Als großes Beispiel zum Thema Schadstoffe sei hier die Tierzucht Gut Losten GmbH & Co. KG angeführt – wir müssen nicht immer auf Straathof kommen –,
die unweit von Bad Kleinen eine der größten Schweinemast- und Sauenanlagen Deutschlands betreibt. 34.000 Schweine führen dazu, dass die Grundwassermessstelle Losten im Jahr 2013 mit 286,6 – nehmen wir es mal ganz genau – Milligramm Nitrat pro Liter den zweithöchsten Wert Deutschlands erreichte. Das ist das Fünffache des Grenzwertes! Die Werte kommen aus einer Kleinen Anfrage der bündnisgrünen Bundestagsfraktion.
Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern drückt sich seit Jahren um die Beantwortung, welchen Beitrag
die konzentrierten Nutztierbestände zu den akuten Umweltproblemen in Mecklenburg-Vorpommern leisten.
(Dr. Till Backhaus, SPD: Das ist schlicht und ergreifend falsch. Unwahr! – Burkhard Lenz, CDU: Das ist gelogen.)
Werden dann doch mal Untersuchungen gemacht oder in Auftrag gegeben, sind sie ausgerechnet in diesem Punkt unpräzise. So rechnete ein im Auftrag des Landesumweltamtes 2013 erstelltes Fachgutachten zum Thema „Regionalisierte Stickstoffbilanz“ mit viel zu geringen Tierzahlen. Die Gutachter rechneten beispielsweise mit einem Schweinebestand von 486.000 Tieren, obwohl es in Mecklenburg-Vorpommern fast den doppelten Bestand gibt, nämlich 820.000 Schweine, ebenso bei Hühnern und Puten. Wir können es fortführen. Hier wurde die Zahl von knapp 4 Millionen Tieren angenommen, obwohl das Statistische Landesamt 8,5 Millionen Tiere angibt, und nach unserer Kleinen Anfrage zu diesem Thema, beantwortet von der Landesregierung, von 11 Millionen Tieren ausgegangen werden muss.
den die großen Tierbestände zum verbreitet schlechten Zustand unseres Grundwassers leisten. Hier muss die Wissenschaft fundierte Zahlen liefern. Dies würde den Weg zu einer Begrenzung der Bestände pro Anlage und pro Region deutlich voranbringen. Wenn wir über Obergrenzen in der Tierhaltung auch in den Ställen reden, dann ist das aus vielerlei Gründen wichtig: einmal aus Tierwohlgründen, zur Reduzierung von Schadstoffquellen in der Landwirtschaft, selbstverständlich aber auch bezüglich der Arbeitsplätze, denn je größer die Tierhaltungsanlagen, desto weniger Menschen finden dort vor Ort Arbeit
Lassen Sie mich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, abschließend noch eine weitere wichtige Stellschraube auf dem Weg zur Obergrenze in der Tierhaltung erwähnen, die wir, ja, wir vermissen das Baugesetzbuch, …
Ja, zwei Sätze noch: Wir stimmen der Überweisung des Antrages in den Agrarausschuss zu, weil es viele offene Fragen gibt. Ansonsten begrüßen wir den Antrag und ja, wir stimmen dem Antrag zur Überweisung zu. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Uns interessiert, ob es inzwischen eine Einigung gegeben hat, Herr Krüger. – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundeslandeswirtschaftsministerium hat ein Gutachten herausgegeben. Das haben meine Kolleginnen und Kollegen hier entsprechend vorgestellt. Das Gutachten befasst sich mit Wegen zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung.
Aber nun betrachten wir uns mal die gesellschaftliche Debatte, wie wir sie hier in Mecklenburg-Vorpommern haben beziehungsweise darüber hinaus. Meine Damen und Herren, es gibt zwei Ebenen. Die eine Ebene, das ist der Viehbesatz in der Region, und die andere Ebene, das ist der Viehbesatz in einem Stall beziehungsweise mögliche Stallobergrenzen. Frau Gerkan hat das eben auch schon gesagt.
Beim Viehbesatz in der Region haben wir in MecklenburgVorpommern mit 0,4 Großvieheinheiten je Hektar gemeinsam mit Sachsen-Anhalt europaweit den geringsten Viehbestand. Europaweit den geringsten Viehbestand!
Selbst die GRÜNEN-Verbände erkennen dies an, wenn man sich das Gutachten vornimmt, das in Greifswald jetzt erstellt worden ist von den GRÜNEN, das Papier, da ist das auch noch mal ausdrücklich von den GRÜNENVerbänden anerkannt worden. Zudem glaube ich, dass die maximal anzustrebende Größe, was Viehbesitz anbetrifft, wir hier eine relative Einigkeit haben. Ich glaube, die CDU hat 2 Großvieheinheiten genau wie die SPD als Maximalgröße genannt. DIE LINKE hat das auch genannt. Insofern gibt es zumindest zwischen LINKEN, Sozialdemokraten und der CDU, was die regionale Maximalausstattung mit Viehbesatz betrifft, eine Einigkeit. Die GRÜNEN haben in einer Debatte mal die Zahl 1,7 genannt, das ist etwas niedriger, aber, ich glaube, das ist auch nicht eine Größe,
wo man nicht am Ende auch zueinander kommen würde. Also da, glaube ich, ist etwas, wo man miteinander ins Gespräch kommen kann.
Zusammengefasst: Der Gesamtviehbesatz in Mecklenburg-Vorpommern mit 0,4 Großvieheinheiten ist gering. Zu viel Vieh in der Fläche unseres Landes ist nicht das eigentliche Problem, was wir haben. Ich gehe daher davon aus, dass diese Ebene nicht vorrangig betrachtet werden muss.
Die zweite Diskussionsebene befasst sich mit dem Viehbesatz in der Stallanlage. Hier spielen verschiedene
Faktoren eine Rolle. Zum Beispiel: das Tierwohl, aber auch die Wirtschaftlichkeit einer Anlage, die sozialräumliche Kompatibilität einer Anlage, dazu gehören beispielsweise Zulieferverkehr, Abtransport, Geruchsbelästigung, Lagermöglichkeiten für Futter, Gülle und ähnliche Dinge, aber auch die Umweltbelastung für Böden und Luft und sicher noch einiges mehr.
Womit befasst sich das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung? Es befasst sich vorrangig mit der ersten Diskussionsebene, dem Viehbesatz in einer Region, also dem Themenfeld, bei dem wir mit wie gesagt 0,4 Großvieheinheiten über die ganze Landesfläche betrachtet keine vorrangigen Probleme haben.
Womit befasst sich die Studie nicht oder nur am Rande? Mit der zweiten Diskussionsebene, nämlich: Wie groß darf eine Stallanlage sein oder, wie wir sagen, mit möglichen Bestandsobergrenzen für Stallanlagen. Genau das ist aber die gesellschaftliche Debatte in unserem Land. Ich will hier nur das Stichwort „Alt Tellin“ nennen, der Kollege Fritz Tack hat das auch getan.
Vielmehr finden sich folgende Sätze der Wissenschaftler in der Kurzfassung des Gutachtens, ich zitiere: „Bei insgesamt komplexen Zusammenhängen kann keine klare generelle Beziehung zwischen Bestandsgröße und Tiergesundheit festgestellt werden. Etwas deutlicher ist dagegen der Zusammenhang zwischen Tiergesundheit und regionaler Konzentration der Tierproduktion. Räumlich von anderen Tierhaltungen abgelegene Betriebe tragen ein wesentlich geringeres Risiko des Eintrags spezifischer Keime als in viehstarken Regionen gelegene Betriebe.“ So weit das Zitat.
Das heißt nach Lesart des Gutachtens, ich sage es mit meinen Worten, Stichwort „Tiergesundheit“: Ein Zusammenhang zwischen Stallgröße und Tiergesundheit wird nicht gesehen. In der Region darf die Konzentration nur nicht so groß werden.
Dann noch ein Zitat aus dem Gesamtgutachten zum Thema Herdengrößen: „Eine eindeutige Aussage bezüglich des Zusammenhangs zwischen Herdengröße und Tierwohl lässt sich somit aus der bisherigen Forschung nicht ableiten.“
Ich würde den Gutachtern auch gar nicht generell widersprechen. Häufig ist das Management – das hat der Minister sehr schön herausgearbeitet – und eben nicht die Anlagengröße, die über das Tierwohl entscheidet. Was heißt das aber für den hier vorliegenden Antrag? Der Antrag heißt „Bestandsobergrenzen wissenschaftlich begründen“ und bezieht sich auf diese Studie, aus der ich eben zitiert habe. Danach soll die Landesregierung aus dieser Studie – ich zitiere aus dem Antrag der LINKEN – „regional- und standortangepasste Anlagengrößen“ ableiten.
Diese Studie sagt aber, dass die Anlagengröße selbst nicht entscheidend ist. Vielmehr ist der Gesamtviehbestand in einer Region entscheidend, so die Studie. Entgegen der Studie sage ich aber ausdrücklich, wir müssen beides bewerten und beides untersuchen, sowohl die Anlagengröße als auch den Gesamtviehbestand einer Region. Und da reicht mir das vorliegende Gutachten nicht aus.
Um hier weiterzukommen, bedarf es der Betrachtung von sozialräumlich vertretbaren Stallobergrenzen, zum Bei
spiel nach verschiedenen Kriterien, die auch – nicht ausschließlich, aber auch – im Antrag der LINKEN aufgeführt sind. Es bedarf zudem einer Betrachtung der wirtschaftlichen Hintergründe, denn die Landwirte brauchen auch Entwicklungsmöglichkeiten. Es bedarf der Betrachtung von Umweltaspekten. Es bedarf der Betrachtung von möglichen Seuchenproblematiken. Es bedarf der Betrachtung von, ich habe es schon aufgeführt, sozialräumlicher Kompatibilität. Es bedarf der Betrachtung der in großen Anlagen immer komplexer werdenden Managementaufgaben und sicher noch von vielem mehr.
Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Studie aber gar nicht. Die Studie sagt lediglich, dass bei momentan dünner Datenbasis kein Zusammenhang zwischen Tierwohl und Anlagengröße gesehen wird. Alle anderen Fragen bleiben unberührt. Und diese nicht vorhandenen Aussagen sollen nun Grundlage für uns sein, Stallgrößen zu definieren? Nein, meine Damen und Herren, das sehen wir anders. Wir brauchen belastbare Grundlagen. Dazu gehört die Betrachtung der wirtschaftlichen Perspektive des Landwirts genauso wie Umwelt, Tierwohl und sozialräumliche Aspekte.
Ich kann hier einmal ein Beispiel rechnen, das, wenn wir dem Antrag folgen und die Studie als Grundlage nehmen, möglich wäre. Ein Betrieb mit 3.000 Hektar – davon gibt es mehrere in Mecklenburg-Vorpommern und wir haben auch noch deutlich größere – könnte mit, wenn wir nur die regionalen Größen nehmen, der Grenze von zwei Großvieheinheiten immerhin 18.000 Schweine halten. In Alt Tellin stehen übrigens 10.000 Sauen. Von der Flächenausstattung her wäre diese Größenordnung dann vertretbar. Aber möchten wir Stallanlagen mit 18.000 Schweinen?
Meine Damen und Herren, man kann auch andere Größenordnungen nehmen. Ich habe mir das mal angesehen. Wir können – das Ganze muss man ja nicht auf Betriebsgröße nehmen, weil es gibt sehr unterschiedlich große Betriebe – auch andere regionale Größen definieren, zum Beispiel die Gemeindegröße. Schauen wir uns mal kleine Gemeinden an. Wenn ich so eine ganz kleine Gemeinde nehme, ich habe da zufällig Alt Tellin genommen, das hat 24 Quadratkilometer, ein Quadratkilometer hat 100 Hektar, das macht 2.400 Hektar. 2.400 Hektar sind 4.800 Großvieheinheiten, macht 14.400 Schweine. Das heißt, Herr Straathof könnte sich noch deutlich ausweiten. Wollen wir das wirklich? Ist das die Lösung?
Doch, so lese ich den, weil dieses Gutachten bezieht sich nur auf regionale Größen und eben nicht auf die Stallgröße. Wenn wir die Region nehmen und die hier allgemeingültige Obergrenze von zwei Großvieheinheiten genommen wird,
wäre eine Ausweitung dessen, was momentan da ist, möglich. Das finde ich falsch. Deswegen kann ich diesem Antrag nicht zustimmen.