denn im Frühjahr waren eben nicht mehr alle Kinder und Jugendlichen gleich, sondern sie wurden nach den Berufen ihrer Eltern unterschieden, eingeteilt in Kinder mit systemrelevanten Eltern und Kinder ohne systemrelevante Eltern. Das war falsch. Alle Kinder und Jugendlichen sind gleich, und deshalb müssen sie den gleichen Zugang zu Bildung, Erziehung und Förderung haben. Die Aufhebung der Präsenzpflicht ist sehr, sehr gewagt. Sie suggeriert Freiwilligkeit, wo es keine geben sollte und keine geben dürfte. Das ist nicht richtig, aber wahrscheinlich notwendig.
Im Frühjahr wurden die Eltern zu Lehrkräften, sie mussten ihre Kinder unterrichten, weitgehend alleingelassen und ohne die fachlichen und technischen Voraussetzungen. Auch das war falsch. Eltern müssen Eltern sein und keine Hobbypädagogen. Deshalb darf der Distanzunterricht nur eine kurzzeitige Ausnahme sein. Kinder und Jugendliche haben in Deutschland eine Schulpflicht. Diese Pflicht ist an einen Ort gebunden, das ist die Schule und nicht das Zuhause. Eltern können und dürfen genauso wenig die Aufgaben von Lehrkräften übernehmen wie die Lehrer die Aufgaben der Eltern. Vielmehr muss es uns doch darum gehen, endlich in den Schulen alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, um die Kinder und Jugendlichen auch dort zu unterrichten.
Beim ersten Lockdown wurden die Familien, die große Probleme hatten, sich selbst überlassen, obwohl sie Unterstützung und Hilfe des Staates benötigten. Das war falsch. Diese Eltern kamen logischerweise nicht allein zurecht. Wie denn auch?! Wenn man Hilfe benötigt, benötigt man sie immer und gerade doch in einer Krise. Im März schotteten wir die Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime ab, den Älteren und Kranken wurden Kontakte untersagt. Das war falsch. Schutz statt Abschottung muss die Richtung sein, die wir bei diesem Lockdown einschlagen, denn wir wissen, wie nötig soziale Kontakte für ein menschenwürdiges Leben sind.
All diese Fehler dürfen nicht noch einmal passieren, und deshalb ist es so wichtig, die Kindergärten und Schulen eben nicht zu schließen, Unterstützungsmaßnahmen nicht zu verhindern, Kontakte in Pflegeheimen und Krankenhäusern zuzulassen.
Sehr geehrte Damen und Herren, das hier ist keine Welle, die auf uns zu schwappt, das ist eine regelrechte Flut, die uns wirklich zu überschwemmen droht, und deshalb brauchen wir einen Damm aus Maßnahmen, der uns schützt. Niemand von uns Vernünftigen schließt gerne Gaststätten, Läden, Theater und Kinos, auch wenn die AfD-Fraktion dies gerne beschwört. Ich frage mich wirklich, auch wenn ich Ihren heutigen Antrag sehe, ob die Herren der AfD auch nur ein einziges Mal nachdenken, bevor sie ihre Theorien in die Welt schmettern.
Ihr Antrag zeigt, dass Sie eben nicht nachgedacht haben oder aber, dass Sie sich auch ganz doll angestrengt haben mögen, aber es zu nichts geführt hat. Ihr Vorhaben verkleistert den Menschen Augen und Hirn. Ganz Mecklenburg-Vorpommern ist ein Infektionsherd, und nicht nur einige Gegenden. Der erste Punkt Ihres Antrages widerspricht den beiden folgenden Punkten, ebenso, wie Sie sich ständig widersprechen. Herr Kramer, Sie stellten sich hier vor wenigen Wochen hin und beteten die Leier von „Freiheit statt Zwang“ vor.
Durch Ihre verharmlosenden und die Tatsachen negierenden Einstellungen haben auch Sie dazu beigetragen, dass sich die Menschen weniger an die Auflagen gehalten haben und dadurch sich und andere weniger geschützt haben.
Sie sagten, dass Sie glauben, dass sich die Bürgerinnen und Bürger von ganz alleine an die Regeln halten. Man müsse das nicht kontrollieren und schon gar nicht sanktionieren. Sie sagten das, Sie, dessen Kollegen weder im Fahrstuhl noch in den Fluren des Bürogebäudes in der Puschkinstraße Masken tragen, Sie, dessen Mitarbeiter dämliche Bemerkungen machen, wenn man sie an die Pflicht des Schutzes erinnert.
Ich kann das auch in einem weihnachtlichen Bild zeichnen: Man hat den Anschein, dass Ihre Mitstreiter nicht alle Nadeln an der Tanne haben.
(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)
Und, Herr Kramer, nun, wo Sie merken, dass es Corona tatsächlich gibt, jammern Sie uns im „Nordkurier“ die Ohren voll. Das ist unglaubwürdig!
Solange Sie sich nicht von den Verirrten aus Ihrer Fraktion lösen, so lange weinen Sie nur Krokodilstränen. Sie schwenken nicht um, Sie marschieren weiter im Gleichschritt Ihrer Fraktion.
Sehr geehrte Damen und Herren, alle Maßnahmen, alle Einschränkungen und alle Verbote dienen unserer Ge
sundheit. Wir wollen nicht zulassen, dass Menschen erkranken, dass sie nicht behandelt werden können, wenn sie sich infiziert haben. Wir tun nun alles, um Krankenhäuser so auszustatten, dass sie in der Lage sind, Erkrankte zu behandeln. Und es fallen keine Bemerkungen wie, das können wir uns nicht leisten, das ist zu teuer, die Behandlung eines Corona-Erkrankten sprudelt nicht genug Einnahmen in die Kassen der Krankenhausbetreiber. Niemand droht mit Schließung von Krankenhäusern oder Stationen. Warum ist das jetzt alles möglich? Warum muss eine Pandemie zu dieser Erkenntnis führen, warum nicht der Menschenverstand?
Wir müssen daraus lernen, sehr geehrte Damen und Herren, und darum ist es wichtig, dass alles, was wir jetzt tun, nicht nur für den Moment gelten darf. Wir müssen immer unsere Gesundheit ernst nehmen, nicht nur, wenn die Gefahr so erschreckend nah ist. Deshalb brauchen wir erstens eine Pandemiestrategie, zweitens brauchen wir mehr Altenpfleger, mehr Krankenpfleger, mehr Personal, und zwar dauerhaft und nicht nur für den Moment, und drittens brauchen wir Vorräte an medizinischer Ausrüstung, an Schutzmaterialien und Schutzkleidung in den Krankenhäusern. Alles in allem braucht unser Land eine Gesundheitsoffensive
für mehr medizinisches Fachpersonal, für anständige Arbeitsbedingungen, für Krankenhäuser, die in öffentliche Hand gehören. Das medizinische Personal und die Pflegekräfte verdienen bessere Löhne, das Klatschen muss in bare Münze umgewandelt werden.
Liebe Einwohnerinnen, liebe Einwohner und ganz besonders liebe Kinder! Niemand von uns hat es sich leicht gemacht, Ihr und euer Leben einzuschränken. Es tut uns weh, gerade auch in einer Zeit, in der eigentlich so viel Schönes auf uns warten sollte, Zusammensein in der Familie mit Oma und Opa, mit den Tanten, mit den Onkeln, mit einer Besinnlichkeit und Nähe. Wir nehmen nichts auf die leichte Schulter, und genau darum bitten wir Sie und bitten wir euch: Achten Sie aufeinander, passt auf euch auf, damit wir uns gemeinsam auf ein neues, ein besseres, auf ein gesundes Jahr freuen!
Frau Fraktionsvorsitzende, zu Ihrem Wortbeitrag ist eine Kurzintervention seitens der Fraktion der AfD angemeldet.
Frau Oldenburg, ich finde es schon sehr infam, dass Sie mir persönlich unterstellen und auch der AfD insgesamt unterstellen, dass also die Verbreitung des Virus, die erhöhte Ansteckung durch mich und durch die AfD
Punkt zwei ist, dass Sie quasi uns eine Kontaktschuld auferlegen, und Punkt drei, und das finde ich das Schlimmste, dass Sie unsere Mitarbeiter da mit reinziehen, die zum Teil nicht mal AfD-Mitglieder sind. Und da kommt hinzu, dass auch Sie selbst bis zu dem Tag,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Hausordnung gilt für alle in allen Liegenschaften. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)
(Peter Ritter, DIE LINKE: Seit der letzten Woche, Herr Professor! Waren Sie nicht bei der Ältestenratssitzung?! – Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)
(Peter Ritter, DIE LINKE: Klare Ansage, klare Ansage der Präsidentin in der letzten Woche! – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)
Wenn jetzt nicht gleich Ruhe ist, dann unterbreche ich die Sitzung hier. Also das sind so Dinge, die kann man wirklich außerhalb klären. Von mir aus gehen Sie beide raus und klären, wer was wann wo gesagt hat! Wir sind jetzt...
(Peter Ritter, DIE LINKE: Nein, das ist für die Öffentlichkeit wichtig, dass Sie schon wieder lügen! – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Letzte Woche, letzte Woche!)
Also da sich jetzt beide hier so danebenbenommen haben, und ich glaube, dass sich quasi gerade diese Debatte nicht eignet, hier großartig mit Ordnungsrufen um sich zu werfen, verwarne ich Sie beide. Und im Falle, dass das jetzt noch mal passiert, würde ich zu Ordnungsmaßnahmen greifen, weise noch mal darauf hin, dass das hier eine Kurzintervention ist zwischen dem Fraktionsvorsitzenden der AfD, und gegenüber steht die Fraktionsvorsitzende der LINKEN, und nur die beiden haben hier das Wort.