Es war mir ein besonderes Anliegen, die Träger von Kindertageseinrichtungen mit ins Boot zu nehmen und sie mit diesem zusätzlichen Angebot zu unterstützen. Nur wenn Träger in die Lage versetzt werden, sich ihr künftiges Personal selbst auszusuchen und durch die hohe Praxisnähe während der Ausbildung an die Einrichtung zu binden, können wir Fachkräfte gewinnen, die sich mit ihrer Kita identifizieren und gern und lange in der Einrichtung verweilen. So tragen wir zur Beschäftigungsstabilität bei.
Gute Arbeitsbedingungen bieten wir auch auf einem anderen Gebiet. Wir sind mit einer Quote von 62 Prozent das Bundesland, in dem es in überdurchschnittlich vielen Kitateams unbefristete Arbeitsverhältnisse gibt. Sehen Sie sich das aktuelle „Fachkräftebarometer 2017“ des Deutschen Jugendinstituts „Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte“ an und Sie stellen fest, Mecklenburg-Vorpommern liegt hier auf Platz 1. Außerdem stehen wir auf dem Treppchen mit Platz 3, was die Leitungskräfte in den Kindertageseinrichtungen anbelangt. Das ist es, was wir mit dieser dualorientierten Ausbildung fortsetzen und im Sinne einer kontinuierlichen Qualitätsbewahrung und Qualitätssteigerung in unsere Jüngsten investieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, die öffentliche Anhörung im Sozialausschuss hat zwei Dinge sehr deutlich gemacht: Der gerade in den Ruhestand verabschiedete Leiter des Diakonischen Werkes Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzende der LIGA, Herr Landespastor Scriba, hat es vorgerechnet. Die Finanzierung der neuen Ausbildung belastet weder die Eltern noch die Gemeinden. Mit der für die drei Jahre der Ausbildung erfolgenden Anrechnung auf den Fachkraft-Kind-Schlüssel wird ein kleiner Überschuss erwirtschaftet, der den Trägern zur Verfügung steht, um den Anleiterinnen und Anleitern in den Kitas eine entweder finanzielle oder zeitliche Abgeltung zur Verfügung zu stellen.
Ich darf aber auch an die Ausführungen von Herrn Professor Kliche in der öffentlichen Anhörung erinnern, der aufgrund seiner Evaluierung des Modellvorhabens in Sachsen-Anhalt die Win-win-Situation für Auszubildende und Mentorinnen und Mentoren und damit für die Qualität in der Kindertageseinrichtung hervorgehoben hat.
Mit 23 Prozent Männern in der Ausbildung zum Erzieher stehen wir ebenfalls auf Platz 3 im Bundesdurchschnitt und sind damit auf einem guten Weg, die von einigen immer noch stereotyp als typischen Frauenberuf bezeichnete Ausbildung breiter aufzustellen. Mit der neuen Ausbildung gehen wir noch weiter. Wir werden den Männeranteil weiter erhöhen, da bin ich mir ganz sicher.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich auf die vom Sozialausschuss nach Anhörung der Expertinnen und Experten beschlossenen Änderungen noch einmal besonders eingehen.
Der gesetzliche Rahmen für die neue Ausbildung ist das eine, die Umsetzung in der Praxis das, was gemeinsame Verantwortung bedeutet. Mit diesem Gesetzentwurf gelingt eine moderate Ausdehnung des Fachkräftekataloges, ohne das Niveau unserer Fachkräfte in der Kindertagesförderung aufzugeben, wie es andere Bundesländer
getan haben. Deshalb freue ich mich, dass im Einverständnis mit den Trägern der Einrichtungen, aber auch mit den Gewerkschaften eine kindheitspädagogische Grundqualifizierung im Umfang von mindestens 250 Stunden sowie ein Praktikum in einer Kindertageseinrichtung im Umfang von acht Wochen vorausgesetzt wird, bevor die neu hinzugekommenen Kräfte tätig werden dürfen. Diese Qualitätssicherungsmaßnahme ist wichtig, wenn künftige Kitafachkräfte nicht aus den klassischen Berufsfeldern kommen, sondern etwa Logopädinnen und Logopäden oder Kinderkrankenpflegerinnen und Kinderkrankenpfleger künftig die Multiprofessionalität in unseren Kindertageseinrichtungen bereichern werden.
Mir ist es wichtig, dass der Einsatz von Assistenzkräften und der neuen Auszubildenden 25 Prozent des in der Kindertageseinrichtung insgesamt tätigen Personals grundsätzlich nicht übersteigen soll. Das mag insbesondere für kleinere Einrichtungen hier im Land eine gewisse Hürde bedeuten, im Sinne der Qualitätssicherung, das hat die Diskussion um die neue Ausbildung noch einmal sehr deutlich bestätigt, ist diese Quote aber erforderlich. Also 75 Prozent des pädagogischen Personals werden auch weiterhin Fachkräfte im Sinne unseres bisher geltenden Fachkräftegebots sein.
Auf Wunsch vieler Akteure wurde vom Sozialausschuss vorgeschlagen, die Anrechnung der neuen Auszubildenden auf den Fachkraft-Kind-Schlüssel nach Ausbildungsjahren zu staffeln. Das ist aus meiner Sicht ein gutes Signal, denn es spiegelt den Kompetenzzuwachs der Auszubildenden wider.
Das auf zwei Jahre angehobene Verbot, eigenverantwortlich in einer Gruppe tätig sein zu dürfen, wird nicht in jedem Einzelfall den Befähigungen und den Kompetenzen der Auszubildenden gerecht werden, denn ich bin mir sicher, dass insbesondere Quereinsteiger, die wir mit dieser neuen Ausbildung ebenfalls ansprechen wollen, auch schon früher befähigt sein können. Im Sinne einer einheitlichen Regelung im ganzen Bundesland kann ich aber solch einer Regelung sehr gut zustimmen.
Ich bin froh, dass Landesregierung und Landtag die Tarifparteien dabei unterstützen, die Beschäftigungsbedingungen im Kindertagesstättenbereich verbindlich zu vereinbaren. Der Sozialausschuss hat eine Entschließung der Koalitionsfraktionen angenommen, die ausdrücklich beinhaltet, dass die Staatlich anerkannte Erzieherin und der Staatlich anerkannte Erzieher und die Staatlich anerkannten Erzieher/-innen für 0 bis 10Jährige gleichwertig sind. Das ist ein klares politisches Signal für gleiche Gehälter für gleiche Arbeit.
Ich habe von Anfang an gesagt, dass es für mich überhaupt nicht nachvollziehbar ist, warum die Absolventen der neuen Ausbildung für die gleiche Tätigkeit in der Kita schlechter bezahlt werden sollten. Die Gleichwertigkeit der klassischen Staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erzieher und der Absolventen der neuen Ausbildung wird jetzt auch durch die Bezeichnung als „Staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher für 0- bis 10-Jährige“ betont. Mit all diesen Maßnahmen stärken wir die Position der Gewerkschaft in ihren künftigen Verhandlungen zur Durchsetzung einer entsprechenden tariflichen Eingruppierung – gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein Weiteres wird mit der vorliegenden Entschließung von den Fraktionen der
SPD und CDU auf den Weg gebracht. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die ersten Auszubildenden ihre Ausbildung abschließen, soll eine Regelung geschaffen werden, die es den Staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern für 0- bis 10-Jährige ermöglicht, sich weiterzuqualifizieren und berufsbegleitend den klassischen Abschluss als Staatlich anerkannte Erzieherin und Erzieher, also für 0- bis 27-Jährige, zu erwerben. Damit kommen wir häufig erhobenen Forderungen nach, indem wir für die neuen Fachkräfte eine Option eröffnen. Ich vertraue darauf, dass sich eine solche Durchlässigkeit zwischen den Ausbildungen bewähren wird. Diejenigen, die ihre Profession schon heute darin sehen, mit älteren Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, werden auch weiterhin die klassische Erzieherausbildung wählen.
Sehr geehrte Damen und Herren, und zu guter Letzt: Bereits jetzt bin ich aus zahlreichen anderen Bundesländern auf unsere neue Ausbildung angesprochen worden. Vorgestern tagte erstmals eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Fachkräftegewinnung Erzieherinnen und Erzieher“. Das Thema wird bald alle Bundesländer intensiv beschäftigen. Wir sind mit unserer Gesetzesänderung da schon einen entscheidenden Schritt weiter und festigen damit unsere Spitzenposition in der Kindertagesförderung. In naher Zukunft wird es zu länderübergreifenden Verhandlungen über die gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse der Erzieherinnen und Erzieher für 0 bis 10 kommen. Ich bin mir sicher, unsere Fachkräfte von morgen werden dann mit einigem Aufwand von anderen Bundesländern umgarnt. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam daran arbeiten, dass die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in der Kindertagesförderung Mecklenburg-Vorpommern auch künftig auf dem Treppchen oben stehen! Ich jedenfalls beglückwünsche die aktuell rund 100 für die neue Ausbildung angemeldeten zukünftigen Auszubildenden zu ihrer interessanten, hochwertigen Ausbildung. Ich wünsche ihnen viel Freude an der Arbeit mit unseren Kindern. Sie haben einen tollen Beruf mit Zukunft gewählt und werden darauf gut vorbereitet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kollegen! Lassen Sie mich mit der Feststellung beginnen, das zumindest in der Analyse des Problems wohl zwischen allen Fraktionen Einigkeit besteht. Wir sind uns alle einig, dass dem Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung eine enorme Bedeutung zukommt, weil unter anderem hier die Grundlagen für die weitere Entwicklung unserer Kinder gelegt werden. Wir sind uns alle einig, dass zur Erfüllung dieser enorm wichtigen Aufgaben ausreichend und vor allem bestens qualifiziertes Personal notwendig ist. Drittens sind wir uns wohl auch darin einig, dass den über 11.000 pädagogischen Fachkräften in den verschiedenen Einrichtungen unser großer Dank für ihre tägliche Arbeit mit unseren Kindern gebührt.
Unstrittig ist allerdings auch die große Herausforderung, denn in absehbarer Zeit wird mehr als ein Viertel dieser
Fachkräfte in Rente gehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegen, in allen Teilen Mecklenburgs und Vorpommerns fehlen uns jetzt schon Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen und damit ist die angestrebte Qualität bei der Betreuung und Erziehung nicht mehr gewährleistet. Wie sieht nun die heute vorgelegte Antwort der Koalitionspartner auf diese Probleme und Herausforderungen aus?
Angesichts des heutigen und vor allem zukünftigen Bedarfs an Fachkräften für die Betreuung und Erziehung unserer Kinder ist es absolut richtig, sich über die Gewinnung zusätzlicher Interessenten und hoffentlich auch Absolventen in diesem Beruf Gedanken zu machen. Der Entwurf von SPD und CDU sieht daher vor, mit einem neuen Ausbildungsgang zum Staatlich anerkannten Erzieher für 0- bis 10-Jährige zusätzliche Anreize zu schaffen. Zu diesen Anreizen zählen insbesondere die auf drei Jahre verkürzte Ausbildungszeit sowie die Zahlung einer Ausbildungsvergütung.
Gleichzeitig soll durch die Aufnahme weiterer Berufsgruppen in die Liste der Fachkräfte kurzfristig für Entspannung gesorgt werden.
Aber Ihr Gesetzentwurf ist eine Mogelpackung! Sie gehen davon aus, dass mittelfristig die bisherige vierjährige Ausbildung an der Fachschule komplett ersetzt wird durch die neue Schmalspurausbildung. Ich muss leider das Wort der LINKEN gebrauchen.
So werden Sie die Gesamtzahl an Erziehern in den nächsten Jahren nicht erhöhen, sondern nur für die Verschiebung in die bezahlte, aber zweitklassige Ausbildung sorgen. Die Folge davon ist eine weitere Absenkung der Qualität. Einerseits betonen Sie die große Bedeutung der frühkindlichen Bildung und andererseits verkürzen Sie die Ausbildung für diese Fachkräfte um ein Jahr. Gleichzeitig öffnen Sie das Feld der Betreuung unserer Kinder für neue Berufsgruppen, die teilweise über 3.000 Stunden pädagogischer Fachausbildung weniger haben als solide ausgebildete Erzieher. Aber diese Fachkräfte nach Definition statt nach Kompetenz sollen nicht auf Tische und Stühle aufpassen, sondern auf unsere Kinder.
Liebe Kollegen von der SPD und der CDU, Sie produzieren mit Ihrem Gesetzentwurf ein Zweiklassensystem von Erziehern und machen damit Mecklenburg-Vorpommern zu einem Billigland.
So werden wir niemals gleiche Arbeitsbedingungen in Ost- und Westdeutschland bekommen, zumal die bundesweite Anerkennung des Abschlusses noch absolut fraglich ist. Wenn Sie viel Glück haben, bringen Sie vielleicht noch einige Azubis oder Hilfskräfte oder Assistenzkräfte mehr in die Kitas, aber Sie bringen nicht mehr hochklassig ausgebildete Fachkräfte in die Einrichtungen,
Mit der immer weiteren Ausdehnung der Berufsgruppen, die Sie zur elementaren Betreuung und Bildung unserer Kinder einsetzen wollen, weichen Sie das Fachkräftegebot so lange immer weiter auf, bis dieser Damm der Qualitätssicherung irgendwann mal bricht.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas Grundsätzliches sagen: Diese Art von Gesetzgebung im Schnellverfahren ist kein gutes Argument für Demokratie und ihre Gepflogenheiten.
Wenn politische Verantwortung bedeutet, wichtige Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen, sich intensiv Gedanken zu machen über mögliche Lösungen
(Torsten Renz, CDU: Hatten Sie nicht ausreichend Zeit zur Beratung? – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)
und dann zielgerichtet sinnvolle Entscheidungen zu treffen, dann sieht Ihre Bilanz trübe aus: erst zu lange gewartet und dann ein schlecht durchdachter Schnellschuss. Haben Sie doch einmal den Mut und schaffen Sie sofort das Schulgeld ab! Zahlen Sie stattdessen einem angehenden Erzieher eine angemessene Ausbildungsvergütung! Bevor Sie sich wieder aufregen, darf ich Sie daran erinnern, dass Frau Schwesig uns schon 2012 als Sozialministerin erzählt hat, dass die Landesregierung dieses Thema schon seit Jahren auf der Tagesordnung hat.
Noch eine Bemerkung zu den LINKEN: Ich empfinde es als schizophren, dass Sie gegen eine sinnvolle Änderung der AfD stimmen, die Sie selbst mal auf der Tagesordnung hatten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, geschätzte Kollegen, das Ziel, zusätzliche Erzieher für MecklenburgVorpommern zu gewinnen, ist notwendig und sinnvoll, aber auf keinen Fall durch die Absenkung der Anforderungen und der Ausbildungsqualität. Es geht immer wieder um die Frage, wie wir junge Menschen dauerhaft für Mecklenburg-Vorpommern begeistern und gewinnen.