Protokoll der Sitzung vom 12.07.2017

(Martina Tegtmeier, SPD: Das ist in der Kommunalverfassung so vorgeschrieben.)

Es ist nicht vorgeschrieben. Es gibt Gemeinden, die machen das. Ich wohne in so einer. Es gibt aber viele, die machen das erst nach der konkreten Auftragsvergabe, und dann ist es in der Regel zu spät. Es ist so explizit nicht vorgeschrieben. Oder wir können feststellen, dass es so ist. In dem Fall handeln aber viele rechtswidrig. Das muss man dann auch dazusagen.

(Martina Tegtmeier, SPD: Ja, das stimmt.)

Der zweite Fall, den wir uns angucken wollen, sind wirtschaftliche Härten, Ungerechtigkeit, man kann auch sagen, mehr Billigkeitsgründe einführen, sodass dort, wo es zu extremen Härten kommt – das ist sehr schwierig, weil das nach dem Einkommenssteuergesetz funktioniert und die Hürden für solche Billigkeitsregelungen heute sehr hoch sind –, wir uns vorstellen können, diesen Katalog wie auch in anderen Ländern zu erweitern.

Ein dritter Punkt, den wir prüfen wollen und uns vorstellen können, ist, dass wir den Katalog der Straßenkategorien erweitern, dass Sachen wie starke touristische Nutzung oder starke öffentliche Nutzung hinzukommen, sodass die Gemeinden mehr Möglichkeiten haben – jetzt sind es, glaube ich, drei oder vier Kategorien, in die man diese Straßen einteilen kann –, diese Straßen anders einzuteilen.

Das sind die Sachen, die wir aus der Diskussion mitgenommen haben, die wir in der weiteren Diskussion im Innenausschuss und dann irgendwann auch hier im Landtag mit befördern wollen. Wir glauben, dass es der falsche Weg wäre, auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten, weil das dazu führen könnte, dass es nur noch zu wenigen Investitionen bei uns im Land kommt. Aber auch wir wollen das gerne weiterentwickeln. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall Ann Christin von Allwörden, CDU)

Danke, Herr Abgeordneter.

Ich erteile das Wort Herrn Grimm für die Fraktion der AfD.

Ja, wir sitzen hier heute zum zweiten Mal zusammen und beraten …

Herr Abgeordneter, …

Oh, Entschuldigung!

… ich bitte Sie um die Begrüßungsformel.

Pardon! Pardon! Das war nicht so gemeint.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: Kann passieren.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Bürger! Wir sitzen hier jetzt zum zweiten Mal zusammen und beraten über diese Thematik. Zum ersten Mal war das, glaube ich, am 5. April, und in dieser Zeit ist nicht etwa nichts passiert, sondern es hat sich etwas getan.

Dankenswerterweise hat die Partei DIE LINKE eine Expertenanhörung beantragt, und diese hat zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Im Endergebnis: Es wurden sieben Quellen zu ihrer Auffassung befragt. Von diesen sieben Quellen haben sich vier gegen die Abschaffung der Pflicht zur Erhebung der Straßenausbaubeiträge geäußert und im Ergebnis waren nur zwei dafür. Eine dritte Meinung, die des Herrn Professors Marcus Arndt, vermag ich ehrlich gesagt nicht einzuschätzen. Es wird Ihnen vielleicht genauso gehen. Da kann man nicht sagen, dass das Plus oder Minus war.

Ich habe versucht zusammenzutragen, was die Meinungen argumentativ dargelegt haben, die sich gegen die Abschaffung der Pflicht zur Erhebung der Straßenausbaubeiträge gerichtet haben. Übereinstimmend war das eine Merkmal zu finden, wie bitte soll das gegenfinanziert werden, denn man müsste, so die Forderung, Steuern, und zwar kommunale Steuern erhöhen, um den Ausgleich wiederherzustellen. Wenn das so ist, wenn das das Hauptargument ist, dann stellt sich mir die Frage: Wie ist die steuerliche Situation hier in Deutschland derzeit? Die wird dadurch gekennzeichnet, dass Deutschland zunächst mal das Höchststeuerland Nummer zwei, und zwar global, ist. Direkt hinter Belgien stehen wir. Das hat die OECD so festgestellt. Weitere Steuererhöhungen sind unterwegs und geplant. Es geht etwa um die europäische Börsenumsatzsteuer. Wir alle wissen, dass die Pkw-Maut auch kommen soll. Es geht also munter weiter bei der Belastung unserer Bürger. Hier scheint mir der Hase im Pfeffer zu liegen, denn wir müssen doch davon vielleicht mal wegkommen und anfangen, den Bürger zu entlasten, und da sehe ich den Verzicht auf Straßenausbaubeiträge als eine sehr gute Möglichkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Es ist auch nicht so, dass uns Steuereinnahmen irgendwo fehlen. Die Steuereinnahmen sprudeln wie nie zuvor. Wir haben allzeit Höchststände bei den Steuereinnahmen. 2016 sind es 684 Milliarden. Für 2017 rechnet man mit 707 Milliarden. Was will ich Ihnen damit sagen? Ich will Ihnen sagen, Deutschland hat kein Steuereinnahmeproblem. Wir haben kein Problem auf der Einnahmeseite. Also haben wir das Problem ganz offenbar auf der Ausgabenseite. Da sollten wir vielleicht mal näher hinschauen. Dabei fällt mein Blick auf die von Ihnen so geliebten ideologischen Großprojekte, die ich mal kurz zusammenzähle: Euro, die EU des Herrn Juncker, die Energiewende, die offenen Grenzen, die Inklusion.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Mensch, bis eben war die Rede nicht verkehrt, aber jetzt haben Sie wieder alles eingerissen.)

All das sind …

Ja, Herr Ritter, das müssen Sie sich von mir anhören und das hat auch gar nichts mit Wahlkampf zu tun.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, es ist schade, aber es hat mit dem Thema nichts zu tun.)

Wo Sie schlechte Politik machen, da halten wir Ihnen das dann auch mal vor.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Bis eben war die Rede gar nicht schlecht, habe ich gesagt. – Torsten Renz, CDU: Herr Ritter, sind Sie jetzt schon in Regierungsverantwortung?!)

Ja, ist ja gut. Ich habe das verstanden.

Es ist auch so, dass wir in Deutschland den größten Niedriglohnsektor haben in Europa. 25 Prozent ist der Anteil der Niedriglöhne hier in Deutschland. Ja, das ist alles auch mit das Werk vor allem der Parteien, die in der Regierungsverantwortung stehen. Auch Rentner zahlen Steuern. Unsere Rentner werden sehr schlecht behandelt. Wir haben das höchste Renteneintrittsalter in Europa und den niedrigsten Rentensatz.

(Torsten Renz, CDU: Rentenalter absenken?!)

Schließlich sind wir Deutschen auch nicht etwa mit dem höchsten Pro-Kopf-Vermögen in Europa gesegnet,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Laut der AfD sollen wir doch länger arbeiten! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

sondern wir befinden uns ziemlich weit hinten. Auch das gilt es zu beachten. Und da wollen Sie den Bürgern weiter diese Straßenausbaubeiträge zumuten? Ich finde, das sollte man infrage stellen.

Ich wundere mich übrigens, das jetzt wieder an die Adresse von Herrn Ritter: Sie sagen, Sie sehen selbst Handlungsbedarf. Ja, aber warum handeln Sie dann nicht?

(Torsten Renz, CDU: Weil er handlungsunfähig ist. – Peter Ritter, DIE LINKE: Wir haben doch gehandelt.)

Ich habe von Ihnen bisher überhaupt nichts gesehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir machen das, wie in der parlamentarischen Reihenfolge vorgesehen. Wir leiten ein Expertengespräch ein, ziehen daraus unsere Schlussfolgerungen und leiten dann ein Gesetzgebungsverfahren ein.)

Zu dem Argument Gleichbehandlungsgrundsatz von Frau Tegtmeier, den sie angeführt hat: Das kann es nicht sein, weil es gibt verschiedene Bundesländer, die genau so eine Regelung haben, wie wir sie jetzt beantragt haben.

(Martina Tegtmeier, SPD: Das bezog sich auf die Gemeindeordnung in Mecklenburg-Vorpommern, ein Ergebnis des Expertengespräches.)

Ich denke an Thüringen, wo sogar die SPD, DIE LINKE und DIE GRÜNEN beteiligt sind. Ich denke an Sachsen, Niedersachsen, das Saarland und neuestens übrigens auch Schleswig-Holstein. Die haben es zumindest in ihren Koalitionsvertrag geschrieben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Da können wir erwarten, dass die das genauso in die Wege leiten, wie wir das jetzt hier beantragt haben.

Dann möchte ich sagen, hier ist offenbar eine Unsicherheit bei den Rechtsmeinungen eingekehrt. Gucken Sie sich bitte mal Paragraf 50 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung an! Ich lese den so, dass wir in der Zweiten Lesung immer noch in einen Ausschuss verweisen können. Wenn hier eine andere Rechtsmeinung herrscht, müsste vielleicht das Präsidium da mal einen Hinweis erteilen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Lesen Sie mal Paragraf 50 (4) GO LT!)

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Lesen Sie mal 50 (4)!)

Danke, Herr Abgeordneter.

Ums Wort gebeten hat noch mal Frau Tegtmeier für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Grimm, Sie haben hier so viel vermengt, was man eigentlich nicht vermengen kann, jedenfalls nicht zu diesem Thema. Was ich zum Gleichbehandlungsgrundsatz gesagt habe, das hatte ich zitiert. Das war nicht meine Meinung, sondern ich hatte mit Erlaubnis der Präsidentin vom Bürgermeister aus Grevesmühlen einige Passagen zitiert.

Herr Reinhardt, was Sie hier vorgetragen haben, freut mich sehr. Ich hätte mir das gar nicht gewagt, nachdem ich den Arbeitsplan des Innenministers kenne, das Kommunalabgabengesetz noch zusätzlich aufzunehmen. Das finde ich sehr gut, weil wir haben auch die eine oder andere Idee, die sich aus dem Expertengespräch ergeben hat.

Ich möchte auch noch einen Satz zu Herrn Ritter sagen. Herr Ritter, Sie haben die Tatsache, dass die Gemeinden Beiträge erheben, damit in Verbindung gebracht, dass die Finanzausstattung wohl nicht ganz stimmen könnte. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, weil ich habe vorhin aus dem Artikel 28 Grundgesetz in Teilen zitiert. Darin steht aber nicht nur, dass „den Gemeinden das Recht gewährleistet sein (muß), alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigner Verantwortung zu regeln“, sondern darin steht genauso, dass „die Gewährleistung der Selbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen