Protokoll der Sitzung vom 10.12.2020

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/5595. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/5595 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, ansonsten Ablehnung abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Parlamentarische Beteiligung des Landtages bei Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sicherstellen, Drucksache 7/5585.

Antrag der Fraktion der AfD Parlamentarische Beteiligung des Landtages bei Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sicherstellen – Drucksache 7/5585 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Wir wollen gerne eine Beteiligung des Landtages bei den Corona-Maßnahmen erreichen. Und wenn Sie uns jetzt entgegenhalten, das haben wir doch schon beschlossen in dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und den LINKEN, dann möchte ich Ihnen sagen, das war dort der Punkt V. Da wird festgelegt: „Die Landesregierung unterrichtet den Landtag“ – unterrichtet den Landtag! – „spätestens 24 Stunden nach der Veröffentlichung“ über die entsprechenden Rechtsverordnungen, Verordnungen und so weiter. Das heißt, im Nachhinein, nachdem eine solche Verordnung von der Landesregierung beraten, beschlossen wurde, wird der Landtag unterrichtet und dann werden diese entsprechenden Materialien und so weiter, der Antrag also, an den federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit überwiesen, also an einen Ausschuss, der nicht öffentlich tagt.

Meine Damen und Herren, das ist nicht das, was wir uns unter ordnungsgemäßer Beteiligung des Landtages vorstellen. Wir erwarten, und das macht unser Antrag ja auch deutlich, grundsätzlich eine Unterrichtung vor Erlass der Verordnung mit einem – ich darf mal Frau Bernhardt zitieren, die jetzt leider gerade nicht da ist, aber die das in der letzten Debatte so ausgeführt hat –, mit einem Zustimmungsvorbehalt des Landtages. Das erwarten wir eigentlich, dass die Maßnahme also hier im Landtagsplenum, nicht in einem nicht öffentlich tagenden Ausschuss, sondern öffentlich, für alle erkennbar diskutiert wird, ihr Für und Wider abgewogen wird und dass solche Verordnungen regelmäßig im Vorhinein mit Zustimmung des Landtages beschlossen werden. In besonders dringlichen Fällen kann dann auch die Zustimmung nachgeholt werden hier im Plenum, aber sie sollte jedenfalls erfolgen.

So was, was wir heute erlebt haben, heute wieder erlebt haben, dass jetzt Verschärfungen ab dem 24. Dezember im Kabinett oder von der Ministerpräsidentin, ich nehme aber an, im Kabinett, weiß ich nicht so genau, beschlossen wurden – über die wir aus der Presse erfahren, noch nicht mal im Wege einer Telefonkonferenz, die soll, wie ich jetzt gerade gehört habe, eventuell morgen nach der Landtagssitzung stattfinden, da ist doch schon alles beschlossen –, das ist nicht Beteiligung des Landtages, wie wir uns das vorstellen, insbesondere in einer Ebene, in der so weitreichende Grundrechtseingriffe vorgenommen werden wie bei diesen Corona-PandemieBekämpfungsmaßnahmen, die wir zurzeit erleben.

Der Antrag, den SPD, CDU und LINKE beschlossen haben, ist ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, aber – jetzt zitiere ich mal meinen Kollegen Jess von der letzten Debatte – „nur ein Trostpflaster angesichts der Selbstentmachtung des Parlaments“, Zitatende. Und das trifft es ganz genau. Das ist keine ordnungsgemäße Beteiligung des Landtages, wenn wir hinterher abnicken dürfen. Wir erwarten grundsätzlich eine Diskussion im Vorhinein. Nur bei besonders eiligen Maßnahmen kann

das dann im Nachhinein nachgeholt werden mit einer Verfallklausel, was Frau Bernhardt ja mit diesem Zustimmungsvorbehalt richtig umschrieben hat.

Heute – diese Maßnahmen wären ein treffendes Beispiel dafür gewesen, dass das möglich ist –, man hätte das heute oder morgen in den Landtag einbringen, hier diskutieren können, und alles wäre, ich will nicht sagen, gut gewesen, die Regierung wird es trotzdem mit ihrer Mehrheit durchnicken, aber jedenfalls wäre die Beteiligung des Landtages gesichert gewesen, ohne dass die Maßnahme sich um irgendeinen Tag verschiebt, ohne dass an der Maßnahme sonst irgendwas geändert werden müsste, was dann nicht Mehrheit des Parlaments wäre, und dann ist es ja nur Ausdruck guter Demokratie, wenn die Regierung mit Maßnahmen auch mal nicht durchkommen würde. Da das Ganze erst ab dem 24.12. wirken soll, wäre es also auch ohne jede Verzögerung möglich gewesen, heute oder morgen den Landtag, der ohnehin gerade hier sitzt und zufällig tagt, damit zu befassen. Ich verstehe nicht, warum so was nicht freiwillig stattfindet, warum man da einen entsprechenden Antrag braucht, um das festzulegen.

Wir erwarten, dass die Landesregierung den Landtag im Vorhinein unterrichtet, ihre Maßnahmen hier vorstellt, zur Diskussion stellt und grundsätzlich auch mit einer Mehrheit im Landtag absegnen lässt, wie gesagt, wenn das aufgrund von besonderer Eile nicht möglich ist, dann jedenfalls im Nachhinein unverzüglich die Genehmigung des Landtags einzuholen hat und ansonsten die Maßnahme eben ihre Wirksamkeit verliert. Nur das entspricht der Bedeutung, die der Landtag, die Befassung eines Gegenstandes im Landtag für unsere Demokratie hat. Ich will jetzt nicht sagen, wir hier im Landtag sind der Kern der Demokratie, aber wir sind jedenfalls nach den Wahlen und nach unmittelbaren Volksbefragungen der Ort und das verfassungsmäßige Gremium, in dem so etwas geschehen sollte. Dass die Landesregierung das nicht macht, auch dann nicht, wenn es ohne Verzögerungen möglich wäre, ist in meinen Augen ein erhebliches Defizit an Umsetzung von Demokratie hier im Land.

Ich möchte noch mal daran erinnern: Der Landtag hat einmal eine Kontrollfunktion. Die Kontrollfunktion läuft aber leer, wenn dann nur im Nachhinein und vielleicht auch nur zögerlich unterrichtet wird. Dann haben wir eine Kommunikationsfunktion, das betrifft einmal die Abgeordneten, das betrifft aber auch die öffentliche Diskussion, die nur bei einer Diskussion hier im Plenum sichergestellt werden kann. Bei einer Information im Nachhinein oder im Vorhinein im Ausschuss ist die Öffentlichkeit gerade nicht beteiligt, und deswegen mangelt es dann auch an dieser so wichtigen Kommunikationsfunktion, die der Landtag wahrnimmt.

Und es kommt ein Akzeptanzproblem hinzu. Was so als Kabinettsverordnung, Regierungsverordnung und was weiß ich nach außen in Erscheinung tritt, hat immer den Makel – nach außen den Makel und für mich auch nach innen den Makel –, dass hier eine Regierung durch entsprechende Erlasse ohne Parlament und damit ohne die zugehörige notwendige demokratische Legitimation tätig wird. Ich weiß, Sie empören sich schrecklich darüber. Wenn man das Bevölkerungsschutzgesetz, das jetzt den Katalog der Grundrechte, die eingeschränkt werden können, in den neuen Paragrafen deutlich noch mal erweitert hat, natürlich ist damit jetzt eine Rechtsgrundlage nachgeliefert. Das war ja der Grund, warum einige

Gerichte manche Maßnahmen aufgehoben haben. Aber der Hauptgrund war Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Das ist damit nicht beseitigt.

Aber wenn wir jetzt schon eine solche weite Rechtsgrundlage für Verordnungen haben, dann ist es umso wichtiger, dass das Parlament eingeschaltet wird, dass das Parlament in den Fällen, in denen das ohne zeitlichen Aufschub möglich ist, im Vorhinein debattiert und seine Zustimmung zu den Maßnahmen gibt. Und ich verstehe auch, jetzt rein praktisch gesprochen, die Sorge der Regierung gar nicht, warum das nicht eingeholt wird. Sie haben doch die Mehrheit hier, und wenn die Maßnahmen Ihre eigenen Abgeordneten überzeugen, dann ist es unschwer, das hier auch durchzubringen. Und ich möchte mal bösartig formulieren, auch wenn nicht alle Abgeordneten überzeugt sind, werden Sie es trotzdem durchbringen, wenn nicht alle Abgeordneten der Regierungskoalition überzeugt sind, einfach, weil Sie Ihre Regierung nicht im Regen stehen lassen. Aber es wäre ein Akt demokratischen Bekenntnisses, und es wäre dann auch bei so einschneidenden Maßnahmen die notwendige Legitimation, die man eigentlich zwingend erwarten muss.

Wie gesagt, gerade der jetzt angekündigte, für uns aus der Presse entnehmbare geplante neue Lockdown ab dem 24.12. mit Schließung fast aller Geschäfte und was alles sonst noch dranhängen mag, dass wir das aus der Presse erfahren und dass es nicht möglich ist, das hier im Plenum im Vorhinein zu diskutieren, das ist in meinen Augen das Gegenteil von einer Sternstunde der Demokratie, die doch hier in dem Plenarsaal eigentlich stattfinden sollte.

Und Herr Kollege Manthei von der CDU, ich darf mal erinnern an das, was der „Nordkurier“ am 05.12. geschrieben hat. Da haben Sie dasselbe nämlich auch gesagt, jedenfalls ist es aus dem „Nordkurier“ so zu entnehmen, dass Sie das genau erwarten würden. Dann darf ich jetzt sagen: Stehen Sie zu Ihrem Wort und stimmen Sie unserem Antrag zu! Denn genau das ist das, was Sie im „Nordkurier“ von sich gegeben haben.

Ich hoffe in diesem Sinne auf eine Sternstunde der Demokratie, dass Sie unserem Antrag zustimmen, damit wir sicherstellen, dass diese Maßnahmen nur mit entsprechender Genehmigung, Zustimmung des Parlaments umgesetzt werden können, Ausnahme: zeitlicher Druck, dann bitte im Nachhinein mit einem Zustimmungsvorbehalt, das heißt, wenn die Genehmigung nicht innerhalb von vier Wochen – von mir aus auch noch kürzerer Zeit – nachgeholt wird, dann verlieren die Maßnahmen ihre Wirksamkeit. Das wäre mal ein Zeichen nach außen, dass Sie sich auch vor der eigenen Bevölkerung nicht verstecken und nicht durch Regierungserlasse durchregieren. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Herr Glawe.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Professor Weber, das war keine Sternstunde, die Sie heute vorgetragen haben. Wir haben gar keine Verordnung erlassen. Ist Ihnen das bewusst?

(Dr. Ralph Weber, AfD: Nein, Sie wollen eine erlassen!)

Sie haben davon gesprochen, wir haben heute eine Verordnung erlassen, von der Sie nichts wissen, und wir haben gar keine erlassen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig! Sehr richtig!)

Also ich meine, das ist ja schon ein dicker Bock, wenn Sie als Professor das nicht mal auseinanderhalten können. Also mal als Hinweis, sonst sind Sie ja Lehrmeister, Sie haben ja einen guten Ruf an der Uni, aber das war hier kein guter Beitrag. Das mal als Einstieg.

Natürlich ist es so, dass wir in den letzten Monaten und Wochen feststellen mussten, dass Covid-19 in besonderer Weise zugenommen hat, auch in der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern. Vor allen Dingen in der 7-Tage-Inzidenz sind wir deutlich über 50, teilweise in zwei Landkreisen über 100, und das muss natürlich auch diskutiert werden, auch im Parlament. Aber ich will darauf hinweisen, dass wir eigentlich jede Woche im Wirtschaftsausschuss die aktuelle Situation den Abgeordneten nahebringen, und es ist durch Herrn Eifler schon seit Wochen auf der Tagesordnung. Und die Landesregierung kommt diesem Thema auch jedes Mal nach, und Ihre Kollegen im Wirtschaftsausschuss sind da auch sehr aktiv beim Nachfragen und auch bei der Frage, wie wir insgesamt mit diesem Thema umgehen. Und ich finde, wir machen es sehr verantwortungsvoll.

Mittlerweile müssen wir aber weitere Dinge zur Kenntnis nehmen. In der Bundesrepublik Deutschland gehen die Infektionszahlen teilweise durch die Decke: in Sachsen, in Brandenburg aber auch. Und vor allen Dingen auf polnischer Seite haben die die vierfache Inzidenz mindestens, und von daher haben wir auch uns heute entschieden, zum Beispiel für polnische Arbeitnehmer, die hier in Deutschland arbeiten – gerade in Krankenhäusern, Pflegekräfte und Ärzte –, wieder ein Programm aufzulegen, dass sie nicht jeden Tag pendeln müssen, um durch die Grenze zu kommen und sich dann wieder freitesten zu lassen et cetera pp. Also das heißt, Übernachtungsmöglichkeiten werden jetzt durch MecklenburgVorpommern wieder angeboten für polnische Arbeitnehmer, um dieses Themas etwas Herr zu werden, weil immerhin 5.000 Pendler aus Polen, gerade Westpommern, nach Mecklenburg-Vorpommern einpendeln zur Arbeit.

Zweitens haben wir natürlich den Blick auf die Dinge, die sich in den letzten Wochen herausgestellt haben. Es gab drei große Themen: einmal, Infektionszahlen von verschiedenen Personen im kleinen Bereich kann man nicht mehr richtig auseinanderhalten, zweitens, RehaEinrichtungen sind mittlerweile Eintragsgebiete. Da ha

ben wir jetzt festgelegt, dass grundsätzlich keiner in eine Reha-Einrichtung darf, wenn er keinen Corona-Test hat.

(Beifall Thomas Krüger, SPD: Sehr gut!)

Drittens haben wir morgen vor, dafür zu sorgen, dass in den 300 Pflegeeinrichtungen auch Schnelltests angeboten werden, einmal für das Pflegepersonal. Das ist nämlich wichtig, dass man schnell feststellt, wer hat Covid-19, und wenn der Test positiv ist beim Schnelltest, dann wird es natürlich einen PCR-Test geben, und wenn der auch positiv anschlägt, dann wird es auch eine Phase des Zuhauseseins bringen, dass sie zehn Tage in Quarantäne müssen. Das sind, glaube ich, wichtige Maßnahmen.

Und die Frage, die Sie ja bewegt, ob Einkaufen möglich ist oder nicht, da können Sie ja die Bundesrepublik Deutschland...

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ich habe Ihnen doch..., jetzt müssen Sie mal zuhören. Ich meine, ich habe ja gesagt, Sie reden von einer Verordnung, die es nicht gibt, und ich erzähle Ihnen, wie wir in letzter Zeit den Landtag und vor allen Dingen den federführenden Ausschuss, Wirtschaftsausschuss, grundsätzlich eingebunden haben.

So, und wenn Sie jetzt noch Debatten brauchen vor der Entscheidung, vor der Verordnungsentscheidung wollen Sie unterrichtet werden, dann wollen Sie im Landtag debattieren und danach noch mal unterrichtet werden, dann frage ich mich, welches Verfahren brauchen Sie noch. Da geht Zeit weg, um schnell handeln zu können. Also da wäre ich mal dankbar, wenn Sie da entsprechende Vorschläge machen würden. Jedenfalls der heutige Antrag ist dazu nicht geeignet.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ja, und Sie sind da teilweise auch der Meinung, dass der Virus Covid-19 ja nur eine normale Grippe,

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

also ein normaler Grippevirus wäre,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

und Sie beschwören manchmal doch auch böse Mächte herbei. Und jetzt will ich mal Helmut Schmidt zitieren. Der sagte mal, wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen. Er stehe für das Machbare ein. Und wir auch! – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der

Fraktionen der SPD und CDU –

Hallo! Wenn

Sie nicht gucken, können Sie demnächst

wieder sagen, ich war zu spät, oder wie?! –

Was hat