Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Debatte wurde auch von Herrn Müller bereits vieles angesprochen, vieles gesagt zum Thema Landkreisneuordnung. Es ist auch nicht neu, das Thema. Es wurde schon gesagt, dass wir seit gut zehn Jahren darüber sprechen.
Während der Innenminister auch heute noch mal eine positive Bilanz gezogen hat, wird die Reform auf der kommunalen Ebene natürlich wesentlich kritischer gesehen. Der Städte- und Gemeindetag etwa zieht eine ernüchternde Bilanz. So verweist er darauf, dass die Funktionalreform, die unstrittigerweise nicht so ein ganz großer Wurf war, hinter den Ansprüchen und Erwartungen zurückgeblieben ist. Beispielhaft wird hier auf das Verkehrsrecht verwiesen und die Aufstellung von Verkehrsschildern. So banal ist manchmal die Welt, aber ich finde das ganz interessant, dieses Beispiel. Der Städtetag verweist in einer Mitteilung darauf, dass es dafür nach wie vor einer Ortsbesichtigung von Mitarbeitern aus mehreren Behörden bedarf. Der Aufwand wird natürlich nicht weniger, je weiter entfernt die Kreisverwaltungen sind. Einfacher wird es dadurch mit Sicherheit nicht.
Herr Müller, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie noch mal das Gutachten von Herrn Hesse angesprochen haben
zum Thema „Bereitschaft von Ehrenamtlern, kommunale Mandate anzunehmen beziehungsweise sich hier zu engagieren“. Da stellt sich meines Erachtens nicht bloß die Frage, wie viele Menschen heute noch bereit sind, für einen Sitz zu kandidieren. Da hat sich in der Tat nicht viel geändert. Die Frage ist vielmehr, wer ist bereit,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Frage ist, wie viele Politiker haben ihr Mandat schon zurückgegeben von SPD und CDU.)
wir sehen halt auch, dass es vor allem Verwaltungsmitarbeiter sind, hauptamtliche Bürgermeister, die sich das zeitlich auch leisten können, aber auch Landtagsabgeordnete.
(Heinz Müller, SPD: War das früher anders?– Torsten Renz, CDU: Herr Saalfeld, war das fünf Jahre vorher anders?)
Das war früher nicht anders, aber die Tendenz zeigt in die Richtung, dass sich das in Zukunft sowieso nur noch hauptamtlich beschäftigte Personen in den kommunalen Verwaltungen leisten können. Der eine oder andere Bürgermeister wird zu seinen Veranstaltungen gefahren, da stört dann die Strecke nicht.
Aber für die Ehrenamtler im eigentlichen Sinne wird es in der Tat schwieriger. Ich glaube, das wird von Ihnen auch nicht infrage gestellt, dass die weiteren Wege auf jeden Fall eine Herausforderung für das Ehrenamt sind. Es gibt schon prominente Mitglieder, insbesondere bei der CDU, die ihr Kreistagsmandat niedergelegt haben,
(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, da kenne ich noch andere, die sitzen hier im Raum. – Zurufe von Torsten Renz, CDU, Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das war jetzt auch nicht ganz ernst gemeint, zumindest was das Beispiel anbelangte, aber in der Tat haben wir sowohl bei der SPD als auch bei der CDU genau mit diesem Problem zu kämpfen – auch bei uns, ganz klar, auch bei den GRÜNEN. Wir erleben das Tag für Tag, dass es wirklich eine große Herausforderung ist. Deswegen will ich das nicht einfach so vom Tisch wischen und sagen, es ist doch sozusagen statistisch belegt, dass sich immer noch genauso viele Menschen auf einen Sitz bewerben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wie gesagt heute schon viel gesagt worden, bloß noch nicht von jedem. Ich möchte noch mal ganz klar die GRÜNENPosition unterstreichen. Wir GRÜNEN stehen zur Kreisgebietsreform. Wir halten das Anliegen prinzipiell erst mal für sinnvoll. Wir müssen allerdings feststellen, dass viele handwerkliche Fehler gemacht wurden und diese handwerklichen Fehler auf dem Rücken der kommunalen Mandatsträger ausgetragen wurden.
Ich möchte auf zwei Aspekte noch mal explizit eingehen, die mir wichtig sind, und zwar erstens auf die finanzielle Situation unserer Kommunen und insbesondere der Landkreise. Dann möchte ich auf einen Aspekt eingehen, der heute noch nicht angesprochen wurde, der vielleicht nicht unbedingt der wichtigste ist, der aber nicht unter den Tisch fallen sollte, nämlich dass wir auch bei der Zusammenlegung der IT-Strukturen gerade vor einer großen Herausforderung stehen, die nicht ganz billig wird, und ich glaube, da widerspricht auch der Innenminister nicht. Er nickt schon. Das ist in der Tat eine Herausforderung.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Der nickt schon. – Vincent Kokert, CDU: Ganz kräftig. – Minister Lorenz Caffier: Da hat er recht.)
Nein, er hat doch gesagt, also Zwischenruf vom Innenminister, noch mal fürs Protokoll: Er hat recht.
Die Finanzausstattung der Kommunen ist insgesamt in eine Schieflage geraten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Zwar war im letzten Jahr der Finanzierungssaldo wieder knapp positiv, aber nur dank zusätzlicher
Zahlungen durch das Land. Herr Müller hat das eben gerade schon mal dargelegt. Insbesondere die Landkreise weisen weiterhin negative Finanzierungssalden aus, und das seit Jahren. Die Schere zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen geht weiter auseinander, das ist das Problem. Im Schnitt war, wie gesagt, der Teich nur einen halben Meter tief, trotzdem ist die Kuh ertrunken.
Die haben allerdings das Problem, dass die finanzstarken und finanzschwachen Kommunen sich auseinanderentwickeln. Die Pro-Kopf-Verschuldung im Kreis Vorpommern-Greifswald beträgt zum Beispiel 2.304 Euro je Einwohner, im Landkreis Rostock sind es hingegen nur 1.176 Euro je Einwohner.
Während die Sozialausgaben steigen, fehlen die Mittel für die notwendigen Investitionen und freiwilligen Aufgaben. Starke Kommunen brauchen eine auskömmliche Finanzierung. Das ist jetzt kein Allgemeinplatz, sondern das ist wirklich wichtig. GRÜNEN-Ziel ist die dauerhafte und verlässliche Finanzierung der Kommunen im Land.
Sie sprachen schon die Sonderprogramme an, Herr Müller. Sie sagten, das sind die viel bekrittelten Sonderhilfen. Ich will das noch mal ins rechte Licht rücken. Wir als Opposition bekritteln nicht, dass Sie die Kommunen mit Geld unterstützen, sondern wir bekritteln, wie Sie das so schön sagen, wie Sie es machen, nämlich mit Sonderprogrammen sozusagen von Jahr zu Jahr oder...
Das ist zweckorientiert, weil ich einen konkreten Zweck habe. Sie legen Sonderprogramme auf, um die Grundfinanzierung der Kommunen in Ordnung zu bringen.
ich hatte es im Tagesordnungspunkt davor schon gesagt, noch mal darauf hingewiesen, dass die Investitionen der Kommunen immer geringer werden und dass erhebliche Folgeprobleme entstehen werden, wenn wir uns dieser Problematik nicht annehmen.
Zwei Minuten noch, dann war das jetzt sozusagen nur Fehlalarm. Ich habe noch zwei Minuten. Das war vielleicht auch nicht schlecht, dann weiß ich es wenigstens.