Jeannine Rösler

Sitzungen

7/4 7/6 7/9 7/10 7/11 7/12 7/13 7/14 7/17 7/19 7/21 7/23 7/24 7/25 7/27 7/28 7/31 7/32 7/33 7/34 7/35 7/36 7/37 7/38 7/39 7/40 7/41 7/44 7/46 7/47 7/50 7/51 7/52 7/53 7/55 7/56 7/58 7/61 7/62 7/64 7/67 7/69 7/70 7/71 7/72 7/73 7/74 7/75 7/76 7/78 7/79 7/81 7/85 7/89 7/90 7/91 7/92 7/95 7/96 7/97 7/98 7/100 7/101 7/104 7/105

Letzte Beiträge

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch namens meiner Fraktion danke ich dem Landesrechnungshof, insbesondere der Präsidentin Frau Dr. Johannsen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ganz herzlich, aber auch dem Ausschusssekretariat des Finanzausschusses für die geleistete Arbeit im Zusammenhang mit dem letzten Jahresbericht und den Beratungen in den Fachausschüssen und insbesondere auch im Finanzausschuss.
Diesen Dank will ich verbinden mit einer Anregung. Ich möchte anregen, dass wir ernsthaft darüber nachdenken, den Landesrechnungshof zu stärken, indem wir der Präsidentin ein Rederecht im Plenum einräumen.
Ich glaube, in vier oder fünf Bundesländern ist dies bereits so Usus.
Meine Damen und Herren, leider ist es so, dass der Landesrechnungshof auch in diesem Jahr eine Reihe von Mängeln in seinem Bericht aufgedeckt hat. Ich möchte auf zwei Punkte hier eingehen, die noch nicht zur Sprache kamen.
Ein Thema, das noch stärker in den Fokus zu nehmen ist, ist die Beseitigung und Vernichtung von Kampfmitteln in Mecklenburg-Vorpommern. Der Landesrechnungshof wies im Ausschuss darauf hin, dass angesichts der
Brände in den Wäldern von Lübtheen, aber auch anderswo im vergangenen Jahr ein riesiger Handlungsbedarf besteht. Und damit hat der Landesrechnungshof auf ein Problem aufmerksam gemacht, womit wir noch viele, noch sehr viele Jahre zu tun haben werden. Im Innen- und auch im Finanzausschuss wurde vom Fachressort vorgetragen, dass die Beräumung der kampfmittelbelasteten Flächen in Wäldern um Ortschaften mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln etwa 70 bis 100 Jahre dauern würde. Das, meine Damen und Herren, ist so nicht hinnehmbar. Der Klimawandel schreitet voran, die Sommer werden heißer, die Jahre trockener. Da sind die nächsten Waldbrände vorprogrammiert.
Für kampfmittelbelastete Waldflächen gibt es ein sogenanntes Waldbrandschutzkonzept, das den Handlungsbedarf definiert und Lösungsmöglichkeiten aufzeigt. Daraus ergibt sich, welche fachlichen und finanziellen Ressourcen notwendig sind, um die Waldflächen um die Ortschaften innerhalb von 20 Jahren zu beräumen. Auf dieser Grundlage gilt es, Maßnahmen festzulegen und sie auch tatsächlich auf den Weg zu bringen. Und das wird natürlich Geld kosten. Der Bund stellt finanzielle Mittel zur Verfügung, das Land profitiert davon auch. Allerdings können mit dem Bundesgeld auch nur Bundesflächen beräumt werden. Und selbst das Innenministerium räumt hier ein, dass dies nicht immer die Flächen seien, die man als Erstes beräumen müsse, nämlich die unmittelbar um Ortslagen in Wäldern.
Hier, meine Damen und Herren, muss dringend etwas passieren. Wir werden nicht drum herumkommen, mehr Ressourcen auch landesseitig bereitzustellen, ansonsten geht es bei der nächsten Waldbrandkatastrophe vielleicht nicht so glimpflich aus wie bislang, unseren Feuerwehren und Einsatzkräften sei Dank!
Meine Damen und Herren, der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist kein neuer Sachverhalt, der durch den Landesrechnungshof aufgeworfen wurde. Er bezieht sich auf die Umsetzung der Landtagsentschließungen. In einem gesonderten Abschnitt des Landesrechnungshofberichtes wird darauf Bezug genommen. Es geht um eine Problematik, die bereits im Bericht des Jahres 2018 beleuchtet wurde. Der Landtag hat dazu eine Entschließung gefasst, mit dem Ziel, dass das Problem zu beheben sei. Es handelt sich um das Sonderprogramm zum Lückenschluss an Radwegen entlang der Landesstraßen. Der Landesrechnungshof musste leider feststellen, dass der Landtagsbeschluss bisher nur rudimentär umgesetzt worden ist. Eigentlich sollten mittlerweile konzeptionelle, netzplanerische und rechtliche Grundlagen geschaffen und die sinnvolle Bündelung von Fördermöglichkeiten geprüft worden sein. Passiert ist wenig.
Das zuständige Energieministerium hat dazu angemerkt, dass es ein Werkstattgespräch durchführen wolle, in dem auch geklärt werden soll, ob es ein landesweites Radwegenetz geben solle. Das verwundert doch, denn es wird seit Jahren mit Geld gefördert. Die Priorisierung von Neu- und Ausbaumaßnahmen von Radwegen soll dann überwiegend durch die Landkreise erfolgen. Auch das ist nicht unbedingt zielführend, wenn man ein landesweites Radwegenetz aufbauen möchte.
Infolge der Kritik kündigte das Energieministerium an, einen breiten Diskussions- und Abstimmungsprozess mit
den verschiedenen Akteuren wie Baulastträger oder auch dem ADFC initiieren zu wollen. Hier gilt es jetzt, rasch in die Puschen zu kommen. Bisher waren es offenbar nur Ankündigungen. Wir erwarten, dass absehbar auch Ergebnisse vorgelegt werden. Seit Jahren wird nun schon konzeptioniert, geplant und geredet, aber nichts wirklich umgesetzt. Fahrradtourismus ist weiter im Aufschwung. Ein besser ausgebautes Radwegenetz befördert die Verkehrswende, die wir dringend angehen müssen, insbesondere unter klimapolitischen Aspekten. Also jetzt müssen Taten endlich folgen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für meine Fraktion ist ganz klar: Beschäftigte, Unternehmen, Studierende, Familien, Vereine und Verbände, ehrenamtliche Initiativen, Kulturschaffende, Theater, Klubs und Konzerthäuser – sie alle brauchen dringend Unterstützung, um durch diese Krise zu kommen.
Ja, und dafür muss Mecklenburg-Vorpommern auch neue Kredite aufnehmen, und zwar eine ganz beachtliche Summe.
Das ist richtig und das unterstützen wir. Ungeachtet aller Kritik, dass die Koalition sich in den Vorjahren geweigert hat, viele notwendige Dinge auf den Weg zu bringen, oder schlicht vieles verschlafen hat, erkennen wir als Opposition eines an: Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben bei diesem Nachtrag umsichtig und entgegen unserer Befürchtung auch transparent gehandelt.
Was uns besonders wichtig ist, das Parlament bleibt nicht außen vor. Wir haben gemeinsam eine Lösung gefunden, die die Beteiligung und die systematische Einbeziehung des Finanzausschusses vorsieht. Und das Sondervermögen Mecklenburg-Vorpommern-Schutzfonds in dieser außergewöhnlichen Situation und unter diesen ganz besonderen Umständen ist ein gut geeignetes Instrument und es bleibt durchschaubar, kontrollierbar und beeinflussbar.
Auch wenn wir uns in einigen Bereichen mehr Weitsicht, mehr Nachhaltigkeit, ja, und auch mehr Mut wünschen, sind doch die allermeisten Maßnahmen folgerichtig. Dafür nehmen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, und wir Kritik in Kauf, die unter anderem vom Landesrechnungshof und anderen Experten geäußert wird, eine Kritik, die – rein formal betrachtet – in wenigen Punkten durchaus begründet ist, aber mit rein formaler Draufsicht bewältigen wir das, was an gewaltigen Dingen ansteht, keinesfalls.
Ja, es ist so, dass die Mittel nicht alle ausschließlich zur unmittelbaren und kurzfristigen Abwendung der Krise dienen, sondern auch investiv, mittelfristig und als Vorsorge verwendet werden. Davon, meine Damen und Herren, profitieren nachfolgende Generationen. Auch das ist Generationengerechtigkeit.
Und genau dies begrüßt meine Fraktion ausdrücklich. Und wir sind da ganz bei Professor Thomas Lenk, einem renommierten Finanzwissenschaftler der Universität Leipzig. Er betont, dass Kredite in der aktuellen Situation, ich zitiere, „volkswirtschaftlich und fiskalisch dringend geboten“ sind. Kürzungen würden die Krise verstärken und langfristig Schäden bewirken, und das müssen wir vermeiden, die Schäden sind jetzt schon immens.
Meine Damen und Herren, von den Einschränkungen besonders betroffen sind jetzt viele Soloselbstständige, Hotelbetriebe, Restaurants, Veranstaltungsbetriebe und etliche Dienstleister, aber ganz, ganz hart trifft es die Kulturschaffenden, die gesamte Kunst- und Kulturszene. Und für sie sieht es verdammt finster aus. Von den Überbrückungshilfen profitieren die meisten Künstlerinnen und Künstler bisher nicht. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als auf Erspartes zurückzugreifen, das eigentlich für die Altersvorsorge gedacht war. Und viele mussten Grundsicherung beantragen. Und die sogenannte November-/Dezemberhilfe wird einmalig gewährt und fällt in der Regel für Kunstschaffende ohnehin dürftig aus. Bei den oft sehr niedrigen Verdiensten bleibt da unterm Strich bei 75 Prozent nur wenig.
Meine Damen und Herren, wenn die soloselbstständigen Künstlerinnen und Künstler unseres Landes die Pandemie überstehen sollen, müssen wir, muss das Land tätig werden, statt allein auf Hilfe aus Berlin zu warten. Und deshalb haben wir vorgeschlagen, das Überbrückungsstipendium des Landes für soloselbstständige Künstlerinnen und Künstler von Januar bis Mai 2021 zu verstetigen und auf 1.200 Euro im Monat festzusetzen.
Meine Damen und Herren, und wir sehen weiteren Handlungsbedarf, etwa bei den Beschäftigten in Einrichtungen, in denen Menschen mit Behinderungen betreut und gepflegt werden. Auch sie sollten eine Corona-Prämie bekommen. Gerade in diesen Zeiten mit Einschränkungen und Abstandsgebot leisten diese Menschen, diese Beschäftigten Übermenschliches und stehen ihren Schützlingen zur Seite.
Und es muss endlich auch die Digitalisierung in Pflegeeinrichtungen Einzug halten. Mit Hygienekonzepten allein ist es da nicht getan. Die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner, aber auch die Beschäftigten brauchen eine ausreichende digitale Basis. Viele Menschen sind zwar alt, gebrechlich und womöglich pflegebedürftig, aber sie sind doch nicht dumm!
Meine Damen und Herren, unterschätzen Sie die Seniorinnen und Senioren nicht!
Jeder Familienkontakt per Videochat, per Skype oder sonst wie ist besser als gar keiner. Kurzum: Wir werben dafür, die Pflege- und Wohneinrichtungen digital besser aufzustellen.
Und was uns besonders am Herzen liegt, ist die Einrichtung einer Ombudsstelle für Kinder oder die Stelle eines Kinderbeauftragten, so, wie es eine in Sachsen-Anhalt oder im Bund gibt. Mit der Corona-Pandemie nahmen leider auch gewalttätige Übergriffe im häuslichen Umfeld zu. Davor dürfen wir keinesfalls die Augen verschließen. Wir müssen hier alles unternehmen, um präventiv wirksam zu werden, und dazu gehört ganz sicher eine Ansprechpartnerin beziehungsweise ein Ansprechpartner für alle Angelegenheiten, die Kinder betreffen, auch für alle Sorgen und Nöte.
Meine Fraktion ist froh, dass kinder- und jugendtouristische Einrichtungen bei Investitionen unterstützt werden. 5 Millionen Euro GRW-Mittel stehen für gewerbliche Anbieter zur Verfügung. Wir sollten aber im Rahmen des Sozialfonds auch eine Lösung für die gemeinnützigen Einrichtungen finden. Sie dürfen nicht weiter ins Hintertreffen geraten, denn ihre Angebote sind wertvoll und unverzichtbar.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle ein paar Worte zum Agieren der selbst ernannten Alternative: Sie will weitestgehend auf eine Verschuldung verzichten, sie hält sie für unnötig, und vielmehr sollte massiv im laufen
den Haushalt gespart werden. Volkswirtschaftlich wäre das eine Katastrophe, und ja, sozialer Zusammenhalt ist für die AfD ohnehin ein Fremdwort. Im Wirtschaftsausschuss hat sie zum Beispiel beantragt, die Überbrückungshilfen – so weit zur Wirtschaftsförderung – massiv zu kürzen. Für die AfD mag die Pandemie bereits vorbei sein, wie ihre Anträge und auch Äußerungen zu Lockerungen zeigen, die Fakten belegen aber, dass uns Covid-19 und die Auswirkungen noch lange beschäftigen werden. Eine Kürzung der veranschlagten Mittel wäre daher hier völlig verantwortungslos.
Und auch für den Breitbandausbau solle laut AfD jetzt kein weiteres Geld fließen. Ich will das noch mal zitieren aus der Begründung eines Antrages. Zitat: „Rein sachlich ist einzuwenden, dass der bisherige Ausbau des Breitbandangebotes hinsichtlich der Übertragungsrate zur Versorgung der Bedürfnisse von Bevölkerung, Wirtschaft, Verwaltung und Schule ausreicht. Er genügt ebenso den Bedürfnissen der medizinischen Einrichtungen.“ So, meine Damen und Herren, können nur ignorante, rückwärtsgewandte Männer denken.
Die Corona-Pandemie hat das Arbeits- und Privatleben deutlich verändert. Schnelles Internet ist ein Muss, schnelles Internet ist Daseinsvorsorge. Und deshalb sind auch die grauen Flecken beim Breitbandausbau ganz rasch zu beseitigen.
Und völliges Desinteresse zeigt die AfD an der Zukunft der Hochschulen. Wie üblich will sie hier den Rotstift ansetzen. Sie verweigert den Hochschulen in einer Pandemiesituation die nötigen Finanzmittel, um die digitale Lehre voranzutreiben. Dabei geht die AfD völlig sinnfrei vor. Ihren Änderungsanträgen liegen weder Daten zugrunde, noch hat sie sich offenbar mit den Hochschulen ausgetauscht dazu.
Meine Damen und Herren, zurück zum vorliegenden Zahlenwerk: Auch wenn wir dem Gesamtpaket des Nachtragshaushaltes zustimmen werden, erwarten wir, dass aus der Krise die richtigen Schlussfolgerungen und Konsequenzen gezogen werden. Das Land hat eine optimistische, eine für alle Frauen, Männer, Kinder und Familien lebens- und liebenswerte Perspektive verdient. Wir erwarten, dass jetzt nicht nur Strohfeuer entfacht werden, sondern dass das Feuer langfristig kräftig lodert. Und deshalb gilt es, auch nach der Corona-Krise von harten Einschnitten abzusehen. Wir haben Sorge, dass die wirtschaftliche Entwicklung und die Investitionstätigkeit in den nächsten Jahren eingeschränkt sind und wir wieder in das Dilemma des Streich- und Kürzungswahns geraten. Es zeigt sich auch, dass das Instrument der Schuldenbremse hinderlich ist. Das sehen wir grundsätzlich anders als Sie.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle sage ich Ihnen ganz klar, was bei der Bewältigung der finanziellen Folgen aus der Corona-Krise völlig inakzeptabel ist: Es ist völlig inakzeptabel, die Kosten allein den Leuten aufzubürden, die über kleine und mittlere Einkommen verfügen,
und zugleich die wirklich superreichen Leute und die Profiteure der Krise zu verschonen. Wenn alle sagen, nach Corona könne man nicht mehr so weitermachen wie bisher, dann gilt das ganz besonders für die Finanzpolitik und die Daseinsvorsorge. Es macht keinen Sinn, das jetzt benötigte Geld den nächsten Haushalten zu entziehen. Dann ginge das Elend der zurückliegenden 20 Jahre nicht nur weiter,
sondern würde sich massiv verschärfen: Kinderarmut, Bildungsdefizite, Investitionsstau in der Infrastruktur, unterfinanzierte Kommunen, Abbau von Daseinsvorsorge. Wir wollen, wir müssen diese Szenarien durchbrechen! Sie sind kein Naturgesetz, meine Damen und Herren!
Welchen Sinn macht es, immer an der zu kurzen Decke zu ziehen und zu zerren oder entstandene Löcher zu stopfen, indem man neue Löcher reißt? Wir müssen endlich dafür sorgen, dass die Decke größer wird – heute mehr denn je. Und deshalb fordern wir eine CoronaAbgabe auf das Privatvermögen jener Menschen, die das reichste Prozent unserer Gesellschaft bilden und mehr als ein Drittel des Gesamtvermögens in Deutschland besitzen.
Dazu gehören unter anderem die ALDI-Brüder Albrecht, die Familien Klatten und Quandt oder ein Dieter Schwarz.
Das Vermögen eines Dieter Schwarz, Inhaber der LidlKette, wuchs während der Corona-Pandemie um sage und schreibe 11 Milliarden Euro.
Das können er und andere Multimillionäre oder Milliardäre gar nicht selbst erarbeitet haben, und allemal können sie einen kleinen Bruchteil davon beisteuern, um die Lasten der Krise gerecht zu verteilen. – Ich danke Ihnen.
Ja.
Die Betrachtungen, ob etwas verfassungswidrig ist oder nicht, sind ja unterschiedlich. Das stellt man auch in den Stellungnahmen der Experten fest. Also Sie zitieren natürlich nur die Experten, die da sich entsprechend geäußert haben,
aber es gibt auch die entsprechende Stellungnahme von Professor Lenk zum Beispiel,
der das völlig anders einschätzt.
Und dann will ich Ihnen sagen, also mein Wirtschaftsstudium, das habe ich 1992 begonnen und 1996 abgeschlossen.
(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist insgesamt richtig, aber er kommt spät, sehr spät.
Es geht um Pandemiebewältigung unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der demokratischen Beschlussorgane der Kommunen. Und es soll unter anderem einer extensiven Nutzung der Eilentscheidungsrechte durch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landrätinnen und Landräte, Amts- und Verbandsvorsteher entgegengewirkt werden. Corona erfordert, und das ist ja hier mehrfach gesagt worden, im Interesse der Gesundheit der kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sowie der interessierten Öffentlichkeit von bewährten Regelungen der Kommunalverfassung abzuweichen. Und das betrifft insbesondere das Sitzungsgeschehen, die persönliche Anwesenheit und den Zugang der Öffentlichkeit. Und darüber hinaus soll mit befristeten haushaltswirtschaftlichen Ausnahmebestimmungen, Standardabsenkungen und Verfahrenserleichterungen die kommunale Handlungsfähigkeit gesichert werden.
Im Gegensatz zur AfD halten wir diese Maßnahmen für folgerichtig und für dringend erforderlich, um Investitionen und auch freiwillige Aufgaben nicht zu gefährden. Das ist Ihnen, Herr Schneider, offenbar völlig egal.
Wir halten das für falsch. Wir brauchen hier die Flexibilität in diesen Zeiten.
Meine Damen und Herren, unter normalen Umständen wäre dies ein Gesetzentwurf mit enormem kommunalpolitischem und kommunalrechtlichem Diskussions- und Klärungsbedarf. Das reicht von technischen, personellen und finanziellen Problemen für die Kommunen, wenn sie die jetzt eröffneten rechtlichen Möglichkeiten faktisch nutzen wollen, Stichpunkt „Videokonferenz“, und geht bis zur vorgesehenen Außerkraftsetzung am 31. Dezember nächsten Jahres, was mir sehr lang, dem Städte- und Gemeindetag hingegen zu kurz scheint. Aber wir leben bekanntlich nicht in normalen Zeiten, und da die Zeit drängt, bittet der Innenminister um eine zügige Beratung. Dem verweigert sich meine Fraktion nicht, bittet aber gleichzeitig das Innenministerium im Interesse der Kommunen um einen gründlichen, verständlichen und handhabbaren Einführungserlass zum Gesetz. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ende des sogenannten Globalvolumens ist eingeläutet. Nicht ein Gericht, nicht der politische Gegner,
sondern die finanzielle und wirtschaftliche Lage des Landes und des Bundes haben die Koalition zu diesem Schritt gezwungen. Ein Punkt, den wir in der Vergangenheit immer wieder kritisiert haben, wird nun ganz offenkundig: Eine Finanzierung über den Strategiefonds ist eben nicht nachhaltig,
denn wie geht es nun weiter mit Förderungen, die eher auf einen langfristigen Bedarf ausgerichtet sind, beispielsweise bei den freiwilligen Feuerwehren oder bei der Hautkrebsprävention im Kindesalter oder auch bei der Kirchsanierung? Wie geht es weiter mit der Finanzierung von Personalstellen, beispielsweise für die Telefonseelsorge, oder bei dem Modellprojekt Schulsozialarbeit an Brennpunkten? Werden Sie diese Zwecke in den regulären Haushalten aufnehmen oder bleibt es bei dem Strohfeuer?
Meine Damen und Herren, wohl ein letztes Mal berieten wir im Finanzausschuss in dieser Größenordnung eine Liste mit vielen kleinen und kleinsten Projekten und auch durchaus dem einen oder anderen etwas größeren Projekt, wie zum Beispiel die Waldbadrutsche in Stavenhagen.
Das Landesgeld für diese Projekte wird der sogenannten Bestandsreserve des Sondervermögens entnommen. Eine ganze Reihe von Projekten eignet sich durchaus wieder hervorragend auch als Wahlkampfhilfe für die Abgeordneten von SPD und CDU, insbesondere im Wahljahr 2021.
Und wir reden hier insgesamt über etwa 15 Millionen Euro zu verteilender Steuergelder.
Und ja, meine Damen und Herren, ein paar Perlen sind durchaus wieder dabei, zum Beispiel die Unterstützung eines Kleingartenvereins beim Bau eines Carportunterstandes mit 15.000 Euro
oder die Einrichtung eines Schulgartens für eine Grundschule mit 10.000 Euro, und das,
und das, obwohl für Schulgärten ein originäres Förderprogramm im Einzelplan des Landwirtschaftsministeriums existiert.
Dies wurde uns dann auch im Ausschuss auf meine Nachfrage hin so bestätigt, aber angeblich gehe es hier um einen besonderen Einzelfall,
der auch einer besonderen Behandlung bedarf.
Aber nun ja, mit Einzelfällen kennen Sie sich von der Koalition ja auch besonders gut aus!
Meine Damen und Herren, im kommenden Jahr können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, noch einmal öffentlichkeitswirksam mit Förderbescheiden durch die Lande ziehen. Sie sollten sich aber auch die Zeit nehmen, um kritisch Bilanz zu ziehen. Wenn der Bedarf an der Basis so riesengroß und so drängend ist, wie Sie es bei der Begründung der vielen Projekte immer wieder auch betont haben im Finanzausschuss, und wenn insbesondere Zwecke, die in ureigener kommunaler Verantwortung liegen, auf der Projektliste auftauchen, dann stellt sich doch die Frage: Wie wollen Sie künftig mit diesen Bedarfen verfahren
und welche Lösungen hat die Landesregierung hier? Oder bleibt das dann doch eher bei einem wahltaktischen Intermezzo?
Sie kennen unsere Auffassung: Das, was nachhaltig durch das Land unterstützt werden muss, soll auch transparent im Haushalt verankert und langfristig gesichert werden,
und Städte und Gemeinden müssen in die Lage versetzt werden, ihre originären Aufgaben und Projekte, die den Einwohnerinnen und Einwohnern zugutekommen, auch eigenständig und selbstbestimmt zu finanzieren. Das wäre im Übrigen nicht nur im Sinne der Subsidiarität, sondern hätte auch andere Vorteile, zum Beispiel deutlich weniger Bürokratie. Und ich glaube, das eine oder andere Projekt lässt sich auch viel, viel schneller umsetzen.
Meine Damen und Herren, wir werden uns der Abstimmung nicht entziehen, obwohl unsere grundlegende Kritik bleibt. Für uns kommt aber nur eine Enthaltung infrage.
Letztlich sehen wir den Bedarf vor Ort und sind froh, wenn das Geld da ankommt, wo es dringend benötigt wird. Das ist gar keine Frage.
Im Übrigen würde dies aber noch viel, viel besser funktionieren, wenn man die Weichen im Fördersystem – oder ich sollte vielleicht sagen, im Förderdschungel – tatsächlich neu stellt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einiges zur AfD sagen. Wenn man der Logik der AfD folgt, heißt das, Sie wollen jetzt und in den nächsten Jahren Kürzungen zulassen, möglicherweise auch auf Kofinanzierungen verzichten. Das bedeutet nichts anderes, als dass Sie damit in Kauf nehmen, die Krise noch weiter zu verschärfen und auch die Schäden noch weiter zu erhöhen.
Sie nehmen, Sie von der AfD nehmen in Kauf, dass es keine Planungssicherheit für Vereine, Verbände und für die Kommunen im Land gibt.
Und Sie stellen alles infrage, haben aber selbst überhaupt keine Strategie.
Wir sind sehr gespannt auf Ihre Vorschläge,
die Sie dann ja in den Ausschussberatungen präsentieren werden, denn Sie sagen, Herr Professor Weber, Sie sagen, das Einsparpotenzial wäre enorm, können aber keine Summe nennen.
Sie sagen, alle Rücklagen wurden aufgebraucht. Das ist eine falsche Aussage.
Das hätte Ihnen auffallen müssen, wenn Sie ein einziges Mal in den Gesetzentwurf geschaut hätten.
Und ebenso hätten Sie, wenn Sie in den Gesetzentwurf geschaut hätten, auch festgestellt, dass Haushaltsverbesserungen in den Haushaltsausgleich eingehen sollen.
Wer wie die AfD meint, dass die riesigen Herausforderungen einschließlich der massiven Steuerausfälle ohne diese Neuverschuldung zu bewältigen sind, der spaltet die Gesellschaft. Sie haben fiskalische Aspekte mittlerweile völlig aus den Augen verloren, denn für Bildung, Gesundheit und Daseinsvorsorge Schulden zu machen, ist nicht falsch.
Das ist finanzpolitisch verantwortbar,
denn bleiben die erforderlichen Investitionen aus, riskieren Sie viel höhere Kosten in der Zukunft. Und auch das hat etwas mit Generationengerechtigkeit zu tun.
Und, meine Damen und Herren, es kommt auch darauf an, dass wir ordentlich mit unserem Personal in der Landesverwaltung umgehen und dass die Schulen und Hochschulen gestärkt werden und dass die Digitalisierung nicht nur vorankommt, sondern auch einen Quantensprung macht. Und im Gegensatz zur AfD sind wir als Linksfraktion bereit, die Verantwortung für die finanziellen Herausforderungen in den nächsten Jahren mit zu übernehmen,
denn, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, kein Haushalt der Welt kann die jetzigen Herausforderungen einfach so wegatmen.
Und kein Sparprogramm der Welt kann diese Herausforderungen finanzieren. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich kann es kurz machen. Meine Fraktion trägt die vorliegenden Änderungen des FAG mit, insbesondere in dieser Situation. Es ist, glaube ich, nicht an der Zeit, die Realsteuerhebesätze jetzt anzuheben, die letztlich die Einwohnerinnen und Einwohner sowie die Unternehmen in den Kommunen noch mal extra belasten würden. In den Fachausschüssen haben wir dazu beraten und letztendlich auch einstimmig für die Gesetzesänderung votiert.
Auf die von CDU und SPD vorgeschlagene Änderung im Zusammenhang mit den Wohnungsbaualtschulden wurde schon hingewiesen. Genau wie den kommunalen Landesverbänden ist auch meiner Fraktion in erster Linie daran gelegen, dass nun endlich mit der im Jahr 2017 zugesagten Entschuldung der kommunalen Wohnungsbaualtschulden aus der ehemaligen DDR begonnen wird. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, nun muss allerdings auch etwas Fahrt in die Sache kommen.
Beide kommunalen Landesverbände haben sowohl den ursprünglichen Entwurf des Änderungsgesetzes als auch
die zusätzliche Regelung zu den Wohnungsbaualtschulden befürwortet. Wir werden uns allerdings vorbehalten, in gut einem Jahr wieder auf die Neuregelung und die Situation der Kommunen zu schauen. Dann spätestens müssen wir auch darüber reden, ob die Übergangszeiten doch noch weiter zu verlängern sind. Schließlich können wir jetzt nicht seriös abschätzen, wie lange und wie hart uns die Corona-Krise tatsächlich treffen wird. Wir werden, wie gesagt, der vorliegenden Beschlussempfehlung zustimmen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf bringt neben mehr Transparenz und Rechtssicherheit für die Beamtinnen und Beamten einige längst überfällige Verbesserungen. Der öffentliche Dienst muss zwingend
an Attraktivität gewinnen, und dabei lässt sich vieles, aber sicher nicht alles über die Besoldung lösen. Das haben wir ja heute schon gehört. So vermissen wir ein Einlenken bei den Höchstaltersgrenzen für eine Verbeamtung. Sie gehören abgeschafft oder zumindest heraufgesetzt.
Sie sind für die Fachkräftegewinnung nicht hilfreich und stellen einen Wettbewerbsnachteil für das Land dar.
Meine Damen und Herren, ich will einige weitere Punkte anreißen, die aus unserer Sicht kritisch zu diskutieren sind.
Zunächst zum Thema Stellenzulagen: Es erfolgt zwar eine Anpassung, aber wir werden darüber reden müssen, ob diese ausreichend ist.
Ein Beispiel: Fliegerstellenzulage. Sie soll für Piloten, also Luftfahrzeugführer, um nur 14 Euro und für sonstige ständige Besatzungsmitglieder um nur 2 Euro steigen. Angesichts dessen, dass es seit 22 Jahren keine Anpassung in Mecklenburg-Vorpommern gab, während der Bund und andere Bundesländer deutliche Verbesserungen vorgenommen haben, besteht hier aus unserer Sicht Handlungsbedarf,
und zwar über das hinaus, was der Gesetzentwurf vorsieht.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir weitere Anmerkungen zu zwei innen- und einem kommunalpolitischen Thema. Der Gesetzentwurf ändert mit Artikel 4 unter anderem Dienstkleidungsvorschriften des Landes. Mit anderen Worten: Die Kennzeichnungspflicht von Polizeivollzugsbeamten soll in Mecklenburg-Vorpommern auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. September 2019 stand nämlich unsere Verwaltungsvorschrift zur individuellen Kennzeichnungspflicht plötzlich auf sehr brüchigem Fundament.
Ich meine, mich zu erinnern, dass mein Kollege Peter Ritter bereits in einer früheren Debatte auf diese Problematik hingewiesen hat.
Der vorliegende Gesetzentwurf setzt dieses Urteil aber nur halbherzig beziehungsweise nicht vollständig um. Die Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbeamte in Brandenburg ist verfassungsgemäß. Sie beruht nämlich auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Der Gesetzgeber habe die wesentlichen Entscheidungen auch über Ausnahmen von der Verpflichtung nach einer parlamentarischen Debatte selbst getroffen.
Darauf soll unser Landtag verzichten. Näheres zu Inhalt, Umfang und Ausnahmen regelt künftig wiederum das Innenministerium durch Verwaltungsvorschrift.
Meine Damen und Herren, mit der Änderung des Landesdisziplinargesetzes in Artikel 7 will die Landesregierung ein kommunalpolitisches Problem lösen. Im Verhältnis zwischen ehrenamtlichem Amtsvorsteher und hauptamtlichem leitenden Verwaltungsbeamten will der Gesetzentwurf das Hauptamt stärken. Die Disziplinarbefugnisse sollen dem Amtsvorsteher entzogen und auf die Ebene der Rechtsaufsicht verlagert werden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten nicht in Sonntagsreden das Ehrenamt über den Klee loben, in der Realität dann aber das Hauptamt privilegieren. Wenn der Gesetzentwurf in diesem Zusammenhang von einem missbräuchlichen Umgang mit disziplinarrechtlichen Befugnissen spricht, dann erwarte ich erstens Belege und zweitens alternative Lösungsvorschläge zum Beispiel zur weiteren Qualifizierung des Ehrenamtes.
Ein weiteres Thema ist die Zuverlässigkeitsüberprüfung. Künftig soll vor erstmaliger Begründung eines Beamtenverhältnisses in der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes sowie in der Laufbahn des Justizdienstes und weiterer Bereiche neben dem LKA auch die Verfassungsschutzbehörde um Auskunft ersucht werden. Ich meine, wer das Kriterium der Verfassungstreue nicht erfüllt, hat im öffentlichen Dienst nichts verloren.
Der Verfassungsschutz soll also die Frage klären, ob die Bewerber jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten werden.
Vor dem Hintergrund der sogenannten wehrhaften Demokratie,
so der Gesetzentwurf, sei dieser Grundrechtseingriff verhältnismäßig, erforderlich und geeignet. Man muss die linke Kritik an Geheimdiensten nicht teilen, aber seit NSU, seit SEK-Skandal und anderen alarmierenden Entwicklungen müsste der Gesetzentwurf an dieser Stelle von einer breiten Mehrheit in Zweifel gezogen werden.
Was nützt eine Überprüfung der Verfassungstreue von Bewerbern, wenn sie Jahre später unbehelligt und ohne Konsequenzen mit Wehrmachtsliteratur über den Campus laufen können?
Was nützt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Geheimdienstes, wenn sich die überprüften Bewerber anschließend in geheimen Chatgruppen über die freiheitlichdemokratische Grundordnung amüsieren können? Und was nützen uns Auskünfte eines Verfassungsschutzes, der Netzwerke, wie zum Beispiel Nordkreuz, mit seinen zahlreichen verbeamteten Mitgliedern nicht kennt?
In einer Zeit, in der Verdachtsfälle von Extremismus in Sicherheitsbehörden die Öffentlichkeit beunruhigen, sollten wir öffentlich analysieren, öffentlich agieren und öffentlich kommunizieren. Dafür aber sind Geheimdienste ungeeignet.
Meine Damen und Herren, wir erwarten, dass in den Fachausschüssen ausreichend Zeit für eine intensive Beratung und gegebenenfalls für eine öffentliche Anhörung zu diesem komplexen Gesetzentwurf besteht. Wir werden der Überweisung zustimmen. – Vielen Dank!
Ja, ich kann dazu nur sagen, Sie kennen das Beispiel. Und ich habe das nicht lapidar dargestellt, dass es hier nur um das Lesen von Wehrmachtsliteratur geht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Historisch betrachtet scheint Konnexität in diesem Landtag seit über 20 Jahren beziehungsweise spätestens seit der 3. Legislatur ein Leib- und Magenthema vor allem der Opposition zu sein. Aber nicht allein vor diesem Hintergrund plädiere ich für eine Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes in den fachlich zuständigen Innen- und Europaausschuss.
Ich werbe erstens nicht für eine Überweisung, weil der Gesetzentwurf besonders originell wäre. Nein, da genügt ein Blick nach Nordrhein-Westfalen oder nach RheinlandPfalz. Ich werbe zweitens auch nicht für eine Überweisung, weil die Idee beziehungsweise die Problemsicht neu oder aktuell wäre. Nein, ich persönlich habe an dieser Stelle vor einigen Monaten auf Konnexprobleme aufmerksam gemacht. Und mein Kollege Torsten Koplin tat dies ausdrücklich im Rahmen der Gesetzgebung zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Eine Überweisung gibt uns aber die Möglichkeit, unübersehbare Probleme sachlich zu diskutieren und mit den Beteiligten nach Lösungen zu suchen.
Meine Damen und Herren, meine frühere Kollegin Gabi Schulz beziehungsweise Měšťan hat die Einführung des strikten Konnexitätsprinzips als das wichtigste kommunalpolitische Vorhaben der 3. Wahlperiode dieses Landtags bezeichnet. Die dazugehörende übergreifende Verfahrensregelung, also die Gemeinsame Erklärung der Landesregierung und der kommunalen Landesverbände zum Konnexitätsprinzip vom 20. März 2002, war für sie damals von der Bedeutung her gleichzusetzen mit einem wichtigen Gesetzesvorhaben. Diese zentrale Bedeutung hat das Konnexitätsprinzip auch heute noch. Die gemeinsame Erklärung darf man aber nach fast 20 Jahren auf Überarbeitungs- beziehungsweise Modernisierungs
bedarf hinterfragen. Dabei denke ich etwa an das berühmte Gegenstromprinzip, was in dieser Form wohl einmalig ist, aber auch an Widersprüche zwischen Kostenüberprüfungszeiträumen einerseits und Tarifvertragslaufzeiten andererseits.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf wirft aber auch die Grundsatzfrage auf, ob wir künftig Konnexitätsverfahrensfragen per Gesetz oder per Vereinbarung festschreiben wollen. Auch diese Frage würde ich gern im Innenausschuss vertiefen, auch unter Auswertung der Erfahrungen anderer Bundesländer.
Heute würde ich zugespitzt formulieren, das vorliegende Gesetz hätte an der problematischen Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes nichts, aber auch gar nichts geändert. Zur Not wären mit einfacher parlamentarischer Mehrheit Einzelregelungen ausgehebelt oder zeitlich suspendiert worden.
Meine Damen und Herren, gerade auch, weil vor 20 Jahren so hart um diese gemeinsame Erklärung gestritten wurde, möchte ich diese Form der direkten Einbeziehung der kommunalen Landesverbände in Konnexitätsverfahren nicht einfach über Bord werfen. Und warum also nicht dem Konnexitätsprinzip und dazugehörenden Verfahrensfragen frisches Blut und jungen Geist zuführen?! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum Gesetzentwurf der AfD-Fraktion Folgendes: Die Mittelfristige Finanzplanung wird dem Landtag seit jeher zusammen mit der Einbringung des Haushalts vorgelegt, seitdem ein Doppelhaushalt aufgestellt wird, also alle zwei Jahre. Meine Fraktion hatte mit dieser Praxis auch grundsätzlich kein Problem. Das gilt sowohl für die Zeit der Regierungsbeteiligung als auch für die Zeit in der Opposition.
Die AfD-Fraktion möchte, dass nunmehr in jedem Jahr die Mittelfristige Finanzplanung vorgelegt wird. Die Argumente und insbesondere die Entscheidungsgründe des Verfassungsgerichtshofes Berlin nehmen wir aber auch ernst, obwohl das Urteil bereits 15 Jahre alt ist und jedenfalls bislang nicht nennenswert nach MecklenburgVorpommern ausgestrahlt hat.
Was spricht demnach also für die jährliche Vorlage des Finanzplans?
Das Gericht und auch entsprechende Abhandlungen in der juristischen Literatur stellen vor allem auf den Sinn und Zweck der mehrjährigen Finanzplanung ab. So geht es unter anderem um eine vorausschauende Finanzpolitik, um konjunktur- und wirtschaftspolitische Steuerungsmöglichkeiten und nicht zuletzt um die wichtige
Informations- und Kontrollfunktion. Gerade aus Sicht der Opposition sind Transparenz und öffentliche Debatten in Haushaltsfragen von besonderer Bedeutung.
Die Finanzplanung dient den Abgeordneten damit als Entscheidungshilfe für ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik, und das gilt umso mehr, wenn große Haushaltsposten angefasst werden. Die Auswirkungen der in Zahlen gegossenen Politik werden so deutlich. Für die Kontrolle der Regierung kann das grundsätzlich nur förderlich sein.
Aber, meine Damen und Herren, dies könnte auch in Mecklenburg-Vorpommern durchaus für die jährliche Vorlage der Mittelfristigen Finanzplanung sprechen, und zwar unabhängig davon, ob die Regierung den Haushalt jedes Jahr oder nur, wie bislang, alle zwei Jahre einbringt. Und nach unserer Kenntnis legen fast alle Landesregierungen ihre Finanzplanungen jährlich dem Parlament vor, auch wenn der Haushalt zum Teil eben nur alle zwei Jahre aufgestellt wird.
Dennoch, meine Damen und Herren, unsere Meinungsbildung in der Fraktion ist noch nicht abgeschlossen. Und das will ich hier ganz deutlich sagen, wir möchten gern noch weitere Argumente dafür und dagegen hören, und deswegen stimmen wir zunächst einer Überweisung des Gesetzentwurfes zu, um gegebenenfalls dann auch im Finanzausschuss mit Experten und Praktikern das Für und Wider einer jährlichen Vorlage der Mittelfristigen Finanzplanung abwägen zu können. Der Finanzminister hat ja an dieser Stelle schon einige Argumente genannt, die dagegensprechen. Wie gesagt, wir würden uns freuen, wenn wir im Finanzausschuss dazu noch intensiver miteinander beraten könnten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Badespaß bringt Gemeinden in Not“, „Bürgermeister fordern klare Regeln für Badestellen“, „…dorf geht mit Badesteg auf Nummer sicher“. So
oder so ähnlich sind in den letzten Wochen und Tagen kommunale Hilferufe in der Presse überschrieben. Da es offenbar gegenwärtig an klaren handhabbaren Regelungen für die Sicherheit an kommunalen Badestellen fehlt, ist die Verunsicherung vor allem bei zahlreichen ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern erheblich. Hier kann Landespolitik nicht schweigen. Hier ist der Verweis auf eine alleinige Zuständigkeit kommunaler Selbstverwaltung letztlich deplatziert.
Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Innenminister, an dieser komplizierten Situation ändern auch Ihre Hinweise zur Verkehrssicherungspflicht an kommunalen Badestellen leider nichts, die Sie am 3. September verschickt haben. Diese Hinweise machen auch den vorliegenden Antrag nicht überflüssig, ganz im Gegenteil. Ich befürchte, mit diesen Hinweisen und dem KSA-Merkblatt vom Mai 2017 als Anlage wird die kommunale Verunsicherung weiter vergrößert.
Meine Damen und Herren, wenn derzeit in Gemeinden ernsthaft darüber nachgedacht wird, mit staatlichen Fördermitteln errichtete Badestelleninfrastruktur rückbauen zu wollen, dann darf Landespolitik an dieser Stelle nicht schweigen.
Andernfalls müssten wir auch über Verschwendung öffentlicher Mittel reden.
Am 19. August meldet der NDR in diesem Zusammenhang, die SPD-Fraktion fordere gesetzliche Vorgaben darüber, wie Badestellen in Gemeinden beaufsichtigt werden müssen. Nach Ansicht der Linksfraktion, so der NDR weiter, muss verhindert werden, dass Badestellen geschlossen oder Anlagen zurückgebaut werden. Der Städte- und Gemeindetag, so der NDR abschließend, fordere klare und handhabbare Regelungen für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, und auch die CDUFraktion sehe Gesprächsbedarf.
Meine Damen und Herren, damit spätestens hat dieses kommunale Thema Landespolitik und Landtag erreicht. Lassen Sie mich versuchen, die komplizierte Problematik, so, wie ich sie verstehe, in drei Punkten zusammenzufassen:
Erstens hat ein Urteil des BGH aus dem Jahre 2017 unter dem Obertitel „Badeunfall; Beweislastumkehr“ zur Aufsichtspflicht in kommunalen Freibädern sinngemäß festgestellt, dass die Gemeinde bei grober Pflichtverletzung der Badeaufsicht nunmehr nachweisen müsse, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßer Aufsicht nicht zu verhindern gewesen wäre.
Seit dem Urteil gilt: Sobald es sich nicht bloß um einen öffentlich zugänglichen See, sondern um eine Stelle mit bädertypischem Ausbau handelt, sind die Kommunen in der Pflicht.
Zweitens, meine Damen und Herren, handelt es sich bei diesen Verkehrssicherungspflichten der Gemeinden um zivilrechtliche Angelegenheiten, bei denen der Landesregierung nach Auffassung des Innenministeriums eine Grenze gesetzt ist. Das Ministerium verweist vielmehr
auf die vom Kommunalen Schadenausgleich, dem KSA, 2017 gegebenen Hinweise zur Verkehrssicherungspflicht für Badestellen. Die Landesregierung wäre bereit, diese Abhandlung als Handreichung an die Kommunen auszureichen. Das hat sie nach einem Austausch mit dem KSA inzwischen auch getan.
Drittens. Schließlich, meine Damen und Herren, hilft diese Handreichung des KSA nach meiner Lesart nicht wirklich weiter. Ich zitiere: „Unser Deckungsschutz greift auch dann, wenn eine Kommune ihre Verkehrssicherungspflicht nicht oder nur unzureichend erfüllt hat. Dies ist nach unseren“ allgemeinen Verrechnungsgrundsätzen für Haftpflichtschäden „lediglich dann anders, wenn wir die Kommune unter ausdrücklichem Hinweis auf einen drohenden Verlust des Versicherungsschutzes zur Beseitigung eines besonders gefahrdrohenden Umstandes aufgefordert haben. … Ein derartiges Beseitigungsverlangen mit Konsequenzen für den Deckungsschutz ist allerdings die Ausnahme.“
Meine Damen und Herren, damit wären ja letztlich alle Badestellenprobleme im Nirwana verschwunden. Der KSA-Deckungsschutz greift demnach auch, wenn eine Kommune ihre Verkehrssicherungspflicht nicht erfüllt. Und diese Zusage hat das Innenministerium als Handreichung herumgeschickt. Das, glaube ich, schafft weitere Verunsicherung.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend eine Kollegin aus Brandenburg zitieren. Zitat: „Angesichts der aktuellen Rechtsprechung ist es für die Kommunen ein Drahtseilakt Badestellen zu betreiben. Das Land Schleswig-Holstein ist hier mit einem Badesicherheitsgesetz vorangegangen und hat den Kommunen einen klaren rechtlichen Rahmen vorgegeben. Daher fordern wir … von der Landesregierung mit den Kommunen … über ein solches …gesetz zu sprechen und es schnellstmöglich zu verabschieden. … Zum anderen brauche es eine landesweite Strategie zur Gewinnung von Bademeistern und Rettungsschwimmern.“ Zitatende. Meine Damen und Herren, so weit die Forderungen der Landesvorsitzenden der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU Brandenburg an ihren CDU-Innenminister.
Meine Damen und Herren, deshalb fordert unser Antrag die Landesregierung auf, gemeinsam mit dem KSA und den kommunalen Landesverbänden unverzüglich für eine Klarstellung und für praktikable Lösungen zu sorgen. Ob dies ein Gesetz zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit im Badewesen à la Schleswig-Holstein sein wird oder ob untergesetzliche Regelungen Abhilfe schaffen, sollte zweitrangig sein. Aber zügiges Handeln ist gefragt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Herr Manthei, ich glaube, es geht hier nicht um eine mediale Schlagzeile. Das wird dem Problem nicht gerecht.
Und dass wir dieses Thema hier gesetzt haben, war ja auch vollkommen richtig. Sie haben ja dem Innenminister zugehört, dass hier auch gehandelt wird oder zumindest versucht wird, auch hier eine Lösung zu finden, auch wenn das im Moment noch nicht befriedigend sein kann.
Aber dieser Sommer ist zu Ende und der nächste Sommer …
(Peter Ritter, DIE LINKE: Haben Sie eine?
Haben Sie eine? – Dr. Matthias Manthei, CDU:
Ich hab den Antrag nicht gestellt. –
Meine Damen und Herren, dieser Sommer ist zu Ende, der nächste Sommer kommt gewiss und mit ihm die Fragen, wie Kommunen mit ihren Badestellen verfahren und ob an jedem See, an jeder Badestelle mit gewissen Anlagen Aufsichtspersonal eben eingesetzt werden muss oder nicht. Es ist ja eine Auflage, der die allermeisten Kommunen auch gar nicht nachkommen können. Und dass diese Fragen wieder aufgenommen werden, wenn die nächste Badesaison losgeht, das hat ja der Innenminister hier auch ganz klar gesagt. Ich glaube aber, mit einer Bankrotterklärung ist niemandem geholfen. Und deshalb muss man jetzt die Zeit bis zur nächsten Badesaison nutzen und nach Möglichkeiten für eine, wie wir ja auch hier heute hörten, nach einer möglichst bundesweit einheitlichen Lösung suchen. Allerdings glaube ich, dass es keine sinnvolle Alternative sein kann, aus Vorsicht vor möglichen Konsequenzen Badestellen zu schließen oder Anlagen zurückzubauen. Ich glaube nicht, dass es hilfreich ist, Badewiesen oder Liegewiesen zuwuchern zu lassen oder sie verwildern zu lassen und auch einfache Stege wieder abzubauen. Ich glaube, das kann nicht die Lösung sein.
Und deshalb will ich hier auch noch mal sagen: Das Thema ist ja kein Thema nur hier bei uns im Landtag, das ist ja, wie gesagt, auch ein Thema in anderen Landtagen. Und die SPD-Fraktion in Brandenburg beispielsweise fordert ebenso Rechtssicherheit für die Kommunen und für die Badegäste, und die innenpolitische Sprecherin Frau Gossmann-Reetz sagte erst Ende August – das ist ja noch gar nicht so lange her –, dass das kommunale Engagement zur Verschönerung von Badestellen durch die aktuellen Gerichtsentscheide ausgebremst würde, und da hat sie natürlich recht. Und sie fordert auch von der Landesregierung, diese rechtliche Lücke schnell zu schließen.
Und genau dieses erwarten auch wir, wohl wissend, dass dies alles andere als einfach sein wird. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE trägt das Anliegen des vorliegenden Gesetzentwurfes selbstverständlich mit. Ein Änderungsprozess findet hiermit seinen vorläufigen Abschluss, der mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 29. Januar 2019 seinen juristischen Auftrieb bekam. Wenn Menschen, für die ein Gericht einen Betreuer in allen Lebensbereichen bestellt hat, generell von der Wahl ausgeschlossen sind, ist das verfassungswidrig, und das ist entscheidend.
Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird bei der Einführung des inklusiven Wahlrechts in unser Landes- und Kommunalwahlgesetz ein Schlussstein gesetzt. Die Höchstpersönlichkeit der Wahl wird klargestellt, die „Möglichkeit der Assistenz“ bei der Stimmabgabe wird um die Bezeichnung der „Grenzen zulässiger Assistenz“ ergänzt und der Begriff der „körperlichen Beeinträchtigung“ wird durch den Begriff der „Behinderung“ ersetzt.
Meine Damen und Herren, wenn ich an die UNBehindertenrechtskonvention denke, die Deutschland unterschrieben hat, dann hat es nicht sehr lange, sondern zu lange gedauert mit dem inklusiven Wahlrecht in der Bundesrepublik. Und wenn der vorliegende Gesetzentwurf mit Blick auf die für Herbst 2021 vorgesehenen Wahlen zeitlichen Druck aufbaut, dann ist das zwar richtig mit Blick auf die im Anschluss zu ändernde Wahlordnung, der Innenminister darf dann aber daran erinnert werden, dass die bundesrechtlichen Regelungen, die jetzt in Landesrecht übernommen werden sollen, bereits Mitte 2019 geschaffen wurden. Zu terminlichen Problemen hätte es hier also nicht kommen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Minister, Schutzmasken, Handschuhe, Schutzanzüge, Pflegekittel, also die persönliche Schutzausrüstung – kurz PSA genannt – wurde durch das Land zentral beschafft und an die Landkreise und kreisfreien Städte zur Weitergabe weitergeleitet. Wie ist der aktuelle Sachstand in Bezug
auf die Erstattung der Kosten für die zentral beschaffte Schutzausrüstung?
Eine Nachfrage: Können Sie sagen, wie hoch die Kosten unabhängig von der Erstattung für das Land sind, also für die zentral beschaffte Schutzausrüstung, aktuell?
Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Corona-Krise hinterlässt 2020 im Alltag der Menschen tiefe Spuren. In MecklenburgVorpommern stieg die Arbeitslosigkeit bis Juni auf acht Prozent. Zahlreiche Unternehmen vermeiden es trotz der
schwierigen Lage, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen. Hierbei hilft das Instrument der Kurzarbeit.
Wir reden derzeit von etwa 180.000 Menschen, die in Kurzarbeit sind oder waren und damit Kurzarbeitergeld erhalten. Je nachdem, wie hoch der Anteil an Kurzarbeit ist, entsprechend geringer ist das Einkommen. Betroffen sind vor allem jene, die ohnehin eher mit niedrigen Löhnen auskommen müssen, Menschen, die im Einzelhandel, in der Gastronomie und Hotellerie oder im Dienstleistungsbereich arbeiten.
Meine Damen und Herren, Menschen, die gezwungenermaßen in Kurzarbeit sind, haben nicht nur auf einmal mehr Freizeit, sie haben vor allem weniger Lohn in der Tasche, und dennoch müssen sie Miete, Strom und so weiter weiterzahlen. Und als wäre dies nicht genug, drohen ihnen im nächsten Jahr in etlichen Fällen Steuernachzahlungen. Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei, genauso wie Arbeitslosengeld oder Elterngeld, aber all das gilt als Einkommen und wird auf den Steuersatz angerechnet.
Es greift der sogenannte Progressionsvorbehalt – ein Begriff, der alles andere, glaube ich, als schön klingt. Man könnte auch sagen „Steigerungsvorbehalt“, macht die Sache aber auch nicht besser. Es geht hier um höhere Steuersätze, die auf das ganz normale Einkommen angewendet werden. Auch wenn das Kurzarbeitergeld an sich wie gesagt zwar steuerfrei bleibt, könnten für das sonstige Gehalt mehr Steuern anfallen. Das hängt eben auch davon ab, wie viel Lohnsteuer jemand schon für das jeweilige Jahr bezahlt hat, denn wer in bestimmten Monaten ausschließlich Kurzarbeitergeld bezogen hat, also auf Kurzarbeit null war, und die übrigen Monate des Jahres voll gearbeitet hat, der kann gegebenenfalls eine Steuererstattung bekommen. Warum ist das so? Derjenige hat aufs Jahr gerechnet bereits zu viel Lohnsteuer gezahlt.
Aber, meine Damen und Herren, es droht in vielen Fällen eben auch, es drohen in vielen Fällen eben auch deutliche Nachzahlungen.
Und das betrifft insbesondere jene, die nicht voll in Kurzarbeit waren, die zum Beispiel ein paar Tage pro Woche normal gearbeitet und für die übrige Zeit Kurzarbeitergeld bekommen haben.
Meine Damen und Herren, ich will Sie zu dieser späten Stunde mit einem Beispiel quälen, und ich gebe zu, mit vielen Zahlen, aber an einem Beispiel lässt es sich eben doch am besten verdeutlichen. Die Arbeitszeit eines kinderlosen Kochs wird für das komplette Jahr auf die Hälfte reduziert. Er verdient nun monatlich statt 2.600 nur noch 1.300 Euro brutto. Von diesen Bruttobezügen werden in diesem Jahr insgesamt etwa 400 Euro als Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt. Das ist allerdings nach geltendem Steuerrecht zu niedrig angesetzt, da der Betroffene monatlich noch mal 380 Euro als Kurzarbeitergeld erhält. Und dies wird im Nachhinein beim Ermitteln des Steuersatzes berücksichtigt. Dadurch liegt die Steuerschuld bei insgesamt etwa 1.050 Euro. Der Koch
wird voraussichtlich 650 Euro an Steuern nachzahlen müssen – ein Unding, meine Damen und Herren!
Und das ist nur ein Beispiel. Für die Betroffenen kann das ein harter Schlag sein und wird zu finanziellen Problemen führen. Wir meinen, es ist ungerecht, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ja bereits durch den Bezug von Kurzarbeitergeld erheblichen Lohnverzicht hinnehmen mussten, im nächsten Jahr mitunter noch einmal mit einer Steuernachzahlung zur Kasse zu bitten. Die Lösung wäre einfach: Setzen Sie sich dafür ein, den Progressionsvorbehalt zu verhindern und diese Steuerfalle aus der Welt zu schaffen!
Meine Damen und Herren, der Progressionsvorbehalt beim Bezug von Kurzarbeitergeld ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit. Auch die Steuer-Gewerkschaft hat erst kürzlich darauf hingewiesen, dass, wenn Kurzarbeitergeld von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in einem Jahr bezogen wird, egal, wie lange, dann haben diese eine Steuererklärung einzureichen. Und die muss von den Finanzämtern zeitnah bearbeitet werden. Und dort geht das Personal bereits jetzt schon auf dem Zahnfleisch. Eine Welle von vielen zusätzlichen Steuererklärungen für das Jahr 2020 und wahrscheinlich auch noch für die kommenden Jahre wird nicht spurlos an den Kolleginnen und Kollegen in den Finanzämtern vorübergehen. Die zusätzlichen Belastungen sind vorprogrammiert.
Auch deshalb hat die Deutsche Steuer-Gewerkschaft kürzlich gefordert, den Progressionsvorbehalt für das Kurzarbeitergeld in Zusammenhang mit der CoronaPandemie für das Steuerjahr 2020 aus Vereinfachungsgründen auszusetzen, wie die Gewerkschaft es selbst formuliert, aus Pragmatismus und mit Blick darauf, dass auch den Unternehmen viel steuerliches Entgegenkommen gezeigt wurde. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Zum einen, Herr Minister, ich sehe nicht, was daran verkehrt sein sollte, in der einen oder anderen Position mit der FDP übereinzustimmen. Das ist hier, denke ich, auch überhaupt nicht die Frage.
Und, Herr Kollege Gundlack, also die Mondzahlen, glaube ich, die hat hier eher der Minister zum Besten gegeben,
mit Gehältern, die, glaube ich, nicht üblich sind. Und mein Koch passt da schon eher nach MecklenburgVorpommern,
und ich kenne durchaus Köche, die auch so viel verdienen. Ich habe mich auch vorher erkundigt.
Und, Herr Liskow,
also Ihren Beitrag habe ich nicht so ganz verstanden, weil diese Beispiele, die Sie jetzt genannt haben, also Menschen mit aufstockenden Leistungen, die neben dem Kurzarbeitergeld natürlich auch noch aufstocken können und das ja zum Teil auch machen, die müssen natürlich ihr Einkommen, was dazukommt, auch ganz normal versteuern. Also das passt, glaube ich, nicht zu dieser Debatte
und zu der Situation, über die wir hier reden.
Im Übrigen,
im Übrigen überrascht mich ja diese Debatte auch überhaupt nicht, weil die Argumente sind ja nicht ganz neu. Die Bundestagsfraktion der LINKEN hat schon 2008 einen entsprechenden Antrag im Bundestag eingebracht, und insofern waren die damaligen Argumente ähnlich wie heute. Und natürlich gilt es genau abzuwägen, was dafür- und was dagegenspricht.
Jetzt aber befinden wir uns in einer echten Krise. Viele Menschen sind unverschuldet – das sage ich auch noch mal in Richtung von Kollege Liskow –, unverschuldet in einer schwierigen Situation.
Und hier bitte ich Sie, doch im Sinne der Betroffenen auch abzuwägen.
Und jetzt wurde die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld doch aus guten Gründen verlängert. Und wenn ich das, wenn ich das beobachte, ist auch bei der CDU,
gibt es auch bei der CDU nicht nur strikte Ablehnung, sondern der eine oder andere CDU-Politiker oder CDUPolitikerin denkt auch darüber nach, hier etwas zu verändern und den Progressionsvorbehalt zumindest einmalig auszusetzen. Ich denke,...
... strikte Ablehnung klingt völlig anders.
Ja.
(Die Abgeordnete Beate Schlupp spricht bei abgeschaltetem Saalmikrofon.)
Sehr gerne.
Ich hatte ja bereits erwähnt, dass die Bundestagsfraktion der LINKEN bereits 2008 einen entsprechenden Antrag im Bundestag eingebracht hatte, der auch weitergehender war. Für uns ist jetzt aber in dieser Situation die Situation der Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter besonders eklatant. Und hier wollen wir helfen und die Forderung der Deutschen Steuer-Gewerkschaft auch aufnehmen, und zwar aus zwei Gründen, einmal aus dem Grund, den ich bereits genannt hatte, der Vereinfachung, und einmal aus Gründen der Gerechtigkeit
in dieser besonderen Krisensituation.
Meine Damen und Herren, die Begründung des Ministers, so ähnlich klang es zumindest, wer leistungsfähig ist, soll mehr Steuern zahlen, ja, aber jemand mit Kurzarbeit sei besser dran als jemand ohne, ich finde,
das klingt in diesen Zeiten mehr als zynisch.
Und niemand – ich habe das ja gesagt – will freiwillig in Kurzarbeit und so Lohneinbußen hinnehmen. Und wenn dann aber im Folgejahr noch Steuern nachgezahlt wer
den müssen, finden wir das einfach ungerecht, und wir hoffen doch, dass es in dieser Hinsicht noch Bewegung gibt und zumindest, zumindest eine Aussetzung erreicht werden kann. Ich bitte daher noch mal um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD legen uns hier eine kleine, aber wichtige Änderung in Paragraf 27 des Finanzausgleichsgesetzes vor, wichtig für die Gemeinden, die Mindestzuweisungen oder Sonder- und Ergänzungszuweisungen nach dem FAG benötigen.
Erst in diesem Jahr wurde das neue FAG beschlossen. Wir haben darüber hier schon gesprochen. Darin ist festgelegt, dass Gemeinden grundsätzlich ihre Hebesätze für die Realsteuern so festsetzen müssen, dass
diese 20 Punkte über den jeweiligen Durchschnittshebesätzen liegen müssen, wenn sie Mindestzuweisungen oder Sonder- und Ergänzungszuweisungen erhalten wollen. Es wurde auch darüber gesprochen, dass es bisher eben dieses Übergangsjahr 2020 gab und dass diese Übergangsfrist verlängert werden soll, also auch für die Jahre 2021 und 2022.
Meine Damen und Herren, wie wir aus kommunalen Kreisen erfuhren, hat die Landesregierung bereits am 23. Juni dieses Jahres Ämter und Städte des Landes über den Inhalt dieser geplanten Änderung im FAG informiert. Mein Kollege Peter Ritter und ich, wir haben daraufhin eine Kleine Anfrage gestellt, mit der brennenden Frage, wann genau mit dieser durchaus bedeutenden kleinen Änderung zu rechnen ist. Die Antwort fiel dann äußerst wortkarg aus. Es hieß lapidar „noch in diesem Jahr“. Das nur am Rande!
Meine Damen und Herren,...
Ja.