Protokoll der Sitzung vom 19.05.2017

(Karen Larisch, DIE LINKE: Gar nicht.)

Und da kann man eine Stadt wie Rostock nicht vergleichen mit einer kleinen Stadt wie Dassow. Das muss man auch einfach mal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, so weit vielleicht die Einführungsanalyse. Was lässt sich tun? Die Fraktion DIE LINKE hat uns hier einen Vorschlag unterbreitet. Respekt, Frau Oldenburg, Sie schaffen es, einen sehr kleinen Punkt sehr groß darzustellen,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

nämlich die Fahrtkosten der Lehramtsstudierenden

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, so einfach ist das. Es geht ganz einfach.)

zumindest in den Landkreisen Rostock und Vorpommern-Greifswald zu übernehmen. Davon verspricht sie sich ein stärkeres Interesse der künftigen Lehrkräfte am ländlichen Raum. Dadurch, dass wir die Fahrtkosten übernehmen, sollen wir also junge Menschen motivieren, nicht in Rostock ein Praktikum zu machen, sondern beispielsweise in Dassow ein Praktikum zu machen. Das bezweifle ich.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nee, das ist ja Quatsch. In Bützow meine ich, im Landkreis Rostock. Dassow ist nicht im Landkreis Rostock.)

Ich habe nämlich erhebliche Zweifel, ob die Rechnung in dieser Einfachheit aufgeht. Die Motivation, während der Praxisphasen des Studiums oder auch nach dem Studium auf das Land zu gehen, ist eben vielschichtig. Das einfachste Motiv ist dabei immer noch, dass jemand vom Land kommt und gerne dorthin geht beziehungsweise zurückkehrt. Aber es bleibt richtig, wir werden bei der Zusammensetzung der Lehrerschaft auch darauf zu achten haben, dass genügend Landeskinder vertreten sind. Daher muss auch im Land an den Schulen beginnend intensiv für den Lehrerberuf geworben werden, und das tun wir.

Ein ökonomischer Anreiz für Lehramtsstudierende mit geringer Affinität zum ländlichen Raum kann im Einzelfall

helfen, wird aber nicht ausreichen. Gleiches gilt für einen Landbonus bei der Zulassung zum Studium beziehungsweise zum Vorbereitungsdienst, der im Übrigen auch rechtlichen Bedenken begegnet. Nein, hier ist die Politik, hier sind die anderen gesellschaftlichen Verantwortungsträger und hier ist am Ende auch die Lehrerschaft des Landes gefragt, gerade auch den Hinzukommenden die materiellen, aber auch immateriellen Vorteile des Lebens und des pädagogischen oder akademischen Arbeitens auf dem Land in ihrer ganzen Breite zu vermitteln. Nur, wenn dieses Bild, dieses Image positiv ist und dazu offenkundige ökonomische Anreize wie etwa bei der Lehrerbesoldung treten, kann es auf Dauer gelingen, die Unterrichtsversorgung flächendeckend stabil zu halten.

Frau Oldenburg hat es ein bisschen so dargestellt, als ob wir in den letzten Jahren wenig für die Lehrerinnen und Lehrer gemacht hätten.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das habe ich überhaupt nicht gesagt, überhaupt nicht, mit keinem einzigen Wort.)

Ich möchte hier noch mal ganz deutlich sagen, dass ich stolz darauf bin, was die Koalition in der letzten Legislatur geleistet hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, und warum haben wir denn Hunderte freie Lehrerstellen, Frau Hesse, warum?)

Bleiben Sie doch ganz ruhig!

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Weil so viel getan wurde?!)

Bleiben Sie doch ganz ruhig! Nicht aufregen!

Denn die Verbesserung der Rahmenbedingungen war ein großes Gewicht für die Koalition und ist es auch nach wie vor. Ich finde es richtig und wichtig, dass wir den Schritt gegangen sind zu sagen, wir verbeamten die Lehrerinnen und Lehrer, weil das ein ganz entscheidender Wettbewerbsvorteil ist. Wenn man mit den Lehrerinnen und Lehrern spricht, sind sie uns dankbar dafür, dass wir das gemacht haben.

(Thomas Krüger, SPD: Genau so.)

Insofern möchte ich das nicht kleinreden lassen. Ich bin auch stolz darauf, dass wir es geschafft haben, in bestimmten Besoldungsgruppen diese von A12 in eine A13 anzuheben, und ich kündige an, dass ich mich weiter dafür einsetzen werde, dass wir diesen Schritt konsequent fortsetzen, weil das einfach wichtig ist. Gerade auch im Zuge von Inklusion müssen wir unsere Lehrkräfte gut ausstatten und sie entsprechend bezahlen.

(Beifall von vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern ist nicht nur ein Land zum Leben, sondern muss noch stärker als Ganzes ein Land zum Lernen werden. Dies gilt für alle Lebensphasen. Dabei ist es letztlich unerheblich, wo der Bildungsort angesiedelt ist. Dies gilt umso mehr angesichts der wachsenden Möglichkeiten digitaler Bildung, die auch an den Schulen des

Landes eingeführt werden wird. Mit dem Bund sind wir hier in guten, intensiven Gesprächen und ich setze darauf, dass die von Frau Wanka versprochenen 5 Milliarden kommen.

Dessen ungeachtet sind wir jedoch – das will ich auch gar nicht abstreiten – für jede gute Idee dankbar, die zu einer besseren und gleichmäßigeren Unterrichtsversorgung in allen Schularten und -fächern des Landes beiträgt. Daher verwerfe ich das Anliegen der Fraktion der LINKEN nicht prinzipiell, ich habe aber soeben Grenzen aufgezeigt. Einen Landtagsbeschluss im beantragten Sinne halte ich nicht für erforderlich und kann mich daher auch nicht dafür aussprechen, denn – und jetzt kommt es – die Entwicklung im ländlichen Raum hat die Landesregierung schon in ihrer Gesamtheit in den Blick genommen.

So hat sich die Koalition Anfang der Woche darauf verständigt, eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Entwicklung ländlicher Gestaltungsräume in MecklenburgVorpommern einzusetzen. Diese IMAG erarbeitet eine integrierte Strategie zur Entwicklung der ländlichen Räume und setzt diese in Modellregionen exemplarisch um. Dabei werden diverse Handlungsfelder wie zum Beispiel Mobilität, Gesundheit, Kultur und eben auch Bildung betrachtet. Lösungsansätze sowie Unterstützungsansätze und Instrumente werden entwickelt. Sie sehen also, wir haben uns längst auf den Weg gemacht.

Ich halte es auch für richtig, diese komplexe Thematik nicht auf einen einzelnen Punkt wie Fahrtkosten zu reduzieren, sondern viel größer zu denken.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, warum machen wir das nicht?)

Die Landesregierung wird das – und das ist dieses sehr wichtige Thema „Gestaltung der ländlichen Räume“ – nicht mit kurzgedachten Projekten bespielen. Wir sind angetreten, um hier Zukunft zu gestalten, und das werden wir auch tun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

(Minister Harry Glawe: Das war eine Superrede.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Stamer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Antrag hat das Ziel, einerseits Lehramtsstudierende nach dem Vorbereitungsdienst im Land zu halten und andererseits Stellen im ländlichen Raum verstärkt zu besetzen. Als Lösungsvorschlag für dieses Problem werden die Übernahme von Fahrtkosten sowie die Zahlung von Boni für schulpraktische Übungen im ländlichen Raum angeboten, um die Studierenden an die dortigen Schulen heranzuführen und zu binden.

In dem Antrag werden aus meiner Sicht mehrere Probleme miteinander vermischt, die eigentlich nichts direkt miteinander zu tun haben: einerseits das Halten von Lehrern im Land und andererseits die schulpraktischen Übungen. Weiterhin schlagen Sie als Lösungsansatz für

die benannten Probleme die Zahlung von Boni und von Fahrtkostenübernahmen vor, die für die Lösung der Probleme wenig geeignet scheinen. Ich denke, Sie haben die beiden Probleme korrekt identifiziert. Ja, wir müssen mehr Lehrer gerade für den ländlichen Raum gewinnen und ja, die Schulen in den Universitätsstädten können die Anzahl der notwendigen SPÜ nicht ohne Weiteres leisten. Die Probleme und Lösungsansätze sind allerdings vielschichtiger.

Zunächst einmal zur Stärkung des Lehrerberufs im Allgemeinen: Die Notwendigkeit zur generellen Stärkung der Attraktivität des Lehrerberufs ist seit Jahren bekannt und diverse Maßnahmen wurden bereits ergriffen oder sind geplant, wie wir gerade gehört haben. „Eingruppierung in höhere Entgeltgruppen“, „Verbeamtung“, „Qualifikation von Seiteneinsteigern“ sind hier mögliche Stichworte. Jetzt muss man sich die Frage stellen, ob man mit diesen Maßnahmen tatsächlich alle potenziellen Absolventen in den ländlichen Räumen halten kann. Nein, sicherlich gibt es Studierende, für die der ländliche Raum nicht attraktiv genug ist. Da hilft es wenig, wenn er oder sie bereits eine Schule dort kennt. Hier ist es eher notwendig, die ländlichen Räume insgesamt zu stärken, sodass von dort eine Sogwirkung ausgeht. Was hier also hilft, ist ein übergeordnetes Konzept zur Stärkung des ländlichen Raumes, nicht einfach das Übernehmen von Fahrtkosten. Verkehrsanbindungen, Kitas, Freizeitmöglichkeiten, Nahversorger und so weiter sind mögliche Ansätze. Hier möchte ich auf die Forderungen und Projekte des Zentrums für Lehrerbildung verweisen. Die Notwendigkeit zur Stärkung der ländlichen Räume ist der Landesregierung bekannt und daran wird gearbeitet.

Zur Übernahme der Fahrtkosten bei schulpraktischen Übungen: Das Problem ist hier aus meiner Sicht zu undifferenziert betrachtet. Zunächst einmal sollte man zwischen den Arten von schulpraktischen Übungen unterscheiden, geblockte oder nicht geblockte Veranstaltungen. Dann müssen Sie den organisatorischen Aufwand aufseiten der Hochschule betrachten, dann sollten Sie den Aufwand zur Betreuung der SPÜ betrachten, die Fahrtzeiten der Studierenden und der Betreuer sind ebenfalls zu berücksichtigen sowie gegebenenfalls auch die Kosten der Übernachtung, die möglichen Verkehrsanbindungen und so weiter.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Übernachtungen im Landkreis Rostock, wenn ich in Rostock wohne. Die gehen doch nicht zu Fuß, Herr Stamer. Mensch! Also, so was!)

Ja, Moment! Moment, Frau Oldenburg!

Es ist in der Tat so, dass die Organisation der SPÜ Probleme verursacht. Welche Arten von SPÜ gibt es an anderen Universitäten? In der Schulpädagogik ist es beispielsweise üblich, die Besuche in den Schulen im Rahmen des wöchentlichen Pensums der Studierenden zu verankern. Findet die SPÜ in jeder Woche statt, sind die zu erwartenden Fahrzeiten das Problem, nicht vordringlich die Kosten. Die schulpraktische Übung ist hier normal in den Stundenplan eingebettet. Dazu kommen An- und Abreise. Es ist völlig klar, dass Sie an einem Tag einen Studierenden aus Rostock nicht ohne Weiteres in die südlichste Ecke des Landkreises Rostock schicken können. Weitere Veranstaltungen an dem Tag, davor oder danach, werden schwer möglich. Dieses Zeitproblem lässt sich nicht durch Fahrtkostenübernah

men lösen. Ein möglicher Lösungsvorschlag liegt hier eher in der Pflicht der Organisation bei den Hochschulen als beim Ministerium oder beim Landtag. Weiterhin ist schlicht das Vorhandensein eines Autos ein Problem, wenn die Schulen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in zumutbarer Zeit nicht zu erreichen sind.

In der Wirtschaftspädagogik hingegen werden die schulpraktischen Übungen beispielsweise als Blockveranstaltung angeboten. Das heißt, sie besuchen jeden Tag über einen längeren Zeitraum eine Schule. Dies führt wiederum zu ganz anderen Herausforderungen. Fahrtkosten fallen auch hier nicht unbedingt ins Gewicht, da sie einmalig zur An- und Abreise auftreten, Kosten der Übernachtung allerdings sehr wohl. Dies führt dazu, dass Studierende ihr Praktikum und ihre SPÜ dort absolvieren, wo Freunde, Verwandte oder Bekannte wohnen.

Wie bereits gesagt, erkenne ich die Probleme teilweise an, halte aber die Ursachenanalyse und den Lösungsansatz für zu kurz gegriffen. Studierende werden nicht durch die Übernahme von Fahrtkosten dazu ermutigt, SPÜ im ländlichen Raum zu absolvieren oder nach dem Referendariat dort eine Stelle anzutreten, wenn die weiteren Rahmenbedingungen nicht stimmen. Abhilfe schafft nur ein übergeordneter Ansatz zur Stärkung der Attraktivität der ländlichen Räume.

Sie picken hier ein einzelnes Problem heraus

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Indem man ganz viele Fliegen mit einer Klappe schlagen kann.)

und schlagen eine beliebige Lösung vor, wohl wissend, dass das Problem nicht isoliert zu betrachten ist und auch nicht isoliert gelöst werden kann.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ein einziges Moment und alles kann gelöst werden, Herr Stamer! Aber davon muss man Ahnung haben.)

Daher halte ich diesen Antrag für zu undifferenziert und bitte Sie, den Antrag abzulehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)