Protokoll der Sitzung vom 29.10.2020

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Und ich weiß, dass die politischen Diskussionen laufen, wie ein Vizechef dort im Bundestag, der Interviews gibt: Söder hat die höchsten Todesraten zu verantworten. Wenn wir solche Diskussion dann haben wollen – und das führt zu nichts anderem als zu einem weiteren Aufputschen der Bevölkerung –, dann muss das jeder für sich verantworten. Und wenn der gleiche Politiker am Tag der Verkündigung dieser Maßnahmen von gestern deutschlandweit aufruft, alle sollen möglichst klagen, dann frage ich mich, ist das der richtige Weg, ist das Agieren, wie Politik stattfinden sollte. Ich sage Nein. Ich weiß aber auch, dass es unheimlich schwierig ist, und deswegen hatte ich um eine sachliche Debatte gebeten, weil tatsächlich viele Dinge nicht mehr zu erklären sind.

Aber ich glaube – und dazu müssen Sie kommen –, das ist der falsche Ansatz, zu sagen oder ein Beispiel herauszugreifen und zu sagen, warum die Gaststätten, das ist nicht begründbar.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ja.)

Ich gebe Ihnen in diesem Punkt ja in gewisser Weise recht, aber ich glaube, Ihr Ansatz ist falsch. Sie müssen das große Infektionsgeschehen in der Gesamtheit betrachten, so, wie ich es Ihnen eben dargestellt habe, und dann müssen Sie sagen, wie ist Ihre Lösung. Und die haben Sie nicht präsentiert.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Und unsere Lösung ist, dass wir sagen, wir müssen Kontaktbeschränkungen auf den Weg bringen, weil zum jetzigen Zeitpunkt – und da bin ich voll und fest davon überzeugt – ist die Lösung Kontaktbeschränkung ein richtiger, wichtiger Schritt. Und es ist bitter, und ich verstehe das, dass Branchen, wo möglicherweise nachweisbar das Infektionsgeschehen nicht vorgekommen ist, dass die Probleme haben. Dort geht es um Existenzen, das ist doch nur verständlich. Deswegen machen wir auch Dinge wie hier zusätzliche finanzielle Hilfen, aber es bringt doch nichts, die Leute weiter auf den Baum zu jagen und ihnen zu sagen, du bist gar nicht schuld, nein, diese große Gesamtheit, dass wir Kontakte einschränken müssen, erfordert jetzt Opfer. Die sind schwierig, das weiß ich, aber wenn wir das nicht tun, dann werden wir die Lage aus meiner Sicht nicht richtig in den Griff bekommen.

Und deswegen muss es gelingen – wie das alles nun heißt, ob das Brechen der Welle heißt oder wie auch immer –, wieder, es muss jetzt gelingen, wieder durch Kontaktreduzierung die Infektionsketten zu unterbrechen, damit wir dann Bereiche wieder öffnen können, und deswegen dieses Paket aus drastischen Maßnahmen, dass vieles, vieles zurückgefahren wird, dass wesentliche Dinge aber aufgelassen werden, wir haben das von allen Seiten gehört, was den Wirtschaftsbereich betrifft, die Schulen et cetera, gleichzeitig eine finanzielle Unterstützung der Branchen, die besonders betroffen sind, eine öffentliche Debatte, um den Menschen das zu erklären.

Es geht mir nicht um Panikmache, aber solche Zahlen, wie ich sie eben genannt habe, müssen, glaube ich, irgendwann mal auf den Tisch, damit erstens – das hatte ich zu Beginn schon mal gesagt – wir, die Politiker, klar im Kopf sind, dass wir Verantwortung haben, aufgrund dieser Datenlage zu handeln. Ansonsten können Sie die Bevölkerung gar nicht mitnehmen und überzeugen, wenn Sie diesen inneren Kompass nicht haben. Wenn Sie nicht bereit sind als Opposition, sich dieser Diskussion und dieser Faktenlage zu stellen, dann ist das ein schwieriger Prozess, das weiß ich auch. Ich werde mich diesem Prozess stellen, weil ich glaube, es ist richtig, um die Gesamtlage in Deutschland im Griff zu behalten.

Und deswegen möchte ich, ähnlich wie Vorredner von mir, die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern erstens um Verständnis bitten, zweitens ihnen aber, dem größten Teil, die hier nämlich dazu beigetragen haben, dass wir trotzdem noch in einer relativ guten Lage hier in Mecklenburg-Vorpommern sind, danken. Ich will auch allen danken, die hauptberuflich oder auch ehrenamtlich in Verantwortung sind, um sich dieser Krise entgegenzustellen. Und ich bin nicht so vermessen, weil ich auch nicht weiß, wann konkret die Impfung kommt und wie erfolgreich wir sein werden und was es möglicherweise noch an Geld kostet, aber ich bin sicher, wir müssen gemeinsam Maßnahmen auf den Weg bringen, dass wir definitiv in das nächste Frühjahr kommen, in der Hoffnung, dass der Impfstoff dann da ist und wir sagen können, wir haben es gemeinsam geschafft. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Herr Fraktionsvorsitzender, auch zu Ihrem Redebeitrag ist eine Kurzintervention angemeldet worden.

Bitte schön, Herr Professor Weber!

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium!

Herr Renz, zunächst mal zur Wortwahl: Wenn Sie das Informieren der Bevölkerung über Fakten als „Aufputschen der Bevölkerung“ bezeichnen oder geistig ansehen, dann zeigt das nur, wie groß Ihre Sorge vor dem eigenen Volk ist. Und wenn Sie sich hier hinstellen und großtönig verkünden, was wir zu sagen und welche Schlüsse wir daraus zu ziehen haben, dann können Sie uns das ruhig selbst überlassen. Ich glaube, wir haben mindestens das gleiche umfangreiche Zahlenmaterial wie Sie. Und keiner von uns bestreitet beispielsweise die von Ihnen genannten Infektionszahlen. Die Frage ist nur die Schlussfolgerungen, die man daraus zieht.

(Beifall Horst Förster, AfD)

Infektionszahlen heißt nicht, Menschen mit schwereren Krankheitssymptomen, schon gar nicht Belastung der Intensivstationen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und diese gegriffene Zahl von Ihnen, 35 oder 50, das sind politisch gegriffene Zahlen, die an sich gar keinen Aussagewert haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und das können Sie wissenschaftlich fundiert in zahlreichen Gutachten nachlesen.

Zum Zweiten: Sie wollen immer hören, was wir für Maßnahmen wollen. Das hatten wir vor zwei Monaten im Plenum eingebracht. Wir sind gegen diesen staatlichen Zwang bei Schutzmaßnahmen. Selbstverständlich möchten wir, dass die Bevölkerung sich schützt. Wenn mir jemand sagt, in dessen Haus ich komme, dass man dort bitte die Schuhe ausziehen soll, dann tue ich das. Das heißt, wenn mir jemand als Hausrechtsinhaber sagt, bei mir bitte mit Maske einkaufen oder sonst irgendwas, dann tragen wir Masken – selbstverständlich! –, aber nur in diesem Rahmen, und nicht darüber hinaus diese Panikmache, die Sie hier verbreiten. Das lehnen wir ab! Wir setzen auf Einhaltung der Hygienemaßnahmen eines Hygienekonzepts und Abstand. Das sind die Regelungen, die kann jeder selbstbewirkt einhalten.

(Beifall Horst Förster, AfD)

Das reicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat man ja bei der Veranstaltung mit Höcke gesehen!)

Weiteren staatlichen Zwang brauchen wir nicht.

Und einen letzten Satz:...

Das tut mir leid, die zwei Minuten sind abgelaufen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da musste die Polizei einschreiten!)

Gut, okay.

Möcht...

(Vizepräsidentin Beate Schlupp spricht bei abgeschaltetem Mikrofon. – Peter Ritter, DIE LINKE: Wie war denn das bei der Höcke-Veranstaltung...)

(Peter Ritter, DIE LINKE:... im Schlosscafé

mit Abstand? Das war wohl nichts! –

mit Abstand die beste Veranstaltung,

die wir hatten! – Zuruf aus dem Plenum:

Ohne Abstand! – Peter Ritter, DIE LINKE:

Das hat wohl mit Abstand nichts zu tun!)

Einen Moment! Ich glaube, ich habe gerade den Fraktionsvorsitzenden gefragt, ob er antworten möchte, und er wollte dies tun, offensichtlich aber ungestört.

Das ist ein psychologisches Mittel, das lernt man im Lehramtsstudium. Indem man nichts sagt, kommt der eine oder andere zur Besinnung und stellt dann fest, na eigentlich habe ich eine Frage gestellt und wollte auch zuhören.

Auf die ersten Unterstellungen will ich gar nicht eingehen, Herr Professor Weber, die Sie mir persönlich gemacht haben. Ich kann auch nicht erkennen den Vorwurf, dass Sie mir unterstellen, dass ich hier Panikmache gemacht habe. Ich stelle eher fest, dass Sie als Fraktion in der Gesamtheit polarisiert haben, ohne Lösungsansätze. Sie haben im Prinzip alles infrage gestellt. Jetzt haben Sie sich einen Lösungsansatz – kann sein, dass Sie den schon immer so hatten, aber vielleicht auch erst auf dem Weg zum Mikro – überlegt, Abstand halten,

(Der Abgeordnete Dr. Ralph Weber spricht bei abgeschaltetem Saalmikrofon.)

Abstand halten und Maske tragen ist Ihre Antwort auf die Herausforderung, auf die Zahlen, die wir im Moment haben.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich glaube, Sie haben nicht richtig zur Kenntnis genommen, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt hat. Ich habe auch ausgeführt, dass vor zwei, drei Monaten es Zahlen gab, da hätten wir

(Der Abgeordnete Nikolaus Kramer tritt ans Präsidium heran. – Peter Ritter, DIE LINKE: Keine Redezeit mehr!)

und da waren wir vielleicht auch etwas, da will ich mich jetzt nicht ausschließen, vielleicht auch etwas zu sicher, dass uns das nicht ereilen wird.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das würde ich schon gar nicht mehr zulassen. Ich würde ihn wegschicken ohne Maske.)

aber Fakt ist, dass es sich rasant, extrem entwickelt hat und gerade vor dem Hintergrund der Jahreszeit das Risiko, dass wir die Lage nicht in den Griff bekommen, größer ist. Und ich kann nicht erkennen, dass ich irgendwie hier meinen Beitrag geleistet habe oder diese Unterstellung, dass die stimmt, dass ich hier Panik verbreite.