Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

(Enrico Komning, AfD: Richtig!)

Die Scheidungsquote sprach eine eigene Sprache und hatte offensichtlich nicht nur Förderliches für die jungen Familien und insbesondere die Kinder zur Folge. Gute

Gründe, sich bewusst für eine Familie zu entscheiden und Kinder zu bekommen, sind nicht vordergründig eine Frage des Geldes, sondern vielmehr eine Frage der Einstellung. Liebe, Fürsorge und Geborgenheit stehen für mich als Vater an erster Stelle, wenn ich an Kinder denke.

Natürlich unterstützen günstige Rahmenbedingungen das Aufwachsen der Kinder in unserem Land und genau dafür hat die Landesregierung in den zurückliegenden Jahren eine Menge getan. Das wird bei der Antragstellung bedauerlicherweise außer Acht gelassen. Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung vom ersten Tage an, eine flächendeckend nahezu optimale Ausstattung mit Krippen- und Kindertagesplätzen, um die wir von Eltern in vielen anderen Bundesländern beneidet werden, die Möglichkeit der Hortbetreuung, die Arbeit von engagierten Erzieherinnen und Erziehern sowie Sozialpädagogen, die Unterstützung von Hilfsangeboten in Projekten freier Träger, ob Mehrgenerationenhaus oder Jugendklub, Sport- oder Kulturförderung, von der auch sehr viele Kinder profitieren – all das gehört zum umfassenden Beitrag, der in unserem Land geleistet wird.

Hinzu kommt im Bedarfsfall staatliche Unterstützung, zum Beispiel durch das Paket Bildung und Teilhabe. Nicht zuletzt unterstützen zahlreiche Aktivitäten der Landesregierung wie der kontinuierliche Ausbau der Infrastruktur und die ständige Belebung des Arbeitsmarktes unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf das Ansinnen, Mecklenburg-Vorpommern für alle und insbesondere für Kinder und Familien als Land zum Leben weiterzuentwickeln.

Hier ist ein guter Platz für Familien, aber nicht für einen Antrag, dem jeder Blick auf die Realität nach vorne fehlt. Daher lehnen wir als SPD-Fraktion diesen Antrag ab. – Vielen Dank.

(Vincent Kokert, CDU: Klatschen! – Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Frauenbild hat sich seit dem Mittelalter geändert, sehr geehrte AfD- Fraktion.

(Dr. Matthias Manthei, AfD: Ach so?!)

Aufwachen, ankommen in der Gegenwart!

(Vincent Kokert, CDU: Das sind doch die Bunten. – Heiterkeit bei Philipp da Cunha, SPD)

Vorab ein Ansinnen von mir: Sie bestehen ja immer darauf, dass man nur eine Form der Sprache benutzt, ich werde heute ausschließlich das generische Femininum, also die weibliche Form, benutzen, für beide Geschlechter. Und natürlich wertet Sie das als Männer nicht ab,

(Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

denn es meint beide.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD: Gefällt mir.)

Was für ein Glück – und das sage ich ganz deutlich –, dass Frauen heute selbst entscheiden, ob, wann, mit wem und wie viele Kinder sie bekommen! Und ich suche mir meine Partnerin auch alleine aus.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt gehts ins Detail. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU)

Oft haben wir Frauen und Männer an unserer Seite, manchmal sogar beides, und manchmal entscheiden wir uns auch neu. Ganz häufig sind wir auch alleine mit unseren Kindern und das ist bestimmt nicht unsere freie Entscheidung, ohne einen zweiten Elternteil die Kinder versorgen zu müssen.

Sehr geehrte Abgeordnete der AfD-Fraktion,

(Zuruf aus dem Plenum: Abgeordnetin, bitte!)

Sie schieben die Schuld ständig auf die Mütter. Dabei braucht es zum Kinderbekommen zwei, genauso wie es für eine Partnerschaft mindestens zwei braucht,

(Enrico Komning, AfD: Ja, einen Mann und eine Frau.)

und zum Trennen braucht es auch zwei. Zum anderen können Partnerinnen auch schwer erkranken, sie können versterben, sie können im Ausland arbeiten und so weiter. Auch alles das sind Umstände, die Elternteile zu Alleinerziehenden machen, wenn auch manchmal quasi. Die Lebensrealität ist genau so und fernab von allem patriarchalen Rollendenken. Wir müssen die vielfältigen Lebensmodelle unterstützen. Jede Einwohnerin soll nach ihren Vorstellungen ein selbstbestimmtes Leben führen.

Ihr Antrag ist tatsächlich ein Versuch der Neuauflage des DDR-Ehekredits. Altes aus der Mottenkiste ins Heute zu holen, das geht nicht. So einfach ist die Politik heute nicht mehr. Und irgendwie passt es so gar nicht zu den Vorwürfen, die Sie immer gegen DIE LINKE haben.

(Zurufe von Holger Arppe, AfD, und Enrico Komning, AfD)

Denn eigentlich sagen Sie ja immer, dass wir die Vor1990er-Jahre zurückholen wollen. Das machen Sie gerade.

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Die Strukturen haben sich geändert, etabliert und es ist selbstverständlich, dass Frauen – Mütter – einem Beruf nachgehen, und Männer – die Väter – übernehmen Verantwortung in der Familie.

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

Sie grenzen nicht nur Frauen aus, sondern Sie werten auch Männer ab. Männer sind gute Väter und sie wollen nicht mehr die alleinige Verantwortung für das Einkommen haben, denn sie wollen Zeit für die Familie. Männer wollen keine aufopfernde Ehefrau und Mutter, Frauen wollen keine Fremdbestimmung, keine wirtschaftliche Abhängigkeit und keine Unterdrückung.

(Zuruf von Enrico Komning, AfD)

Familien, die sich entscheiden, ihre Aufgaben gerecht zu verteilen, die tun dies heute freiwillig, und das ist auch gut so.

Ihre Weltanschauung, dass homosexuelle Paare kein Recht auf eine eigene Familie mit Kindern haben,

(Vincent Kokert, CDU: Legen Sie sich nicht mit Herrn Arppe an! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

das können wir so nicht akzeptieren. Und Kinder lediglich als Einzahlerinnen in die Sozialkassen zu sehen, als Rentenzahlerinnen, das finde ich unglaublich. Wenn es Ihnen um die Familien gehen würde, dann würden Sie dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen, die Strukturen und die Entwicklungschancen verbessert werden.

(Thomas des Jesus Fernandes, AfD: Das machen wir doch.)

Sie, sehr geehrte AfD-Fraktion, wollen ausschließlich Familien – verheiratet, hetero, deutsch – mit zwei und mehr Kindern fördern. Was für ein Hohn!

(Susann Wippermann, SPD: Was?)

Was ist, wenn gesundheitlich nur eine Geburt möglich ist? Was ist, wenn der Schwede eine Deutsche heiratet?

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Und was ist mit allen anderen Familien? Eine eingeschränkte Erwerbstätigkeit der Mütter, wie Sie sie hervortun, wird zu Verlusten beim Familieneinkommen führen. Wer zahlt das Darlehen dann zurück? Geringverdienerinnen werden sich überschulden, bei Aufstockerinnen wird es wieder angerechnet. Haben Sie das auch bedacht? Dann werden die vielen Tausenden Familien, die heute aufstocken, ein Darlehen zurückzahlen, das sie nicht mal zur Verfügung hatten, weil es nämlich als vorrangige Leistung anzurechnen ist, wie es beim Elterngeld momentan auch ist. Vielleicht hätten Sie sich in den nicht mehr vorhandenen Sozialberatungsstellen beraten lassen sollen. Mist, die sind gar nicht mehr da! Genau dahin gehört nämlich eine Finanzierung, damit Familien ihre Rechte durchsetzen können. Sie geben hier einen völlig falschen Anreiz.

Ihre Annahme, dass sich die Zahl der neugeborenen Kinder seit Jahren auf einem schlechten Niveau bewegt, ist schlicht falsch. Das haben wir heute schon gehört und gestern auch. Es fehlen Wohnungen, Kitaplätze, Freizeiteinrichtungen, Hortplätze, nach Anmeldungen von Kindern, geboren in den letzten Jahren.

Um es noch einmal ganz klar zu sagen, statistisch bekommen Akademikerinnen keine oder wenige und dazu noch sehr spät Kinder. Und hier geht es definitiv nicht um finanzielle Erwägungen, es geht um die Vereinbarkeit von Privat- und Erwerbsleben. Abitur, Studium, Standbein aufbauen, sich durchsetzen und ganz schnell ist man Mitte 30. Akademikerinnen scheuen bedauerlicherweise oft das Kinderkriegen, weil sie danach ausgebremst werden. Während Männer, die Väter sind, wie Helden verehrt werden und genau deshalb die Karriereleiter hochsteigen, bedeutet es für Frauen oft das Aus. Ist ein Vater mehr wert als eine Mutter? Welches Bild vermitteln Sie denn eigentlich?

Und wissen Sie was? Es gibt ganz andere Dinge, die ganz automatisch – ohne viele komplizierte Anträge in Parlamenten – für einen urplötzlichen Babyboom sorgen.

(Enrico Komning, AfD: Na, jetzt aber! – Vincent Kokert, CDU: Super wäre es.)

Denn statistisch gesehen werden die meisten Kinder 40 Wochen nach Stromausfällen,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

nach Fußballweltmeisterschaften und nach großen Kulturevents geboren.

(Tilo Gundlack, SPD: Wir haben Fußballweltmeisterschaft.)