir da als Land doch eher als bei den anderen beiden Steuerarten federführend mitgestalten können.

Sie haben bestimmt gehört, dass es vor elf Jahren einen Entwurf gab, den die Länder dem Bund 16 : 0 vorgelegt hatten. Dieser sollte ein Gesetz daraus machen, ein besseres als das jetzt gültige. Der Bund hat das als verfassungswidrig abgelehnt, und das ist jetzt elf Jahre her. Seitdem dümpeln wir rum und haben keine neuen Vorschläge aus einer Hand, obwohl es Tausende gibt. Und es hat sehr, sehr viel Kraft gekostet, meine Kollegen vor allem in den alten Bundesländern überhaupt mal wieder an den Verhandlungstisch zu ziehen. Das ist ein Thema, das mit viel Kraft gern verhindert wird – lasst uns bei dem alten bleiben, denn jedem ist klar, wenn es ein neues Gesetz gibt, dann wird es Gewinner und Verlierer geben. Und diese Debatte möchte nicht jeder aushalten.

Es ist also so, dass ich immer wieder zur Kenntnis nehmen muss, wir haben konkrete Aufträge, wir haben einen Zeitplan, wir haben Eckpunkte bereits beschlossen, immer auf Initiative eigentlich von mir. Ich mache das immer am Kamin, da ziehe ich die dann alle wieder ran. Und wir sind im Moment in der Phase, dass ich mit einiger Hoffnung sagen kann, dass wir in diesem Jahr zumindest dem Bund unseren Plan insgesamt, unser Modell vorlegen, sodass der dann ein Gesetz daraus basteln kann. Wir merken schon, letztendlich ist dies alles Bundeskompetenz. Wir können immer nur zuarbeiten und in gewisser Weise auch da, wo es sich lohnt, seine Kraft reinzustecken, wirklich mit allem Engagement tätig werden. Ich denke, damit bin ich Ihrem Antrag so weit entgegengekommen, dass ich sagen kann, ich nehme das sehr ernst, ich empfinde auch den Grundansatz richtig, und dennoch sage ich Ihnen am Ende, um wieder auf meinen Eingangsspruch zurückzukommen: Die Vermögensteuer ist zurzeit nicht umsetzbar.

(Torsten Renz, CDU: Also Antrag ablehnen.)

Ich setze meine Kraft in Dinge, bei denen wir eine Chance haben, die ebenso notwendig sind, und die Vermögensteuer liegt dann auf Wiedervorlage. Und insofern ist das vielleicht jetzt zu sachlich gewesen, weil Sie ja eigentlich Spaß haben wollten mit Ihrem Antrag, aber das könnten wir vielleicht über die Diskussion erreichen.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Helmut Holter, DIE LINKE: Nein, nein, nein, es ist uns sehr ernst mit diesem Antrag.)

Das ist in Ordnung, Herr Holter. Aber Sie haben auch gelächelt, als ich gesagt habe, wie schick das jetzt wird mit den Koalitionsfraktionen. Schauen wir mal! Ich glaube, die haben alle gute Argumente, dass man mit diesem Thema …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Den Spaß mit der Koalition wollten wir haben, aber das Thema ist uns schon sehr ernst.)

Sehr gut, Herr Holter, mir auch. – Insofern bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)