Ich weise schon mal vorsorglich darauf hin, dass wir uns sehr wahrscheinlich in der nächsten Woche doch noch einmal sehen werden. Insofern nehmen wir die guten Wünsche unseres Ministers gerne entgegen, aber ich gehe davon aus, dass wir uns in der nächsten Woche noch einmal sehen werden.
Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Guten Morgen! „Sichere Arbeitsplätze, gute Arbeitsbedingungen und Tariflöhne“ – der Wirtschaftsminister hat es gesagt, da wird niemand etwas dagegen haben, das ist selbstverständlich. Aber wie sieht das in der Wirklichkeit aus?
Sichere Arbeitsplätze: Die ruinieren wir gerade hier im Land durch Corona-Maßnahmen, die die Wirtschaft über die Schmerzgrenze hinaus in Richtung Ruin treiben. Und wenn richtig ist, was ich der Zeitung entnehmen konnte, dass ab dem 20.12. jetzt auch die bisher gerade so über die Runden kommenden Geschäfte geschlossen werden müssen, sodass man ihnen das restliche Weihnachtsgeschäft nimmt, dann werden wir das Gegenteil wieder umsetzen von sicheren Arbeitsplätzen.
Und an die Adresse der LINKEN möchte ich sagen: Sie, die Sie diese gesamten Maßnahmen mittragen, sind mit ursächlich dafür, dass sichere Arbeitsplätze abgeschafft, verunsichert und ruiniert werden.
Da muss ich mich dann schon wundern, dass Sie jetzt mit so einem Aussprachethema hier in den Landtag kommen.
(Beifall Horst Förster, AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben auch schon bessere Witze gemacht, Herr Professor!)
Wenn Sie gesagt haben, der derzeitige Streit zwischen ver.di und den Krankenhäusern des Roten Kreuzes in Grimmen und Grevesmühlen – ich würde mir auch wünschen, dass wir dort für die nicht ärztlichen Beschäftigten einen Tarifvertrag bekommen, keine Frage.
Aber so schön es ist, Tarifverträge zu bekommen, haben wir immer noch eine Tarifautonomie, und es ist dem Arbeitgeber freigestellt, ob er einen Tarifvertrag ab
schließen möchte oder nicht. Man kann ihn, das hatten Sie richtig gesagt, durch Arbeitskampfmaßnahmen in diese Richtung bewegen, dann muss man den Weg eben auch beschreiten.
Aber dass Sie dann von einer umstrittenen Betriebsvereinbarung sprechen – Betriebsvereinbarung setzt die Zustimmung des Betriebsrates, also der örtlichen Mitarbeitervertretung voraus. Und Sie als kämpferischer Gewerkschaftler wissen ganz genau, dass wir in der Dopplung der Paragrafen 80 und 87 Betriebsverfassungsgesetz nicht nur den Gleichrang zwischen Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung, sondern einen Vorrang für Betriebsvereinbarungen festgelegt haben. Das heißt also, wenn die örtliche Belegschaft eine Betriebsvereinbarung abschließt, dann ist das die Regelung für diese Belegschaft. Dann kann die Gewerkschaft trotzdem – selbstverständlich! – einen Tarifvertrag fordern, und ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn es nicht nur hier, sondern flächendeckend viel mehr Tarifverträge gäbe, die dann auch die Tariflöhne sichern, aber erzwingen können Sie das hier im Landtag eben nicht. Und dann frage ich mich: Warum dann eine solche Aussprache?
Dann hatten Sie die Werften angesprochen. Ich hatte schon in der ersten Abstimmung zu den Werftenhilfen nicht zugestimmt, unter ausdrücklichem Hinweis – das können Sie im Protokoll der Plenarsitzung nachlesen – auf die fehlende Arbeitsplatzgarantie. Und diese Arbeitsplatzgarantie, die fehlt inzwischen nicht nur, sondern wir haben quasi das Gegenteil, 1.000 bis 1.200 Arbeitsplätze, vor allem in Stralsund, werden abgeschafft werden von den Genting-Werften. Da muss ich doch sagen, dann, wenn diese Arbeitsplatzgarantie nicht nachgeliefert wird, sehe ich keinen Grund dafür, Landesmittel aufzuwenden, um dieser Werft zu helfen, zumal sie in der Bringschuld ist. Das erforderliche Sanierungsgutachten, um unter den Rettungsschirm des Bundes zu kommen, fehlt immer noch. Das haben allein die Genting-Werften vorzulegen. Dass sie das nicht tun, ist doch bezeichnend. Entweder gibt es kein überzeugendes Sanierungskonzept oder sie legen gar keinen gesteigerten Wert auf diese Hilfe aus dem Rettungsschirm des Bundes. Es ist unerklärlich, warum die Genting-Werften so agieren, und es ist für mich dann nicht nachvollziehbar, warum wir hier den ersten Schritt machen sollten. Die Genting-Werft ist am Zuge. Sie soll mal ihr Sanierungsgutachten vorlegen, und dann können wir weitersprechen. Und sie soll bitte schön eine Arbeitsplatzgarantie abgeben. Wenn sie dazu nicht in der Lage ist, dann müssen wir an die Arbeitsplätze denken, die verloren gehen, und entsprechend agieren hier im Lande.
Und wenn Sie dann sagen – auch das hat mich gewundert, von Ihnen kenne ich eigentlich andere Töne hier –, wenn Sie dann sagen, nicht mehr Quantität, sondern Qualität, dann gehen Sie also sehenden Auges Kompromisse ein, die Arbeitsplätze hier im Lande vernichten.
Die Forderung gerade eines überzeugten Gewerkschaftlers müsste sein, mehr Qualität und mehr Quantität, mehr und bessere Arbeitsplätze, und nicht bessere anstatt mehr Arbeitsplätze.
Und wenn Sie dann sagen – und das ist vielleicht das Einzige von dem, was Sie hier gesprochen haben, was für mich positiv übrig bleibt –, die Fördermittelpolitik des Landes überprüfen: In der Tat, das ist korrekt. Hier wird eine Politik betrieben, die Fördermittel – nicht nur hier im Land, auch im Bund, aber eben leider auch hier im Land –, die Fördermittel bereitstellt, und wenn die Förderperiode abgelaufen ist, dann werden die Betriebe geschlossen oder in andere Länder, Bundesländer oder andere Länder, verlegt und es kümmert keinen. Richtig verstandene, gute Fördermittelpolitik müsste so aussehen, dass nach Abschluss der Förderperiode noch 10, 15, 20 Jahre – das muss dann in den Förderverträgen entsprechend geregelt sein – ein Bestand der Arbeitsplätze garantiert werden muss, ansonsten müssen Teile der Fördermittel eben rückzahlbar geregelt werden. Das wäre vernünftige Fördermittelpolitik. Das würde das verhindern, was wir immer wieder hier erleben.
Insofern, Herr Foerster, da haben Sie recht, diese Politik muss man überprüfen. Das ist aber leider das Einzige, was bleibt außer den schönen Worten „sichere Arbeitsplätze, gute Arbeitsbedingungen und Tariflöhne“. Konkrete Vorschläge, wie Sie hier die Arbeitsplätze sichern, wie Sie die Qualität der Arbeitsplätze verbessern wollen und wie Sie Tariflöhne vermehren, wie Sie die Tarifbindung steigern wollen, sind nicht gekommen.
Insofern, muss ich sagen, weiß ich nicht so ganz, was diese Aussprache hier soll. „Beifall klatschen reicht nicht“ ist richtig, aber immerhin, wir müssen doch auch mal feststellen, für all diejenigen systemrelevanten Arbeiter, Arbeitnehmer, die hier im Lande jeden Tag ihrer Arbeit nachgehen, wenigstens das. Sie haben viel mehr verdient. Sie haben bessere Löhne verdient, sie haben unser aller Unterstützung verdient, sie haben sichere Arbeitsplätze verdient und eine bessere Qualität. Aber wenigstens, dass man ihnen Beifall zollt, dass wir uns bedanken und verneigen vor all denen, die jeden Tag ihre Arbeit machen und damit die Systemrelevanz sichern, das Rad am Laufen halten, jedenfalls das können wir hier tun. Und ich jedenfalls möchte das für meine Fraktion deutlich zum Ausdruck bringen: Herzlichen Dank für all diejenigen, die in diesen erschwerten Bedingungen jeden Tag zur Arbeit gehen und unser Land, unsere Wirtschaft und den ganzen Betrieb hier am Laufen halten. Insofern, Beifall klatschen reicht nicht, aber diesen Beifall haben sie redlich verdient. – Danke schön!
Sicherlich sollte man sich, Herr Professor Weber, da gebe ich Ihnen völlig recht, sicherlich sollte man sich bei all denjenigen, die gerade in dieser Zeit nicht nur vielleicht das leisten, was sie ohnehin machen, sondern auch darüber hinaus noch ihre Leistungen im Interesse dieser Gesellschaft erbringen, bedanken. Und ich bin auch ganz ehrlich, ich kann auch im Moment nicht mehr diesen Begriff „systemrelevant“ hören, weil am Ende des Tages ist, glaube ich, jeder Beschäftigte, jede Arbeitnehmerin, jeder Arbeitnehmer, der an seiner Stelle, an der er arbeitet, an der sie arbeitet, ihre Leistung erbringt, dafür mit verantwortlich, dass unsere Gesellschaft so funktioniert, wie sie funktioniert, und da das das System in Gänze ist, ist am Ende des Tages jeder Mitarbeiter, aber auch jede Unternehmerin, jeder Unternehmer in diesem Sinne systemrelevant. Und wenn man sich dann bedankt, dann muss man sich tatsächlich bei allen bedanken, die tatsächlich auch in dieser schwierigen Zeit ihrer Arbeit nachgehen.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein ähnliches Thema schon mal vor Monaten gehabt – wenn ich das richtig im Kopf habe, nach der Sommerpause –, und da habe ich an dieser Stelle auch gesagt, Beifall klatschen reicht nicht, weil irgendwann, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wird der Beifall schal. Wenn es nur darum geht, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch den Selbstständigen, den Unternehmerinnen und Unternehmern, die arbeiten, ihre Leistungen unter diesen schwierigen Bedingungen erbringen, zu sagen, ja, es ist toll, dass ihr das macht, und das ist es dann gewesen, dann werden die sich natürlich irgendwann zu Recht fragen: Wie viel Wert hat denn überhaupt der Beifall?
Und ich glaube, so, wenn ich das mal interpretieren darf, habe ich auch die Worte vom Herrn Kollegen Foerster verstanden.
Und deswegen muss man sich – und ich habe das an dieser Stelle ja schon öfter gesagt –, deswegen muss man sich tatsächlich auch mal überlegen, wie gehe ich denn überhaupt mit Menschen um, übrigens nicht nur in einer Arbeitsmarktsituation, sondern generell. Welche Anforderungen stelle ich an sie? Was kann ich überhaupt erwarten, gerade wenn ich sehe, dass jemand vielleicht auch in dieser Situation jemanden hat, der vielleicht selber über die Maßen gefährdet ist, um die er sich kümmern muss, um den er sich kümmern muss, und trotzdem jeden Tag seiner Arbeit nachgeht?
Und ich will mal einmal ein Beispiel aufgreifen, das hat der Kollege Foerster eben auch angesprochen, und da wird dann ja auch im Grunde die Fragwürdigkeit der Situation, in der wir uns heute – übrigens nicht erst seit Corona-Zeiten, sondern grundsätzlich – schon befinden, deutlich. Er hat das Beispiel angesprochen der DRKKrankenhäuser in Grimmen und Grevesmühlen, wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe.
Und, Herr Professor Weber, ich kenne die Betriebsvereinbarung nicht, die da geschlossen worden ist oder die da zum Abschluss ansteht, und es liegt mir fern, irgendwie in die Rechte von Betriebsräten einzugreifen, im
Gegenteil, ich stehe auf dem Standpunkt – auch übrigens im Interesse des Unternehmens und der Geschäftsführung –, jedes Unternehmen kann sich glücklich schätzen, wenn es einen starken Betriebsrat hat, weil das nützt dem Unternehmen.
Aber unabhängig davon möchte ich mal auf eines deutlich hinweisen: Sie haben eben die Stellung der Betriebsräte angesprochen, aber, Herr Professor Weber, ich gehe einfach mal davon aus – alles andere würde mich jetzt wundern –, Sie kennen den 77 (3) Betriebsverfassungsgesetz. Und für die Kolleginnen und Kollegen, die ihn nicht kennen, will ich das mal gerade zitieren. Da heißt es nämlich drin: „Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen“,
„die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.“
Ja, Herr Kollege Foerster, das weiß Herr Weber auch, Herr Professor Weber, also alles andere würde mich jetzt wundern.
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das hat auch seine Bedeutung, weil diesen Regelungsgegenstand aus der Verantwortung, aus der Obhut von Betriebsräten zu nehmen, hat einen einzigen Grund: Man will den Betriebsrat nicht in die Situation bringen, dass er quasi zwischen Baum und Borke steht, zwischen Unternehmen und Belegschaft, denn ein Betriebsrat hat eine andere Funktion als eine Gewerkschaft. Eine Gewerkschaft ist „nur“ – „nur“ in Anführungszeichen – Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und der Betriebsrat hat auch die Unternehmensbelange, die betrieblichen Belange zu berücksichtigen. Und deswegen ist das so geregelt.
Und Unternehmen, die diesen Weg wählen, das sage ich auch aus meiner anwaltlichen Erfahrung, die diesen Weg wählen, bewegen sich nicht nur auf sehr, sehr dünnem Eis, sie gehen häufig auch einen Weg, der ein einziges Ziel hat, nämlich Tarifverträge, tarifvertragliche Regelungen zu unterlaufen.