Protokoll der Sitzung vom 24.04.2015

Er hat ja erklärt, dass er sich schon fragen würde, ob dieser Antrag überhaupt hier im Parlament behandelt werden müsste, weil es letztendlich eine Sache ist, die auf Bundesebene behandelt wird – das ist ja durchaus richtig –, und dass aus seiner Sicht, wenn ein entsprechender Antrag von ihm oder vom Kollegen Suhr unterzeichnet worden wäre, die Koalitionsfraktionen sich hingestellt und gesagt hätten, das hat hier nichts mit uns zu tun.

Auf den letzten Punkt will ich jetzt nicht näher eingehen, aber ich will Ihnen begründen, warum das durchaus etwas mit der Politik dieses Landes zu tun hat. Letztendlich haben Sie selber schon die Antwort gegeben. Sie haben ja selber erklärt, Herr Kollege Holter, dass eigentlich die finanziellen Mittel, die hier in diesem Land zur

Verfügung stehen, zu gering sind, um den wirtschaftlichen Prozess aus eigener Kraft zu gestalten.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Unstrittig.)

Da gibt es ja auch keinen Dissens zwischen uns.

Wenn ich jetzt noch mal die Worte von Herrn Minister Glawe aufgreifen darf, der ja eingehend darauf eingegangen ist, welche finanziellen Voraussetzungen denn hier durch das Wirtschaftsministerium, die Landesregierung, für Start-ups für junge Unternehmen, egal jetzt mal in welcher Phase, bereitgestellt werden – er hatte unter anderem den Betrag von 10 Millionen als Venture-Capital hier genannt –, dann sage ich mal ganz einfach, 10 Millionen –

(Udo Pastörs, NPD: Ist nix.)

ich will jetzt keinen etwas unflätigen Ausdruck benutzen, deswegen verklausuliere ich das etwas –,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist überschaubar. – Udo Pastörs, NPD: Nichts. Gar nichts.)

das ist in dem Bereich allerdings tatsächlich nichts.

Ich bin Anfang dieses Jahres selber mal in Hamburg gewesen und habe dort mit einer Großbank beziehungsweise mit einer Abteilung geredet, die sich mit VentureCapital befasst. Das nennt sich dann bei denen Family Office. Das hat formal gesehen nichts mehr mit der Bank als solche zu tun, sondern das ist Anlagenverwaltung von Vermögensgrößen ab 200 Millionen Euro aufwärts.

(Michael Andrejewski, NPD: Family Office?!)

Family Office, ja.

Da ging es dann darum: Gibt es Möglichkeiten, dieses Kapital gegebenenfalls auch bei bestimmten Vorhaben in diesem Land einzusetzen? Das Kapital ist bundesweit vorhanden, das ist überhaupt kein Thema. Und die Renditeerwartungen, die diese Anleger haben, liegen dann deutlich über dem, was Sie genannt haben, Herr Kollege Holter, in Bezug auf Crowdfunding, die liegen in einem gesicherten zweistelligen Bereich, weil das entsprechende Risiko auch mit abgezinst werden muss. Das kann man durchaus so vertreten, das ist nicht der Punkt, aber es zeigt sich, dass es ein Problem ist, das wir in Mecklenburg-Vorpommern so nicht lösen können, weil wir hier dieses Kapital weder in den bereits bestehenden Unternehmen noch im Land als solchem haben, weder bei der öffentlichen Hand noch bei privaten Investoren.

Aber das ist auch nicht die Frage, sondern die Frage ist: Wie kommen wir tatsächlich an das Geld für unsere Unternehmen, für unsere Start-ups heran, die hier im Lande tätig werden wollen oder tätig sind? Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da kommt dann natürlich der Schulterschluss zwischen dem, was hier im Land gemacht werden muss, was im Land gemacht werden kann, zum Beispiel im Bereich der Förderung durch die öffentliche Hand, egal ob es Bürgschaften/Kredite sind oder eben die Bereitstellung von Wagniskapital. Dazu gehört dann aber, dass auf Bundesebene eine Rechtsstruktur und ein Klima geschaffen werden, die einen solchen Einsatz von Risikokapital, aber auch die Bereitschaft, sich überhaupt unternehmerisch zu betätigen, erst ermöglichen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, deswegen bin ich – um es mal ganz deutlich zu sagen – auch dem Kollegen Waldmüller und der Fraktion der CDU dankbar, dass sie von sich aus diesen Antrag hier vorgelegt haben. Ich meine, ich könnte mich jetzt hinstellen und sagen, das, was hier in dem Antrag drinsteht, ist in wesentlichen Teilen das – und das, Herr Kollege Holter, haben Sie ja auch ausgeführt –, was zum Beispiel über die Bundesratsinitiative der Länder Bayern und Hessen bereits im Bundesrat vorhanden ist. Aber, das muss man auch ganz deutlich sagen, was ist denn mit dieser Bundesratsinitiative bis jetzt passiert? Ich will jetzt gar nicht darauf eingehen, wie sich die einzelnen Bundesländer dazu verhalten. Worauf ich eingehen möchte, ist: Wie verhält sich die Bundesregierung zu solchen Initiativen, egal ob es jetzt konkret diese im Bundesrat ist oder andere Initiativen, die es schon seit geraumer Zeit gibt?

Und wenn Sie sich damit beschäftigen, Herr Kollege Holter – ich weiß, dass Sie sich mit solchen Dingen beschäftigen –, dann wissen Sie auch, dass es bisher immer am Widerstand des Bundesfinanzministeriums gescheitert ist. Wenn Sie sich die Bundesratsinitiative aus Bayern angucken – ich habe sie einmal hier aufgemacht, will das jetzt aber nicht vorlesen –,

(Egbert Liskow, CDU: Wie in M-V. – Helmut Holter, DIE LINKE: Wir machen ja Politik in M-V für M-V.)

dann wissen Sie auch, dass es natürlich im Wesentlichen um Steuereinnahmen geht, um Steuerabschreibungen. Und ohne jetzt meiner eigenen Finanzministerin zu nahe treten zu wollen – sie ist ja momentan auch nicht da, dann kann ich es also wagen, das mal deutlich zu sagen –,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

da sind wohl alle Finanzminister in Deutschland ähnlich.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Sie haben da gewisse Hemmungen,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wie wahr, wie wahr.)

dann da doch mal über den eigenen Schatten zu springen.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, deswegen finde ich es gut, dass aus diesem Landtag gemeinsam und auf Initiative – um auch das mal ganz deutlich zu sagen – der Kolleginnen und Kollegen der CDU dieser Antrag gekommen ist, weil wir in diesem Land natürlich schon ein Interesse daran haben müssen, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen, gerade vor dem Hintergrund, dass wir selber das Kapital nicht haben, so gestaltet werden können, damit wir an dieses Geld kommen.

Ich könnte jetzt gehässig sein, manchmal bin ich das ja auch, und …

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nein. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eigentlich nie.)

Das spare ich mir nachher für Sie auf, Herr Kollege Suhr, vielleicht kommen wir noch dazu.

(allgemeine Heiterkeit)

Ich könnte jetzt gehässig sein und sagen, die Motivation, die die Kolleginnen und Kollegen von der CDU gehabt haben, um diesen Antrag zu stellen, war eine Pressemitteilung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion vom März dieses Jahres,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Da sind wir ja wieder bei Vätern und Müttern.)

in der sich der Kollege Hubertus Heil darüber beklagte, dass der Bundesfinanzminister zu dem Bereich einer gesetzlichen Regelung für das Wagniskapital doch eine Verweigerungshaltung einnehmen würde, obwohl sich die Koalitionspartner im Koalitionsvertrag bereits dazu verständigt hätten.

Ich würde das natürlich an dieser Stelle nie sagen,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU und Helmut Holter, DIE LINKE)

aber ich finde es trotzdem gut, dass unabhängig davon der Kollege Waldmüller diese Intention aufgenommen hat. Ich glaube, auch der Bundesregierung, beiden Teilen der Koalitionsfraktionen – da nehme ich meine eigene Fraktion in Berlin gar nicht aus – schadet es manchmal nicht, wenn sie aus den Ländern daran erinnert werden, bestimmte Dinge dann vielleicht auch umzusetzen, die sie selber vereinbart haben.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Genau so.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch zu zwei Punkten kommen. Einmal zu dem, was der Kollege Holter schon angekündigt hat, der Frage der Regulierung von Finanzierungsformen wie im Falle des Crowdfundings. Wer sich damit beschäftigt hat, weiß, dass bereits seit Mitte letzten Jahres ein Referentenentwurf aus dem Bereich des Bundesfinanzministeriums in Berlin vorliegt, der sich gerade mit dem Kleinanlegerschutz beschäftigt. Wir müssen einfach mal schauen, wie weit dort tatsächlich am Ende der Kleinanlegerschutz entsprechend ausgestaltet wird. Da gibt es natürlich durchaus unterschiedliche Interessenlagen, auch bei den Kleinanlegern selber, das muss man ganz deutlich sagen. Man kann nicht jegliches Risiko ausschließen und gleichzeitig auf der anderen Seite Renditen im zweistelligen Bereich erwarten. Das funktioniert nicht. Das funktioniert nur bei Schneeballsystemen, und auch nur dann, wenn Sie zu den Ersten gehören, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Minister Harry Glawe: Letzter darf man nicht sein. Dann ist Feierabend.)

Ich wusste gar nicht, dass Kommentare von der Regierungsbank zulässig sind, Herr Minister Glawe.

(Heiterkeit bei Minister Harry Glawe)

Aber mal unabhängig davon, darauf möchte ich jetzt nicht näher eingehen, weil das tatsächlich eine Frage ist, die dann auch dort in Berlin geklärt werden muss.

Herr Kollege Holter, lassen Sie mich in dem Zusammenhang auch auf Ihren Änderungsantrag eingehen. Ich habe Ihnen das ja eben schon über den Gang hinweg gesagt, dass ich vom Grundsatz her, unabhängig von der

Frage der Ausgestaltung Ihres Änderungsantrages, die Frage einer verstärkten Initiative von Crowdfunding auch hier im Land durchaus für interessant halte. Ich bin allerdings auch ganz ehrlich, ich sehe mich momentan nicht in der Lage, mir eine abschließende Meinung zu diesem Antrag zu bilden, und ich werde diesem Antrag deswegen so auch nicht zustimmen können.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist aber ein Prüfauftrag.)

Ich sage Ihnen einen Punkt, und das ist gar nicht mal eine rechtliche Frage, sondern es ist eine Frage, wie man tatsächlich mit der Idee „Crowdfunding“ umgeht. Crowdfunding ist ja originär, und das ist eigentlich das Wesentliche an der Geschichte, eine Interaktion zwischen Privaten. Wenn die öffentliche Hand sich jetzt dort einmischt, einbringt – ohne das jetzt werten zu wollen –, dann stellt sich für mich natürlich unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung erst einmal die Frage: Wird nicht möglicherweise allein durch den Umstand, dass die öffentliche Hand, in dem Fall das Land Mecklenburg-Vorpommern, eine solche Plattform errichtet, um den Privaten dort die Interaktion zu ermöglichen, bereits ein Eindruck erweckt, dass das Land, die öffentliche Hand, eine gewisse Gewährleistung auch für die Seriosität derjenigen abgibt,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

die dort agieren?

(Udo Pastörs, NPD: Absolut richtig.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich mich zu dieser Frage, die ich für mich ganz persönlich und die auch meine Kolleginnen und Kollegen in meiner Fraktion erst mal für sich persönlich entscheiden müssen, bevor man auf die Frage einer eventuellen rechtlichen Ausgestaltung überhaupt eingehen kann, noch nicht abschließend positionieren kann.

Und, Herr Kollege Holter, mal völlig abgesehen davon, dass ich aus diesem Grund auch Ihrem Änderungsantrag heute nicht zustimmen möchte, kann ich Ihnen auf jeden Fall zusagen, wenn wir – Sie und ich oder Ihre Fraktion oder die Koalitionsfraktionen und Ihre Fraktion, das Angebot gilt gerne auch für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – uns zu diesem Thema Crowdfunding hier in Mecklenburg-Vorpommern noch dezidierter unterhalten möchten, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.