Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Tegtmeier!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Rösler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist insgesamt richtig, aber er kommt spät, sehr spät.

(Burkhard Lenz, CDU: Aber nicht zu spät. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Es geht um Pandemiebewältigung unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der demokratischen Beschlussorgane der Kommunen. Und es soll unter anderem einer extensiven Nutzung der Eilentscheidungsrechte durch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landrätinnen und Landräte, Amts- und Verbandsvorsteher entgegengewirkt werden. Corona erfordert, und das ist ja hier mehrfach gesagt worden, im Interesse der Gesundheit der kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sowie der interessierten Öffentlichkeit von bewährten Regelungen der Kommunalverfassung abzuweichen. Und das betrifft insbesondere das Sitzungsgeschehen, die persönliche Anwesenheit und den Zugang der Öffentlichkeit. Und darüber hinaus soll mit befristeten haushaltswirtschaftlichen Ausnahmebestimmungen, Standardabsenkungen und Verfahrenserleichterungen die kommunale Handlungsfähigkeit gesichert werden.

Im Gegensatz zur AfD halten wir diese Maßnahmen für folgerichtig und für dringend erforderlich, um Investitionen und auch freiwillige Aufgaben nicht zu gefährden. Das ist Ihnen, Herr Schneider, offenbar völlig egal.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Wir halten das für falsch. Wir brauchen hier die Flexibilität in diesen Zeiten.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, unter normalen Umständen wäre dies ein Gesetzentwurf mit enormem kommunalpolitischem und kommunalrechtlichem Diskussions- und Klärungsbedarf. Das reicht von technischen, personellen und finanziellen Problemen für die Kommunen, wenn sie die jetzt eröffneten rechtlichen Möglichkeiten faktisch nutzen wollen, Stichpunkt „Videokonferenz“, und geht bis zur vorgesehenen Außerkraftsetzung am 31. Dezember nächsten Jahres, was mir sehr lang, dem Städte- und Gemeindetag hingegen zu kurz scheint. Aber wir leben bekanntlich nicht in normalen Zeiten, und da die Zeit drängt, bittet der Innenminister um eine zügige Beratung. Dem verweigert sich meine Fraktion nicht, bittet aber gleichzeitig das Innenministerium im Interesse der Kommunen um einen gründlichen, verständlichen und handhabbaren Einführungserlass zum Gesetz. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Neuer Ausschussvorsitzender. Er verdient sich schon mal seine ersten Sporen als Neuer.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stärken wir die Handlungsfähigkeit der Kommunen in der Pandemie. Die meisten bei uns sind ja auch kommunalpolitisch tätig und wir haben es im ersten Lockdown erlebt und erleben es ja auch jetzt wieder, dass viele Kolleginnen und Kollegen dort Sorgen haben.

Und, Herr Kollege Schneider, da kann man sich natürlich hier hinstellen und das alles abtun und sagen, solange da Busse fahren und solange die Shoppingcenter geöffnet sind, sollen die sich mal nicht so anstellen, aber ich bin auch im Ehrenamt Stadtpräsident von der Landeshauptstadt, wie Sie vielleicht wissen, und da habe ich schon regelmäßig diese Sorgen auf dem Tisch, von Mitgliedern aller Fraktionen, die sich Gedanken machen, ob die Stadtvertretung so stattfinden kann, ob die Ausschüsse so tagen können – da gehen die Sitzungen ja teilweise auch über mehrere Stunden –, ob Ortsbeiräte, andere Gremien so tagen können. Das nehme ich sehr ernst. Und da gab es häufiger mal die Frage, wieso ist es nicht möglich, hier Sitzungen, wo auch Beschlüsse zu tätigen sind, als Videokonferenz durchzuführen. Bisher musste ich immer sagen, das lässt leider die Landesregelung nicht zu. Künftig kann ich sagen, wir haben die Möglichkeit geschaffen, und wenn ihr das möchtet als Gemeindevertretung, als Kreistag, dann könnt ihr das tun.

Und hier wird keiner dazu gezwungen. Und der Minister hat es ja auch ganz klar und deutlich gesagt, wenn sich Gemeinden und Kreistage dazu entscheiden, Aufgaben zu delegieren, an den Hauptausschuss oder Kreistag, brauchen sie dafür eine Zweidrittelmehrheit. Das ist ein sehr hohes Quorum, das muss erst mal erreicht werden. Denn wir haben es, glaube ich, alle im März/April gesehen, das Thema Umlaufverfahren, wir haben es in Schwerin einmal praktiziert, das hat natürlich seine Tücken, weil man kann dort an der Stelle nur schwierig

Änderungsanträge bringen, man kann schwierig nachvollziehen, wer hat wie abgestimmt. Ich war auch viele Jahre Fraktionsvorsitzender, da will man auch schon mal ganz gerne wissen, wie seine eigenen Schäfchen dann abstimmen an der Stelle. Und von daher hat das auch so seine Tücken.

Von daher, glaube ich, ist das jetzt hier der richtige Ansatz, auf der einen Seite zu sagen, wir ermöglichen die Öffentlichkeit, beispielsweise durch das Thema Livestream – da gibt es ja viele Kommunen, die da seit vielen Jahren mit gutem Beispiel auch vorangehen, das ist ja auch eine Form der Öffentlichkeit, der Transparenz –, und haben halt dann die Möglichkeit, eventuell Zuschauerkapazitäten einzuschränken. So haben wir es in Schwerin beispielsweise am Montag auch gemacht, dass wir gesagt haben, wir wollen in Präsenz tagen, aber wir müssen dann leider Zuschauerkapazität ein Stück weit runterfahren, bieten dafür einen qualitativ guten Livestream an.

Und die Dinge sind befristet auf drei Monate, darauf ist der Minister eingegangen, und auch beim Thema Haushaltssicherung ist das jetzt ja kein Paradigmenwechsel, da wird auch der neue Innenminister sehr darauf achten, dass die Kommunen hier weiter ihre Hausaufgaben machen, aber in der speziellen Situation, in der wir sind, wo die Kommunen Ausfälle haben im Bereich Gewerbesteuer, wo bestimmte Einrichtungen geschlossen sind, wo der Nahverkehr, andere Bereiche dort finanzielle Schwierigkeiten haben, ist es, glaube ich, auch vernünftig und möglich, diese Dinge dort zu ermöglichen. Und da wir die Kommunalverfassung nicht ändern wollen, um für diese Phase jetzt des Übergangs, für diese Phase der Pandemie bestimmte Regelungen zu treffen, liegt Ihnen hier dieses schlanke Gesetz vor.

Wir wollen in der Tat zügig diskutieren, das Thema, und der Innenausschuss wird sich ja bereits heute Abend auch mit Verfahrensfragen beschäftigen. Deswegen würde ich sehr dafür werben, dass wir das zügig im Innenausschuss diskutieren, werbe für die Überweisung.

Und noch mal die ganz klare Botschaft, hier wird nicht irgendwo eine Öffentlichkeit,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

hier wird nicht Transparenz eingeschränkt, es wird weiter den direkten Kontakt geben, es muss nachvollziehbar sein für die Bürgerinnen und Bürger, wie haben ihre Vertreter in den Kreistagen, in den Gemeindevertretungen abgestimmt. Da muss eine Teilhabe stattfinden können, aber ich finde, wir müssen auch dem Rechnung tragen, dass es viele Ehrenamtler im Land gibt, die sich Sorgen machen um ihre Gesundheit, Sorgen sich machen, vielleicht noch vor Weihnachten in Quarantäne gesteckt zu werden, weil sie noch Sitzung haben in der nächsten Woche, und ich finde, dem allen muss man irgendwo Rechnung auch tragen, und deswegen ist das, glaube ich, eine Möglichkeit. Wir geben jetzt den Gemeinden das Instrument an die Hand.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ob sie es nutzen, ist dann ihre Aufgabe vor Ort. Da haben Sie auch Ihre Mandatsträger, können Sie vor Ort dann mit denen das klären. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Ehlers!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 7/5581 zur Beratung an den Innen- und Europaausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE, der fraktionslosen Abgeordneten und Gegenstimmen der Fraktion der AfD und des fraktionslosen Abgeordneten angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7, wie wir zuvor vereinbart haben: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesausführungsgesetzes SGB IX und anderer Gesetze, Drucksache 7/5258, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Soziales, Integration und Gleichstellung, Drucksache 7/5617. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/5642 vor.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesausführungsgesetzes SGB IX und anderer Gesetze (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/5258 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Soziales, Integration und Gleichstellung (9. Ausschuss) – Drucksache 7/5617 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 7/5642 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Sozialausschusses Herr Koplin.

Frau Präsidentin, danke für das Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren, auf der Landtagsdrucksache 5617 dieser Legislaturperiode liegt Ihnen die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses sowie der Bericht über die Beratungen im Ausschuss zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesausführungsgesetzes SGB IX und anderer Gesetze vor. Eine Erste Lesung im Plenum des Landtages zu diesem Gesetzentwurf fand am 26. August dieses Jahres statt, wobei beschlossen wurde, für die weiterführende Beratung den Gesetzentwurf federführend in den Sozialausschuss sowie mitberatend an den Finanzausschuss zu überweisen.

Der Sozialausschuss beriet in insgesamt vier Sitzungen zum Gesetzentwurf. In seiner 100. Sitzung am 21. Oktober führte der Ausschuss im Zuge der Beratungen eine öffentliche Anhörung durch. Für die Stellungnahmen der beteiligten Sachverständigen in sowohl schriftlicher als

auch mündlicher Form möchte ich mich hier erneut bedanken.

Unter den Expertinnen und Experten herrschte große Einigkeit darüber, dass die Artikel 1 und 2 des Gesetzentwurfes aufgrund der Corona-Krise eine notwendige Maßnahme darstellen. Durch die über diese Artikel vorgesehene Änderung der Landesausführungsgesetze zu den Sozialgesetzbüchern IX und XII wird das auf Bundesebene verabschiedete Sozialdienstleister-Einsatzgesetz entsprechend in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt. Ziel ist es dabei, weiterhin die soziale Infrastruktur und ihre entsprechenden Angebote zu erhalten. Dabei wurde auch geregelt, dass das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz nicht zulasten der Eingliederungs- und Sozialhilfeträger gehen soll.

Ebenso wurde durch die angehörten Sachverständigen die Verschiebung des Inkrafttretens der Teile des Wohlfahrtsfinanzierungs- und -transparenzgesetzes begrüßt, die sich auf die Neustrukturierung der sozialen Beratungslandschaft beziehen. Da die für die Umsetzung dieser Neuordnung zuständigen Ämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten im Verlauf des Jahres in die Bekämpfung der Corona-Krise vor Ort sehr stark eingebunden waren und es auch weiterhin sind, wie wir wissen,

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

fehlten und fehlen die notwendigen Kapazitäten, um eine entsprechende Umsetzung des Wohlfahrtsfinanzierungs- und -transparenzgesetzes zu gewährleisten. Eine unvollständige Umsetzung wäre in keinem Fall im Interesse der Hilfebedürftigen. Zudem wird auch ausreichend Zeit benötigt, um eine landeseinheitliche Beratungslandschaft mit hohen Qualitätsstandards sowie einer gesicherten Finanzierung für die Leistungsträger zu schaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wurde durch einige der Expertinnen und Experten im Verlauf der Anhörung erneut darauf hingewiesen, dass bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Mecklenburg-Vorpommern noch immer kein auskömmlicher Mehrbelastungsausgleich mit den zuständigen Trägern vereinbart wurde. Zusätzlich muss auch bei der Umsetzung des Wohlfahrtsfinanzierungs- und -transparenzgesetzes und der damit verbundenen Neustrukturierung der sozialen Beratungslandschaft eine Abstimmung mit den Angeboten nach dem Bundesteilhabegesetz vorgenommen werden, um so eine gegenseitige Bereicherung zu ermöglichen. In der Anhörung wurde zudem darauf hingewiesen, dass es durch die Verschiebung des Inkrafttretens notwendig ist, den Umgang mit dem Modellprojekt im Landkreis Vorpommern-Greifswald zu klären, um dort weiterhin die Finanzierung sichern zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Nachgang zur Anhörung wurde dem Sozialausschuss durch die Fraktion DIE LINKE ein Entschließungsantrag vorgelegt. Dieser sah vor, die Landesregierung zum einen aufzufordern, für die Neustrukturierung der sozialen Beratungslandschaft entsprechende Standards festzulegen und eine Zuwendungsvereinbarung zu erlassen, zum anderen enthielt dieser Antrag die Forderung an die Landesregierung, die Verhandlungen mit der kommunalen Ebene zur Konnexität im Zusammenhang mit dem Bundesteilhabegesetz

weiterzuführen und zeitnah einen auskömmlichen Mehrbelastungsausgleich zu garantieren. Der Sozialausschuss hat diese Entschließung jedoch mehrheitlich abgelehnt.

Durch den mitberatenden Finanzausschuss wurde empfohlen, den Gesetzentwurf insgesamt unverändert anzunehmen. Im Sozialausschuss wurde auf der 106. Sitzung am 25. November die Schlussberatung zum Gesetzentwurf durchgeführt. Hierbei fand der Gesetzentwurf die Zustimmung der Fraktionen von SPD und CDU, während sich die Fraktionen der AfD und DIE LINKE enthielten. Dementsprechend liegt Ihnen nun heute diese Beschlussempfehlung des Sozialausschusses vor.

Ich möchte Sie nun im Namen des Sozialausschusses um Ihr Votum zum Gesetz zur Änderung des Landesausführungsgesetzes SGB IX und anderer Gesetze bitten und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Dagmar Kaselitz, SPD)

Danke, Herr Vorsitzender!