Protokoll der Sitzung vom 13.07.2017

Nun könnte man ja glauben, dass die Azubis überhaupt keine Unterstützung bräuchten, alles in Butter sei und nur DIE LINKE hier eine Welle macht. Aber anders als die Landesregierung haben SPD und CDU im Landkreis Vorpommern-Greifswald erkannt, dass die eigene Regierung etwas tun muss.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach?!)

Und so stellten sie am Montag in dieser Woche gemeinsam mit meiner Fraktion im Kreistag den Antrag, hier endlich aufzuräumen. SPD und CDU im Kreis forderten SPD und CDU im Land sowie das Bildungsministerium auf, sich bei der Landesregierung und der Bundesregierung unter anderem für folgende Änderungen einzusetzen: erstens die Einführung eines AuszubildendenTickets,

(Torsten Renz, CDU: Das ist echt ein Treppenwitz, das muss ich auch sagen.)

damit die Jugendlichen kostenlos zur Berufsschule und zur Ausbildungsstätte kommen, zweitens, die Richtlinie so zu überarbeiten, dass möglichst viele der mehr als 30.000 Berufsschüler vom Land gefördert werden, drittens, dass die Zuschüsse nicht auf gewährte Sozialleistungen und Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes angerechnet werden.

(Vincent Kokert, CDU: Wir arbeiten Hand in Hand, das sehen Sie ja.)

Diesem Antrag stimmten richtigerweise auch die Landtagsabgeordneten Egbert Liskow, Beate Schlupp und Patrick Dahlemann zu

(Beifall Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut!)

und selbstverständlich auch meine Fraktion.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Solche Helden!)

Sehr geehrte Damen und Herren der Koalition, handeln Sie ganz genauso wie SPD und CDU im Landkreis Vorpommern-Greifswald! Wir handeln so. Fordern Sie sich nicht selber ständig zum Handeln auf, sondern handeln Sie einfach!

(Torsten Renz, CDU: Da haben Sie recht, Frau Oldenburg.)

Dann müssen wir uns nicht mehr darüber unterhalten, dass man in einem Landkreis dafür stimmt und im Land dann dagegen. Stimmen Sie einfach zu! Überlegen Sie während der Sommerpause noch mal, denn dann kön

nen wir im Herbst den Antrag stellen! Dann haben wir Ihnen noch mal die Möglichkeit gegeben, Ihre Rechtsauffassung zu prüfen. Dann haben Sie ein bisschen länger Zeit. Die Landesregierung braucht ja auch länger Zeit. Und dann stimmen Sie im kommenden Herbst unserem Antrag zu!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Jochen Schulte, SPD: Dann sind wir aber im Herbst nicht fertig.)

Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andreas Butzki für die Fraktion der SPD.

(Jochen Schulte, SPD: Musst aber nicht ganz so lange reden.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Am Schuljahresende möchte ich wirklich die Gelegenheit nutzen, mich im Namen meiner Fraktion bei allen Lehrerinnen und Lehrern

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

an den allgemeinbildenden …

(Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE: Und bei den Busfahrerinnen und Busfahrern.)

Das habe ich eigentlich von dir erwartet.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

… und berufsbildenden Schulen für die geleistete Arbeit bedanken.

Das habe ich eigentlich von dir erwartet, dass du das sagst. Deswegen habe ich das jetzt vorweggesagt, sonst hätte ich es zum Schluss gesagt.

Das abgelaufene Schuljahr ist trotz kleinerer und in Einzelfällen sicherlich etwas größerer Probleme erfolgreich verlaufen. Es zeigt sich, dass sich die eingeleiteten Maßnahmen der Regierungskoalition und der Landesregierung insgesamt positiv bemerkbar gemacht haben.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Ist das eine Regierungserklärung, oder was?)

Die Fraktion DIE LINKE hat jetzt eine Aussprache zu den Fahrtkosten für Berufsschülerinnen und Berufsschüler in Mecklenburg-Vorpommern beantragt. Mit dieser Thematik – Simone Oldenburg hat es schon sehr ausführlich dargestellt – hatten wir uns in der letzten Legislaturperiode mehrfach beschäftigt. Ich möchte noch einmal die Gründe in Erinnerung rufen, warum das jetzt für uns ein Problem darstellt. Anfang der 2000er-Jahre hatten wir an unseren beruflichen Schulen ungefähr 70.000 Schüler, jetzt sind es rund 30.000 Jugendliche, die bei uns an den beruflichen Schulen lernen. Der Rückgang beträgt weit mehr als die Hälfte. Das kann man sich ja dementsprechend ausrechnen.

Was sind die Gründe für diesen enormen Aderlass an unseren beruflichen Schulen? Der Hauptgrund ist natürlich der Geburtenknick Mitte der 90er-Jahre. Um zwei Drittel gingen die Geburten zurück und zeitversetzt, rund 20 Jahre später, kamen diese Schülerinnen und Schüler an den beruflichen Schulen an. Ein weiterer wichtiger Grund darf nicht außer Acht gelassen werden, nämlich, dass immer mehr Jugendliche ein Studium beginnen und keine Lehre mehr aufnehmen.

Ich möchte aus der „WirtschaftsWoche“ zitieren: „Im Sommer 2007 begannen 624.000 junge Menschen in Deutschland eine berufliche Ausbildung, 361.000 schrieben sich für ein Studium ein.“ Wie gesagt, in ganz Deutschland. „Das war über Jahre die gewohnte Größenordnung: fast doppelt so viele Auszubildende wie Studenten. Ein paar Jahre später ist der gewaltige Abstand merklich geschrumpft. 520.000 neue Azubis gab es 2014 – und 501.000 Studienanfänger. Schreibt man die Entwicklung fort“ – und gemeint ist in dem Falle das Jahr 2015 –, „werden in diesem Sommer erstmals mehr Menschen ein Studium beginnen als eine Ausbildung.“ Zitatende. In Mecklenburg-Vorpommern haben wir eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen. Dazu kommt noch die sehr dünne Besiedlung, die wir hier haben.

Die Träger der beruflichen Schulen und das Bildungsministerium müssen natürlich auf diese Situation reagieren. Die Berufsverbände, die IHK und die Handwerkskammern fordern zu Recht eine gute und solide Ausbildung in unserem Bundesland. Das führt zu Konzentrationsprozessen und zur Profilierung der einzelnen beruflichen Bildungszentren. In meinem Heimatlandkreis, in der Mecklenburgischen Seenplatte, kann das mit dem Schulentwicklungsplan, denke ich, sehr gut umgesetzt werden. Vor allem haben die Schulträger in der Hinsicht jetzt Planungssicherheit.

Auch wenn die Ausbildungsbetriebe und vor allem die Azubis eine wohnortnahe Beschulung bevorzugen, wird es zu Konzentrationen kommen müssen, um die Qualität der Ausbildung zu sichern und weiterzuentwickeln. Im Schuljahr 2016/2017 gab es an unseren 21 beruflichen Schulen 145 Ausbildungsberufe. Da immer mehr Berufsgruppen weniger Auszubildende haben, müssen Landesfachklassen und in einigen Bereichen sogar Bundesfachklassen gebildet werden.

(Torsten Renz, CDU: Wie lösen wir denn jetzt das Problem?)

Kommt gleich! Ein bisschen ruhig, nicht so aufgeregt!

Ich will auch noch mal deutlich sagen, welche Probleme das Land hat. Für 70 verschiedene Ausbildungsberufe sind im Schuljahr 2017/2018 Landesfachklassen vorgesehen. Im abgelaufenen Schuljahr wurden 60 reine Fachklassen für jene Berufe gebildet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt kommen wir zum Thema dieser Aussprache.

(Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU: Ah, jetzt schon?! – Beifall Peter Ritter, DIE LINKE: Ah!)

Immer mehr Auszubildende haben immer längere Fahrtwege und damit steigende Fahrtkosten und natürlich auch Unterbringungskosten.

(Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das war aber eine lange Einlaufkurve.)

Jetzt kann man sich kräftig streiten, wer für die Kosten aufkommen soll. Das Land sieht sich in der Verantwortung. Bereits 2012 – du hattest vorhin auch die Zahlen gesagt – haben die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU einen Antrag eingebracht, der von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der Linksfraktion unterstützt wurde. Wir beschlossen eine Drittelfinanzierung: Ausbildungsbetrieb, Auszubildende und das Land sowie eine Summe von 100.000 Euro. Wir mussten aber nach zwei Jahren feststellen, dass kaum Geld abgehoben wurde, wir haben gerade die Prozentzahlen, die dementsprechend waren, gehört. Das Problem war ein kompliziertes Antragsverfahren und dass sich nur wenige Ausbildungsbetriebe an der Drittelfinanzierung beteiligt haben. Leider – das haben wir heute auch schon gehört – wurden die bewilligten Zuschüsse außerdem immer noch auf die Höhe des Hartz-IV-Satzes angerechnet.

Ich könnte jetzt zahlreiche Beispiele erwähnen, warum das bei uns ein wichtiges Problem darstellt und welche Ausbildungsbetriebe welche Ausbildungsvergütung bezahlten. Besonders im Hotel- und Gaststättenwesen erhielten die Jugendlichen eine sehr geringe Ausbildungsvergütung. Da braucht man sich natürlich nicht zu wundern, dass es gerade in diesen Bereichen noch viele offene Lehrstellen gibt.

Und, werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte heute wirklich noch mal, ohne das Thema hier für die Landesregierung oder für die Fraktion abzuwiegeln, auch auf die Verantwortung der Wirtschaft hinweisen. Es liegt auch in der Zuständigkeit der Betriebe und der Tarifpartner, dass Auszubildende von einer fairen Vergütung ihre allgemeinen Lebenshaltungskosten und Ausbildungskosten bestreiten können.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Die SPD-Landtagsfraktion ist grundsätzlich der Auffassung, dass es eine gleiche Ausbildungsvergütung in Ost und West in den jeweiligen Branchen geben muss.

(Thomas Krüger, SPD: Genau so.)

Wenn wir auch in Zukunft gut ausgebildete Fachkräfte in unserem Bundesland haben möchten, ist das die zwingende Notwendigkeit. Die Jugendlichen stimmen sonst noch mit den Füßen ab.

Aber auch die Koalitionsfraktionen haben reagiert. 2015 wurde eine neue Verordnung erlassen, insgesamt die anteilmäßige Finanzierung, und es wurde auf 350.000 Euro erhöht. Zu den weiteren Veränderungen gehörten die Erhöhung der Grenze der Ausbildungsvergütung von 400 auf 500 Euro, für die auswärtige Unterkunft sollen 15 Euro zugrunde gelegt werden, für die Berechnung der Fahrtkostenpauschale werden 30 Cent angesetzt. Eine Pauschalisierung des Antrages erleichtert das Verfahren für die Jugendlichen.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Noch leichter?!)

2015 gab es die Forderung der Linksfraktion nach kostenloser Beförderung für alle Berufsschülerinnen und Berufsschüler. Das haben die Fraktionen von SPD und CDU abgelehnt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Warum eigentlich?)