Nun habe ich schon mal einen Blick auf den aktualisierten Sitzungsplan geworfen. Darin gibt es bereits Vorschläge für die Themen, die behandelt werden sollen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt, wenn ein Thema, das Herr Heydorn vorgeschlagen hat, im Ausschuss extra zu behandeln, nämlich Armut, als „jugendliche Priorität“ behandelt werden soll.
Wir haben uns gut überlegt, wie wir verantwortungsvoll mit den Anliegen der Jugendlichen umgehen – wie, darüber wird der Diskurs weitergehen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir treten in die vereinbarte Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 13.30 Uhr fortgesetzt. Ich unterbreche die Sitzung.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – DeutschPolnische Zusammenarbeit weiter stärken – grenzüberschreitende Kooperationen des Landes mit Partnerwoiwodschaften ausbauen, auf der Drucksache 7/414.
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Deutsch-Polnische Zusammenarbeit weiter stärken – grenzüberschreitende Kooperationen des Landes mit Partnerwoiwodschaften ausbauen – Drucksache 7/414 –
(Heiterkeit bei Tilo Gundlack, SPD, und Simone Oldenburg, DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist tatsächlich ein nettes Signal gewesen, auch wenn es vielleicht ein bisschen scherzhaft gemeint worden ist von Ihnen, Herr Kollege Ritter, der Applaus, aber ich nehme das einfach mal als ernst gemeint.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle mit Genehmigung der Präsidentin, dass ich im Gegenzug auch etwas Ungewöhnliches tue, nämlich, dass ich meine Rede damit beginne, dass ich einen anderen Kollegen einer anderen Fraktion hier aus einer anderen Plenardebatte am Anfang zitieren möchte, nämlich den Kollegen Holter aus der Plenardebatte der 67. Sitzung am 11. April 2014 zu dem Thema der deutsch-polnischen Zusammenarbeit. Und das, was der Kollege Holter dort gesagt hat, ist aus meiner Überzeugung mit eine der Grundlagen für die weitere deutsch-polnische Zusammenarbeit, wie sie sich in den letzten Jahren positiv, zumindest hier in der Region, entwickelt hat.
Kollege Holter hat damals ausgeführt, ich zitiere: „Ich bin der Überzeugung, dass uns Demokraten eins eint, nämlich, dass die Grenze zwischen Deutschland und Polen an der Oder und an der Neiße eine unverrückbare Grenze – das sage ich ganz bewusst zu Ihnen, die ja diese Grenze infrage stellen“, es waren die Herren der NPD, „diese Grenze infrage stellen, das gehört dazu, wenn wir heute darüber debattieren –, dass wir in der Beziehung zur Republik Polen diese Grenze als unverrückbar und als endgültig anerkennen. Das will ich hier noch mal deutlich sagen. Jedem Revisionismus oder Revanchismus muss hier eine klare Absage erteilt werden. Ich sage das auch vor dem zweiten Hintergrund,
weil ich 2003/2004 unter anderem in Polen, aber auch hier in Mecklenburg-Vorpommern genau über die Frage der Chancen und Risiken des Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Union auf Foren und anderswo gesprochen habe.“ Zitatende.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe dieses Zitat des Kollegen Holter ganz bewusst an den Beginn dieser Rede gestellt, weil wir, zwar nicht unbedingt als Ausdruck von Revanchismus und Revisionismus, aber in der jüngsten Vergangenheit Äußerungen hatten hier aus Deutschland, die zumindest – und das ist in meinen Augen mindestens genauso gefährlich – Verständnis dafür suggerieren wollten, dass 1939 mit dem Überfall auf die Republik Polen der Zweite Weltkrieg begann.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich erlaube mir, mit Genehmigung der Präsidentin aus einem Artikel des „Wall Street Journals“ vom 03.03. dieses Jahres zu zitieren. Da wurde in einem Interview mit dem thüringischen Abgeordneten Höcke wie folgt ausgeführt: „Mr. Höcke said World War II began as a local conflict in which Hitler understandably sought to reclaim territory lost after World War I.“ Auf gut Deutsch, Herr Höcke erklärte sein Verständnis dafür, dass 1939 durch Deutschland unter Hitler die Republik Polen überfallen wurde.
Das, meine Damen und Herren, ist eine Aussage, die wir so nicht stehen lassen können, gerade vor dem Hintergrund der wirklich guten Zusammenarbeit zwischen den Woiwodschaften Pommerns und Mecklenburg-Vorpommern. Und, sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube auch, dass wir uns alle einig sind, dass es gerade die gute Zusammenarbeit hier im Ostseeraum ist, die dieses Land, die diese ganze Region so weit vorangebracht hat, wie es der Fall ist, und wir in Mecklenburg-Vorpommern, gerade der östliche Landesteil, sind mit einer der größten Nutznießer in dieser Entwicklung.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, gerade in Zeiten, wo die Beziehungen der Regierungen auf nationaler Ebene auch zwischen Warschau und Berlin nicht frei von Spannungen sind und die EU-Kommission Empfehlungen zur Rechtsstaatlichkeit in Polen – es betrifft den Status und die Besetzung des dortigen Verfassungsgerichtes, wir haben gerade bei dem Empfang anlässlich der Neubesetzung unseres Landesverfassungsgerichts die mahnenden Worte diesbezüglich gehört – beschlossen hat, ist die Betonung der Wichtigkeit der regionalen Zusammenarbeit und des Willens zu deren Ausbau umso wichtiger.
Die europäische Zusammenarbeit, die Zusammenarbeit zwischen den Woiwodschaften Polens und MecklenburgVorpommern bietet für unser Land gerade im Ostseeraum auch zukünftig viele weitere Entwicklungsmöglichkeiten für Handel und Verkehr, für wissenschaftliche Zusammenarbeit, für Begegnungen in der Kultur und dem Tourismus. Insbesondere mit dem direkten Nachbarn Polen pflegen wir in Mecklenburg-Vorpommern auf regionaler Ebene ein inzwischen mehr als nur freundschaftliches und partnerschaftliches Verhältnis mit vielen grenzüberschreitenden Kontakten, was sich auch in der Arbeit dieses Parlaments und seiner Ausschüsse beispielsweise in der letzten Wahlperiode beim Energieausschuss gezeigt hat. Im Mittelpunkt stehen dabei – und ich glaube, das ist aufgrund der regionalen Lage selbstverständlich – die Partnerschaften mit den Woiwodschaften Westpommern und Pommern.
Meine Damen und Herren, Polen hat sich zu einem der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands, aber insbesondere auch Mecklenburg-Vorpommerns entwickelt. Polen war im Jahr 2016 mit einem Handelsvolumen von über 1 Milliarde Euro der zweitwichtigste Außenhandelspartner von Mecklenburg-Vorpommern und auch auf parlamentarischer Ebene gibt es eine langjährige Tradition der Zusammenarbeit des Landtages mit den Regionalparlamenten der betreffenden Woiwodschaften Westpommern und Pommern. Dies ist auch – das muss man dieser Stelle deutlich sagen – Grundlage für die inzwischen gemeinsamen Aktivitäten im Rahmen sowohl der Ostseeparlamentarierkonferenz als auch dem Parlamentsforum Südliche Ostsee.
Glücklicherweise stehen heute die gemeinsamen Anliegen stärker im Vordergrund als das, was vielleicht früher getrennt hat. Die Partnerschaft mit der Woiwodschaft Westpommern ist dabei insbesondere sehr vielfältig und intensiv. Mit keiner anderen Region ist MecklenburgVorpommern so eng verbunden. Es bestehen derzeit 39 kommunale Partnerschaften, 16 Kooperationsvereinbarungen im Bereich Hochschule sowie Partnerschaften zwischen Schulen und Projektträgern. Der Ministerpräsident dieses Landes hat beim Besuch der Woiwodschaft Westpommern für Herbst dieses Jahres angekündigt, dass das entsprechend verstärkt und weiter fortgesetzt werden soll. Unser Ministerpräsident hat beim Empfang des polnischen Botschafters zu dessen Antrittsbesuch in der Staatskanzlei im März dieses Jahres für eine weitere Unterstützung der polnischen Zentralregion zur Entwicklung der Metropolregion Stettin geworben, weil wir genauso davon profitieren in unserem Land wie die Menschen auf der anderen Seite der Grenze.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir alle haben, wir alle müssen ein großes Interesse daran haben, dass der Aufbau einer grenzüberschreitenden Metropole einer die Grenze nicht mehr bemerkbar werdenden Metropole weiter vorangetrieben wird. Und es kann eben nicht sein, dass dieses – durch welche Reden, durch welche Äußerungen auch immer – infrage gestellt wird. Es sind letztendlich diese Äußerungen, aber auch natürlich, das muss man an dieser Stelle auch in aller Deutlichkeit sagen, die Befürchtungen, die es selbst auf polnischer Seite gibt vor dem Hintergrund dessen, was dort auch bei der Zentralregierung an Maßnahmen ergriffen wird, dass wir möglicherweise in diesem Land, in dieser Region das Interesse, ich will nicht sagen verlieren, aber einschränken würden, was die Zusammenarbeit mit unseren polnischen Kolleginnen und Kollegen, mit unseren polnischen Freunden angeht.
Ich denke, deswegen ist dieser Antrag von allen fachlichen, inhaltlichen Fragen, abgesehen zu denen der Kollege Dahlemann im Rahmen der Aussprache mehrere Ausführungen machen wird, auch ein wichtiges Signal an die Kolleginnen und Kollegen in den Regionalparlamenten auf der anderen Seite der Oder, dass sie weiterhin darauf vertrauen können, dass wir, dass die deutsche Seite, ungeachtet der Vorstellungen der Zentralregierung – ich komme zum Ende meiner Rede, Frau Präsidentin –, ungeachtet der Signale der Zentralregierung auch weiter an dieser kollegialen, freundschaftlichen Zusammenarbeit festhalten wird.
Vor dem Hintergrund gestatten Sie mir zum Ende meiner Rede ein letztes Zitat, auch wieder den Kollegen Holter zitierend aus der bereits benannten Plenardebatte. Dort
hat er gesagt, ich erlaube mir zu zitieren: „Wir können nicht oft genug darüber reden, weil es wichtig ist zu analysieren, was erreicht wurde, aber auch der Landesregierung klare Aufträge mitzugeben, aufzufordern und zu ermahnen.“
Vor diesem Hintergrund, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, kann ich den Worten des Kollegen Holter nichts weiter hinzufügen und bitte um eine breite Zustimmung zu diesem Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
(Thomas Krüger, SPD: Will er nicht? – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Geht das alles von der Redezeit ab?)
Gut, dann lassen wir Ihnen Zeit zum Luftholen und erteilen das Wort Herrn Holter von der Fraktion DIE LINKE.
Nach Ihrer Rede, denke ich, haben wir gar keine andere Chance, als dem Antrag zuzustimmen. Das hätten wir auch ohne Ihre Rede getan,