Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Auch das sozioökonomische Pendel, was Sie anführen, arbeitet im Grunde nach diesen Gesichtspunkten und fließt mit den Daten, die es ermittelt, in die mediane Einkommensermittlung ein. Das ist der Punkt. Das heißt also, die Armut, die Sie hier beklagen, taucht deswegen in diesem Umfang auf, weil das Einkommen in der Mitte größer wird. Das hat nichts mit großen Einkommen und Vermögen am anderen Ende zu tun – dass das nicht gerecht ist, da sind wir uns ja mit Ihnen einig –, die spielen bei dieser Betrachtung der medianen Einkommen eine völlig untergeordnete Rolle, weil sie quasi teilweise sogar wegfallen. Es ist immer wichtig, was passiert in der Mitte. Und in der Mitte – das muss man sagen – passiert das, was Harry Glawe gesagt hat, es geht den Leuten besser. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Sebastian Ehlers, CDU: Richtig.)

Und dann ist es ja immer so, wenn man Verantwortung trägt, bewegt man sich in einem bestimmten Spannungsfeld.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Wir tragen hier seit vielen Jahren in Mecklenburg-Vorpommern Verantwortung und bewegen uns in dem Spannungsfeld, das Thema Finanzen im Griff zu haben, das Thema Finanzen auch so im Griff zu haben, dass wir nicht Pleite gehen und die nachfolgenden Generationen mit Schulden belasten, die letztendlich kein Mensch mehr bewerkstelligen kann. Das, was Sie machen, ist ein anderes Konzept, das ist das Konzept, wir tun mal so, als würden wir mehrere Gelddruckmaschinen im Keller haben

(Sebastian Ehlers, CDU: Geld für alle!)

und die setzen wir dann in Betrieb, das Geld spielt keine Rolle. So kann man nicht rangehen.

(Beifall Sebastian Ehlers, CDU)

So kann man rangehen, wenn man sich in der Opposition befindet, aber nicht, wenn man Regierungsverantwortung trägt.

Insofern sage ich Ihnen, das ist nicht unser Ding. Wir wollen weiter Verantwortung tragen, und Verantwortung tragen heißt, man muss die Dinge austarieren. Auf der einen Seite muss man gucken, dass man seine Finanzen beachtet, und auf der anderen Seite muss man sehen, dass man eine politische Vision und ein politisches Konzept hat. Unser Konzept in Mecklenburg-Vorpommern ist seit vielen, vielen Jahren, Partizipation zu ermöglichen, Teilhabe zu ermöglichen und so weiter und so fort. Wenn Sie sich ansehen, wie wir unsere Mittel im Bereich der Kindertagesstättenförderung hochgezogen haben, wenn Sie sich ansehen, was wir im Bereich der Schulen gemacht haben, dann können Sie erkennen, das ist unser Thema. Da haben wir nach wie vor hart dran zu arbeiten, das wird ja gar nicht in Abrede gestellt, aber wir sind dran. Das ist unser roter Faden von sozialer Gerechtigkeit.

Zum Abschluss gestatten Sie mir noch ein paar Anmerkungen zu den Ausführungen der AfD. Was wir hier erkannt haben, ist, es geht um blanken Neoliberalismus:

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Der Staat behindert, Flucht vor der Eigenverantwortung – das waren Stichworte, die hier vorgetragen worden sind. Das erinnert mich ein bisschen an die Ausführungen von Stephen Bannon in den USA, Chefberater von Donald Trump, der von der Dekonstruktion des Staates sprach. Das geht ja in die gleiche Richtung. Nur Sie sollten dann auch die Frage beantworten: Wie wollen Sie denn die Themen Infrastruktur, Bildung und dergleichen letztlich aufrechterhalten und finanzieren? Und wissen Sie, es gibt den Subsidiaritätsbegriff, im Wesentlichen mitgeprägt von Oswald von Nell-Breuning – das können Sie vielleicht mal nachlesen –, der so aussieht, dass derjenige, der die Verantwortung für sich tragen kann, die auch tragen muss. Aber es gibt auch jede Menge Leute, die das nicht können, und die bedürfen der Unterstützung, sei es durch Familienangehörige, sei es durch irgendwelche anderen Dritte oder sei es durch den Staat.

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Ich sage Ihnen, ich bin schon von jeher ein sehr starker Befürworter eines starken Staates, weil wir eine gute staatliche Infrastruktur in allen Bereichen brauchen.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig! Sehr richtig!)

Ich bin nicht damit zufrieden, wie die Schulen teilweise aussehen. Da würde ich mir wünschen, dass das besser ist. Ich bin nicht damit zufrieden, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern einen derartig hohen Anteil an Privatschulen halten, weil ich glaube, dass das Aufgabe des Staates ist, für eine wirklich gute Bildung Sorge zu tragen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Gleiches gilt auch für Kindertagesstätten, Gleiches gilt für die Wasserversorgung, für das Thema Müll und so weiter und so fort. Ich finde, das sollte man keinem privaten Dritten überlassen, sondern es ist Sache des Staates, letztendlich für Rahmenbedingungen Sorge zu tragen, die einfach eine gesunde Entwicklung von Menschen, und zwar von möglichst allen Menschen ermöglichen, nicht von denen, wo das Elternhaus stimmt und wo genug im Geldbeutel ist, sondern auch von denen, die quasi aus einem Milieu kommen, wo das nicht der Fall ist, was bei uns in Mecklenburg-Vorpommern ja durchaus vorkommt und auch etwas häufiger vorkommt. Das heißt also, wenn man sich die Situation anguckt, darf man hier nicht nach weniger Staat rufen, sondern muss an der Stelle gucken, dass man zu mehr staatlicher Unterstützung und zu einer gezielteren staatlichen Förderung und staatlichen Infrastruktur kommt. Da unterscheiden wir uns total.

Und auch, was Sie heute zum Thema Familienarbeitszeit gesagt haben, entspricht Ihrem Familienbild. Das Familienbild hat uns Herr Professor Weber hier ja heute eindrucksvoll, sehr nachvollziehbar und verständlich dargelegt. Das ist nicht unser Familienbild. Ich glaube, das ist auch nicht das Familienbild der Mehrzahl der Menschen und vor allen Dingen der Frauen in diesem Land, die eine gute Ausbildung machen, die ein Studium absolvieren, die sich im Beruf bewähren wollen und die dann von Ihnen den Auftrag erhalten, sie sollen zu Hause bleiben, Kinder erziehen und den Mann die Dinge mal machen lassen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig! – Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Das ist doch Blödsinn, was Sie erzählen.)

Das ist kein modernes gesellschaftliches Familienbild. Das teilen wir nicht.

Insofern können wir natürlich verstehen, dass Sie so etwas wie die Familienarbeitszeit ablehnen, aber wir haben dazu eine andere Haltung. Nach uns müsste das eher noch intensiviert und ausgebaut werden, damit das Thema „gut ausgebildete Leute und gute Arbeitsplätze, aber Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ noch besser gelebt werden kann. Denn die Entscheidung, ob Kind oder nicht Kind, hängt nicht davon ab, ob ich 5.000 Euro Familiendarlehen kriege,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: An den Rahmenbedingungen hängt das, an den Rahmenbedingungen!)

sondern die Entscheidung hängt davon ab, wie ich in dieser Gesellschaft flankiert bin, sodass ich die Dinge, die da auf mich zukommen, gut managen kann und unter einen Hut bringe. Ich denke, damit kann ich es bewenden lassen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Bernhardt für die Fraktion DIE LINKE.

(Thomas Krüger, SPD: Jeanne dʼArc. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Im Antrag, der Ihnen heute vorliegt, sind eins zu eins die Forderungen von Martin Schulz, dem Parteivorsitzenden der SPD, um das mal aufzuklären.

(Zurufe vonseiten der Fraktion der SPD: Aaah! – Tilo Gundlack, SPD: Ihnen fällt wohl nichts mehr ein, oder was?! – Marc Reinhardt, CDU: Martin! Martin! Martin!)

Diese Forderungen, die wir aufgeschrieben haben und die aus der Feder der SPD stammen,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

unterstützen wir eins zu eins.

(Marc Reinhardt, CDU: Völker, hört die Signale!)

Wir wollen Sie beim Wort nehmen, ansonsten ist das, was Sie vor dem Wahlkampf sagen, für uns nur heiße Luft.

Und, Herr Heydorn, insofern braucht es eine LINKE, um Sie immer wieder daran zu erinnern, was Sie den Leuten vor der Wahl versprechen, und sozusagen dies auch einzufordern. Deshalb stehen wir heute hier.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Deshalb ist es ein Armutszeugnis, als Sie zum Ende Ihrer Rede sagten, wir lehnen es ab, weil Sie damit Ihre eigene Position, die Sie jetzt im Wahlkampf versprechen, ablehnen. Insofern sind es alles nur Lügen und es ist beschämend, was Sie hier machen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Wir meinen, die Menschen im Land haben einen Anspruch auf soziale Gerechtigkeit und darauf, dass sich die Politik um die Arbeit und das Leben der normalen Bürger kümmert. Das ist bei uns nicht nur eine Worthülse, sondern wir füllen das mit Leben. Das ist unser Anspruch. Wie ich von Frau Friemann-Jennert erfahren habe, ist das nicht ihr Anspruch, wenn sie es der SPD und den LINKEN überlässt, über soziale Gerechtigkeit zu reden. Insofern lehnen wir Ihr Angebot auf ehrenamtliche Wahlkampfhilfe ab, Frau Friemann-Jennert. Wenn es nichts mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat, dann bleiben Sie lieber bei der CDU!

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Wir haben genug, die mit uns gemeinsam für soziale Gerechtigkeit kämpfen.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Jemanden oder eine Gruppe strukturell zu bevorteilen oder auch zu benachteiligen – das ist aus unserer Sicht nicht gerecht. Aber wie sieht es derzeit aus? Es ist nicht gerecht, wenn Frauen für die gleiche und gleichwertige Arbeit viel weniger verdienen als Männer.

Und, Herr Glawe,

(Harry Glawe, CDU: Jo.)

insofern geht auch dieses Entgeltgleichheitsgesetz, was Sie hier vorgebracht haben, einfach an der Wirklichkeit vorbei für Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wenn weniger als ein Prozent der Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt unter dieses Entgeltfreiheitsgesetz fallen, wonach Arbeitnehmerinnen, die darin arbeiten, überhaupt erst mal einen Auskunftsanspruch hätten, dann ist das einfach nur heiße Luft für Mecklenburg-Vorpommern und führt nicht dazu, dass Frauen für gleiche und gleichwertige Arbeit genauso viel verdienen können wie die Männer in den Unternehmen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)