Protokoll der Sitzung vom 03.06.2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich denke, die Aussprache hat eben nicht nur die Erzieher/-innen im Fokus, sondern es geht insgesamt um die Bezahlung der sozialen Berufe. Wer arbeitet im sozialen Bereich? Es sind zumeist Frauen. Und es fängt bei der Ausbildung schon an, Herr Renz.

(Heiterkeit bei Manfred Dachner, SPD – Jörg Heydorn, SPD: Was fängt da an bei der Ausbildung? Sagen Sie doch mal, was bei der Ausbildung schon anfängt!)

Und ich finde es nicht zum Lachen, denn es ist in bestimmten Bereichen so, das „Wer geht zur Schule?“, „Wo funktioniert die Ausbildung? – in der Schule. Das heißt: Warum gehen insbesondere junge Frauen und Mädchen in den sozialen und pflegerischen Bereich? Sie sind zurzeit immer wieder in der schulischen Ausbildung, und schon ohne Vergütung nehmen sie dieses wahr.

(Heinz Müller, SPD: Was?! Das habe ich jetzt nicht verstanden.)

Es ist, wie Herr Renz das sagte, auch in MecklenburgVorpommern so, dass in bestimmten Bereichen in der Erzieherinnen- und Pflegeausbildung nach wie vor Schulgeld beantragt wird.

(Jörg Heydorn, SPD: Das ist etwas konfus, was Sie da vortragen. – Zuruf von Torsten Renz, CDU – Heiterkeit bei Manfred Dachner, SPD, und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Und wenn Sie sich erinnern, haben wir zu beiden Berufsfeldern Anträge gestellt. Es ist ja schön, dass Sie zu der Erkenntnis gekommen sind, dass wir da weitermachen. Ich denke, wir werden hier wieder mit unseren Anträgen denen folgen.

(Torsten Renz, CDU: Ich kann aber nicht mehr folgen jetzt im Augenblick. – Heiterkeit bei Manfred Dachner, SPD)

Ich finde aber – und das finde ich in dieser Diskussion schon kritisch –, es ist schon beachtlich, wie sich die Männer hier aufspielen.

(Torsten Renz, CDU: Oh! – Julian Barlen, SPD: Nicht alle! Nicht alle! – Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Die Männer!

Ich habe das zumindest jetzt so empfunden. Und ich finde es schon fragwürdig, wenn in Sonntagsreden immer wieder gesagt wird, es ist so wichtig, …

(Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD: Das ist Geschlechterdiskriminierung hier!)

Tja, so ist das manchmal, Herr Heydorn.

… also es ist so wichtig, was ihr dort macht im Pflegebereich, es ist so wichtig, was ihr dort tut mit den Kindern, unserer Zukunft.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Oh nee! Wer behauptet das Gegenteil? – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ja, aber die brauchen auch die Bezahlung. Und ich finde, Herr Renz – und da unterscheiden wir uns ganz deutlich –,

(Torsten Renz, CDU: Ich kann es nicht mehr hören.)

wir haben uns diesen Punkt auch auf die Tagesordnung zu setzen. Ja, wer denn sonst? Wenn wir nicht irgendwann ein Entgeltgleichheitsgesetz bekommen, dann erzählen wir noch zehn Jahre weiter, die sozialen Berufe müssen bessergestellt werden. Wir fordern für gleiche Arbeit gleichen Lohn. Und warum bekommt ein Müllmann nach wie vor mehr Geld, weil er schwer heben muss? Eine Frau oder ein Mann in der Pflege muss auch schwer heben, da gilt das Argument überhaupt nicht.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ich denke, diese Aussprache zeigt heute, wir haben hier viel Bedarf.

(Torsten Renz, CDU: Wollen Sie denn den Erziehern das gleiche Gehalt zahlen wie einem Grundschullehrer?)

Und ich denke, gerade bei der Frage mit den Erzieher/-innen bin ich froh, dass sie auf die Straße gehen. Es ist für viele das allererste Mal, dass sie für ihre Rechte auf die Straße gehen, dass sie zum Streikfrühstück gehen. Ich weiß, dass Frau Hesse da war, diskutiert hat und auch gesagt hat, sie sieht die Notwendigkeit. Aber wir brauchen die Unterstützung vom Bund. Und ich denke auch, dass die Kommunen dort selbstbewusst antreten müssen. Wir haben doch in dem Bereich ein ganz großes Problem: Die sozialen Belange werden immer größer. Ich erinnere noch mal an die Anhörung im Innen-, Finanz- und Sozialausschuss, die ja leider nicht öffentlich war. Da sind die Zuwächse gerade der Sozialausgaben noch mal thematisiert worden und die müssen im Kontext gesehen werden. Und ich halte es für verkehrt zu sagen: Ja, weil das jetzt so teuer ist, können wir aber nicht die Gehälter bezahlen. Ich denke, wir müssen zu einem Umdenken kommen. Wenn wir wirklich präventiv arbeiten wollen, dann brauchen gerade die Frauen und Männer in diesen Bereichen eine gute Bezahlung.

(Torsten Renz, CDU: Ja, was heißt denn „gut“? Wie hoch?)

Ich komme auf einen zweiten Bereich, das ist der der sozialen Arbeit. Was ist denn mit den Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern, die zum Teil Jahresverträge haben, die jedes Jahr wieder Angst haben müssen, nicht weiterbeschäftigt zu werden, die keine Gehaltserhöhung haben, die häufig eben auch beim freien Träger

arbeiten? Ich denke, wir dürfen perspektivisch nicht den Unterschied machen, arbeitet jemand beim kommunalen Träger oder beim freien Träger, ist er irgendwo im ländlichen Raum, arbeitet er in der Stadt. Wir brauchen ein Entgeltgleichheitsgesetz,

(Minister Lorenz Caffier: Ja klar, das wäre super.)

und nur dann haben wir für gleiche Arbeit faire Löhne. Alles andere ist Augenwischerei.

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

Ich denke, das sind Sonntagsreden, und das hilft niemandem.

Weil wir wollen, dass soziale Arbeit gut bezahlt wird – und ich denke, da sind sich die demokratischen Parteien einig –, lassen Sie uns dafür gemeinsam auf der Bundesebene etwas tun, sodass den Worten auch Taten folgen. Die wollen ein bisschen mehr in der Geldtasche haben und ich denke, dafür sollten wir alles tun. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE – Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Auch wenn die Zwischenrufe auch aus meinen Reihen sehr laut waren, muss ich sagen, Frau Gajek, Sie haben an vielen Stellen recht gehabt. Ich teile in vielen Punkten Ihre Meinung. Auch wenn der Innenminister den Kopf geschüttelt hat,

(Heinz Müller, SPD: Dann soll er doch schütteln.)

muss ich sagen, ich sehe das ganz ähnlich, was die sozialen Berufe angeht. Das sind oft Berufe, die von Frauen früher selbstverständlich im privaten Raum geleistet wurden, die immer mehr verberuflicht wurden, um das mal so zu sagen.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Die Anerkennung, die sie schon im privaten Bereich nicht hatten, haben sie jetzt immer noch nicht. Und das ist ganz schön schäbig, wenn wir von der Wichtigkeit, die wir selbst diesen Berufen zumessen, ausgehen.

Was Frau Bernhardt da vorhin gemacht hat, fand ich auch ein bisschen seltsam. Sie hat, glaube ich, nicht wirklich zu ihrem eigenen Thema gesprochen, sie hat sich ausschließlich auf Erziehungsberufe beschränkt, sage ich mal. Das empfinde ich ein bisschen als Augenwischerei. Und „Aufwertung … jetzt!“ finde ich ehrlich gesagt auch ein bisschen überzogen, wenn man sich mal anguckt, wie die Prozesse im gesellschaftlichen Raum ablaufen. Man kann Anerkennung und Aufwertung auch nicht einfach verordnen.

(Heinz Müller, SPD: Richtig.)

Es ist immer noch ein gesellschaftlicher Prozess, der da unterstützt werden muss. Und es ist schon ganz viel zum Thema und zur Berufsbeschreibung der Erzieherinnen und Erzieher gesagt worden, zu dem, was dort alles geleistet wird. Es ist gesagt worden, dass Erzieher/-innen einen ganz wichtigen Beitrag dazu leisten, dass unsere Kinder schulfähig sind beziehungsweise einen guten Start in die Schule haben. Da kann man das wirklich schwer nachvollziehen, dass Erzieher/-innen signifikant wesentlich weniger Geld erhalten als Grundschullehrerinnen und -lehrer. Natürlich brauchen die nicht die gleiche Bezahlung. Die Ausbildungsdauer ist eine andere. Die Ausbildungsdauer von Grundschullehrern oder Lehrern insgesamt ist ja zum einen erst mal mit einem Studium vorgeschaltet, dann haben die auch noch mal eine Referentenzeit und so weiter und so fort – mit anderen Worten: einen längeren Weg. Da kann natürlich, da sollte die Bezahlung auch nicht dieselbe sein, aber dass der Unterschied dermaßen groß ist, wie er nun mal ist, ist nicht nachzuvollziehen.

Auch ist es für mich nicht nachzuvollziehen, dass Menschen, die an Autos rumschrauben, wesentlich mehr Geld verdienen als die Menschen, die alte Menschen pflegen, unsere Angehörigen pflegen. Mir ist die Pflege meiner Angehörigen wichtiger, als dass mein Auto immer so tipptopp aussieht, muss ich sagen. Von daher ist der Unterschied in der Bezahlung für mich nicht wirklich nachzuvollziehen.

Ich habe Ihnen mal einen ganz kleinen Ausschnitt, den ich gern zitieren möchte, von einem Pro-und-Kontra-Interview in Bezug auf Akademisierung der Pflege mitgebracht,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja.)

weil auch darüber wird gesprochen, nicht nur über die Akademisierung der Erziehungsberufe. Ich erinnere noch mal daran: Wir haben hier in Neubrandenburg den Studiengang „Early Education“, und trotz alledem schlägt sich das bei denen, die diese Ausbildung oder dieses Studium erfolgreich abgeschlossen haben, nicht wirklich im Portemonnaie nieder.

(Zuruf aus dem Plenum: Natürlich nicht.)

Ich möchte Ihnen mal ein Pro-Zitat hier wiedergeben, warum Michael Kriegel – das ist ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld und zu dem Zeitpunkt, das war 2012, Leiter des Forschungsprojekts „BEST WSG – Berufsintegrierte Studiengänge zur Weiterqualifizierung im Sozial- und Gesundheitswesen“ – meint, dass eine Akademisierung eigentlich angebracht wäre. Er sagt: „Dem Pflegeberuf mangelt es nicht nur an Fachkräften, sondern auch an gesellschaftlicher Anerkennung und einem positiven Image. Das ist nicht neu, kann aber nicht oft genug beklagt werden, denn Pflegerinnen und Pfleger sind keinesfalls Semi

Professionelle für unattraktive Tätigkeiten. Im Gegenteil: Die Aufgaben in der Pflege werden immer komplexer – Pflegende sind mittlerweile betriebswirtschaftlich denkende Manager und strategisch planende Organisatoren.“

Ich hätte das natürlich in weiblicher Form gesagt, aber na ja gut, er ist ein Mann. Ich sehe es ihm mal nach.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Hennig Foerster, DIE LINKE: Oh! – Zuruf aus dem Plenum: Nicht schon wieder!)