Sehr geehrte Damen und Herren, ich bitte doch, die Plätze einzunehmen, damit wir auch Punkt 9.00 Uhr beginnen können.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Regierungserklärung zu den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen, Drucksache 7/549.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Regierungserklärung zu den Finanz- beziehungen zwischen Land und Kommunen – Drucksache 7/549 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE fordert eine Erklärung der Landesregierung. Der Antrag fordert Offenheit, Klarheit über die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen. Dieser Antrag meiner Fraktion reagiert schließlich auf eine unhaltbare Situation in unserem Land:
Da werden erstens auf dem Rücken der Kommunen Sollbruchstellen zwischen den Koalitionspartnern konstruiert. Meine Damen und Herren, sind die inzwischen nicht längst erreicht?
Da werden zweitens im Zusammenhang mit der Endfertigung des FAG-Gutachtens schwere Vorwürfe des Städte- und Gemeindetages gegenüber der Landesregierung erhoben.
Da werden drittens aus der kommunalen Ebene Betrugsvorwürfe in Richtung Landesregierung erhoben, Stichpunkt Beteiligungsquote und Rechentricks, das Agieren des Landes sei aus kommunaler Sicht skandalös.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Inzwischen fordern Kommunalkonferenzen, Beschlüsse von Stadtvertretungen oder Appelle von Bürgermeistern die Landesregierung auf, das finanzielle Siechtum der Kommunen endlich zu beenden.
Die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen – und das ist in dieser Deutlichkeit und Schärfe bisher einmalig für Mecklenburg-Vorpommern – sind auf kommunaler Ebene inzwischen geprägt von Vertrauensverlust, zerstörtem Vertrauen und Schuldzuweisungen.
Ihre Regierung ohne Wenn und Aber zu einer öffentlichen Erklärung auffordern müssen. Das wäre kommunalpolitische Verantwortung. Das Verkünden von Sollbruchstellen ist koalitionspolitisches Theater. Statt einer kritischen und selbstkritischen Fehleranalyse der Verantwortlichen wurde bekanntlich am späten Abend des 11. Mai 2017 nach langem, zähem Hickhack im FAGBeirat die Entscheidung getroffen, der Öffentlichkeit Ergebnisse zu präsentieren. Die Rede ist von dem Beschluss der Sitzung des FAG-Beirates vom 11. Mai 2017.
Der vorliegende Antrag meiner Fraktion lag mit einiger Sicherheit bei den nächtlichen Beratungen des FAGBeirates am Donnerstag letzter Woche gut sichtbar mit auf dem Verhandlungstisch.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Tilo Gundlack, SPD: Da müssen Sie doch selber lachen, Frau Rösler.)
Die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen sollen nun künftig durch diesen Beschluss des FAGBeirates vom 11. Mai geprägt werden. Auch deshalb scheint es dringend geboten, dieses nächtliche Verhandlungsergebnis ein wenig genauer bei Tageslicht zu betrachten.
Erstens ist die Verständigung das klammheimliche Eingeständnis, dass das größte kommunalpolitische Vorhaben dieser Legislatur gescheitert ist.
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: Ich glaube, das sieht die kommunale Ebene anders.)
Es gibt keine grundlegende Novelle des Finanzausgleiches zum 01.01.2018. Die Unterschriften des Ministerpräsidenten und des Innenministers unter der Vereinbarung mit den kommunalen Landesverbänden vom 19. Februar 2014 sind über Nacht Makulatur.
Meine Damen und Herren, Ziffer 410 der Koalitionsvereinbarung können wir uns somit ebenfalls hinter den Spiegel stecken. Mindestens seit 2011 wird in diesem Land gemeinsam um eine nachhaltige Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen gerungen. In der letzten Wahlperiode hat sich RotSchwarz mit einem erst noch in Auftrag zu gebenden Gutachten über die Runden gerettet.
Und ob sich das mit finanziellen Sonderhilfen des Landes erkaufte Stillhalten und Schweigen der kommunalen Landesverbände für unsere Kommunen letztlich ausgezahlt hat, lasse ich an dieser Stelle offen. Diese Wahlperiode will die Koalition nun mit einer schönen Wortschöpfung überbrücken, nämlich einer zweistufigen Reform des FAG.
Herr Innenminister, dieser doppelte Zeitgewinn für Sie und Ihre Koalition sind bei Licht betrachtet kommunalpolitisch zwei verlorene Wahlperioden.
Eine zweite Anmerkung: Der Beschluss des FAG-Beirates vom 11. Mai verfährt nach dem Motto: „Schwamm drüber, Augen zu und durch!“
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Mann, Mann, Mann! – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)
Ich zitiere Punkt 10 der Beschlussfassung des FAGBeirates, Zitat: „Mit diesen Festlegungen werden keine Forderungen aus den Überprüfungen der vergangenen Jahre mehr geltend gemacht.“
Diesen Beschlusspunkt können wir nicht passieren lassen, und mit „wir“ meine ich den Landtag insgesamt. Wir dürfen es möglicherweise auch verfassungsrechtlich nicht. Selbstverständlich denke ich hier zunächst auch an die Unstimmigkeiten beziehungsweise offensichtlichen Verzerrungen bei der Überprüfung der Beteiligungsquote,
(Thomas Krüger, SPD: Also das Land hat entsprechend Recht und Gesetz gehandelt. – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)
In Paragraf 30 Absatz 2 FAG heißt es unter anderem: „Der Beirat berät das Innen- und das Finanzministerium in Fragen der Ausgestaltung und Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleiches und nimmt die in diesem Gesetz geregelten Prüfungspflichten wahr.“ Der FAGBeirat berät also Teile der Landesregierung. Der Landtag allerdings kontrolliert nach Artikel 20 der Landesverfassung die Tätigkeit der Landesregierung und der Landesverwaltung.
Meine Damen und Herren, wenn dem FAG-Beirat in der Vergangenheit in seiner Gesamtheit derartige musterartige Verzerrungen nicht aufgefallen sind, dann darf es hier gerade eben nicht heißen, Schwamm drüber und Blick voraus!
Nein, dann sind wir als Gesetzgeber gefragt, ob die in Paragraf 30 Absatz 1 FAG geregelte Zusammensetzung des FAG-Beirates künftigen Herausforderungen weiterhin gerecht werden kann.
Stichpunkt „externer Sachverstand“, „externe Draufsicht“ – diese Frage sachlich zu prüfen, gehört zur Kontrollpflicht des Landtages und berührt eben nicht die Wertschätzung des FAG-Beirates.
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Tilo Gundlack, SPD: Sie haben doch diese ganzen Sachen auch auf dem Tisch gehabt, Frau Rösler. Soll ich Ihnen die Drucksachennummer noch mal ansagen?)