Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Fraktionsvorsitzende Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben dieses Thema bewusst aufgesetzt

(Michael Andrejewski, NPD: Nicht im Traum. – Udo Pastörs, NPD: Nicht unbewusst, nein.)

und das aus dem Grund, wie Frau Ministerin Hesse eben angeführt hatte, dass es ein großes Reformvorhaben in Deutschland ist. Wir haben in den ersten zwei Monaten dieses Jahres eine intensive Diskussion in der Öffentlichkeit und nicht nur in der Öffentlichkeit gehabt über die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland. Wir haben alle irgendwie Bezüge dazu gefunden, weil …

(Torsten Renz, CDU: Ja, die hätte man aber bis 31.12. führen müssen und nicht ab 01.01. Im Gesetzgebungsverfahren muss man sie sehen. Das gilt nicht nur für Sie, das gilt auch für andere.)

Mit wem haben Sie jetzt gesprochen, mit mir?

(Torsten Renz, CDU: Ja. – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Wir haben uns im Gesetzgebungsverfahren übrigens gemeldet, Herr Renz. Sie doch auch. Warum treffen Sie jetzt diesen Ausspruch, dass wir uns im Gesetzgebungsverfahren hätten melden müssen? Wir haben uns auf Bundesebene, auf Landesebene immer zu der Mindestlohnfrage hier verständigt, weil, Herr Renz, auch im Unterschied zu der SPD und auch im Unterschied zu Ihnen, auch zu den GRÜNEN wollen wir einen Mindestlohn ohne Wenn und Aber, denn wir haben hier gefordert ohne Ausnahmen,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

dass die Saisonarbeiter, die Langzeitarbeitslosen, die Zeitungszusteller und alle anderen, die nicht an den Mindestlohn kommen,

(Torsten Renz, CDU: Steht aber nicht in Ihrem Antrag.)

dass die alle den Mindestlohn bekommen,

(Torsten Renz, CDU: Das ist jetzt nicht Thema.)

das heißt, ohne Wenn und Aber.

(Torsten Renz, CDU: Versuchen Sie nicht, das Thema zu verwässern! Jetzt versuchen Sie nicht, das Thema zu verwässern!)

Wir haben es vorausgesehen, dass es Schlupflöcher gibt und Hintertürchen. Wir haben gesagt, dass diese Schlupflöcher gar nicht erst eröffnet werden dürfen. Und natürlich haben wir vorausgesehen – das hat nichts mit Klassenkampfideologie zu tun, Herr Pastörs –, dass es auch einige Umgehungstatbestände geben wird, selbstverständlich. Deswegen ist es notwendig, dass die Einführung des Mindestlohnes kontrolliert wird.

(Udo Pastörs, NPD: Sie haben doch zugegeben, dass es so was gibt. Kontrolle muss sein.)

Dass es den Mindestlohn gibt, das ist gut

(Udo Pastörs, NPD: Ihre Motivation ist eine andere.)

und das wird auch von 86 Prozent der Bevölkerung unterstützt. Das ist die gute Nachricht. Das andere ist doch,

was ich gerade gesagt habe: Er ist eben nicht flächendeckend und er ist nicht allgemeingültig, weil es Schlupflöcher gibt, weil es Ausnahmen gibt und weil es Verunsicherung gibt.

Herr Pastörs, das, was wir gemacht haben als LINKE gerade in dieser Frage und nicht nur in dieser Frage, ist – und ich hoffe, Herr Wilken, der da hinten sitzt, wird das bestätigen –, wir haben uns beide Seiten angehört. Wir haben mit den Unternehmerinnen und Unternehmern gesprochen und wir haben mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gesprochen, um zu wissen, wie die Einführung des Mindestlohnes funktioniert. Und natürlich hat das was mit Partnerschaft zu tun.

(Udo Pastörs, NPD: Aber das flächendeckend durchprüfen.)

Ich habe einfach die Sorge, und deswegen ist das geforderte Monitoring vollkommen richtig, dass die gute Idee des Mindestlohns unterlaufen wird und die Akzeptanz des Mindestlohns in der Gesellschaft dadurch verliert – das will ich nicht –, weil dieses Gesetz schlecht vorbereitet wurde und weil es in der Umsetzung schlecht begleitet wurde.

Es gibt Verbände und auch Unternehmensverbände, zum Beispiel der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hier in Mecklenburg-Vorpommern, die tatsächlich mit einer sogenannten Roadshow ihre Unternehmerinnen und Unternehmer beraten haben bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, vollkommen in Ordnung. Es gibt andere Branchen, da ist keine Beratung erfolgt, da standen die Unternehmerinnen und Unternehmer alleine.

Das ist genau der Punkt, worum es bei diesen Dingen geht, weil auch die Unternehmerinnen und Unternehmer verunsichert waren: Was heißt denn nun das, was im Gesetz ganz konkret steht? Deswegen bin ich der Meinung, auch im Interesse der Unternehmerinnen und Unternehmer und dann in der Folge für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen alle Unklarheiten und Verunsicherungen abgebaut werden.

(Torsten Renz, CDU: Das haben Sie doch auch im Wirtschaftsausschuss vereinbart, Herr Holter.)

Was bedeutet das denn, wenn der DGB – ich halte die Zeitung nicht hoch, Frau Präsidentin – 15 Lohntricks der Arbeitgeber auflistet innerhalb der ersten zwei Monate, wenn jetzt auf einmal über Messergeld gesprochen wird und die Fleischer, diejenigen, die in den Schlachtbetrieben arbeiten, 100 Euro pro Monat abführen müssen, weil sie ein Messer gestellt bekommen als Arbeitsgegenstand von ihrem Arbeitgeber? Das sind doch all die Fragen, wo es um Schlupflöcher geht oder wo der Mindestlohn ausgehebelt wird und viele andere Dinge mehr.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Stellschrauben, die kennen Sie sicherlich alle im Einzelnen.

Deswegen haben Sie vollkommen recht, Herr Renz, Sie haben mich ja zitiert, gut gemeint ist eben nicht gut gemacht.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Und das war von mir? Das war von mir?)

Deswegen, Frau Tegtmeier, meine ich, wenn man meint, man müsse auf eine gerichtliche Klärung warten, dann sind Sie und alle diejenigen, die das gefordert haben, falsch gewickelt. Ich bin der Meinung, das muss der Gesetzgeber, das muss die Bundesarbeitsministerin von vornherein klarstellen, damit Rechtssicherheit besteht, sowohl für die Unternehmerinnen und Unternehmer wie auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deswegen ist es notwendig, diese Rechtsklarheit zu schaffen.

Im Übrigen, wenn Sie sich hier vorbereitet haben, werden Sie möglicherweise festgestellt haben, dass die Linksfraktion im Bundestag schon aktiv geworden ist. Ich bitte Sie, die Drucksache 18/4183 des Bundestages vom 3. März dieses Jahres herauszunehmen, und dort werden Sie genau die Punkte finden, die geklärt werden müssen. Die Linksfraktion im Bundestag hat das eingefordert. Ich bin gespannt, wie die Bundesarbeitsministerin – hoffentlich nicht in einer Kaffeerunde – darauf reagiert, weil genau das jetzt schon klar ist, und da müssen wir nicht bis Ende des Jahres warten, sondern das muss jetzt geklärt werden.

(Udo Pastörs, NPD: Also Kaffee muss nicht störend sein.)

Ich will Ihnen auch sagen, warum. Weil nämlich eine gerichtliche Klärung lange dauern kann. In dem einen Fall, den Herr Foerster hier vorgetragen hat, ging es relativ schnell – Gott sei Dank für die Kollegin und für die, die davon betroffen sind. Aber eine gerichtliche Klärung kann lange dauern, lange für den Unternehmer und für den Arbeitnehmer und die Unternehmerin und die Arbeitnehmerin natürlich auch. Was heißt das aber, wenn möglicherweise nach zwei, drei Jahren eine gerichtliche Klärung erfolgt? Dann sind Nachzahlungen erforderlich, Nachzahlungen auch an die Sozialversicherungssysteme. Das sind doch Belastungen. Das will ich vermeiden.

Deswegen, Herr Pastörs, ich denke an die Unternehmerschaft genauso wie an die Arbeitnehmerschaft. Es geht um beide Seiten.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Wir haben vor elf Monaten hier in diesem Landtag in einer Aktuellen Stunde darüber gesprochen, Herr Renz, und genau diese Forderungen aufgemacht. Was ist denn passiert? Sie als CDU/CSU haben doch die Bundesarbeitsministerin unter Druck gesetzt

(Torsten Renz, CDU: Oha! Oha!)

und diese hat sich über den Tisch ziehen lassen. Deswegen ist es zu diesen Ausnahmetatbeständen gekommen, deswegen ist es zu diesem Murks gekommen,

(Torsten Renz, CDU: Herr Holter, ich sage es noch mal: Das, was Sie hier zur Diskussion stellen, steht überhaupt nicht in Ihrem Antrag. Das steht nicht in Ihrem Antrag.)

der jetzt hier mit dem Mindestlohngesetz verbunden ist, und deswegen wird es auch zu einer Klageflut kommen. Das kann doch keiner wollen, dass jetzt über die Gerichte all diese offenen Fragen geklärt werden.

Was passiert denn auf Bundesebene aus der CDU und der CSU? Sie torpedieren dieses Mindestlohngesetz. Wir

können uns doch zusammen mit der SPD freuen, dass es endlich geschafft wurde, dass Sie auch überzeugt wurden, dieses Gesetz einzuführen. Aber Sie haben dazu beigetragen, dass genau dieses Gesetz so schlecht geworden ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Aha!)

Ja. Und jetzt diskutieren Sie, Herr Renz, jetzt diskutiert die CDU angesichts der Probleme und der offenen Fragen bei der Einführung des Gesetzes, dass man an dem Gesetz schrauben müsse, und zwar nicht zur Rechtsklarheit, sondern dass man weitere Ausnahmetatbestände schaffen müsse, dass der Mindestlohn eben nicht gezahlt werden muss. Das halten wir für den falschen Weg,

(Torsten Renz, CDU: Im Leben nicht.)

weil wir den Mindestlohn für alle wollen, die ihn nötig haben, und keine Ausnahmetatbestände schaffen wollen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und, meine Damen und Herren, es interessiert Sie eben nicht, wie die Bevölkerung in dieser Frage denkt. 80 Prozent der Bevölkerung sind nämlich für den gesetzlichen Mindestlohn und sogar in dem Fall, wenn es zu einer Preissteigerung kommt.