Liebe Frau Borchardt, ich bin zum einen enttäuscht über Ihre Ausführungen und zum anderen halte ich sie zum Teil für eine Frechheit.
Ich weise mit aller Entschiedenheit Ihre unterschwellige Anschuldigung gegenüber der Landeswahlleiterin, die eine
unabhängige Behörde ist und selbstständig arbeitet, zurück. Ihre Argumentation, sie wurde ja von der Landesregierung ernannt, die hinkt nun wirklich. Meines Wissens werden die Richter von der Justizministerin ernannt. Wollen Sie infrage stellen, dass Richter unabhängig handeln?
(Heinz Müller, SPD: Wenn es ihr in den Kram passt, dann tut sie auch das. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Zum einen fordern gerade Sie von der Fraktion DIE LINKE zu Recht keinen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Was Sie hier fordern, ist ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung! Auch die Unterstellung gegenüber der Landesregierung, dass wir kein Interesse an einem Volksentscheid oder einer Wahl haben, ist vollkommen daneben. Egal welche Ausführung von Wahlen wir im Land haben, ich glaube, alle Demokraten sind sich darüber einig, dass wir ein großes Interesse an einer hohen Wahlbeteiligung haben. Das ist doch vollkommen unstrittig und gilt für die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen gleichermaßen. Wie der jeweilige Wähler entscheidet, das ist diesem immer noch selbst überlassen. Aber hier einen Popanz aufzubauen, nur weil eine Landeswahllei- terin Anfang Mai auf der gesetzlichen Grundlage eine Information an alle Landkreise und kreisfreien Städte herausgegeben hat – wofür sie keine Genehmigung beim Minister, beim Abteilungsleiter oder beim Staatssekretär einholen muss, weil sie eine unabhängige Behörde ist –, das halte ich, mit Verlaub gesagt, für eine Frechheit.
Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben einen Antrag vorgelegt. Eingangs wusste ich nicht genau, weshalb Sie die 20 Prozent von Erwin Sellering beziehungsweise mir erwähnten – die Oberbürgermeisterin in Schwerin hat es nicht mal auf 10 Prozent gebracht, da sind wir immer noch etwas besser –, aber das waren ja Zahlenspiele, die konnte man nicht genau nachvollziehen. Sie wollen im Endeffekt über die organisatorischen Rahmenbedingungen für den Volksentscheid reden. Die Adressaten dieses Appells sind die für die Vorbereitung und Durchführung der Abstimmung Verantwortlichen. Gegen Appelle, liebe Kollegin Borchardt, ist im Grunde nichts einzuwenden,
Es wird zunächst erst mal eine Pressemeldung ohne große Recherche in einen Antrag gegossen und dem Landtag präsentiert. Der Öffentlichkeit wird suggeriert, dass die Abstimmung möglicherweise irgendwo im Land versteckt torpediert wird. Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass wir versuchen, diese Abstimmung zu torpedieren? Wie kommen Sie darauf, dass die vielen an dem Volksentscheid Beteiligten im Land sich nicht für bestmögliche organisatorische Rahmenbedingungen einsetzen? Genau darüber reden Sie ja in Ihrem Antrag. Wie kommen Sie auf diese Feststellung, dass die Kommunen sich nicht ordnungsgemäß auf diesen Volksentscheid vorbereiten?
Dieses pauschale Misstrauen, was Sie hier vorführen, ist aus meiner Sicht ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich vor Ort engagieren, die sich einbringen, die im Ehrenamt bereit sind, die organisieren –
ob es der örtliche Wahlleiter, ob es die Wahlhelfer und die vielen Freiwilligen sind, die immer wieder dazu beitragen, dass solche Wahlen stattfinden können –, die stellen Sie infrage.
Deswegen halte ich, ich habe es eingangs gesagt, Ihre Ausführungen für eine Frechheit. Tut mir leid, das sage ich selten, aber in dem Fall ist es so.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das kann man auch mal sagen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Oh!)
Meine Damen und Herren, wenn mit Halbwissen hantiert wird, wird es oftmals nicht nur gefährlich, sondern hin und wieder auch verwirrend. Das können wir gerade tagtäglich abends im Fernsehen in der Griechenlanddebatte verfolgen. Das ist aber auch beim Verfahren zum Volksentscheid nicht anders. Insofern geben Sie uns natürlich die Möglichkeit, die Unklarheiten noch mal darzulegen.
Zuallererst ist festzuhalten, dass nach den Bestimmungen des Volksabstimmungsrechts für die organisatorische Vorbereitung eines Volksentscheids die kommunalwahlrechtlichen Regelungen heranzuziehen sind. Darauf haben Sie schon verwiesen. Für die Einteilung der Gemeindewahlbezirke sind die Gemeindewahlleitungen verantwortlich, nicht die Landesregierung, nicht das Innenministerium, nicht der Landtag, sondern die Gemeindewahlleiter teilen die Wahlbezirke ein. Die sind unabhängig und keinerlei Weisungen meines Hauses oder von anderen unterworfen. Sie entscheiden selbstständig, sie orientieren sich aber an den Vorgaben für Kommunalwahlen. Dabei kann die Regelung herangezogen werden, die auch für Bürgermeister- oder Landratswahlen gilt. Demzufolge sind Wahlbezirke mit bis zu 5.000 Einwohnern möglich.
Es gibt wieder zwei Ausnahmen. Wenn am 6. September in einer Gemeinde zusätzlich eine Bürgermeisterwahl oder ein Bürgerentscheid stattfindet, sind – sind! – kleinere Wahlbezirke festzulegen. Zweitens. Wenn die Wege zu einer Wahlurne zu lang werden, können die betroffenen Wahlbezirke nicht zusammengelegt werden. Hierfür werden sowohl die durchschnittlichen als auch die größten Distanzen, die die Bürger auf dem Weg zu den Abstimmungsräumen zurücklegen müssen, miteinander verglichen. Das alles ist nach meiner Auffassung ein transpa
rentes Verfahren. Die Entscheidungen der Gemeindewahlleitungen vor Ort können anhand dieser Kriterien nachvollzogen oder auch infrage gestellt oder anders festgelegt werden.
Wie gesagt, diese Regelungen gelten auch für die Bürgermeister- und die Landratswahlen. Das sind Vorschriften, die sich bisher immer bewährt haben, die jedes Jahr in unterschiedlichen Ebenen mehrfach zur Anwendung kommen, ohne dass bisher irgendjemand in dieser Frage ein Demokratiedefizit vermutet hat. In absolut keiner Weise wird der Volksentscheid deswegen, wie hier ansatzweise suggeriert, gegenüber anderen Wahlen schlechtergestellt. Es ist nur die rechtliche Grundlage, über die wir reden.
Wer mit der Organisation und der Durchführung nicht einverstanden ist, kann den Volksentscheid, liebe Frau Borchardt, hinterher selbstverständlich anfechten und gegebenenfalls auch vor dem Landesverfassungsgericht klagen. Die Erfolgsaussichten dafür dürften jedoch denkbar schlecht sein. Eine Überprüfung durch die Greifswalder Richter vor der Abstimmung ist im Übrigen aus Sicht meines Hauses nicht möglich. Die Landeswahlleiterin vertritt in dieser Frage die gleiche Auffassung.
Meine Damen und Herren, die Antragsteller werden gewiss argumentieren, dass es sich bei dem Volksentscheid um eine landesweite Abstimmung handelt und deshalb die Regelungen für die Landtagswahlen heranzuziehen sind, wie Sie ja schon ausführten. Das ist aber in der Tat zu kurz gedacht. Für die Landesregierung und die unabhängige Landeswahlleitung stehen andere Argumente im Vordergrund. So wird nach Paragraf 20 des Volksabstimmungsgesetzes der Volksentscheid in den Gemeinden durchgeführt. Außerdem ist der Umstand entscheidend, dass der Volksentscheid mit einer Stimme je Wähler und der einfach auszuzählenden Ja-NeinEntscheidung erfolgt. Damit ähnelt der Volksentscheid von Anfang an viel eher einer Bürgermeister- oder Landratswahl als einer Landtagswahl, denn da haben Sie unterschiedliche Systematiken. Bei dem Bürgermeister kreuzen Sie auch nur an: Müller, Meier, Schulze.
Die Wahlvorstände können an einem Abend viel mehr Stimmzettel auszählen als bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr. Alles in allem handelt es sich um ein nachvollziehbares und transparentes Verfahren. Niemand wird in irgendeiner Form benachteiligt und schon gar nicht versuchen diejenigen, die solche Wahlen vorbereiten, zu tricksen, sondern es gibt dafür einen klaren Rechtsspielraum.
Am 6. September wird ein ordnungsgemäßer Volksentscheid durchgeführt, auf dessen Ergebnis wir alle gleichermaßen mit Spannung blicken. Wir sollten uns bis dahin auf die Inhalte und das Werben für die jeweilige Position konzentrieren. Das ist auch vollkommen in Ordnung. Wir sollten für eine hohe Beteiligung sorgen. Störfeuer, die die Menschen verunsichern und die Fakten verdrehen, sollten in dieser Frage außen vor bleiben. Bei dem Volksentscheid, da sollten wir uns alle einig sein, geht es um ein wichtiges, um ein demokratisches Element. Dementsprechend sollten wir mit der notwendigen Ernsthaftigkeit diskutieren, und nicht mit Unterstellungen oder Halbwissen wie in diesem Antrag. Insofern bitte ich Sie in der Frage um eine sachliche Diskussion.
Ich kann Ihren Antrag in der Form nicht mittragen, weil das, wie ausgeführt, hier sachlich auf der Grundlage
geltenden Rechts erfolgt. Noch mal, ich kann das, was Sie gegenüber der Landeswahlleiterin unterschwellig geäußert haben, auf gar keinen Fall, auch als Dienstherr nicht, akzeptieren. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Woche haben wir uns bereits – wir haben es gehört – mehrmals mit dem Thema Gerichtsstrukturreform oder auch Volksentscheid beschäftigt, nun ein drittes Mal. Wenn wir uns die Parlamentsdatenbank angucken, befinden sich dort inzwischen 15 Dokumente zum Gegenstand Gerichtsstrukturreform und sogar 17 Dokumente zum Thema Volksbegehren. Und die Opposition, denke ich mal, wird nicht müde werden, uns hier noch mehrfach damit zu behelligen.
Nun also noch dieser Antrag der Opposition. Der Landtag soll an die für die Vorbereitung und Durchführung der Abstimmung Verantwortlichen appellieren. Wir sollen uns demnach dafür einsetzen, dass bestmögliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Ich finde es schade, dass den Zuständigen auf kommunaler Ebene dies nicht zugetraut wird, so, wie es der Minister auch schon gesagt hat. Ich gehe davon aus, dass sich die Gemeindewahlleiter ihrer großen Verantwortung bewusst sind. Sie und die ehrenamtlichen Wahlhelfer sind enorm wichtig und erweisen unserer Demokratie einen großen Dienst. Hierfür möchte ich mich an dieser Stelle im Namen der CDU-Fraktion bei allen Beteiligten recht herzlich bedanken.
Umso trauriger finde ich es, dass LINKE und GRÜNE dies offensichtlich nicht zu würdigen wissen. Durch die Hintertür erheben sie nämlich den Vorwurf, die Verantwortlichen würden nicht von allein für die bestmöglichen Rahmenbedingungen sorgen und der Appell des Landtages sei dafür notwendig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, anstatt diesen inhaltlich sehr leeren Antrag einzubringen, sollten Sie das ehrenamtliche Engagement der Wahlhelfer wertschätzen und fördern und nicht deren Einsatzbereitschaft in Misskredit bringen. Die Gemeindewahlleitungen werden ihr Möglichstes tun, um die Wege zu den Wahllokalen kurz zu halten. In einem Flächenland ist es jedoch nicht immer einfach, genügend Wahlhelfer zu finden. Somit wäre es auch für die Zukunft sinnvoller, wenn wir von den demokratischen Fraktionen alle gemeinsam um Wahlhelfer werben. Dadurch würden wir die Demokratie in unserem Land entscheidend stärken.
Das Land tut bereits sein Möglichstes für den reibungslosen Ablauf des Volksentscheids. Nach den Paragrafen 17 und 25
des Volksabstimmungsgesetzes werden den Gemeindebehörden sowohl die Kosten für die Bekanntmachung des Begehrens als auch die Kosten für den Entscheid erstattet. Den Gemeinden entstehen also keine zusätzlichen Kosten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem Antrag wird auf die Anzahl der Wahllokale eingegangen. Die Landeswahlleiterin wies bereits darauf hin, dass nach dem Volksabstimmungsrecht die kommunalwahlrechtlichen Regelungen gelten. Der Minister hat bereits darauf hingewiesen, deshalb kann ich das ein wenig abkürzen und wir können zu einem praktischen Beispiel kommen, an dem mir sehr gelegen ist, zum Beispiel zu der Ankündigung der Stadt Schwerin: Bei der Landtagswahl hat es noch 62 Wahllokale gegeben, jetzt sind es wahrscheinlich um die 35 Wahllokale für den Volksentscheid. Als Begründung gibt die Stadt an, dass es das Problem langer Wege in Schwerin auch bei verringerter Zahl der Wahllokale nicht gebe.
Vielleicht sprechen Sie zuerst mal mit Ihrer Parteikollegin, der Oberbürgermeisterin von Schwerin, oder noch besser, Sie nehmen Ihren Antrag heute mit und geben ihn den beiden Stadtvertretern Herrn Holter und Herrn Foerster. Sie sollten sich vielleicht an der Stelle, wo der Antrag hingehört, das ist nämlich die Stadtvertretung in Schwerin, erst mal dafür einsetzen, dass man dort erneut mit 65 Wahllokalen an den Start geht, und hier nicht so einen WischiwaschiAntrag vorlegen, der völlig aus der Reihe fällt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn am 6. September dieses Jahres jedoch eine weitere Wahl stattfindet, darf der Wahlbezirk nicht mehr als 2.500 Einwohner beinhalten. Der Volksentscheid wird somit behandelt wie jede andere Wahl, für die die kommunalwahlrechtlichen Regelungen anzuwenden sind. Von einer Schlechterstellung kann somit keine Rede sein. Ferner werden sich engagierte Bürger bestimmt nicht durch einen anderen Standort ihres Wahllokals von der Partizipation abbringen lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jeder Bürger kann also, wenn er will, an dem Volksentscheid teilnehmen. Die Landeswahlleiterin als überparteiliches, unabhängiges und zudem höchstes Wahlorgan unseres Landes hat in ihrer Pressemitteilung die rechtlichen Rahmenbedingungen dargestellt.
Da die kommunalwahlrechtlichen Regelungen gemäß dem Volksabstimmungsrecht zum Zuge kommen, werden wir Ihren Antrag ablehnen. Wir als CDU-Fraktion vertrauen den Verantwortlichen auf kommunaler Ebene, die gewiss selbstständig für die bestmöglichen Bedingungen sorgen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.