Protokoll der Sitzung vom 13.07.2017

Wir müssen natürlich auch mit der kommunalen Ebene reden, wenn kein Schwimmangebot zur Verfügung steht, sei es, wenn die Beförderung oder die Kostenübernahme nicht erfolgen und wenn keine entsprechenden Schwimmsportstätten zur Verfügung stehen. Es gibt aber auch einige Schulen, die das kompensieren, indem sie in den Ferien entsprechende Kurse anbieten. Dort sind natürlich die Kommunen in der Pflicht. Aber ich möchte umgekehrt ebenso sagen, ich danke jeder Kommune, die diese Pflicht wahrnimmt, die eine entsprechende Schwimmstätte vorhält und die auch entsprechend die Kosten übernimmt. Diesen Dank, finde ich, muss man an dieser Stelle auch mal ausbringen, weil das für Schulträger eine Herausforderung ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich möchte das jetzt noch mal zusammenfassen.

Liebe Frau Friemann-Jennert, sehen Sie es mir nach, dass ich selbst ein bisschen emotionaler geworden bin, weil das ein Thema ist, was mich persönlich sehr bewegt und wo ich auch vieles erreicht habe, aber auch noch machen möchte.

Frühes Schwimmenlernen ist ein wichtiges Ziel und das müssen alle betroffenen Ressorts im Blick haben. Schulschwimmen alleine ist nicht das Instrument, um das zu erreichen. Nicht nur die Politik ist jetzt gefragt, sondern auch die Eltern sind gefragt.

(Maika Friemann-Jennert, CDU: Und deswegen ist es auch deplatziert.)

Die öffentliche Hand muss dafür Sorge tragen, dass überhaupt die Voraussetzungen vorliegen, dass wir schwimmen lernen können. Insofern,

(Vincent Kokert, CDU: Mensch, dann ist ja alles in bester Ordnung, dann brauchen wir uns ja gar nicht zu kümmern!)

insofern, lieber Vincent Kokert, sehe ich das als eine gemeinsame Aufgabe an.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, wir auch. Das hätten wir gerne gemeinsam gemacht, hat nicht geklappt.)

Aber ich möchte trotzdem deutlich machen, dass die drei Ressorts – Bildungsministerium, Sozialministerium und Wirtschaftsministerium – sehr viel erreicht haben, und das darf auch nicht negiert werden. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Matthias Manthei für die Fraktion der AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im vergangenen Monat hat das Meinungsforschungsinstitut forsa erschreckende Zahlen vorgelegt: „59 Prozent“ der Grundschüler „sind keine sicheren Schwimmer“. Die Deutsche LebensRettungs-Gesellschaft stellt fest: „Die Schwimmfähigkeit der Kinder im Grundschulalter ist … ungenügend.“

(Vincent Kokert, CDU: Wir haben gerade gehört, es ist alles in Ordnung.)

„Nur 40 Prozent“ der Kinder in dieser Altersgruppe „besitzen … ein Jugendschwimmabzeichen“.

Es ist sicher Konsens, dass möglichst viele Kinder schwimmen lernen sollten. Es geht hierbei, die Kollegin von der CDU, Frau Friemann-Jennert, hat es erläutert, zuallererst darum, ein Ertrinken zu verhindern. Das gilt vor allen Dingen bei uns in Mecklenburg-Vorpommern mit unserem Wasserreichtum. Aber auch sichere Schwimmer können ertrinken. Es ist so, dass das Schwimmenlernen einen viel weitreichenderen Aspekt hat. Jeder Rettungsschwimmer weiß, dass ein Tod im Wasser auf vielerlei Gründen beruhen und auch gute, sichere Schwimmer treffen kann. Ursachen können ein Versinken im Wasser bei plötzlicher Bewusstlosigkeit, etwa nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, sein. Ich behaupte sogar, dass in der Regel die Personen, die ertrinken, durchaus Schwimmer sind. Das ist jedenfalls meine praktische Erfahrung, da ich seit vielen Jahren selbst aktiver Rettungsschwimmer bin.

Nein, beim Schwimmenkönnen geht es auch darum, Kindern zahlreiche wertvolle Möglichkeiten in ihrem Leben zu eröffnen, sei es beim aktiven Wassersport oder bei sonstigen Freizeitaktivitäten, wie dem Besuch im Schwimmbad oder dem sicheren Aufenthalt am Meer oder am See.

Die Wasserrettungsvereine und alle Schwimmvereine rekrutieren den Rettungsschwimmer- und Übungsleiternachwuchs aus Kindern, die das Schwimmen früh sicher gelernt und dann ausgebaut haben. Wer früh an das Beherrschen der Schwimmfähigkeiten herange

führt wird, mag sich auch später eher für eine Rettungsschwimmer- beziehungsweise Übungsleiterausbildung interessieren.

Kinder lernen von ihren Eltern. Wenn die Eltern aber schon keine sicheren Schwimmfertigkeiten besitzen, werden sie im Zweifel ihren Kindern auch ein ängstliches Gefühl vor dem Wasser vermitteln. Es droht eine Kettenreaktion. Ich werde nachher noch mal darauf eingehen, was die Frau Bildungsministerin Hesse gesagt hat, dass sie da die Verantwortung von ihrem Ministerium abwälzen will,

(Birgit Hesse, SPD: Habe ich nicht gesagt!)

zum Beispiel in erster Linie auf die Eltern.

(Birgit Hesse, SPD: Habe ich nicht gesagt!)

Aber es ist ein Problem, dass dann eine gewisse Kettenreaktion droht,

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

wenn sie generell in der Schule keinen ausreichenden Schwimmunterricht anbieten.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Darauf komme ich gleich noch mal zurück. Das kann ich sagen, ich bin selbst aktiver Rettungsschwimmerausbilder. Das ist meine Erfahrung. Das müssen Sie mir mal so glauben, dass das nicht so einfach geht, dass man sagt, Eltern, macht ihr mal, und wir als Schule, wir bitten und danken mal den Kommunen. Ich komme darauf gleich noch mal zurück.

Letztlich trägt ein frühzeitig verpflichtender Schwimmunterricht zur finanziellen Entlastung der Eltern bei. Nicht alle Eltern können die finanziellen Lasten eines Schwimmkurses tragen. Auch ist zu beachten, dass ein Schwimmkurs mit erheblichen zeitlichen Belastungen für die Eltern verbunden ist und dass es erhebliche Kapazitätsprobleme gibt. Sie bekommen, wenn sie sich für Schwimmkurse anmelden, nicht immer sofort oder in unmittelbarer Zeit einen Platz in dem Schwimmkurs, wo sie es wünschen.

Doch erst einmal zur entscheidenden Frage: Wann schwimmt jemand sicher? Das Wichtigste vorab: Wer die „Seepferdchen“-Prüfung absolviert hat, ist garantiert noch kein sicherer Schwimmer. Nach der forsa-Untersuchung haben 77 Prozent der Grundschüler das „Seepferdchen“ absolviert. Es ist tatsächlich so, dass sie das „Seepferdchen“ von der motorischen Entwicklung der Kinder her problemlos bereits im Kindergartenalter machen sollten. Das hat für die Frage der Grundschüler nicht so viel zu bedeuten. Da sollte es ein anderes Ziel sein. Da sollte es das Ziel sein, die Kinder zu sicheren Schwimmern zu machen. Der „Seepferdchen“-Kurs – das gehört zur Entwicklung der Kinder – sollte im Idealfall regelmäßig schon im Kindergartenalter absolviert werden.

(Beifall Holger Arppe, AfD: Richtig.)

Das „Seepferdchen“-Zeugnis hat die Aufgabe, das Kind zu motivieren, ein sicherer Schwimmer zu werden. Beim „Seepferdchen“ muss das Kind lediglich einmal vom Beckenrand ins Wasser springen und 25 Meter schwim

men. Jeder, der das selbst als Vater erlebt hat, wenn er sein Kind da rüberschwimmen sieht, denkt, na ja, hoffentlich kommt es irgendwie an. Mit Schwimmen hat es relativ wenig zu tun, sage ich mal. Das ist so, dass sie sich eine Weile über Wasser halten und den Beckenrand erreichen. Das „Seepferdchen“ ist eine gewisse Wassergewöhnung, eine Vorbereitung auf einen richtigen Schwimmkurs, mehr ist das nicht. Zusätzlich müssen die Prüflinge einmal einen Tauchring mit den Händen aus schultertiefem Wasser heraufholen, schultertief aus Sicht des Prüflings.

Die Definition für sicheres Schwimmen muss man nicht erfinden. Die gibt es längst von den Fachverbänden wie dem Deutschen Schwimmverband, der DLRG oder der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes. Sicher schwimmen kann, wer die Voraussetzungen des deutschen Jugendschwimmabzeichens Bronze, des sogenannten Freischwimmerzeugnisses, erfüllt. Ein Schwimmer muss hierfür insbesondere 200 Meter in höchstens 15 Minuten schwimmen können und einmal einen Tauchring aus etwa zwei Metern Tiefe heraufholen.

Gerade heute früh habe ich eine Antwort auf meine Kleine Anfrage auf den Tisch bekommen, nach der von der Bildungsministerin angekündigt wird, dass, ich zitiere, „in Zukunft“, Zitatende, tatsächlich mal eine Definition für sicheres Schwimmen in den Lehrplan aufgenommen werden soll.

Das ist natürlich sehr schön. Es stellen sich zwei Fragen:

Erstens. Warum ist das nicht längst geschehen,

(Tilo Gundlack, SPD: Steht im Rahmenplan!)

denn die Definition gibt es seit vielen, vielen Jahren?

Zweitens. Wann soll dieses „zukünftig“ eigentlich sein?

Vielleicht kann die Frau Bildungsministerin dazu heute noch nähere Auskunft geben.

Doch das Bildungsministerium des Landes MecklenburgVorpommern – Frau Hesse hat zutreffend darauf hingewiesen – setzt das sichere Schwimmen derzeit nicht als Lernziel fest. Es ist einfach nur im Rahmenplan enthalten, dass das Schwimmenkönnen,

(Birgit Hesse, SPD: Ein Rahmenplan definiert ein Ziel!)

das Schwimmenkönnen ein Lernziel ist.

Genau, im Rahmenplan ist definiert, dass das Schwimmenkönnen ein Lernziel ist bis zum Ende der vierten Jahrgangsstufe. Aber wann kann jemand schwimmen? Wir haben bei jeder Sportart gewisse Definitionen, gewisse Leistungsanforderungen.

(Birgit Hesse, SPD: Wann kann jemand richtig werfen?)

Etwas Konkretes kann man im Lehrplan derzeit nicht finden, wann man sicher schwimmen kann. Das ist nicht nachvollziehbar, dass für das Schwimmenkönnen nicht genauso wie für andere Sportarten konkrete Leistungsvorgaben festgesetzt werden, und auch das Schwimmen

kann dann benotet werden. Aber warum macht das die Bildungsministerin nicht?

In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Kollegin Oldenburg, die gerade nicht da ist, aus dem Jahr 2014, erklärt die Landesregierung das unter anderem damit, dass der Schwimmunterricht nur eingeschränkt durchgeführt werden könne. Das Land schafft es nicht, einen ausreichenden Schwimmunterricht sicherzustellen, und definiert deshalb keine Leistungsanforderung. Umgekehrt wäre es der richtige Weg. Die Landesregierung muss Leistungsanforderungen definieren und deshalb die Schulträger dabei unterstützen, den notwendigen Schwimmunterricht zu gewährleisten.