Protokoll der Sitzung vom 01.07.2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 96. Sitzung des Landtages und stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 96., 97. und 98. Sitzung liegt Ihnen vor.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, den Tagesordnungspunkt 16 mit dem Tagesordnungspunkt 28 zu tauschen. Des Weiteren sollen die Tagesordnungspunkte 24 und 30 getauscht und der Tagesordnungspunkt 27 vor Tagesordnungspunkt 25 beraten werden. Wird der so geänderten vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 96., 97. und 98. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Gemäß Paragraf 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die 96., 97. und 98. Sitzung die Abgeordneten Dietmar Eifler, Andreas Texter, Dr. Ursula Karlowski und Johann-Georg Jaeger zu Schriftführern.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich unserem Kollegen Dr. Hikmat Al-Sabty zu seinem heutigen Geburtstag ganz herzlich gratulieren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU,DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er ist noch nicht da, das machen wir dann nachher.

(Peter Ritter, DIE LINKE, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Er ist krank. Er ist krank.)

Und ich möchte natürlich nachträglich ganz herzlich unseren Kollegen Bernd Schubert, Jutta Gerkan und Henning Foerster zu ihren runden Geburtstagen gratulieren. Ich bitte die Betreffenden, zu mir nach vorn zu kommen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gratulationen – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Herzlichen Glückwunsch! – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere Ergänzung muss ich vornehmen. Ich möchte die Kollegin Frau Dr. Jacqueline Bernhardt, nicht Frau Dr., Frau Jacqueline Bernhardt anmelden als Schriftführerin für die Sitzung.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Heinz Müller, SPD: Kann ja noch kommen.)

Kann ja noch kommen, genau.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der CDU hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zum Thema „Null Toleranz bei Gewalt gegen Polizeikräfte“ beantragt.

Aktuelle Stunde Null Toleranz bei Gewalt gegen Polizeikräfte

Das Wort hat der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Vincent Kokert für die Fraktion der CDU. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen wunderschönen guten Morgen! Ich will es nicht verabsäumen, wenigstens daran zu erinnern, dass wir am 1. Juli 1990 endlich die D-Mark in der Hand halten konnten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jo.)

Das darf man an so einem historischen Tag, glaube ich, mal sagen.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Sinn und das Thema der Aktuellen Stunde waren heute ein anderer. Und ich glaube, Sie haben es genauso wie wir in der Presse verfolgt, es ist erst wenige Tage her, dass versucht wurde, in Rostock ein Polizeifahrzeug anzuzünden und gleichzeitig einen Privatwagen eines Polizisten.

Glücklicherweise – da kann man wirklich von viel Glück sprechen – wurden die Brände rechtzeitig bemerkt und größerer Sachschaden konnte verhindert werden. Nun ist sicherlich ein Anschlag auf ein Polizeifahrzeug nicht das Gleiche wie Gewalt gegenüber Polizisten, aber, meine Damen und Herren, die Haltung, die solchen Taten zugrunde liegt, ist immer dieselbe. Es geht um Missachtung und Ablehnung gegenüber unserem Staat, um Missachtung und Ablehnung gegenüber unserem Gemeinwesen.

Und wenn Sie sich die Zahlen noch mal auf der Zunge zergehen lassen: 2011 gab es 48.752 Straftaten gegen Polizeibeamte, 2014 gab es bereits 55.738. Das ist eine Zahl, die uns alle nachdenklich werden lassen sollte.

(Udo Pastörs, NPD: Woran liegt das wohl?!)

Meine Damen und Herren, Polizeibeamte werden dabei auf ihre bloße Funktion – und das ist das eigentlich Ärgerliche – reduziert. Es wird ihnen aus unserer Sicht dabei jede menschliche Würde genommen, denn die Gewalt gegen Polizisten, wenn man das richtig bewertet, sieht objektiv so aus, dass man Polizeibeamte als „loses Ding“ darstellt, und zwar als Körper des allgemeinen und zum Teil auch verhassten Staates bei denjenigen, die Gewalt gegenüber Polizeibeamten ausüben.

Diese Haltung ist nicht nur befremdlich, sie ist auch im Lichte der deutschen Geschichte betrachtet durchaus gefährlich. Und weil die Gewalt gegen Polizeibeamte immer weiter zunimmt, auch in Mecklenburg-Vorpom- mern, hat sich meine Fraktion entschlossen, dieses Thema zur Aktuellen Stunde zu machen, obwohl wir zur damaligen Zeit noch nicht wussten, dass es zwei brennende Autos in Rostock geben wird.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Polizeibeamte werden in ihrem Dienst immer häufiger beleidigt, beschimpft und zum Teil bespuckt. Die Autorität der Polizeibeamten wird immer seltener anerkannt. Dabei hat die Gesinnung der Straftäter eine erstaunliche Bandbreite: Linksextreme,

Rechtsextreme, religiöse Fanatiker mit und ohne Migrationshintergrund. Die Ablehnung unseres Staates und die Gewalt gegen Polizeibeamte hat leider mittlerweile viele Facetten erreicht.

(Stefan Köster, NPD: Vielleicht liegt das an der Politik.)

Dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind Gewaltausbrüche selten spontan. Ihnen liegen oft erhebliche planerische Vorläufe zugrunde. Oft erinnert die Vorbereitung an eine paramilitärische Ausbildung. Das ist bei Einzeltätern der Fall und insbesondere bei Tätergruppen. Die Ausbildung gibt es im Internet zum Herunterladen, schnell und klassisch für zu Hause, aber gerade bei Demonstrationen hat man es auch mit richtigen Ausbildern zu tun.

(Udo Pastörs, NPD: Bei linken Demonstrationen. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Es werden akribische Vorbereitungen getroffen: Mülltonnen werden mit Pflastersteinen gefüllt,

(Udo Pastörs, NPD: Das gibt es bei uns nicht.)

Zaunlatten versteckt, Molotowcocktails in Einzelzutaten zerlegt, um sie dann vor Ort zusammenzumischen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Der ganze menschliche Körper dient als Versteck für Waffen.

(Stefan Köster, NPD: Die Politik schaut zu.)

In Vorbereitung auf den G7-Gipfel gab es ein ernstes Blockadetraining für die Globalisierungsgegner, da wurde das Durchbrechen von Polizeisperren geübt.

Was immer fehlt, meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Stefan Köster, NPD: Sie dulden das doch, Herr Kokert.)

ist aus meiner Sicht die ausdrückliche Distanzierung der verantwortlichen Veranstalter der Gegendemonstrationen von solchen gewalttätigen Auseinandersetzungen. Die Menschen nehmen damit ausdrücklich Gewalt und Verletzungen in Kauf – bei sich, aber vor allem auch bei den eingesetzten Beamten. Dabei ist das eigentliche Ziel der Beamten, bei entsprechenden Veranstaltungen Verletzungen zu vermeiden.

Allein bei den Protesten und Straßenschlachten der Blockupy-Gegner in Frankfurt im März dieses Jahres wurden insgesamt über 150 Polizeibeamte verletzt. Die eingesetzten Beamten kamen aus dem ganzen Bundesgebiet und – lassen Sie sich diese Zahl auf der Zunge zergehen! – allein 255 kamen aus Mecklenburg-Vorpommern. Über 60 Dienstwagen wurden beschädigt und in Brand gesetzt. Wenn auch kein Fahrzeug aus Mecklenburg-Vorpommern darunter war, so ist es doch ein trauriger Trend, der sich leider verstetigt. Das Polizeifahrzeug wird als Symbol des Staates wahrgenommen. Wer dem Staat mitteilen will, dass er ihn ablehnt, der zündet ein Polizeifahrzeug an oder er verletzt einen Polizisten. Das ist die perfide Logik, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei vielen Straftaten gegen Polizeibeamte.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Polizisten bei Fußballspielen, Großdemos und Castortransporten meist speziell geschult sind. Sie sind darin geübt, angegriffen zu werden, leider. Entsprechend ist auch ihre Ausrüstung. Viel stärker gefährdet sind die – in Anführungsstrichen – normalen Streifenpolizisten bei ganz normalen Einsätzen: Familienstreitigkeit und Alkohol – das sind die Zutaten, die den Job eines Polizeibeamten oft so gefährlich machen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Angespuckt und beleidigt zu werden, ist fast schon auf der Tagesordnung und wird von den Beamten meist ohne rechtliche Folgen einfach hingenommen, weil sie es zum Teil gewohnt sind.

Aber es kommt immer häufiger zu Handgreiflichkeiten, die schließlich auch zu Verletzungen bei den Beamten führen. Am 23. Juni leistete hier in Schwerin ein 21-jähriger randalierender Jugendlicher Widerstand gegen Polizeibeamte. Der Jugendliche hatte wahrscheinlich Drogen und Alkohol konsumiert. Das Ganze geschah mitten zur Feierabendzeit um 17.30 Uhr. Während der Unterstützung einer Abschiebung einer Familie nach Polen wurde eine Polizistin mittels eines zerbrochenen Trinkglases verletzt und musste sich anschließend in ärztliche Behandlung begeben oder der stark alkoholisierte Mann in Rostock, der zum eigenen Schutz in Gewahrsam genommen werden sollte und daraufhin den Polizeibeamten beleidigte und in den Oberarm biss – alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, Vorfälle aus den letzten vier Wochen.

(Udo Pastörs, NPD: Das solls geben, Kannibalen.)

Und das sind nur die, die es in die Zeitung geschafft haben.

Für meine Fraktion ist es aufgrund solcher Vorfälle fraglich, ob der bisher im Strafgesetzbuch verankerte Straftatbestand „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ für den Schutz unserer Polizeibeamten ausreichend ist.

Die beiden Gesetzesanträge aus Hessen und dem Saarland im Bundesrat sind aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung. Ein eigener Straftatbestand, der ausdrücklich den Angriff auf Polizeibeamte und die Gewalt gegen sie hart sanktioniert, würde deutlich machen, dass solche Angriffe auf den Staat nicht länger toleriert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Fraktion unterstützt deshalb jede Maßnahme, die die Arbeit der Polizei wertschätzt. Diese Aktuelle Stunde könnte jetzt die Möglichkeit für jede Fraktion dieses Landtages sein, um die Unterstützung von und die Solidarität mit unseren Polizeibeamten im Land ganz deutlich zu machen.

Und vielleicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, interessiert Sie auch das Meinungsforschungsinstitut Forsa. Das ermittelt nämlich regelmäßig das Prestige einzelner Berufsgruppen. Auf Platz eins ist nach wie vor der Feuerwehrmann – unangefochten –, Platz zwei der Kranken- und Altenpfleger, Platz drei der Arzt, Platz vier der Mitarbeiter in einer Kita und Platz fünf ist der Polizeibeamte. Übrigens, wenn es Sie interessiert: Auf den letzten Plätzen rangieren Versicherungsvertreter, Vertreter der Medien, Mitarbeiter der Werbeagenturen,